Skip to content

IMI-Kongress "Wi(e)der die Großmacht!" vom 14.-16.11.2014

Mit der Rede von Bundespräsident Joachim Gauck bei der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang 2014 wurde der insbesondere in dem Projekt „Neue Macht –“ Neue Verantwortung“ erarbeitete Elitenkonsens in Richtung einer (noch) aggressiveren –“ und auch offen benannten –“ deutschen Machtpolitik auch gegenüber der Öffentlichkeit artikuliert. Auf dem Kongress sollen deshalb die verschiedenen Aspekte der aktuellen deutschen Außen- und Militärpolitik im Lichte dieses neuen Elitenkonsenses betrachtet werden.

Freitag 14. November:
Auftaktveranstaltung (ab 19h, Ort: Schellingstr. 6)

Samstag 15. November
12:15-13:30 Uhr
Deutschlands neue Großmachtambitionen: Von der angeblichen Kultur der militärischen Zurückhaltung zur Kultur der Kriegsführung (Jürgen Wagner)

13:45-15:45
Schneller, besser, härter: Die Sicherheitspolitik unter der Großen Koalition
–“ Frontalangriff auf die Parlamentskontrolle (Tobias Pflüger)
–“ Attraktivitätsoffensive: Schlagkräftige Bundeswehr 2020 (Thomas Mickan)
–“ Geheimdienste unter sich: NSA-BND und die deutsche Weltmacht (Rainer Rehak)

16:15-18:15
Die Hardware der Großmacht
–“ Die Infrastruktur für den weltweiten Einsatz (Christoph Marischka)
–“ Rüstungsprojekte der Bundeswehr (Arno Neuber)
–“ Drohnen als Mittel der „Wahl“ (Matthias Monroy)

19:00-20:30
Mediale Kriegstrommeln: Ideologieproduktion an der Heimatfront
(Claudia Haydt)

Sonntag, 16. November
9:30-11:00
Deutschlands „neue“ Interventionspolitik: Von Afghanistan nach Afrika
–“ Militärische „Lehren“ aus Afghanistan? (Lühr Henken)
–“ Die “neue– Afrika-Politik der BRD (Christin Bernhold)

11:15-12:45
Die Ukraine: Testfall für Deutschlands neue Großmachtambitionen (Jürgen Wagner)

13:00-14:30
Standorte der Ideologieproduktion: Die Sicherheitskonferenz in München, Königsbronn und der Celler Trialog

Das Programm und weitere Informationen online

Kretschmanns Lob - Angriff gegen jahrelanges Bundesrecht.

Winfried Kretschmann
Foto: GRÜNE Baden-Württemberg [CC-BY-SA-2.0], durch Wikimedia Commons
Kretschmann ging willig in die Falle. Unerfahren in den üblichen Tricks war er nicht. Auch als Lenin ist er nie verdächtigt worden. Denn der hätte sich die Gelegenheit nie nehmen lassen, dem Gegner eins in die Fresse zu geben. Wie schön, ein einziges Mal gegen eine Übermacht zu gewinnen. CDU und SPD auf dem Trockenen. Heldenhaft hat sich der Held überwunden. So die Gesamtfront der bürgerlichen Kommentare. ER - der sein Land mehr liebte als seine Partei.

Ein Mann nach dem Herzen aller Feinde der GRÜNEN. Diese - verbissen in der Vergangenheit. Verschlafen. Usw. Er dagegen vergafft in die Wohlfahrt seines Landes. Deutschland.

Allerdings: Eins haben die Jubler vergessen. Was sie jetzt als Korrektur der Praxis seit mehr als zwanzig Jahren hinstellen, das hätte doch ganz ohne Kretschmann seit zwanzig Jahren schon geändert werden können.

Damals aber hatten eben die Kritiker nichts an diesen Regelungen auszusetzen. Nichts an der Residenzpflicht. Nichts an den Wartezeiten zur Arbeitsaufnahme. Nichts an der Vorrangstellung von Euro-Arbeitern und deutschen Konkurrenten. All dies galt als felsenfest. Aus dem Granit der Ewigkeit gehämmert.

Mit einem Wort: Wenn Kretschmann so vorbildlich war, wie verkommen mussten Merkel und die diversen Vorkämpfer der SPD sein, dass sie eine Praxis beibehielten, die dann plötzlich in einem Federzug geändert werden konnte?

