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Zum letzten Mal Hartz IV: Wie man beim Zwiebeln wissenschaftlich exakt vorgeht.

Das Geheimnis der Messung bei der Zuteilung der fünf Euro ist inzwischen rekonstruierbar geworden. Man muss dazu nur etwas weiter zurückgreifen. Schröder / Fischer hatten erfolgreich eine Kampagne gestartet, nach der die Gesamtlohnsumme energisch gesenkt werden sollte. Das ist gelungen.

Hartz 4 stellte nur die Endphase des Unternehmens dar. Viel breitere Massen sollten auf vierhundert Euro oder einen sonstigen Lohn gedrückt werden, mit dem kaum zu überleben war.

Auf diese Gesamtmasse griffen konsequent die Erfüllungsgehilfen der letzten Schröpferin- v.d. Leyen- zurück. Es wurden offenbar nur die untersten 15 Prozent der Gesamtarmut zum Vergleich herangezogen. Dass die sehr wenig draufzulegen hatten, war klar und befriedigend.

Nun begann der zweite Teil der Arbeit: Die Herstellung des Lohnabstands. Vom Rauch-und Alkoholverbot soll gar nicht mehr gesprochen werden. Es muss zwar peinlich sein, sich etwa in einem Café mit einem möglichen Arbeitgeber zu treffen und nicht zu wissen, was man - im empfohlenen Fall des Früherkommens - bestellen soll. Kaffee ist auch nicht billiger als Bier. Aber lassen wir das.

Auffälliger sind die Ausfälle einiger erbitterter Garten-und Haustierfeinde. Im Schwarzwald haben viele Arbeitslose das Glück, im eigenen ererbten Haus zu wohnen -mit Garten. Dieser diente nicht nur der Beschäftigung - “freie Luft für den Bedrängten“ - sondern vom März bis zum Oktober auch zum Unterhalt der Familie. Selbst Brüning in seinen knauserigsten Zeiten hatte mal die Idee, Einfachsiedlungen mit Gartengelände für Arbeitslose anzulegen. Nun aber unsere Gartenfeinde, die in berechtigter Scham mit und gegen die Muttersprache ringen:

(Dankenswerterweise aus dem Schatz des Vorrätigen herausgehoben von Tom Strohschneider im FREITAG dieser Woche. Bei erhöhter Gefahr von Blutdrucksteigerung ist Gesamtlektüre auf einen Satz zu gefährlich)

Garten und Werkzeug
„Im System der Mindestsicherung ist die Unterhaltung eines Gartens als nicht existenzsichernd zu bewerten. Deswegen werden in der Abteilung 05 die Position 'Nicht motorbetriebene Gartengeräte' nicht als regelbedarfsrelevant angesehen, die Position 'Motorbetriebene Werkzeuge und Ausstattungsgegenstände für Haus und Garten' werden um die Ausgaben für Gartengeräte bereinigt. Die Position 'Fremde Reparaturen an Handwerkzeugen' wird im Unterschied zur Sonderauswertung EVS 2003 nicht mehr als existenzsichernd berücksichtigt. Reparaturen sind nur bei teuren Werkzeugen wirtschaftlich vertretbar. Besitz und Nutzung solcher Werkzeuge sind jedoch in der Durchschnittsbetrachtung bei Leistungsberechtigten nach dem Zweiten und Zwölften Buch nicht zu unterstellen.“


Mühsam zu erraten, was gemeint ist: Garten ist überflüssig. Die gelehrten Autoren haben wahrscheinlich normale Noten in Deutsch mitgebracht. Sarrazin hat unrecht: Sprachunfähigkeit ist nicht angeboren. Sie stammt aus der berechtigten Scham, offen zuzugeben: ich bin hauptberuflich Schikanierer.

Die Kosten für Reparatur des Rasenmähers selbst können kaum ins Gewicht fallen. Statistisch gibt es vielleicht mehr Familien ohne Garten; Real bei uns in der Gegend sehr viel. Sollen die ihre Gärten bloß im Dienst der Statistik verwildern lassen! Zu verpachten ist da kaum was. Ähnlich der scharfsinnige Gedanke, dass chemische Reinigung nur bei “hochwertigen Kleidungsstücken– was nützt. Könnte es nicht sein, dass so eine Hartz-Vier-Person aus besseren Zeiten noch was im Schrank hat? Zum Bewerbungsgespräch vorzukramen. Oh - der Fleck da!

(Anmerkung Strohschneider “Der Redaktionsstab Rechtssprache hätte im Sinne der Verständlichkeit formuliert: „Der Langzeiterwerbslose hat auszusehen wie ein Penner.“)

