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Göttinger Denunziant erreicht Streichung der Arbeitslosenhilfe bei seiner Nachbarin

Die Fakten vorweg, nachzulesen im „Göttinger Tageblatt“ und in der Online-Ausgabe von„taz-nord“ vom 21. Juli:

Ein anonymer Anrufer meldet sich im April dieses Jahres beim Göttinger Sozialamt mit der Verdächtigung, eine ALG-II-Bezieherin halte sich gar nicht in ihrer Wohnung auf, sondern bei ihrem Freund. Folge: neun Tage später schwärmen Mitarbeiter der Stadt und des Landkreises Göttingen aus, um bei der Nachbarschaft der Frau weitere Informationen zu beschaffen. Ergebnis dieser Befragungsaktion: kein Arbeitslosengeld mehr für die Erwerbslose. Die Betroffene wird von alldem nicht einmal vorher informiert oder zu der Denunziation des anonymen Anrufers befragt.

Der Anwalt der Betroffenen, Johannes Hentschel, ist nun dieses Vorfalls wegen an die Öffentlichkeit gegangen und hat wegen dieser rechtswidrigen Schnüffelei beim Niedersächsischen Sozialministerium Bußgelder für die insgesamt vier Behördenmitarbeiter beantragt. In zwei weiteren Fällen informierte der engagierte Jurist zusätzlich den Landesbeauftragten für Datenschutz. Begründung: die Praxis der Göttinger Behörden verletze auf eklatante Weise das “informationelle Selbstbestimmungsrecht“ der ALG-II-BezieherInnen. Hentschel wörtlich: die im Sozialgesetzbuch II festgeschriebenen Regeln zur Datenerhebung würden von den Ämtern „bewußt mit Füßen getreten“. Schließlich versuchte der Anwalt sein Glück auch noch bei dem Göttinger Oberbürgermeister, dem Ex-Richter Wolfgang Meyer (SPD), mithilfe einer Dienstaufsichtsbeschwerde. Die Antwort des Sozialdemokraten: „Ein Fehlverhalten meiner Mitarbeiterin kann ich nicht erkennen.“

Nun, in einer Hinsicht wurde dieser Ex-Rechtswahrer am Göttinger Amtsgericht inzwischen eines anderen belehrt: die betroffene Erwerbslose erhält inzwischen wieder ihr Arbeitslosengeld, da Anwalt Hentschel mit einem Eilverfahren gedroht hatte. Noch also funktioniert, ein bißchen jedenfalls, unser Rechtsstaat. Aber:

–šFunktionierte–™ auch noch das rechtsstaatliche, das demokratische Bewußtsein der anderen beteiligten Staatsvertreter bei diesem Konflikt? Was ist von einem Land zu halten, in der dieses schon wieder möglich ist: durch bloße Denunziation –“ anonym zudem –“ mehrere Dienststellen zu veranlassen, einfach mal so dem Denunzianten zu glauben, einfach mal so der Betroffenen den Anspruch auf rechtliches Gehör vorzuenthalten, einfach mal so der Erwerbslosen ihre materielle Existenzgrundlage zu entziehen? Was ist von einem Land zu halten, wo es erst des energischen Einschreitens eines mutigen Anwalts bedarf, den Rechtsstaat im vorliegenden Fall wiederherzustellen? Und: wo passiert Gleiches in diesem Lande noch - und wir alle erfahren lediglich deshalb nichts davon, weil es dort solche Rechtsbeistände nicht gibt, oder die betroffenen Menschen, eh schon zermürbt von 5 Jahren Hartz-IV und 5 Jahren Hartz-IV-Hetze gegen diese „Schmarotzer“ und „Parasiten“, trauen sich gar nicht mehr, weil sie dem Staat nicht mehr trauen? Weil sie kaputt sind vom ewigen Kleinkrieg mit den Sozialbehörden, weil sie sich aufgegeben haben? Und nicht zuletzt die Frage:

Woran erinnert das alles? Sind wir schon wieder so weit, und bei manchen Mitbürgern lebt die alte Blockwarts-Mentalität wieder auf? Und Behörden und SPD-Stadtrepräsentanten finden das alles überhaupt nicht verkehrt, sondern im Gegenteil, sie beauftragen gleich mehrere MitarbeiterInnen damit, auch ihrerseits diese Schnüffelei fortzusetzen, bei den lieben Nachbarn der denunzierten Person!