Kretschmanns Tat also Protest gegen die maßlose Verkommenheit der Bande, die jederzeit alles unternahm, um den Flüchtlingen das Leben so schwer wie möglich zu machen. Damit doch ja bitte kein Deutschstämmiger sich über das Wohlleben der "Anderen" empört.

War also Kretschmann doch ein Lenin? Der die Schamlosigkeit und Schande aller anderen aufdecken wollte? Wir können es nicht glauben.

Hebel: Hallodris und Halunken auf der Spur. Wo aber bleibt die Internationale?

Cover
Stephan Hebel hat ein neues Buch geschrieben. Nach seinen sehr treffenden Enthüllungen über Frau Merkel schildert er jetzt die entgangenen Manöver der gesamten Linken, vor allem der SPD. Falls man diese noch zur Linken rechnen kann. Darin scheint das ganze Problem der von Hebel angesteuerten neuen Politik zu stecken. Denn im Verlauf des Buches und in seitherigen Artikeln in FR und Freitag schildert er präzise und genau die Winkelzüge vor allem der SPD.Aber auch der Grünen. Der Vergleich von früher angesetzten Parolen der SPD und ihrer nachherigen Anwendung in der Praxis zeigt, dass es zumindest Gabriel die ganze Zeit viel mehr darum ging, sich und seine Partei das nächste Mal in die Position zu bringen, die jetzt Frau Merkel innehat - als die Massen seiner Zustimmer wirklich zu eigener Befreiung zu verführen. Tatsächlich scheint hier immer wieder der Selbstversuch auf, Gabriel als Volksversöhner verherrlicht zu sehen. Anstatt mitten in der Koalition den Gläubigen ein Licht aufzustecken. Wenn aber der anerkannte Führer der Bewegung selbst dauernd in Gefahr steht, ins Flimmerlicht von Hallodri und Halunke zu geraten - wie soll da ein Ausweg aus den labyrinthisch verwinkelten Schleichwegen der Politik möglich sein?

So scharfsinnig Hebel die vermeintlichen oder wirklichen Manöver der "Linken" nachzeichnet - die sind jetzt vorbei. Und ist die Analyse wirklich vollkommen richtig? Die nämlich, dass im Licht des "Weiter so" alles im Traumschlaf versinke. Dem phantasielosen Dahintaumeln? Die anderen Nationen müssten unter dem Einfluss Merkels doch ähnlich sich gebärden. Tun es aber nicht ganz so wie in unserem Vaterland.

So richtig Hebel im letzten Teil seines Buches die Aufbegehrungen verzeichnet, die sich - trotz allem - in der ganzen Bundesrepublik zeigen - wie lässt sich ein Zusammenhang zwischen ihnen allen herstellen. Die Stillegung des Tempelhofer Feldes könnte schließlich auch den Konservativen gefallen, wenn sie nur ohne weiteren Zusatz als Erfolg gewertet wird.Das heißt - es müsste ein Sog auftreten, der die Bewegungen in verschiedenen Ländern so verbindet, dass in Karlsruhe und Straßburg wirklich eine einheitliche Bewegung entstünde, die im Aufbegehren gegen den Kapitalismus wirklich aufbegehrte. Wo aber ist in den langen Jahren der Beobachtung auch nur einmal ein französischer Bahnstreik in Offenburg von deutschen Bahnern aufgegriffen worden. Und natürlich auch nicht umgekehrt.

So verführerisch und einfallsreich die Ausführungen Hebels sind, es fehlt die Analyse einer neuen Internationale heutzutage. In welcher tatsächlich der Feind angegriffen würde: der zerstörerische Kapitalismus.

Stephan Hebel. Deutschland im Tiefschlaf.Wie wir unsere Zukunft verspielen.
2014 Westendverlag. (Kindle Edition)

11. September: 41 Jahrestag des Putsches gegen Salvador Allende

Heute vor 41 Jahren - am 11. September 1973, wurde der sozialistische Präsident Chiles Slavador Allende durch einen faschistischen Putsch gestürzt. Angeführt wurde der Putsch von Pinochet - vorbereitet und ermöglicht durch die CIA, die kein sozialistisches Chile für ihre imperialistischen Ausplünderungen in Lateinamerika gebrauchen konnten. Salvador Allende und seine Regierung verbesserten die Situation der armen Massen in Chile und führten viele wichtige demokratische und fortschrittliche Maßnahmen ein. Der letztlich von der CIA geleitete Putsch kostete tausenden fortschrittlichen Chilenen das Leben, Folter und das "Verschwinden Lassen" waren gängige Methoden des faschistischen Terrors. Tausende wurden zur Flucht gezwungen.