Spielraum für Saft
„Nach der Sonderauswertung wurden für Einpersonenhaushalte der Referenzgruppe im Jahr 2008 durchschnittliche Verbrauchsausgaben von 8,11 € für alkoholische Getränke ermittelt. Davon entfielen rechnerisch 11,35 % für Spirituosen, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht dem Zweck der Flüssigkeitsaufnahme dienen. Es verbleiben dann von den 8,11 € noch 7,19 € für alkoholische Getränke, die durch alkoholfreie Getränke zu substituieren sind. Für 7,19 € lassen sich etwa 12 Liter preiswertes Bier kaufen. Im Durchschnitt sind Bier oder gar Wein deutlich teurer, so dass sich ein deutlich niedrigeres Volumen an zu substituierender Flüssigkeit ergeben würde. Ausgehend von 12 Litern Flüssigkeitsbedarf ergibt sich das maximal durch alkoholfreie Getränke zu substituierende Flüssigkeitsvolumen. Da die Flüssigkeitsmenge mit einem preisgünstigen Getränk berechnet wurde, ist es angemessen, auch die alkoholfreien Getränke mit dem niedrigpreisigem Mineralwasser anzusetzen. Für die anzusetzenden 12 Liter Mineralwasser wurde ein Betrag von 2,99 € eingesetzt, für den Supermärkte flächendeckend eine entsprechende Menge Mineralwasser anbieten. Legt man die Preise der preisgünstigen Discounter für 1,5 Liter Mineralwasserflaschen zugrunde, ergibt sich für 12 Liter Mineralwasser sogar nur ein Preis von 1,52 €. Bei den als regelbedarfsrelevant berücksichtigten 2,99 € ist also bei preisbewusstem Einkauf durchaus Spielraum für Saft oder andere alkoholfreie Getränke. Diese 2,99 Euro werden bei Abteilung 01 zusätzlich berücksichtigt.“

(Hier gibt sich das Autorenkollektiv zwischen den Zeilen autobiografisch zu erkennen. Die allgemeine Lebenserfahrung, dass Schnaps nicht der Flüssigkeitsaufnahme dient, muss man erst einmal gemacht haben. Prost. Lallend fragt man sich, welcher Aufnahme das Fuselsaufen sonst dient: der von Feststoffen, von Brennstoffen gar? Und sind die nicht bald steuerpflichtig?)

Haustiere
“Nicht regelbedarfsrelevant –“ da nicht der Existenzsicherung dienend –“ sind wie bisher die Ausgaben für Haustiere sowie Glücksspiele.“


Also Hauskatze Rosi heimlich abschlachten oder ab mit ihr ins Tierheim. Katzen können bei guter Haltung gut und gern fünfzehn Jahre alt werden. Alle behandeln sie als Familienmitglied. Abschieben? Dann kosten sie beim Asyl das, was man  den Haltern abgeknapst hat.

Ein Ausgleich
„Bei den Verbrauchsausgaben in Abteilung 11 handelt es sich grundsätzlich nicht um regelbedarfsrelevante Ausgaben, da die auswärtige Verpflegung - also in Restaurants, Cafés und Imbissständen sowie in Kantinen und Mensen - nicht zum physischen Existenzminimum zählt. Die Verbrauchsausgaben für eine Mahlzeit bei auswärtiger Verpflegung liegen über denen, die hierfür bei eigener Beschaffung entstehen. Allerdings ersetzt die auswärtige Verpflegung die heimische Verpflegung. Wenn also eine auswärtige Verpflegung als nicht existenzsichernd anzusehen ist und die Verbrauchsausgaben hierfür nicht als regelbedarfsrelevant anzusehen sind, muss ein Ausgleich geschaffen werden, da sich der häusliche Verpflegungsbedarf (Nahrungsmittel und Getränke) und damit auch der häusliche Verpflegungsaufwand, wie er sich in den Verbrauchsausgaben der Abteilung 01 widerspiegelt, erhöht. Deshalb ist es erforderlich, den Warenwert der beim Besuch von Restaurants, Gaststätten etc. konsumierten Nahrungsmittel und Getränke als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen.“

Diese Mitteilung habe ich -trotz langjähriger Tätigkeit als Deutschlehrer- nicht verstanden. Hoffentlich sind alle anderen schlauer. Hat das Gericht sich unter Transparenz genau diese Art von Mitteilung vorgestellt?

„Bei den sonstigen Dienstleistungen wurden die neu festgelegten Gebühren für den Personalausweis, die künftig auch hilfebedürftige Personen zu entrichten haben, zusätzlich berücksichtigt. Die sich durch Einführung des neuen Personalausweises ergebenden Gebühren sind - da erst im Jahr 2010 beschlossen - in den Verbrauchsausgaben der EVS 2008 nicht erfasst, werden aber ab dem Jahr 2011 anfallen. Zusätzlich wird unter der Position 'Sonstige Dienstleistungen, nicht genannte–˜ ein Betrag von 0,25 Euro berücksichtigt.“

(Der neue Personalausweis kostet 28,80 Euro, man braucht also nur 115 Monate zu sparen, bis man die Gebühr beisammen hat.)

Verhungert ist bisher keiner unter Hartz IV. Bloßes Aufjaulen bringt gar nichts. Es kommt einfach darauf an, die Gesamtabsicht zu erkennen. Sie besteht in Abschreckung für alle, die schuften bis zum Geht-Nicht-Mehr, um nicht so tief herabgedrückt zu werden. Gegenwehr dagegen wird es erst geben können, wenn sämtliche Bedrohten merken, dass sie alle gleich angegriffen werden. Dass das möglichst lange nicht passiert, daran arbeitet die verkropfte  Sprachmetzengarde im Dienste Merkels und v.d. Leyens Tag und Nacht.

Bankenblockade am 18. Oktober abgesagt!

Der Koordinierungskreis der Aktion Georg Büchner hat am Freitag, den 24. September in Frankfurt nach mehrstündiger Debatte beschlossen, die Bankenaktion am 18. Oktober abzusagen.