Kein Mißverständnis bitte: gleichzusetzen ist damit die Bundesrepublik und das Verhalten dieser Mitmenschen und Behörden mit den Verhältnissen und Ereignissen im Dritten Reich nicht. Das käme –“ immer noch –“ einer unzulässigen Verharmlosung des nazistischen Terror-Regimes gleich. Aber Parallelen, beängstigende Parallelen, sind festzustellen, und diese zu leugnen, das bagatellisierte auf nicht mehr hinnehmbare Weise die Geschehnisse der Gegenwart.

Daß ein Wolfgang Clement –“ seinerzeit noch SPD-Arbeitsminister –“ bereits 2005 keine Hemmungen mehr zeigte, mit seiner „Parasiten“-Kampagne gegen ALG-II-BezieherInnen zurückzugreifen auf das antisemitische Propagandavokabular aus Adolf Hitlers „Mein Kampf“, das findet nun seine Fortsetzung in der Kooperation von Behörden mit miesestem Denunziantentum. Und Politiker, die im Nachkriegsdeutschland Jura studiert haben und jener SPD angehören, deren Mitglieder unter den Nazis in den Arbeitslagern landeten und in den KZ–™s, können kein „Fehlverhalten“ erkennen. Sie scheinen es verlernt zu haben, in die Geschichtsbücher zu schauen –“ und in den Spiegel!

Arbeitslosigkeit als Urlaubsparadies

Toll - - - der Ober-Liberale Guido Westerwelle sieht den Sozialstaat, so wie er vom Bundesverfassungsgericht noch einmal vor einer Woche nachdefiniert worden ist, auf dem Weg in die Dekadenz-Gefilde der spätrömischen Orgienwelt!  Denn allen Ernstes:

  • Lebensmöglichkeit der Zwangsarbeitslosen ab 31. Dezember 2010 endlich wieder  oberhalb des Existenzminimums: das läßt diesen FDP-Chef an den Untergang eines ganzen Imperiums denken!
  • Längst überfällige Wiederherstellung des Sozialstaates Bundesrepublik: das beschwört für diesen Herrn  furchtbarsten „Sozialismus“ herauf!
  • Überfälligste Befreiung der Ärmsten und Armen von alltäglicher Demütigung, Ausgrenzung und Not: das assoziiert dieser Führer einer vormals den Menschenrechten verpflichteten Partei mit schlimmstem Sittenverfall!

Man fragt sich: ist dieser Herr Mensch Westerwelle noch bei Trost? Er ist es, wie die folgende Analyse zeigt! Er ist es, weil er damit einer Propaganda folgt, die seit Jahren schon die Zwangsarbeitslosen in der Bundesrepublik öffentlich fertigmacht, konsequent und mit System und selbstverständlich zur Absicherung der Interessen derer da oben.  Einer Propaganda, der zufolge Armut die eigentliche Luxus-Region unserer Republik ist! Und der Reiche vermutlich der einzige Arme in diesem Land! „Ausbeutung“, das geschieht von unten her, dieser Propaganda zufolge, und das Bundesverfassungsgericht hat sich, dieser Propaganda zufolge, den „Ausbeutern“ von unten jetzt auch noch zur Seite gestellt!

Wie sehr diese menschenfeindliche Propaganda Methode hat, zeigt der folgende Beitrag. Und selbstverständlich auch: wie irrsinnig sie ist! Kurz, daß der Oberliberale Guido Westerwelle einfach beides ist:  mit sehr viel Ernst bei der Sache und - - - toll!
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Wir alle sind gierig! Ach ja? Zum intellektuellen Niedergang der Plasberg-Shows „Hart aber fair“

Täuscht mein Eindruck, oder werden die Talkshows unter Plasberg immer schwachsinniger?

Letzte Woche, am 20. Januar, hatte man sich nochmals die Finanzkrise vorgeknöpft, unter dem Titel „Genug ist noch zu wenig –“ Warum regiert nur die Gier?“. „Gier“ als Hauptursache des weltweiten Crashs 2008/9?