Wir gedenken heute den Opfern des Putsches in Chile und sagen: Nie wieder Faschismus!




Text: Siempre Antifa

Siehe auch:

- Für den Sozialismus gelebt und gestorben

- Fundación Salvador Allende

- Allende ein Antisemit? [Dokumentation der Informationsstelle Lateinamerika]

- jW-Dossier Genosse Allende

- Wikipedia-Artikel über Allende

- Letzte Rede Allendes

Trierweiler: In den Rhetorikfahrstuhl gestiegen - und abgestürzt

Valérie Trierweiler und François Hollande bei der Amtseinführung des Präsidenten am 15. Mai 2012
Foto:Cyclotron
Lizenz: CC BY-SA 3.0
Was das Elaborat von Frau Trierweiler auszeichnet, sind keineswegs die üblichen Information über ihren Mann. Die kennt man aus den entsprechenden Äußerungen anderer enttäuschter Damen. Das Interessante an der Darstellung Frau Trierweilers ist vielmehr das Ungesagte. Der brennende Ehrgeiz der Frau, die immer wieder ihre beruflichen Erfolge preist. Und alles aufgegeben hat um der Liebe willen zu dem damals Einzigen.Und wie getroffen sie war, als leider die Rolle des Präsidenten und die des Liebenden auseinandertraten. Ein zusätzliches Unglück: Trierweiler war auf einen völligen Gesinnungsverwandten gestoßen.

Man kann sich gut vorstellen, wie beide abends vor den entsprechenden Pressemeldungen saßen. Einschließlich vernichtender Meinungsumfragen. Das alles wäre noch gutgegangen, ohne den Ehrgeiz. Ohne den speziellen französischen Zug des Emporkömmlings aus der Tiefe, der es allen gezeigt hat. Was sich eben in der Form des Aufstiegsromans äußert. Denn in Frankreich zeigt sich das Klassenschema etwas anders als in Deutschland. Nicht die Herkunft aus reichem Hause ist entscheidend, sondern die erreichten Grade in den verschiedenen Instituten. Dass diese in Wirklichkeit dann doch wieder in der Regel herkunftsbedingt sind, haben verschiedene Untersuchungen schon lange enthüllt.

Das illusionäre dieser Verbindung zeigt sich zum Beispiel, als Trierweilers Francois in Mali vor irgendeiner Militärhuldigung bekennt: Das sei der glücklichste Tag seines Lebens gewesen. Worauf die erinnerungsstarke Frau ihn sofort darauf hinweist, dass er das alles am Tag seiner Wahl zum Präsidenten auch schon gesagt hat. Vergisst aber völlig, darauf hinzuweisen, wie leer solche Aussprüche sind. Nichts für sich selbst, alles für die Presse. Und damit für den Weltenruhm verloren.

Das Rhetorische durchzieht den französischen Text von Anfang bis Ende. Es ist die äußere Form des Geltungswillens - ebenfalls von Anfang bis Ende. Für uns in Deutschland nur wichtig das Eine: Das Rhetorische ist zwar nur Hauch und Hall. Aber es ist in vielen Fällen nachher schlecht aufzugeben. So wird Hollande an seinem Mali-Abenteuer festhalten, auch wenn es schon lange über die Kräfte Frankreichs hinausreicht. Und wird nach gewisser Zeit - unter Beibehaltung des Ruhms - überall betteln, ihn aus der Klemme zu helfen. Darin liegt dann eine gewisse Gefahr für alle Nachbarn. Vor allem für die Deutschen.

Valérie Trierweiler: Merci pour ce moment. 2014
Französische Ausgabe-über Kindle.

