Skip to content

Bericht der Demobeobachter zur Spontandemonstration gegen S21 am 24.01.2011

Die Demobeobachter AG des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit hat die Spontandemonstration gegen S21 am 24.01.2011 begleitet. Ihr Bericht:

Nach der Montagsdemo setzten sich gegen 19:10 Uhr spontan ca. 500 Demonstranten vom Haupteingang des Hauptbahnhofes (Schillerstraße) aus friedlich in Richtung Landtag in Bewegung. Die Demonstranten skandierten „Oben bleiben!“ und „Mappus weg!“. Der Zug wurde seitens der Polizei von mindestens fünf Kamerateams (Kameramann plus Begleitperson) und vier Fotografen ununterbrochen provokant in Totalen gefilmt und fotografiert. Hauptziel dieser Filmaufnahmen waren die Bannerträger und Demonstranten in den ersten Reihen.

Um 19:52 Uhr kam der Demozug vor der CDU-Zentrale an. Um 19:55 Uhr begannen die Kamerateams der Polizei sämtliche Kennzeichen der durch den Demozug blockierten Fahrzeuge auf der Theodor-Heuss-Straße von Nahem zu filmen. Einige Autofahrer wurden in ihren Fahrzeugen direkt von den Begleitpersonen der Kameramänner angesprochen.

Um 20 Uhr ging der Zug weiter Richtung Hbf. Ab hier mischten sich immer wieder Polizisten in Gruppen von zwei bis vier Personen mitten unter die Demonstranten, liefen mit dem Zug mit und versuchten zu provozieren. Um 20:20 Uhr kam der Zug am Nordausgang des Hbf an.

Zehn Minuten später versuchten Polizisten gezielt, einzelne Demonstranten zu greifen und aus der Menge herauszuziehen. Hierbei handelte es sich um Bannerträger und Demonstranten aus den ersten Reihen. Unter anderem wurde ein Demonstrant an die Wand gedrängt und seine Personalien festgehalten.

Zur selben Zeit wurden die Träger des Versammlungsrechtstransparentes in der Bahnhofshalle von mehreren Polizeibeamten zum Zweck der Personenkontrolle festgehalten. Dabei wurden die Ausweise und der Inhalt eines Rucksacks kontrolliert. Ein hinzugekommener Fotograf wurde wegen Fotografierens der Szene ebenfalls kontrolliert.

Auf die Frage nach dem Anlass der Personenkontrolle wurde geantwortet: „Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und Verdacht auf Nötigung.“

Nachdem in den letzten Wochen verstärkt gefilmt wurde und gegen den bekannten S21-Gegner Gangolf Stocker ein Gerichtsverfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz stattfand, verstärkt sich der Eindruck, dass die Polizeiführung wieder eine repressivere Taktik anwendet. (Siehe hierzu die Pressemitteilung des Bündnisses für Versammlungsfreiheit)

Um 20:35 Uhr wurde die Kontrolle beendet, und die Polizisten zogen sich in den Bahnhof zurück. Das Anti-Konflikt-Team der Polizei versuchte, die Menschen zu beschwichtigen.

Download: Bericht der Demobeobachter AG zur Spontandemo gegen Stuttgart 21 am 24.01.2011

Aktivist der Bürgerbewegung gegen Hochgeschwindigkeitstrassen im Susatal in Italien (NO TAV) spricht in Stuttgart!

Ausriß aus einem Mobilisierungsplakat der No TAV Bewegung
Paolo Prieri, Aktivist der Bewegung NO TAV, spricht im Rahmen der 6. Stuttgarter Open Fair auf der Versammlung "Recht auf Stadt" am 29.1. nachmittags nach der Demonstration ab 17.00 Uhr im Forum 3.

Außerdem findet am Vormittag von 11- 13 Uhr ein Gespräch/Erfahrungsaustausch mit Paolo statt (ebenfalls Forum 3 , Tanzsaal)

Im Susa Tal leistet eine breite Bürgerbewegung seit 20 Jahren Widerstand gegen eine ökologisch zerstörerische Hochgeschwindigkeitstrasse. Auffällig sind die Parallelen zum Kampf gegen S 21, sei es in den Propagandalügen der Betreiber, der Missachtung des Bürgerwillens, aber auch positiv in der Kraft und Entschlossenheit der Bewegung NO TAV.

Der Arbeitskreis "S21 ist überall - für eine europäische Vernetzung des Widerstands gegen unsinnige Bahnprojekte" lädt alle S 21 Gegner ein, Paolo Prieri zu hören und mit ihm zu diskutieren.