Nun, zweierlei war während der Sendung festzustellen: erstens wurde die Finanzkrise aufs „rein Menschliche“ reduziert, auf Psychologie, auf Simpel-Psychologie nebenbei, ergo auf „Gier“, sonst nichts. Und wenn als einzige Jutta Ditfurth wieder und wieder gegen dieses infantile Herunterpsychologisieren anging und Systemursachen ins Gespräch zu bringen versuchte, hatte sie gleich die Übermacht der gesamten Runde gegen sich (Ausnahme: Schauspieler Harald Krassnitzer), an der Spitze „Moderator“ Plasberg, der um jeden Preis das Thema seines Abends retten wollte und seine netten Einspielfilmchen.

Und zweitens unterzog man den Begriff der „Gier“ einer wundersamen Behandlung, und zwar mithilfe einer Doppel-Operation, die gleich zwei Vorgehensweisen am Patienten, dem Thema „Gier“, ausprobierte –“ zwei miteinander unvereinbare Operationsversuche im übrigen (was auf die Schnelle nichtmal die tüchtige Ditfurth entlarvte).

Gemeinsames Merkmal dieser beiden widersprüchlichen Verbal-Operationen: der Begriff „Gier“ wurde auf alles und jeden angewendet. Einmal mit negativem Akzent –“ dies die erste Quasselstrategie -, aber so, daß dadurch jeder Verursacher der Finanzkrise nunmehr seine Hände in Kollektivschuld zu waschen vermag. Da nahm man also zum Beispiel den kleinen Sparer moralisch beim Schlafittchen, der etwas mehr von seinem Geld auf dem Bankkonto will als nur den Inflationsausgleich. Der Psycho-Logik dieser Sendung zufolge also ein Sünder wie der kapitale Großbetrüger, der Milliardenbeträge von Millionen von Menschen verzockt hat. Ich meine: mit gleicher Logik hätte man da auch die „Freßgier“ der halbverhungerten Untertanen im vorrevolutionären Frankreich gleichsetzen können mit der Völlerei Ludwig des Vierzehnten, der zwischen den vielen Gängen seines Frühstücks gleich auch noch dutzendweise hartgekochte Eier zu sich nahm. Oder man fiel über die Armenbevölkerung in Berlin her, die bei der Eröffnung eines Elektromarktes am Alexanderplatz, heißgemacht von der Werbung („Die ersten einhundert Kunden bekommen alles umsonst!“), wie die Verrückten auf die Waren stürzten. Selbst das Baby, das hungrig nach der Mutter schreit, ließ man bei dieser Sendung nicht aus! Auch dieses nur von einem beseelt, von der „Gier“! Was ja im Umkehrschluß fragen läßt: wird die globale Finanzwelt ergo von Säuglingen regiert, die immer noch gepeinigt werden von einem heftigen Mutterkomplex? Und im übrigen gäbe es ohnehin ein angeborenes Kapitalismus- oder Raffgier-Gen? Die Finanzkrise deshalb Auswirkung eines menschlichen Grunddefektes, nicht aber Folge eines veränderbaren Finanzssystems?

Tenor all dieser „Argumente“ mithin: wir alle sind Sünder! Und schon damit geriet die spezifische „Gier“ der globalen Finanzjongleure aus dem Blick, der spezifische Charakter und die spezifischen Folgen dieser Art „Gier“: nämlich betrügerisch und weltweit Millionen von Menschen um ihre Existenzgrundlage gebracht zu haben, um ihre Arbeitsplätze und um ihr erspartes Geld. Und völlig wegpsychologisiert waren damit die nach wie vor existierenden Systemursachen für diesen Crash!