Wales: Imperialistenbund bekämpft Imperialisten

Titelseite der französichen Ausgabe von "Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus"
In Wales hat sich etwas abgespielt, was unser Bundespräsident vielleicht für ein Wunder hält. Sonst fast niemand. Alle hielten zusammen und stießen um die Bank Flüche aus. Gegen wen? Gegen Putin. Der tatsächlich das Recht gebrochen hatte und sich die Krim angeeignet. Nur allerdings: Was hat der Verein,den man NATO nennt, die letzten zwanzig Jahre getan? Wer älter als vierzig ist, erinnert sich noch gut an die Versprechen, die damals der ehemaligen Sowjetunion gegeben wurden. In Kurzfassung: keine weiteren Nato-Beitritte. Und was geschah? Ein Land nach dem anderen trat bei. Bei Georgien und der Ukraine war vorläufig Schluss. Aber was sind all diese Beitritte anderes als Landnahmen. Anschlüsse an eine schwerbewaffnete Macht, die einen vor allem Bösen rettet. Vor allem vor dem Zubiss des verletzten Wolfs Russland. Auch spart man sich damit viel Rüstungsaufwand. Die großen Brüder im Westen passen schließlich auf.

Es hilft nichts: Wir befinden uns alle in einem Riesengeschlinge. Von Imperialismen. Keines davon ist der Gute.

Was können wir da tun? Unsere Kanzlerin weiß es. Mitmachen mit den stärksten unter der Gesamtbande. Also den USA und ihren anderen Kadetten. Immerhin hat sie es vermieden, das einstige Versprechen - den Vertrag - ganz aufzukündigen. Um edelmütig zu erscheinen. "Der zerreißt ja alle Verträge sofort. Aber wir.... halten uns an das Recht."

Frieden kann es unter diesen Umständen natürlich niemals geben. Allenfalls Rückdrängungen.

So hat es ja wirklich seit einem Tag die Waffenruhe in der Ostukraine gegeben. Und sie hält fürs erste, weil dem ukrainischen Präsidenten einige wohlmeinende Ratgeber inzwischen wohl zugeflüstert haben, dass er bei Fortsetzung seines Verteidigungskrieges wohl in vierzehn Tagen um ein Asyl in Florida zu betteln hat.

Obwohl Putin dieses Mal sich vollkommen korrekt verhalten hat, fielen die gezähmten Geier vor allem der deutschen Presse wild über ihn her. Erst heute, nachdem von russischer Seite keinerlei Beeinträchtigungen vorlagen,sind die Krächzlaute verstummt. Für einen Augenblick.

Denn weitere Sanktionen sind in Wales schon verabredet worden. Ein Schmierenblatt geht um - und alle Regierungen sollen unterschreiben. Werden sie vermutlich auch. Damit ein Zeichen: Wir haben das Dankesopfer der Russen akzeptiert. Jetzt vorwärts zum nächsten Schritt.

Was bleibt dabei uns, den zahnlosen Missvergnügten? Wir können uns nur ohnmächtig auflehnen gegen die Imperialisten. Vor allem - zwangsweise - die der eigenen Seite. Es kann im Augenblick leider nicht um den Sturz des ganzen Systems gehen. Dazu fehlt uns die Kraft. Aber wenn es vielleicht nur um die Absage der Verhinderung der nächsten Sportereignise in Russland geht. Um ein so winziges Zeichen?

Vortrag zur Versammlungsfreiheit am 03. September in Göppingen

Flyer des Bündnisses für Versammlungsfreiheit gegen die Kriminalisierung von AntifaschistInnen

Auf Einladung der antifaschistischen Gruppe Göppingen habe ich gestern in Göppingen einen kurzen Vortrag für das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit gehalten:

Liebe FreundInnen,
ich freue mich über die Gelegenheit heute mit Euch zu diskutieren. Die skandalösen Ereignisse von letztem Samstag unterstreichen erneut die Notwendigkeit, gerade auch in Göppingen, einige Fragen zu klären. OB Till hat einmal mehr unter Beweis gestellt, was von seinen Versprechungen zu halten ist. Er stellt sich über Abmachungen mit dem "runden Tisch gegen Rechts" und was viel schlimmer ist - er lässt Faschisten demonstrieren und stellt sie damit ob er will oder nicht - auf eine Stufe mit Demokraten. Zudem tut er in dem Gespräch, das die Stuttgarter Zeitung gestern veröffentlichte so, als sei es eine Sache des Glücks, ob 30 oder 300 Nazis demonstrieren. Das nenne ich geschichtslos und es zeigt für mich, was er als Bündnispartner wert ist. Wir als Bündnis für Versammlungsfreiheit sagen dagegen: Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen - Keine Versammlungsfreiheit für Faschisten!