Wir halten die Idee der Bankenblockade für überfällig, richtig und notwendig. Der Vorschlag beruhte auf der Annahme, dass es uns trotz drängender Zeit gelingen könnte, am 18. Oktober 2010 Tausende von Menschen zu einer Aktion des zivilen Ungehorsams zusammenzubringen –“ um die Idee von –ºMasse und Entschiedenheit–¹, wie sie in Dresden dieses Jahres so beeindruckend umgesetzt wurde, auf die soziale Frage zu übertragen, mit dem Ziel, dem Verarmungsprogramm mehr als Klagen, Kundgebungen und Demonstrationen entgegenzusetzen.

Wir haben im Koordinierungskreis unterschiedliche Einschätzungen darüber, ob der derzeitige Mobilisierungsstand ausreichend ist, einen solchen Schritt zu wagen. In einigen Regionen lief die Mobilisierung gut, in anderen nur schleppend. Wir waren uns deshalb nicht sicher, wie viel der uns überall entgegengebrachten Sympathie sich am Montagmorgen auf der Straße zeigen würde. Bei unserer in Deutschland in Bereich Soziale Kämpfe noch unerprobten Aktionsidee gibt es eine deutliche Diskrepanz zwischen ideeller Zustimmung und physischer Mobilisierbarkeit. Die Anzahl der bislang gemeldeten Busse veranlasste einen Teil von uns zur Einschätzung, dass wir eine Blockade über mehrere Stunden durchsetzen könnten, ein anderer Teil hielt das für unwahrscheinlich und verwies darauf, dass die überprüfbaren Zusagen deutlich unter unseren Annahmen lagen.

Die Absage ist uns allen sehr schwer gefallen. Wir haben gemeinsam viel Kraft und Herzblut in die Vorbereitung und Durchführung gesteckt. Wir wissen um sehr viele Gruppen und Menschen überall in der Republik, die diese Aktion ausdrücklich begrüßten und wie wir große Hoffnung hatten, in der Auseinandersetzung um die soziale Frage endlich einen gemeinsamen Schritt weiter zu kommen. Wir bedanken uns ausdrücklich bei den hunderten AktivistInnen, die in den letzten Wochen für das gemeinsame Ziel gestritten haben!

Den Stimmungswandel vor den Sommerferien (–ºWir zahlen nicht für eure Krise–¹) in die Zeit danach (–ºDie Krise ist vorbei–¹), den auch wir zu spüren bekamen, fällt derzeit vielen AkteurInnen, die gegen das Verarmungsprogramm mobilisieren, in den Rücken –“ auch wenn die Fakten genau das Gegenteil belegen. Doch die Zeit, diese Verunsicherung auszuräumen, dieses Zögern zu überwinden, lief uns davon.

Die Umverteilung von unten nach oben geht unvermindert weiter. Die Notwendigkeit, Verbindungen zwischen der kapitalismuskritischen und der antikapitalistischen Linken aufzubauen und zu verstärken, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, liegt auf der Hand. Dass wir uns dieses Mal noch nicht durchringen konnten, den Schritt in die Aktion zu wagen, ist nicht das Ende des Versuchs, zivilen Ungehorsam im Bereich der sozialen Kämpfe zu organisieren. Sowohl Stuttgart 21 als auch die kommenden Castor Proteste zeigen, dass zunehmend mehr Menschen sich auf die Suchen nach Aktionsformen begeben, die den Schritt vom Protest zum Widerstand beschreiten. Wir haben uns verabredet, das gemeinsame Vertrauen und die entstandenen Verbindungen zu nutzen, an unserer Idee eines –ºgesellschaftlichen Streiks–¹ festzuhalten, sie zur Diskussion zu stellen, in der Hoffnung, dass unsere jetzige Entscheidung nicht das
letzte Wort bleibt.

Quelle: Koordinierungskreis –ºAG Georg Büchner–¹ September 2010

Siehe auch: Grundsätzliche Fragen - Interview, das kurz vor dem KO-Beschluss zur Aussetzung geführt wurde.

Blogkino: Too Late for Tears (1949)

In unserer Reihe Blogkino zeigen wir heute "Too Late for Tears". Der Titel könnte als Anspielung auf Stuttgart 21 und die baden - württembergische Landesregierung verstanden werden, aber dafür gibt es erstens eine eigene Kategorie und zweitens müsste der Titel dann "Bis einer heult" lauten. ;-)

Zum Film: Jane (Lizabeth Scott) und Alan Palmer (Arthur Kennedy) sind ein Paar, das zufällig an einen Koffer voller Geld gelangt, das für jemand anderen (Dan Duryea) bestimmt war. Er will das Geld an die Behörden geben, sie will ihn behalten - egal was das für Konsequenzen hat:

"Jane, Jane, was geschieht nur mit uns? Das Geld bringt uns auseinander. Es ist Gift, Jane. Begreif doch, es verändert uns beide."

"Chancen wie diese gibt es nie zweimal. Davon habe ich mein Leben lang geträumt"




Siehe auch:
• "Der blonde Tiger" - Kurzinfo auf mordlust.de
• "Der blonde Tiger" - Filmbesprechung auf WikiPedia. Vorsicht: Spoiler!