Doch vollends vorbei mit der Genauigkeit war–™s, als urplötzlich „Gier“ sogar zum positiven Antrieb umgedeutelt wurde - dieses die Brabbelstrategie Nummer zwei, ganz im Gegensatz zur soeben skizzierten Negativbewertung der „Gier“. Da wurde auf einmal jedes Bedürfnis, jeder Wunsch, ja, noch jede Freude zur „Gier“. So konnte es denn passieren, daß Moderator Plasberg seinem Gast Jutta Ditfurth vorhielt, sie habe sich doch auch bei ihrer letzten Lesung in Hamburg über die dreihundert Zuhörer gefreut. Man faßt es nicht! Freude gleich Gier, Leseveranstaltung gleich Massenbetrug! Fehlte eigentlich nur noch der Vorwurf, Ditfurths Freude - sprich „Gier“! - habe ebenfalls Millionen von Menschen um ihre Ersparnisse gebracht, Ditfurth sei bei Vorstellung ihres Buches „Zeit des Zornes –“ Streitschrift für eine gerechte Gesellschaft“ selber betrügerisch zu Werke gegangen, und als Folge ihrer Lesung hätten weitere Millionen von Menschen ihre Arbeitsplätze verloren, ihre Ersparnisse, die sichere Grundlage ihrer Existenz. Nun, vielleicht ließ man dieses „Argumente“ ja aus, weil dadurch allzudeutlich der absurde Schwachsinn dieser Gleichsetzerei zutagegetreten wäre.

Kurz: mit Ausnahme von Jutta Ditfurth und Harald Krassnitzer debattierte diese Runde, unter der Führerschaft Plasbergs, sämtliche Milliarden-Euro-Verbrecher aus der globalen Finanzwelt hart, aber unfair in die Kollektivschuld aller hinein, selbst in die Welt der Säuglinge und der Arbeitslosen auf dem Berliner Alexanderplatz. Oder man argumentierte „Gier“ zur Naturkonstante des Menschen schlechthin empor, zur „Gier“, zu der auch die unschuldigste Freude zählt sowie die menschliche „Neugier“ (jawohl, selbst dieses Gleichsetzungs-„Argument“ trug einer in dieser Talkshow vor!).

Fazit also? –“ Nun, wenn es einigermaßen rational zugehen würde in unserer „Medienlandschaft“, dann hätte jetzt eigentlich eine Person um ihren Posten zu bangen: der Verantwortliche dieser Sendung, Frank Plasberg mit seinem medialen Humbug. Oder ist nun der Schreiber dieser Zeilen zu „gierig“? Zu „gierig“, weil er aufs heftigste die Beendigung eines derartigen Unfugs wünscht?

Nur eines habe ich bei dieser Talkshow gelernt, dank eines höchst eigenen Einfalls: daß im Verb „Regieren“ dito „Gier“ als Wortbestandteil steckt. Themenvorschlag also für die nächste Plasberg-Show: was hat mit „Gier“ die jetzige Regierung zu tun? Vielleicht denkt darüber ja mal der eine oder andere FDP-Politiker nach, in einem Hotelbett zum Beispiel...

„Bildung“ - eine ideologische Rettungsfantasie - Anmerkungen zur DGB-Studie über die Arbeitslosigkeit

In Göttingen kursiert seit einiger Zeit ein Witz: wenn man in ein Taxi steige, solle man den Fahrer oder die Fahrerin auf jeden Fall mit Herr oder Frau „Doktor“ begrüßen. Grund: die massenhafte Akademikerarbeitslosigkeit in dieser südniedersächsischen Universitätsstadt.

Nun, die Nachdenklicheren wußten es seit längerem schon: durch mehr Bildung gibt es kei-nen einzigen Erwerbslosen weniger. Bildung erhöht die Qualifikation der Arbeitsplatzbewerber, sie schafft aber keine einzige neue Stelle für sie. Und Logik wie Wahrheitsgehalt dieser Erkenntnis sind ja auch von denkbar schlichter Natur: wenn mit einem Schlag sämtliche Einhundert-Meter-Läufer eine Sekunde schneller rennen, gibt es auch nicht mehr Sieger als vor dieser Qualifikationssteigerung aller. Zwar trifft zu: das Leistungsniveau der Wettbewerber erhöht sich, nicht aber die Zahl der Gewinner. Heißt, zum Beispiel, für den Bereich Arbeitswelt: die „Generation Praktikum“ läßt grüßen! Die könnte Endlos-Geschichten erzählen über ihre Weiterqualifikationen. „Fortbildung“ im Sinne von „Wegbildung“ wäre wohl zutreffen-der ausgedrückt.