Erneuter Angriff auf die Versammlungsfreiheit - Gangolf Stocker vor Gericht

Am 20.01.2011 beginnt der Prozess gegen den bekannten S21 Gegner Gangolf Stocker. Der Tatvorwurf lautet "Verstoß gegen das Versammlungsrecht".

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wirft Herrn Stocker vor, dass er als Versammlungsleiter während einer Kundgebung 20 Minuten lang nicht an sein Handy gegangen sei, um in seiner Funktion als Versammlungsleiter am 27.08.2010 die Verletzung der Bannmeile zu verhindern.

Versammlungsleiter müssen bei Demonstrationen für die Polizei erreichbar sein. Allerdings genügt alleine die physische Anwesenheit, es gibt kein Gesetz, welches das Mitführen und die telefonische Erreichbarkeit über ein Handy als Grundvoraussetzung dafür sieht, als Versammlungsleiter zu agieren. In den Auflagen zur Demonstration wurde dies ebenfalls nicht verlangt, wohl aus dem Grund, dass es juristisch nicht begründbar ist.

Der gesamte Prozess zeigt wieder einmal, dass die Stuttgarter Justiz keinesfalls am Erhalt der Versammlungsfreiheit interessiert ist. Er steht beispielhaft dafür, wie versucht wird, Demonstranten durch immer neue Auflagen und Strafen an der uneingeschränkten Wahrnehmung ihres Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit zu hindern.

Dass die Behörden dabei längst Hand in Hand arbeiten, um demokratische Rechte einzuschränken, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass das Stuttgarter Ordnungsamt für die Demonstration am Arnulf-Klett-Platz lediglich eine Fahrbahnseite absperren lassen will.

Dadurch bestehen de facto keine Fluchtwege für die anwesenden Demonstranten, die sich im Notfall über die nicht abgesperrte Straßenseite in Sicherheit bringen müssten. Dies ist umso erstaunlicher, da dass gleiche Amt Demonstrationen auf der Königstrasse immer wieder mit dem Hinweis "auf fehlende Fluchtwege" verbietet.

Es handelt sich hier nicht um die Verfolgung einer Straftat, sondern um einen politischen Prozess. Dies zeigt sich auch an den über 1.000 Strafanzeigen, die gegen S21 Demonstranten noch anhängig sind.

Wir fordern die Einstellung aller Verfahren gegen Demonstrationsteilnehmer und die Einhaltung des demokratischen Grundrechts auf Versammlungsfreiheit.

Das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit ruft dazu auf, sich solidarisch zu zeigen und den Prozess am 20.01.2011 um 9.00h vor dem Amtsgericht Stuttgart, Saal1 zu verfolgen.

Quelle: Pressemitteilung des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit vom 18.01.2010, siehe auch die Medienberichte auf beiabrissaufstand.de

Die Monkey Wrench Gang

Buchcover
2010 wurde der Kultklassiker "Die Monkey Wrench Gang" von Edward Abbey - illustriert mit 50 Zeichnungen von Robert Crumb - im Verlag Walde-Graf neu aufgelegt. In Zeiten, in denen die diversen Bestsellerlisten von esoterischen Ratgebern, allerlei Lehrbüchern zur Frage, wie man am stilvollsten Menschen umbringt oder Sachbüchern abgehalfteter Bundesbankvorstandsmitglieder überquellen, liest sich der subversive Roman eher ungewohnt. Die unterhaltsame Lektüre in Sachen "Ziviler Ungehorsam" hat zwar schon 36 Jahre auf dem Buckel und die Mentalität seiner Protagonisten entspricht einem scheinbar längst untergegangenen Menschenschlag - trotzdem: Eine lesenswerte und inspirierende Anleitung dafür, wie man im wahrsten Sinne des Wortes Sand ins Getriebe streuen kann.

Die Kernhandlung spinnt sich um 4 grundverschiedene Öko-Saboteure, einen Staudamm, der den Colorado River aufstaut und von verschiedenen Brücken. Und von ihrem verwegenen Plan, der Natur wieder zu ihrem Recht zu verhelfen.

Der Finanzier des Quartetts, Doc Sarvis und seine praxisorientierte Lebensgefährtin Bonnie Abbzug fackeln nicht lange. Insbesondere bei Werbeplakattafeln, die regelmäßig in Flammen aufgehen, wenn die beiden in der Nähe sind. Der recht abgewrackt herumlaufende Vietnam-Veteran George Washington Hayduke III., träumt permanent von "Dynamit, Dynamit, Dynamit". Am besten von DuPont. Dann wäre da noch der von seinen drei Frauen selten gesehene Mormone Joseph Fielding "Seldom Seen" Smith. Er organisiert Bootstouren auf dem Colorado River. Bei einer solchen lernen sich die vier kennen.