Was aber ist Versammlungsfreiheit? Ich möchte zunächst einmal das Bundesverfassungsgericht als „unverdächtige Quelle“ zu Wort kommen lassen: „Als Abwehrrecht, das auch und vor allem andersdenkenden Minderheiten zugutekommt, gewährleistet Art. 8 GG den Grundrechtsträgern das Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Veranstaltung und untersagt zugleich staatlichen Zwang, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fernzubleiben. Schon in diesem Sinne gebührt dem Grundrecht in einem freiheitlichen Staatswesen ein besonderer Rang; das Recht, sich ungehindert und ohne besondere Erlaubnis mit anderen zu versammeln, galt seit jeher als Zeichen der Freiheit, Unabhängigkeit und Mündigkeit des selbstbewussten Bürgers. In ihrer Geltung für politische Veranstaltungen verkörpert die Freiheitsgarantie aber zugleich eine Grundentscheidung, die in ihrer Bedeutung über den Schutz gegen staatliche Eingriffe in die ungehinderte Persönlichkeitsentfaltung hinausreicht.“

Und weiter: „An diesem Prozess sind die Bürger in unterschiedlichem Maße beteiligt. Große Verbände, finanzstarke Geldgeber oder Massenmedien können beträchtliche Einflüsse ausüben, während sich der Staatsbürger eher als ohnmächtig erlebt. In einer Gesellschaft, in welcher der direkte Zugang zu den Medien und die Chance, sich durch sie zu äußern, auf wenige beschränkt sind, verbleibt dem Einzelnen neben seiner organisierten Mitwirkung in Parteien und Verbänden im Allgemeinen nur eine kollektive Einflussnahme durch Inanspruchnahme der Versammlungsfreiheit für Demonstrationen.“ (BVerfGE 69, 315 –“ Brokdorf-Beschluss vom 14. Mai 1985)

Versammlungen „enthalten ein Stück ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren“, sagt das Bundesverfassungsgericht auch in eben dieser Grundsatzentscheidung.

Hier in Göppingen gab es ja in der Vergangenheit ein paar Unklarheiten zur Frage der Rechtmäßigkeit von Sitzblockaden. Lassen wir auch hier das BVerfGE zu Wort kommen: „Eine Versammlung ist eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. Dazu gehören auch solche Zusammenkünfte, bei denen die Versammlungsfreiheit zum Zwecke plakativer oder aufsehenerregender Meinungskundgabe in Anspruch genommen wird (vgl. BVerfGE 69, 315 [342 f.]; 87, 399 [406]). Der Schutz ist nicht auf Veranstaltungen beschränkt, auf denen argumentiert und gestritten wird, sondern umfasst vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens bis hin zu nicht verbalen Ausdrucksformen, darunter auch Sitzblockaden (vgl. BVerfGE 73, 206 [248]; 87, 399 [406]; 104, 92 [103 f.]). Bei einer Versammlung geht es darum, dass die Teilnehmer nach außen –“ schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und des Umgangs miteinander oder die Wahl des Ortes –“ im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen (vgl.BVerfGE 69, 315 [345]).“

Auch wenn manche Polizisten das anders sehen - Stichwort: Polizeigesetz: Einschränkungen der Versammlungsfreiheit sind, solange die Teilnehmenden unter dem Schutz des Versammlungsrechts stehen, nach geltendem Recht grundsätzlich nicht nach allgemeinem Polizeirecht, sondern nur auf Grundlage des Versammlungsgesetzes möglich. Auch auf dem Weg zu einer Versammlung steht der Teilnehmende unter dem Schutz des Versammlungsrechts. Das machte das VG Sigmaringen in seinem Urteil vom 29. November 2010 zur Klage gegen den Ulmer Polizeikessel gegen Demonstranten, die mit 3 Bussen zum 1. Mai 2009 anreisten und stundenlang gekesselt wurden, deutlich. Wir kennen allerdings auch die entgegengesetzte Praxis aus der Entscheidung des VG Stuttgart zu den Klagen gegen den Heilbronner Polizeikessel 2011. Damals wurden zwischen 400-500 Menschen, die zum 1. Mai in der Innenstadt gehen wollten, bis zu 12 Stunden festgesetzt.