Von der Leyen - Gläubige einer selbstgeschaffenen Religion

Transparenzfee Leyen als neue Britt vor dem Lügendetektor? Tun wir mal so, als glaubten wir von der Leyen alles, was sie voller Glaubenskraft und Wunderglauben seit drei Tagen von sich gibt. Unbeirrbarer als die oft getadelte Muslimin hält sie an jedem Wort fest, das die Wissenden ihr vorgelegt haben. Nur dass es dieses Mal keine heilige Schrift ist, sondern eine sehr weltliche: Die von ihr selbst in Auftrag gegebene Statistik. Keinerlei politischer Willen! Alles  leidenschaftsloser Dienst an der Wahrheit. Alle andern geilen und geifern nach ihren Hirngespinsten. Leyen nicht! Sie dient! Selbstlos.

Soviel Glaubenseifer wird mit Recht von oben durch Wunder belohnt.

Das erste: Genau die Beträge für Kinder, die Schröder und Co zugegebenermaßen rein als Prozente vom Erwachsenen-Betrag heruntergehauen hatten, wurden zumindest der Berechnungsmethode nach vom Verfassungsgericht beanstandet. Unsere Arbeitsministerin säumt keinen Augenblick, Rot-Grün wegen zu großer Schnittigkeit damals zu maßregeln.

Und nun das Wunder: Gerade diese Beträge haben sich - der heiligen Statistik nach - nicht nur bestätigt, sondern es hat sich herausgestellt, dass Rot-Grün noch zu lottelig waren im Zuteilen. Ist das nicht ein Gotteswunder. Nächstes Jahr oder übernächstes muss da leider was abgeknapst werden.

Andächtig soll v.d.Leyen zusammengesunken sein beim Anhören dieser Offenbarung. Gesehen habe ich es nicht, aber es wurde glaubhaft versichert. Ich liebe ihre aufgerissenen Bollaugen in solchen Augenblicken.

Vielleicht fielen ihr in dieser Sekunde der schweigenden Ergriffenheit  die eigenen sechs Kinder ein. –Haben kleine Füße, sind viel Zehen dran–. Wie oft musste da Schuh zugekauft werden, damit die nicht krumm werden. (Ich selbst lief nach 1945 geraume Zeit in geschenkten Frauenschuhen herum mit aufeinandergestapelten Zehen. Man sieht die Folgen nach 65 Jahren noch). Also: Genug Geld für Schuhe müsste her.

Welches Glück, dass die heilige Schrift der Soziologen solche Zukäufe nicht erlaubte. Im Namen der Zuverdienstgerechtigkeit geradezu verbot. Hat das Gericht da nicht durchgeblickt?

Nächstes Wunder: Als Ernst bei Anne Will unzufrieden herumpolterte, keifte Leyen zurück: Ob er  denn als einziger hätte vorauswissen wollen, was offenbar erst am Sonntagmorgen von den himmlischen Boten angeliefert worden war. Das statistische Evangelium. Sie hätte eigentlich Schäuble angiften müssen. Lang bevor das Buch der Statistik geöffnet worden war, hatte er im Haushalt schon ziemlich genau die Summe eingesetzt, die dann für Fünf-Euro-Spende pro Berechtigte ausreichte. Schon wieder ein Wunder! Genau das, was die so unparteiische Wissenschaft jetzt verkündete, hatte der Finanzminister schon vorausgewusst.

Dass es die versprochenen Gesamtschulen, Mittagessen und Chips noch gar nicht gibt, darf eine Vorkämpferin des Glaubens nicht beirren.  Dass die vorgesehenen Gelder für alle versprochenen Herrlichkeiten nicht reichen, auch nicht.

In unserer Gegend im Schwarzwald müsste ein Kind lange wandern, bis es eine Gesamtschule vorfindet. (Die einzig vorhandene - Lender in Sasbach - bietet sehr gutes Essen für wenig Geld. Nur ist sie privat.) Bis dahin stolpert halt das kleine Annele barfuß in die nicht vorhandene Gesamtschule, hält die Schürze auf und wartet auf die Chips.

Es wäre für Schwarz-Gelb wahrscheinlich einfacher gewesen, unter Hinweis auf die Rentner, die auch nichts kriegen, den Hartz-Vierlern einen schmalen Kniffmund hinzudrehen und gar nichts rauszurücken. Gewollt war aber nicht das pure Nichts, sondern dieses Nichts als höchstdenkbare Abfindung mit viel Wissenschaft als Brotbelag. Jeder soll sehen: Mehr gibt es nicht, solange wir und unseresgleichen oben sitzen.

Das Schlimmste an der Tätigkeit unserer Hass- und Fleißpredigerin ist die zugehörige Verdummungsarbeit. Bekanntlich können selbst die heiligsten Verteidiger des Kapitalismus nicht ausschließen, dass - in immer kürzeren Abständen - Krise auf Krise folgen wird. Dann erneut: Abgeschobenwerden vieler genau in den Stand, den Leyen-Gläubige zu verachten jetzt angelernt und gedrillt werden.
Bleibt man im Fernsehen vor den Ein-Uhr-Nachrichten irgendwo hängen, stößt man auf “Britt–. Von Mittag an klärt sie die tausend Nöte Liebender, die sich in der Regel misstrauen. War er / sie auch wirklich treu? Wurde da mit andern herumgemacht? Mit welchem Klebe-Effekt?

“Britt– hilft: Der Mann mit dem Lügendetektor rückt an. Die Frage unweigerlich: Liebst Du Emilie von ganzem Herzen? Andere - vielleicht verzittertere - Neigungsformen kommen nicht in Frage.

Die Antwort wird verkündet. Keinem Zweifel unterworfen. Und jetzt das Aufsehenerregende! Die Wissenschaft soll ja gelten, ob einer sie zur Kenntnis nimmt oder nicht. Ob jetzt Statistik oder Wahrheitsapparat.

