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Das Spielzeuglied

Ein Antikriegslied von Erich Kästner und Edmund Nick, eine Metapher auf den heraufziehenden Krieg.

Erich Kästner 1961
Foto: von Basch
Lizenz: [CC BY-SA 3.0 nl]

Wer seinem Kind ein Spielzeug schenkt,
weiß vorher, was passiert:
Das Spielzeug ist, bevor man's denkt,
zerlegt und ruiniert.
Der Knabe haut und boxt und schlägt
begeistert darauf ein.
Und wenn's auch sehr viel Mühe macht:
Am Ende, am Ende,
am Ende kriegt er's klein.

Wenn das erledigt wurde, dann
beginnt der zweite Teil:
Der Knabe starrt das Spielzeug an
und wünscht sich's wieder heil!
Jedoch, - was man zerbrochen hat,
bleibt läng're Zeit entzwei.

Da hilft kein Wunsch und kein Gebet.
Es hilft auch kein Geschrei.
Die Kleinen brüllen wie am Spieß
und strampeln wie noch nie.
Das Beste wär: Wir legten sie
mal gründlich, mal gründlich,
mal gründlich übers Knie.

Es ist nur so: wir lieben sie.
Ihr Schmerz ist unser Schmerz.
Wir legen sie nicht übers Knie.
Wir drücken sie ans Herz.

Wir summen "Hoppe Reiter",
auf daß ihr Leid verweht.
Ach, wär'n wir doch gescheiter!
Das geht nicht, das geht nicht,
das geht nicht mehr so weiter,
wenn das so weitergeht!

Es steckt ein Kind in jedem Mann.
Ein Spielzeug ist sein Ziel.
Nur, was dabei zustande kommt,
das ist kein Kinderspiel.
Das Glück der Welt ist zart wie Glas
und gar nicht sehr gesund.
Doch wenn die Welt aus Eisen wär,
die Männer, die Männer,
sie richten sie zugrund!

Wenn das erledigt wurde, dann
beginnt der zweite Teil:
Die Mannswelt starrt das Spielzeug an
und wünscht sich's wieder heil!
Jedoch, - was man zerbrochen hat,
bleibt läng're Zeit entzwei.

Da hilft kein Wunsch und kein Gebet.
Es hilft auch kein Geschrei.
Und keiner will's gewesen sein,
nicht du, nicht der, nicht die!
Das Beste wär: Wir legten sie
mal gründlich, mal gründlich,
mal gründlich übers Knie.

Es ist nur so: wir lieben sie.
Ihr Schmerz ist unser Schmerz.
Wir legen sie nicht übers Knie.
Wir drücken sie ans Herz.

Sie werden nicht gescheiter,
solang ein Rest noch steht...
Diesmal war's ein Gefreiter...
Das geht nicht, das geht nicht,
das geht nicht mehr so weiter,
wenn das so weitergeht!

Text: Erich Kästner
Musik: Edmund Nick, 1929

Erich Kästner und Edmund Nick trafen sich 1929 und begannen sofort einer intensive künstlerische Zusammenarbeit, die bis 1933 dauern sollte, als der Druck der NS-Behörden auf beide zunahm. Nick wurde 1933 wurde er im Zuge der Gleichschaltung beim Sender Schlesische Funkstunde entlassen, deren musikalischer Leiter er war. Er übersiedelte nach Berlin, wo er bis 1935 als musikalischer Leiter des NS-kritischen Kabaretts Die Katakombe arbeitete und von 1936 bis 1940 musikalischer Leiter am Theater des Volkes war.

Nach dem Ende des Krieges trafen sich Kästner und Nick wieder in München und gründeten eine der bekanntesten Kabaretts der Nachkriegszeit, Die Schaubude. Dort setzten sie ihre alte Zusammenarbeit fort und schrieben viele neue kabarettische Werke bis zur Schließung der Schaubude 1948.

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