Das Sigmaringer Gericht stellte damals auch klar, dass das Versammlungsgesetz in seinem Anwendungsbereich als Spezialgesetz dem allgemeinen Polizeirecht vorgeht. „Eine auf allgemeines Polizeirecht gegründete Maßnahme, durch welche das Recht zur Teilnahme an der Versammlung beschränkt werde, scheide aufgrund der Sperrwirkung der versammlungsrechtlichen Regelungen aus.“ (VG Sigmaringen, Urteil vom 29. November 2010, Az. 1 K 3643/09).

Versuchen wir einmal das auf den Punkt zu bringen: Die politische Bedeutung des Versammlungsrechtes besteht darin, dass es wesentliche Voraussetzung für die legale Arbeit demokratischer und antifaschistischer Bewegungen unter den heutigen gesellschaftlichen Bedingungen ist.

Versammlungsfreiheit steht als positiver Begriff, der für uns über die bloße juristische Rechtslage hinausgeht. Deshalb bezeichnen wir uns als „Bündnis für Versammlungsfreiheit“ und nicht für „Versammlungsrecht“. In erster Linie ist das Versammlungsrecht Ausdruck des Kräfteverhältnisses zwischen den Klassen, die herrschende „gewährt“ dieses Recht, weil dieses von den Unterdrückten, erstmals zum Zuge der bürgerlichen Revolution 1848 erkämpft wurde. Dieser Vorgang ist nicht abgeschlossen und wird dies so lange nicht sein, wie es Klassenkämpfe gibt. An uns ist es, Grundrechte täglich zu verteidigen und weiter auszubauen.

Juristische Bedeutung.
Niemand kommt heute darum herum, sich als Aktivist mit der herrschenden Justiz, dem Überbau dieser Gesellschaftsordnung auseinanderzusetzen. Meistens wird er es sowieso müssen. Das Feld der Justiz ist jedoch ebenso Ausdruck der Macht- bzw. Klassenverhältnisse wie oben und der „Spielraum“ ist sehr begrenzt. Wenn überhaupt dann können juristische Auseinandersetzungen nur politisch geführt und „gewonnen“ werden, weshalb eine breiten Solidaritätsbewegung und -arbeit entscheidende Bedeutung zukommt. Deshalb „lohnt“ sich eine juristische Auseinandersetzung nur in ausgewählten Fällen. Am Beispiel der Klage gegen den Polizeikessel von Heilbronn zeigt sich, dass eine Geringschätzung der Solidaritätsarbeit sich fatal auswirken kann und wird. Diese Geringschätzung wirkt im Verhältnis zu den über 120 Klagen gegen Antifas wegen der Proteste gegen den Naziaufmarsch letztes Jahr fort, zu denen es bislang nicht gelingt, eine öffentlich beachtete Solidaritätsarbeit zu entfalten. Dies wirkt sich negativ auf unsere Proteste aus und zeigt der Gegenseite auch, dass wir momentan auf diesem Feld nicht in der Lage sind, eine Arbeit über einzelne Fragen hinaus zu entwickeln.

In diesem Zusammenhang nochmals zur Frage „Versammlungsfreiheit für Nazis“. Der Aufbau und die Stärkung reaktionärer und faschistischer Kräfte mit dem Ziel der Zerschlagung der Arbeiterbewegung ist gerade in Krisenzeiten die Regel. Wir können das aktuell in der Ukraine verfolgen, wo der Mord an Dutzenden Menschen die sich in das Gewerkschaftshaus in Odessa geflüchtet hatten, inzwischen offenbar auch nur ein Ereignis unter vielen ist. Faschismus an der Macht ist nach Dimitroff „die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“. Faschismus ist also keine Meinung, sondern ein Verbrechen, was dieser auch zu Genüge unter Beweis gestellt hat. Deshalb: keinerlei demokratische Rechte für die Feinde demokratischer Regeln! Wir fordern ein Versammlungsrecht auf antifaschistischer Grundlage.