“Britt–
aber hat immer viele Zuschauer als Publikum. Sie kennen sich offenbar nicht. Sitzen atomisiert nebeneinander. Um sich die Zeit zu vertreiben. Kaum aber wird das Blatt mit “Wahrheit– oder “Lüge– erhoben, erschallt durchdringender Jubel oder erbittertes Buhuh bei Lüge. Offenbar wird die Vorgabe des Apparats erst durch diesen Applaus wahr. Die Betroffenen selbst und die Menge der Zuschauenden unterwerfen sich blind dem Spruch. Im Gebrüll - für den Augenblick des Gebrülls - werden sie Gemeinschaft. Gemeinschaft der Unterwerfung.

So kriegt v.d.Leyen selbst solche herum, die unweigerlich die nächsten sein werden. Gegenüber der “Wissenschaft– scheint Auflehnung kindisch. Und unverschämt. Welche Aussichten der Gegenwehr gibt es gegenüber der Lähmung durch solche  Verkleisterung?

Auf den Bundesrat setzen? Mit einer Generalopportunistin wie Kraft? Sie wird triumphal einen Zuschlag von weiteren fünf Euro aushandeln, das als Erfolg verkaufen und besonders darauf hinweisen, dass sie mit ihrer endgültigen Zustimmung zum “Vernünftigen– der LINKEN im Land einen neuen verdienten Tritt verpasst hat. Solche Kreaturen verraten unterm schlimmsten Kopfnussgewitter noch, was sie zu vertreten behaupten.

Das Gericht wird weitere fünf Jahre brauchen, bis es sich erinnert, was es mit seinem Rätselspruch eigentlich gemeint hat.

Bleibt nichts, als die Hoffnung auf die langsame Auflösung der jetzigen Front der Leyengemeinde. Gott sei Dank darf man nur eine Stunde vor “Britt– verweilen und auch nur ein paar Fernsehtage lang vor Leyen. Sind von ihren Fans vielleicht doch noch ein paar zur Wirklichkeit des eigenen Lebens zu bringen, wenn man sie zum Beispiel bei ALDI erwischt und sie stehen mit leerem Kärtchen an der Kasse?

Aufstand der Schwaben. Teil 1

Dachbesetzung am 26.08.2010
Das bis zu 12 Milliarden Euro schwere Projekt "Stuttgart 21" und vor allem die sich ständig ausweitenden Proteste zehntausender Menschen ist inzwischen bundesweit ein Thema. Der vorhandene oberirdische Kopfbahnhof soll in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof umgebaut werden. Dazu ist unter anderem der Abbruch eines Teils des denkmalgeschützten Bahnhofgebäudes sowie die Abholzung hunderter uralter Bäume im angrenzenden Schlosspark –“ der grünen Lunge und Naherholungsgebiet der Stadt - nötig. Mit dem Verkauf der frei werdenden Flächen erhofften sich die Stadt und Investoren riesige Gewinne auf lange Zeit und die Selbstfinanzierung des Projekts. Der öffentliche Nah- und Güterverkehr spielte dabei eine untergeordnete Rolle.

S21 ist ein gigantisches Umverteilungsprojekt, für das die öffentlichen Haushalte des Bundes, des Landes und der Stadt ausgeplündert werden. Zum Ende der 90er Jahre stellte die Deutsche Bahn trotz verbindlicher Verträge die Planungen zu S21 wegen Unwirtschaftlichkeit und mangelnder Notwendigkeit ein. Es fehlten laut einer internen Wirtschaftlichkeitsrechnung des Projekts bis zu 79 Millionen Euro. Damit drohte das Aus für "Stuttgart 21".

Mit dem Abschluss eines "großen Verkehrsvertrages" zwischen dem Land und der Bahn wurden im Vergleich zu anderen Bundesländern erheblich höhere Subventionen vereinbart.

Das war nicht die einzige Finanzspritze: Um S21 zu stabilisieren, stützte der Flughafen Stuttgart 2008 die Bahn mit 112 Millionen Euro und die Stadt verzichtete 2007 auf 212 Millionen Euro Sollzinsen der Bahn.
Und das in Zeiten, in denen wegen angeblich leerer Kassen an allen Ecken "gespart" wird, also Kahlschlag bei noch vorhandenen Resten sozialer Errungenschaften stattfindet.

Organisiert wird das von dem als "Spätzlesconnection" bekannt gewordenen Kartell, das mit Pöstchen und Auftragsschieberei den kapitalistischen Normalzustand kennzeichnet.

Zuletzt erregte der Fall eines der Hauptbefürworter des Projektes, des Finanzbürgermeisters der Stadt Stuttgart, Michael Föll (CDU) Aufsehen. Er saß mit Genehmigung des Oberbürgermeisters Schuster im Beirat der mit dem Abbruch des Bahnhofs beauftragten Firma "Wolff & Müller" und legte diesen Posten erst nach Protesten nieder.