Die netten Saboteure üben sich zunehmend professioneller in der endgültigen Außerbetriebsetzung von Baugerätschaften aller Art, allen voran den bekannten Baggern und Erdräummaschinen der Firma Caterpillar, bekanntlich der weltgrößte Hersteller von Baumaschinen mit Hauptsitz in Peoria, Illinois (USA). Die Maschinen der auch heute noch unbeliebten Firma zeigen sich unerwartet empfindlich gegen Ablassen von Motoren- und Hydrauliköl, gegen Sand oder Melasse im Tank ebenso wie gegen brennbare Flüssigkeiten. Nach eingehender Behandlung mit dem namengebenden "Monkey Wrench" - dem schweren Schraubenschlüssel - widersteht keines der auf üblichen Großbaustellen verwendeten Fahrzeuge und anderen Gerätschaften. Aber auch ganz ohne Werkzeug lassen sich Vermessungspfähle durchaus kreativ neu anordnen.

Unwissende LeserInnen erfahren durch die Lektüre, welche Tricks und Werkzeuge dazu nötig sind, und was man anstellen muss, um ein derartiges Fahrzeug zu starten. Überhaupt hat das Buch zahlreiche Tipps für zukünftige Saboteure auf Lager, die fernab von Northface oder Jack Wolfskin Lifestyle Trekking ein Überleben und Agieren unter schwierigen Bedingungen ermöglichen, vom Anlegen von Depots für Nahrungsmittel und Werkzeug, der Geldbeschaffung bis hin zum Fahrzeug- und Kennzeichenwechsel. Das Buch stand lange Zeit wegen dieser konkret dargestellten Sabotageakte in einigen US-Bundesstaaten auf dem Index und diente als Quelle der Inspiration für die 1979 gegründete radikale Umweltschutzorganisation Earth First!.

Der Gegenseite entgeht dieses anarchistische Treiben natürlich nicht. So entsteht aus einer zufälligen Begegnung mit einer selbsternannten Bürgerwehr - unter der Führung eines Mormonenbischofs der "Seldom Seen" Smith seit langem auf dem Kieker hat - die Jagd auf die Truppe. Während sich die Schlinge immer enger zieht, bleiben weltanschauliche Auseinandersetzungen nicht aus. Bei der Planung der Sabotage einer Eisenbahnbrücke entspinnt sich eine Diskussion, wie weit "Gewalt gegen Sachen" gehen darf.

"Die Massen"
spielen in dem Roman keine Rolle. Bedauerlich einerseits, erklärt sich das Handeln der Vier jedoch aus der offenkundigen Tatsache heraus, dass die Phase der Massenproteste bereits erledigt oder nicht wahrnehmbar ist. Wobei sich die Frage stellt: Wie denn auch in der dünn besiedelten Gegend im Grenzgebiet zwischen Arizona, Colorado, New Mexico und Utah, in der die Handlung angesiedelt ist? Und darin liegt einer der wesentlichen Unterschiede zu den gegenwärtigen Protesten hierzulande, seien es die Aktivitäten gegen Castortransporte, die gegen das Zwischenlager in Gorleben oder gegen Stuttgart 21. Nicht nur, dass hier es kaum einen Quadratkilometer ohne Wachtmeister gibt - auch die Möglichkeiten zur Vorbereitung, Durchführung und zur anschließenden Flucht unterscheiden sich doch zu sehr, als dass die Konzepte des Teams als Schema übernommen werden könnten. Trotzdem gab und gibt es mehr oder weniger erfolgreiche Versuche, die Erfahrungen der radikalen Umweltbewegung auch hierzulande in direkte Aktionen umzusetzen von Blockaden und "Schottern". Ein Teil dieser spiegelt sich in der Geschichte der Startbahnbewegung der 80er Jahre wider.

Eindeutiger Vorteil des Quartetts ist denn auch die Weitläufigkeit der Landsschaft und die Abgeschiedenheit vieler der Ziele. Die Nutzung der geografischen Lage ist spätestens seit Clausewitz' Hinweisen im sechsten und vor allem siebenten Buch seines Werkes "Vom Kriege" - auch außerhalb des militärischen Kontextes - eine der Grundvoraussetzungen, die bei Protesten zu berücksichtigen sind.