Lasst mich im Übrigen sagen, dass ich die Frage nach einem Versammlungsrecht für Nazis nicht für ehrlich halte. Seit dem 10. Oktober 1945 ist gemäß dem im §139 GG fortwirkenden alliierten Kontrollratsgesetz Nr. 2 (Auflösung und Liquidierung der Naziorganisationen) jegliche nationalsozialistische Betätigung verboten. Die Frage, warum Verbotsanträge für Naziaufmärsche immer wieder scheitern erklärt sich auch damit, dass diese in der Regel oft verwaltungsrechtlich und nicht politisch oder auch so gestellt wurden, dass sie scheitern mussten. Gretchenfrage: Die AN Göppingen konnte die Kundgebung vom Samstag nicht anmelden, das mussten andere Organisatoren tun.

Erfahrungswerte und Leistungsschauen
Natürlich kann nicht ernsthaft darauf vertraut werden, dass sich der Faschismus mit der richtigen Anwendung von Gesetzen bekämpfen oder gar verhindern lässt. Im Gegenteil: Meistens wird auch das Versammlungsrecht gegen uns eingesetzt. (Auflagen ../..) Es geht aber auch anders: Um eine NPD Kundgebung im September letzten Jahres zu verhindern, beraumte Gerold Noerenberg (CSU), OB von Neu –“ Ulm kurzerhand eine "Leistungsschau des städtischen Baubetriebs" an - und ließ tonnenschwere Nutzfahrzeuge auf den Rathausplatz karren. Genau dort hatte eigentlich die NPD demonstrieren wollen. Auch wenn das Beispiel nicht beliebig zu wiederholen ist, kommt hier zum Ausdruck, was ich eine Frage der Haltung nenne. Und die fehlt mir bei Herrn Till und sämtlichen Beteiligten der Stadtverwaltung, die vergangenen Samstag einmal mehr einen Naziaufmarsch ermöglicht haben.

Gegen gerichtliche Aufhebungen von Verboten rechter Demos kann man eh nichts machen –“ also muss man nichts machen?

Ist die Schlussfolgerung, die Frage politischer Rechte rechts liegen zu lassen deshalb richtig? Für mich ist es eine Kernfrage, warum die Frage politischer Rechte nicht „en Vogue“ ist oder den Juristen und Bürgerlichen oder schlimmstenfalls der Gegenseite überlassen wird und es schwer fällt, eine mittel und langfristig angelegte Arbeit zu entwickeln.

Denn die Frage oder Forderung eines fortschrittlichen Versammlungsrechtes bezieht sich notwendigerweise immer auch auf andere Bewegungen. Zum einen, weil die notwendige politische Freiheit für die eigene politische Arbeit für alle demokratischen und fortschrittlichen Bewegungen Grundvoraussetzung ist. Zum anderen, weil eine entsprechende gesellschaftliche Praxis die wesentliche Voraussetzung überhaupt ist, die Frage nach einer befreiten Gesellschaft zu stellen.

Unser Bündnis wurde 2008 im Protest gegen die von der damaligen CDU Landesregierung gehegten Pläne zur Verschärfung des Versammlungsrechts gegründet und zeitweise von mehr als 120 Organisationen unterstützt.

Wir haben vom ersten Tag an die Einordnung der Auseinandersetzung um die Versammlungsfreiheit in politischen Kämpfe immer bezogen auf die herrschenden Machtverhältnisse und darauf gedrängt, dass jede Bewegung sich dem Kampf um ihre Rechte annehmen und dafür Bündnispartner gewinnen muss, die nicht unbedingt mit ihrem primären Ziel einig sein müssen.

Beispiele dafür waren neben unserem eigenen bunten und durchaus gegensätzlichen Unterstützerkreis die Auseinandersetzung um Stuttgart 21. Das gegenwärtig laufende Verfahren zum Polizeieinsatz vor 4 Jahren war nur möglich, weil sich auch Menschen, die nichts mit dem S21 Protest am Hut hatten, solidarisch zeigten.

Das war auch der Punkt, weshalb eine ganze Reihe Organisationen die „Göppinger Erklärung“ unseres Bündnisses vom 29. Oktober letzten Jahres unterstützten. Es ist hier gelungen, die breite Kritik an der Abrieglung der Stadt angesichts des Naziaufmarsches vom 11. Oktober 2013 auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen:

„Für uns ist es nicht hinnehmbar, dass AntifaschistInnen festgesetzt, eingeschüchtert und kriminalisiert werden!