TGV Blockade am 26.08.2010
Lothar Späth, ehemaliger Ministerpräsident, ist Aufsichtsratsvorsitzender des Tunnelbohrers Herrenknecht, das Arbeitsverhältnis des Siemens Angestellten und jetzigen Ministerpräsidenten Mappus ruht dagegen. Das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart sind zusammen mit 40 Prozent Miteigentümer der Landesbank Baden Württemberg (LBBW). Bei diesen sind die Medienunternehmen „Südwestdeutsche Medien Holding“ (SWMH) und „Schwarzwälder Bote Mediengesellschaft mbH“ (SBM) mit Krediten verschuldet. Sie sind Herausgeber unter anderem der „Stuttgarter Zeitung“, der „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Süddeutschen Zeitung“. Dem Verleger Dr. Richard Rebmann hatte der Stuttgarter Oberbürgermeister Schuster einen Posten im Verwaltungsrat der Landesbank angeboten.

Von Beginn an hatte das Projekt seine Gegner. Waren diese Mitte der 1990er Jahre in der Minderheit, führte der Protest in der neueren Zeit dazu, dass er stark anwuchs. Eine der größten Protestdemonstrationen fand am 3. September mit über 65.000 TeilnehmerInnen statt.

Die Arroganz, mit der die im Stuttgarter Gemeinderat bis dahin mehrheitliche CDU über diese Proteste hinweg ging, sorgte für deren Abwahl bei den Kommunalwahlen in Stuttgart im vergangenen Jahr. Neben der Ablehnung von S21 ist für viele der Umgang mit ihren Forderungen Ausschlag gebend. Bei kaum einem anderen Ereignis machen mehr Menschen ganz praktische Erfahrungen mit kapitalistischen Herrschaftsprinzipien und ihrer Rolle darin. Obwohl in Stuttgart 67.000 Menschen einen Bürgerentscheid zu „Stuttgart 21“ forderten, hat der Stuttgarter Gemeinderat diesen abgelehnt, das Regierungspräsidium und das Verwaltungsgericht ihn für juristisch unzulässig erklärt.

Auch wenn von prominenten Vertretern der Proteste mit Parolen wie "Wessen Polizei? –“ Unsere Polizei!" Illusionen über den Charakter des Staates und seiner Machtorgane verbreitet werden: Immer mehr Menschen machen die Erfahrung dass es nötig und möglich ist, selbst Politik statt nur ein Kreuzchen auf dem Wahlzettel zu machen.

Die Parteien überbieten sich dabei gegenseitig in den Versuchen, den Protest mit der Orientierung auf die Landtagswahl im kommenden Jahr in "demokratische Bahnen" zu lenken, mittels "Moratorien" und Appellen an die "Vernunft" der Verantwortlichen. Deren Vernunft heißt jedoch Durchsetzung des Projektes mit aller Macht. Und so wird auch versucht, die Protestbewegung durch Kriminalisierungs- und Diffamierungsversuche zu spalten und damit wirkungslos zu machen. So rief die Beteiligung linker und anarchistischer Kräfte bereits Verfassungsschützer auf den Plan.

Die Palette reicht vom (widerlegten) Gerücht, dass mit den fast schon alltäglichen Massenblockaden von Bundes- und Hauptstraßen Krankenwägen mit Todesfolge blockiert worden seien bis hin zu angeblichen Morddrohungen gegen prominente S21 Befürworter. Diese seien gegen den PR Beauftragten des Projektes, Wolfgang Drexler (SPD) gerichtet worden, wie er selbst erklärte. Drexler ist nicht nur Sprecher des Bahnprojektes, sondern auch Landtagsvizepräsident.

Eine Herausforderung an die Protestbewegung ist, dass wesentliche Schichten der Bevölkerung noch gar nicht in die Auseinandersetzung aktiv einbezogen sind. Der öffentliche Nahverkehr wird von Beschäftigten der Daimler Werke in Stuttgart und Sindelfingen genutzt. Diese sind bereits jetzt über unzureichende Fahrpläne und Preise direkt betroffen. Während der Daimler Vorstandsvorsitzende Dieter Zetsche aktiv bei der Initiative Pro Stuttgart 21 ist, sind die Gewerkschaften, vor allem die IG Metall - außer durch Beschlüsse einiger Ortsverbände - nicht an den Protesten beteiligt. So gibt es zwar eine Initiative "Gewerkschafter gegen Stuttgart 21", diese wendet sich aber in ihrer Öffentlichkeitsarbeit mit der Einrichtung einer Hotline für Abrissarbeiter und PolizistInnen, die "Probleme" mit S21-Gegnern haben, nicht an die Masse der Beschäftigten.

Nötig wäre hier die Mobilisierung der Zehntausende Menschen zählenden Belegschaften von Bosch, Daimler usw. Wenn es gelänge, in diesen Betrieben beginnend mit Aktionen wie Pausenverlängerungen und "Frühschluss"- Aktionen einen ökonomischen Druck aufzubauen, würden die Proteste eine enorme Schubkraft erfahren.

Notwendig ist unbedingt die Einbeziehung von MigrantInnen in die Proteste. Trotz hohem Bevölkerungsanteil gibt es bislang kaum Übersetzungen wichtiger Texte in andere Sprachen.

Blockade der B14 am 27.09.2010
Das führt dazu, dass die soziale Frage in den Protesten eher unterbelichtet ist. Gerade die ArbeiterInnen, MigrantInnen und die Erwerbslosen sind es aber, die für S21 zur Kasse gebeten werden, die von steigenden Steuern und Abgaben in besonderem Maße betroffen sind, die auf kommunale Dienstleistungen die zu Gunsten des Projekts zur Disposition stehen, existenziell angewiesen sind. Die sogenannte "Stadtgesellschaft" ist eben nicht nur deutsch, wohlhabend und kreativ tätig, sondern auch türkischer Herkunft, arm und Fließbandarbeiter.