Die personelle Unterlegenheit gegenüber dem Macht- und Staatsapparat kann durch kleine, flexible Einheiten überwunden werden - bewegte Menschen können trotz taktischer Unterlegenheit diese scheinbare Schwäche in Stärke verwandeln. Man muss den eigenen Kopf gebrauchen und das ist eine Stärke jedes einzelnen der Charaktere, die trotz mitunter aufkommender Zweifel an dem Bestreben festhalten, Bedenken den Bedenkenträger überlassen und konsequent handeln. Ein Prinzip, bei dem die vier auch diverse fleischliche und geistige Genüsse nicht zu kurz kommen lassen.

Das sehr ansprechend gestaltete und hergestellte Buch gehört daher - wenn auch nicht als konkrete Anleitung sondern vielmehr als äußerst unterhaltsamer Denkeinstieg - in die Hand jedes politisch aktiven Menschen.

"Die Monkey Wrench Gang"
Verlag Walde und Graf, Zürich 2010
ISBN-10 3037740159
ISBN-13 9783037740156
Gebunden, 472 Seiten, 24,95 EUR

Ich bin nichts, ich kann nichts - gebt mir eine Sonnenbrille!

Unsere Waffensammlung
Der Polizei heimleuchten wollte offenbar ein äußerst brutaler 54 jähriger Berufsdemonstrant Stuttgart 21 Gegner. Er beteiligte sich gestern an einer Blockade gegen die erneute Aufnahme der Bauarbeiten an dem Bahnprojekt Stuttgart 21. Aktiver, als die Polizei erlaubt:

"Zwei Männer wurden vorläufig festgenommen. (...) Ein 54-Jähriger soll einem Beamten mit einer starken Taschenlampe in die Augen geleuchtet haben. Ihnen drohen Verfahren wegen Körperverletzung."

Die "Baumpoeten" distanzieren sich von dem schrecklichen Vergehen dieses Gewalttäters und haben dazu ein Video aufgetrieben.

Wir tun es indessen Minister Goll gleich und outen uns als Waffennarren und - Taschenlampenterroristen. Allerdings geben wir die nicht ab. Wir brauchen sie noch...

Götz Aly: Selbstverdummung erfolgreich zu Ende geführt

In einem kleinen Meinungsartikel der "Frankfurter Rundschau" beweist Götz Aly, wie erfolgreich er den Prozess der Selbstverblödung zu Ende geführt hat. Selbstverblödung - weil Götz Aly seine schriftstellerische Karriere einmal scharfsinnig zusammen mit Karlheinz Roth begonnen hat. Und vor allem, weil er in seinen Untersuchungen zur Geschichte des Nazifaschismus damals gerade die Fähigkeit bewies, propagandistische Hüllwörter zu analysieren und zu zerlegen. So hatte "Endlösung" aus Nazi-Mündern zwar die einheitliche Begriffs-Seite - "Raus mit den Juden" - nicht aber in allen Fällen die Bedeutung: "sofort nach Auschwitz", hinter dem selben Wort konnten sich zahlreiche vorläufige und endgültige Handlungsanweisungen verbergen. Der damalige Götz Aly hat sie alle gewissenhaft und nachvollziehbar entschlüsselt.


Ganz im Gegensatz dazu nimmt er inzwischen eine journalistische Luftgeburt wie Kurbjuweits "Wutbürger" aus dem SPIEGEL für bare Münze. Er stellt sich, als glaube er wirklich, dass die Tabakfeinde in Bayern, die Sarrazinfans im ganzen Bundesgebiet, die Gesamtschulstürmer in Hamburg alle genau das gleiche wollten wie diejenigen, die derzeit unter übelsten Bedingungen gegen einen überflüssigen und schädlichen Bahnhofsbau in Stuttgart vorgehen.


Dass diese Haltung ausgesprochen eine "des gehobenen Mittelstandes" ist, phantasiert Aly sich begründungslos vor - beziehungsweise faselt es Kurbjuweit nach. Was haben die Leute, die sich in Stuttgart an Bäume ketten, wirklich gemein mit den Frischluft-Sniefern in Bayern?


Aly weiß es: Die Wut. Damit überzieht er alle, die gegen irgend etwas vorgehen, mit der weißen Salbe der Vereinheitlichung. Das Gefühl in uns wird von dem Gegenstand, der es auslöst, unbarmherzig wegseziert. Gefühl selbst ist schädlich. Eines ruhigen Wissenschaftlers unwürdig. Der beobachtet nur. Und zieht Schlüsse.


Deshalb auch sein Einleitungssatz: "Vor 70, 80 Jahren ließen bestimmte deutsche Politiker gern der Volkswut freien Lauf. Diese zerstörte die erste deutsche Republik und nicht nur die." Der ehemals analytische Erforscher der Befehlsstränge des Dritten Reichs verwendet inzwischen die Erinnerung daran genau wie die Feinde der Studenten 68, als er noch selber mitrannte.