Antifaschismus ist und bleibt notwendig!

Weder ausufernde Polizeigewalt noch juristische Schikanen können uns einschüchtern.

Geeint unterstützen wir alle, die sich gegen eine solche Willkür einsetzen!

Wir fordern politische und juristische Konsequenzen aus den Ereignissen am 12. Oktober in Göppingen:

Für Versammlungsfreiheit und lebendigen Widerstand!
Für die Einstellung sämtlicher Verfahren gegen AntifaschistInnen in
Zusammenhang mit den Protesten gegen den Naziaufmarsch vom 12. Oktober 2013!“

Leider brachte diese gegen zum Teil erheblichen Widerstand in den eigenen Reihen –“ so fehlt als Unterstützer die IG Metall Göppingen ebenso wie der DGB aus diesem Kreis –“ erkämpfte Erklärung nicht den nötigen Rückenwind für die Entfaltung einer breiten Solidaritäts- und Protestkampagne. Diese wäre ebenso notwendig gewesen, um neben einer –“ auch juristisch möglichen –“ Einstellung der Verfahren auch einen Kurswechsel der Stadt Göppingen herbei zu führen.

Da inzwischen kaum noch ein Protest gegen Nazis ohne Polizeimaßnahmen, die juristisch bereits „geklärt“ sind, möglich zu sein scheint, muss klar sein, dass –“ so richtig es ist, neue Aktionsformen zu entwickeln, auch der Umgang mit der Repression eingeplant werden muss. Diese zu ignorieren bedeutet, diese Maßnahmen –“ ich nenne Kessel, Filmerei, kein Protest in Hör- und Sichtweite, Vorkontrollen etc. - hinzunehmen.

Wir lassen uns viel zu oft erkämpfte Rechte abknöpfen. Damit wird von Staats wegen sowohl gerechnet als auch mehr oder weniger offen darauf spekuliert. Eines der Beispiele, die sich anbietet: Wer redet denn heute noch von den „Gefahrengebieten“ in Hamburg?

Die „Lösung“ für die Problematik gibt es nicht und diese kann auch nicht aus einem Bündnis heraus kommen. Die Repression und der Ein- bzw. Angriff auf bürgerlich-demokratische Grundrechte wie dem Versammlungsrecht bezieht sich nicht allein auf den antifaschistischen Kampf und kann deswegen auch nicht nur von diesen zurückgewiesen werden.

Dennoch ist es aus unserer Sicht angebracht, darüber nachzudenken, ob es angesichts neuer Qualitäten in der Repression nicht nötig wäre, sich auch politisch etwas mehr aus dem Fenster zu lehnen und erheblich mehr Druck aufzubauen. 500 Gekesselte brauchen Unterstützung dafür, diese Erfahrung im Betrieb, in ihrer Gewerkschaftsgruppe, im Verein, in der Schulklasse an der Uni etc. auf die Tagesordnung zu setzen.

Ich danke für Eure Aufmerksamkeit.

(Es gilt das gesprochene Wort)

Veranstaltung: Die Fertigmacher. Arbeitsunrecht und professionelle Gewerkschaftsbekämpfung.

Vor dem Hintergrund der Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse, die mit der Agenda 2010 stark an Fahrt gewann, etablierte sich, kaum beachtet von einer breiten Öffentlichkeit, eine Vielzahl von Akteuren, die nur ein Ziel haben: Betriebe gewerkschaftsfrei zu halten, die Gründung von Betriebsräten zu verhindern, bereits bestehende Gremien auszuschalten und die Rechte von Beschäftigten generell zu beschränken.

Wie Rechtsanwaltskanzleien, PR-Agenturen oder gelbe Gewerkschaften das machen, erläutert der Kölner Journalist Elmar Wigand anhand von Beispielen. Zusammen mit Werner Rügemer ist er u.a. Verfasser des Buches „Die Fertigmacher. Arbeitsunrecht und professionelle Gewerkschaftsbekämpfung“, das Anfang Oktober im Papyrossa-Verlag erscheint.

Vortrag und Diskussion mit Elmar Wigand (aktion./.arbeitsunrecht e.V.) Donnerstag, 25. September 2014, Beginn: 19 Uhr

Linkes Zentrum Lilo HerrmannBöblinger Str. 105, 70199 Stuttgart

PDF-Flyer

cronjob