Zum Ausdruck kommen diese Probleme in der organisatorischen Struktur der Bewegung, die von einigen Stellvertretern dominiert wird. Notwendig ist die Überwindung der Beschränkung auf den Informationsaustausch und die Schaffung von basisorientierten Strukturen, beispielsweise in Form von Widerstandsgruppen gegen S21.

Der massenhaften Beteiligung an Demos, Menschenketten, dem Verteilen von Informationsmaterial, Aufklebern usw. steht eine relativ kleine Zahl fortgeschrittener AktivistInnen gegenüber die Bauzaunüberwindung, Baum- und Baggerbesetzungen machen. Dazwischen herrscht oft Ratlosigkeit.

Ein positives Beispiel für eine Verbindung direkter Aktionen mit Massenprotesten war die Gleisbesetzung, mit dem die Abfahrt des TGV verzögert wurde. Während die eigentliche Blockade nach einigen Minuten beendet wurde, verhinderten Hunderte auf dem Bahnsteig die Abfahrt des Zuges. Nicht umsonst werden die Bahnsteige bei den Protesten inzwischen von Polizei abgeriegelt, die nur kontrollierte Passagiere durchlassen.

Aber die Gleise sind lang...

Weiterführende Links und Quellen:


Bei Abriss Aufstand: http://www.beiabrissaufstand.de
Die Parkschützer: http://www.parkschuetzer.de
Kopfbahnhof Bündnis: http://www.kopfbahnhof-21.de
Das Stuttgart 21-Kartell: http://stuttgart-21-kartell.org
Webcam zum Nordflügel und den Protesten: http://www.fluegel.tv


Zuerst veröffentlicht in: Graswurzelrevolution Nr. 352 (19.09.2010)

Stuttgart: Parkschützer warnen vor Grundwasserabsenkung bei Stuttgart 21

Foto: Bei Abriss Aufstand
Parkschützer dringen heute in das umzäunten Gelände des ehemaligen Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) ein. Dort machen sie auf die Risiken der geplanten Grundwasserabsenkung aufmerksam. Mit Farbe schreiben sie auf die asphaltierte Fläche: „Nur Lumpen pumpen“, da das Abpumpen des Grundwassers den gesamten Schlossgarten und die Mineralquellen akut gefährdet. Außerdem stellen die Aktivisten zwei Wasserfässer auf, aus denen nur noch die Köpfe von Kanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Stefan Mappus herausschauen. Die Parkschützer wenden sich mit ihrer Kritik an die Politik, der beim Thema Stuttgart 21 das Wasser bis zum Hals steht: Viele inzwischen bekannte Gutachten belegen, dass das Mammutprojekt Stuttgart 21 mit enormen Risiken verbunden ist. Eine große Mehrheit der Bevölkerung lehnt das Projekt ab. Doch allein die Politik setzt weiter auf das Motto „Augen zu und durch“. Deshalb verweist das Banner der Aktion auf die kommende Landtagswahl: „Am 27.3.2011 ist Volksentscheid“.

„Die Grundwasserabsenkung gefährdet die Bäume im gesamten Schlossgarten! Dem Bahnhofsturm könnte es bald ergehen, wie dem Kölner Stadtarchiv, und durch ein großes Querbauwerk wie den geplanten Tiefbahnhof würden die Grund- und Mineralwasserströme im Nesenbachtal dauerhaft beeinträchtigt“, sagt Parkschützer Dr. Malte Plath. „All diese Probleme sind in Gutachten und Studien belegt, zum Teil sogar im Planfeststellungsverfahren beschrieben. Experten warnen, selbst Frei Otto geht davon aus, dass sein Entwurf nicht realisierbar ist. Allein Mappus und Merkel haben beschlossen, ausgerechnet hier Durchsetzungsvermögen zu beweisen. Auf unser aller Kosten und wider alle Vernunft wird ein Projekt durchgepeitscht, das mit großer Wahrscheinlichkeit an Wasser und Geologie scheitern wird. Das ist eine unglaubliche Verschwendung von Steuergeldern und eine unverschämte Verhöhnung der gut informierten Bevölkerung, die im Gegensatz zur Politik auch an die Zukunft denkt.“

Simulationen belegen, dass sich die Grundwasserabsenkung im gesamten Oberen und Mittleren Schlossgarten auswirken wird (siehe S. 40 aus dem Tagungsband vom 26. September 2006). Gleichzeitig besteht durch die Grundwasserabsenkung das Risiko einer Druckumkehr zwischen Mineralwasser und den darüberliegenden Schichten. Dadurch kann es zu Mineralwasserdurchbrüchen kommen. Das gefährdet einerseits Schüttungsmenge und Qualität der bestehenden Mineralquellen, andererseits besteht die Gefahr, dass die Baugrube mit Mineralwasser voll läuft.

Langfristig würde der Tiefbahnhof sich im Nesenbachtal verhalten wie ein Wehr, da er die gesamte Talsohle quer durchschneiden würde und zwar auf der Höhe wasserführender Schichten. Damit sind dauerhafte Wasserprobleme vorprogrammiert, sowohl für den Bahnhofstrog selbst, als auch für alle umliegenden Gebäude und Bäume. Im Bereich des Oberen Schlossgartens staut sich das Wassers, den Bäumen im Mittleren Schlossgarten droht auch nach Abschluss der Bauarbeiten Wassermangel. Da sich das Wasser neue Wege suchen wird, droht allen Gebäuden und Bauwerken in diesem Bereich die Um- oder Unterspülung. Insbesondere muss damit gerechnet werden, dass der neue Bahnhofstrog aufschwimmt (vergl. Stern-Artikel vom 26.8.2010).