Was die soeben vorgelegte Studie des DGB zur Arbeitslosigkeit auf erschreckende Weise zutage gefördert hat, das ist also weniger der –“ durchaus überflüssige - wissenschaftliche Nachweis für diese banale Erkenntnis. Diese Studie belegt vielmehr etwas anderes auf überaus deutliche Art: es gibt einen Strukturwandel innerhalb der Arbeitslosigkeit, empirisch zweifelsfrei nachgewiesen durch diese Studie des DGB. Und dieser Strukturwandel ist gekennzeichnet durch die Tatsache, daß der bundesdeutsche Arbeitsmarkt anteilig immer weniger qualifizierte Arbeitskräfte benötigt bzw. Arbeitsstellen für Qualifizierte schafft und stattdessen anteilig immer mehr Arbeitsplätze für Geringqualifizierte produziert. Das bedeutet:

Die Wirtschaft organisiert sich in der Weise um, daß sie in immer stärkerem Maße nur noch Mindestlöhner braucht. Die Rettungsfantasie „Bildung“, wieder und wieder vorgetragen von den Hartz-IV-Parteien (mit deutlicher Beschuldigung an die Adresse der arbeitswilligen Zwangsuntätigen in der Bundesrepublik, nämlich mit dem Vorwurf versehen, zu wenig für ihre „Wiedereingliederung in das Arbeitsleben“ zu tun!), dieses „Bildungs“-Gequatsche ist nichts anderes als ungebildeter Blödsinn, eine ideologisch-motivierte Diffamierung der ALG-II-BezieherInnen. Und: dieses „Bildungs“-Gerede ist nichts anderes als der zynische Selbst-entlastungsversuch des nach wie vor alltäglich praktizierten Neoliberalismus–™ in diesem Land, Vertuschung der Tatsache nämlich, daß es immer noch der Marktradikalismus ist, der verantwortlich zeichnet für die Massenarbeitslosigkeit und das millionenfache Massenelend. Schließlich: im Suggestionsbereich dieser Talkshow-These, Mangel an „Bildung“ sei schuld am Fortbestehen der Arbeitslosigkeit, geistert auch noch der diffamierende Umkehrschluß herum, es sei überhaupt der Mangel an „Bildung“ gewesen, auf Seiten der arbeitenden Menschen, der zu dieser immensen Erwerbslosigkeit in diesem unseren Wirtschaftswunderland geführt habe, ein weiterer Vorwurf also an die Adresse der Zwangsarbeitslosen. Kurz:

Die führenden Politiker in unserem Land plappern unwissend oder willentlich nur die Propagandaformeln der Wirtschaftsführer in unserem Arbeitsparadies nach. Vom Ablehnungsgrund „überqualifiziert“, den schon so mancher Arbeitsplatzbewerber in den Personalbüros der Firmen entgegennehmen mußte, scheinen diese Damen und Herren auf den Talkshow-Sesseln der Illner und Will noch nie etwas gehört zu haben. Sie erweisen sich, diese Hartz-IV-Apologeten, als willfährige Handlanger einer rechts- und sozialstaatsfeindlichen Einstellungspraxis seitens der bundesdeutschen Wirtschaft. Sie quatschen mit ihrem Medien-Gebrabbel einen in-humanen Massenskandal aus dem allgemeinen Bewußtsein und versehen ihn mit einer Pseudolegitimation: die „ungebildeten“ Arbeitssuchenden seien selber schuld an ihrem Schicksal, nicht das Wirtschaftssystem. Mit anderen Worten: diese Politiker stellen sich auf die Seite einer ökonomischen Praxis, die eines der wichtigsten Menschenrechtserfordernisse schon seit langem nicht mehr erfüllt: das Recht der arbeitswilligen und arbeitsfähigen Menschen auf Arbeit –“ nebenbei: auf menschenwürdige Arbeit! –“ und auf ein menschenwürdiges Leben!

Wenn hier jemand „Bildung“ benötigt, dann sind es diese Beschwörer der „Bildung“. Vielleicht würde ihnen ja helfen, wenn sie einmal für ein ganzes Jahr lang Taxi fahren müßten, zum Beispiel in Göttingen, dieser niedlichen alten Universitätsstadt.

Holdger Platta ©
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