Quelle: Pressemitteilung

Hartz IV: Fünf Euro in den Hut! Sadisten bei der Züchtigungsarbeit!

Fünf Euro sind nicht zu wenig. Fünf Euro sind nicht zuviel. Die fünf Euro sind überlegter und bitterer Hohn der Agentur der herrschenden Klasse, die sich für eine autonome Regierung hält.

1834: Die britischen Steuerzahler setzten die Abschaffung der städtischen Armenfürsorge durch. Zweck: Aufbau einer Brücke zur freiwilligen Arbeitsübernahme in den neu entstandenen Fabriken.

Westerwelle hat ähnliche Begriffe verwendet, um massenhafte Beraubung als Pflicht zu verklären. Frau Merkel riss sich den Muttergottesmantel von den Schultern und schrie - sinngemäß - vor aller Welt: Soziale Durchfütterung darf kein Dauerzustand werden. Auch sie hat es bekanntlich mit den Brücken.

Die Ermunterung zum Massensadismus in diesen Maßnahmen ist offensichtlich. Denn -im Gegensatz zu 1834- gibt es die Plätze in den Fabriken nirgends. Die Maßnahmen können keinen anderen Zweck haben als Zufriedenstellung derer, die noch ein paar Millimeter über den Getretenen stehen.

Wenn man emnid glauben will, sind über fünfzig Prozent durch BILD und andere so verblödet, dass sie das Hinunterdrücken anderer ganz toll finden. Bis sie nächstes oder übernächstes Jahr selber dran sind. Aber dann jaulen sie zu spät.

Frau Homburger würzt den Schröpfungswillen mit Moral. Wie? Sollen wir Menschen rauchen und saufen lassen- für ihre bisherigen 20 Euro im Monat? Ist doch so ungesund! Oktoberfest sofort schließen! Wenn die FDP-Predigerin ihre Moral bloß ernst nähme. Wäre sie bereit, die Wiesn ab morgen zuzumachen? Verführt ja geradezu zum Alkohol! Natürlich nicht. Ist doch ein Milliardengeschäft. Da hat Moral nichts zu suchen.

Ein Geheimnis hat uns die Arbeitsministerin allerdings nicht enthüllt. Wie sich alle erinnern, hatte das Verfassungsgericht gerade über die Situation der Jugendlichen geklagt.

Und tatsächlich wachsen Kinderfüße schamlos schnell. Das leidige Kinderschuh-Problem. Und dagegen hilft keine Schulmahlzeit. Und Jeans sind immer wieder durchgewetzt. Nun- als Pointe ihrer statistischen Studien- serviert uns diese Frau, die Kinder bekämen alle noch zu viel. Nur aus Großzügigkeit - –Vertrauensschutz– zieht sie Hartz-IV-Eltern nicht gleich wieder den Gnadengroschen ab.

“Trau keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast– (Churchill). Für die Erwachsenen haben die gekauften Schreibtischtäter die Sache vielleicht noch hingetrickst - zumindest für gläubige Mit-Sadisten. Zu den Kindern hat sich das Gericht allerdings recht definitiv geäußert. Und die - inzwischen gekappten- Pläne mit den Chips fürs Klavierlernen,deuten ja darauf hin, dass Frau v.d.Leyen bis vor kurzem noch selber wusste, dass den Mädels und Jungs vielleicht doch was fehlt. Damals hatte ihr Sadismus nur zu Chips und Sachleistungen gereicht- damit PapaMama nicht alles versaufen - oder unverzüglich zum Flachbildschirmkauf schreiten. Jetzt entfallen die Chips. Die Ministerin hat sich einen letzten Stoß gegeben und prügelt familienweit.

Das alles ist schlimmer als Sarrazin. Wo der ethnisch zuschlug, arbeitet Schwarz-Gelb universell. Die ganze Unterschicht soll jetzt dran glauben. Ohne Ausnahme.
Leider fürs erste recht risikolos das Verbrechen. Die Ärmsten werden kaum noch die Energie aufbringen, sich zu wehren. Zumindest haben sie selten das Fahrgeld zum Demonstrieren. Auf Sommers DGB ist nur geringster Verlass, wie man sich aus dem Beginn der Montagsmärsche recht genau erinnert. Und die potentiellen Kläger von SPD und Grünen sind schon verwarnt worden. Bei Klage droht Stillstand - und alles bleibt im Sumpf. Wer ist dann schuld und fortschrittsfeindlich? Na klar! Die immer schwankende und industriegeile Opposition.

Die übrig bleibenden LINKEN vor Gericht haben den Ruf als prinzipielle Stänkerer jetzt schon weg.

PS: Bei “Anne Will– durfte die Ministerin immer neu die Platte abspielen - von denen, die schwer arbeiten und angeblich auch nicht mehr haben. Ernst von den LINKEN durfte kräftig widersprechen. Alle andern ergingen sich in Verständnis, Verlangen nach Wärme statt Knete und der Gier nach Facharbeitern, die endlich hochgeprügelt werden müssen. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass Anne Will sich selbst für ihre - wohl aufgezwungenen - Gäste genierte.
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