In dem schmalen Rotbuch aus frühen Tagen schildert er seinen damaligen Rauswurf aus einer Stelle im Öffentlichen Dienst. Zugleich - wie der Titel schon sagt - sieht er sich als treuen Beamten, der für das empfangene Geld auch immerhin seinen Beitrag zur Erziehung / Zurichtung von Jugendlichen erbringt. Wie wir alle. Nur dass aus diesem Büchlein schon zart die Zuneigung zu den Verwaltenden spricht, die - auch wenn sie fehlgreifen - doch "das Gemeinwohl" im Sinn haben.


Angelika Ebbinghaus irrt wahrscheinlich, wenn sie des heutigen Aly Verkrümmungen auf die harte Zucht zurückführt, die diesem in einer K-Gruppe zuteil geworden sei. Ich tippe eher auf eine lang zurückgedrängte Staatsverehrung, die jetzt auf Alys ältere Tage voll zum Durchbruch kommt.


Dafür spricht genau das Gewürge in der FR, das man offenbar in diesen Kreisen als vollgültige Argumentation akzeptiert. Nachdem er tüchtig über die "Wutbürger" hergezogen ist, kriegt er heraus, was denen allen fehlt: Der Sinn fürs "Gemeinwohl". Wo die "Wutbürger" massiert auftreten, denen niemals nachgeben! Dann wird aufgezählt, was plebiszitär niemals durchgesetzt werden könnte.Weder "Rente mit 67" noch "Gehaltserhöhung für Beamte" - noch "irgendeine Straße" - noch"Kindergartenneubau".


Dass es einem so unverhofft das Hirn verhagelt! Und jede Erinnerung oben niedermäht! Die Studenten in Frankreich 68 waren doch gewiss so wütend wie nur irgend jemand. Nur - als der Protest sich ausbreitete, hatten sie zwar immer noch nicht de Gaulle gestürzt. Und nicht mehr Demokratie errungen. Was sie aber immerhin erreicht hatten und haben: Es wurden blitzartig neue Unis errichtet, im Rattenlauftempo. Zwar alle im Betonschnellverfahren - aber doch immerhin. Das gleiche gilt für Kindergärten. Nur Götz Aly kennt keine Demos für Unis oder Schulen. Dass er Rente mit 67 und Gehaltserhöhungen für Beamte an erster Stelle des Durchzusetzenden nennt, zeigt offen, was für ihn wirklich das Gemeinwohl ausmacht.


Nach dem Bisherigen ist klar, in wessen Nüstern Alys Rauchopfer aufsteigt. Er schwenkt das Weihrauchfass und endet seine Ausführungen wörtlich:
"Unsere Politiker nehmen uns Hunderte von Entscheidungen ab, die zu treffen wir ohne sie niemals in der Lage wären. Sie arbeiten Tag für Tag an den Kompromissen, in denen unsere unterschiedlichen Interessen halbwegs aufgehen. Sie verhindern blanke Selbstsucht, sie schaffen den Rahmen für zivilisiertes Leben. Die repräsentative Demokratie mit ihrem vielgliedrigen Staatsaufbau, ihrem Verwaltungsrecht, ihren Gerichten, gewählten Körperschaften und Repräsentanten ist viel besser als ihr Ruf. Angesichts des heimischen Wutbürgers ist es an der Zeit, unseren –“ im Übrigen nicht besonders gut bezahlten –“ Politikern schlicht und einfach zu danken."


Hosiannah, Mappus, der Du Millionen verbraten hast, ohne jemand im Landtag zu fragen! Hallelujah, Schröder, der Du Verarmung und Herabstufung sehr vieler mit diktatorischen Methoden durchgeprügelt hast! Heil, Götz Aly, der Du endlich verkündet hast, was "zivilisiertes Leben" bedeutet. Nichts anderes als Freude am Zwiebeln anderer, wenn man sein Schäfchen selbst im Trockenen hat.

Silvesterdemonstration in Stuttgart

Freitag, 31.12. findet um 19 Uhr in der Lautenschlagerstrasse gegenüber des Hauptbahnhofs in Stuttgart eine Sylversterdemonstration statt. In dem Aufruf dazu heißt es:

Das Jahr 2010 war in verschiedenen Bereichen von starken Protestbewegungen geprägt: in Dresden wurde einer der größten Nazi-Aufmärsche Europas durch eine antifaschistische Mobilisierung verhindert, gegen das Milliardenprojekt Stuttgart21 gingen Zehntausende auf die Straße, und die Blockadeaktionen gegen den Castortransport im Wendland waren so stark wie selten zuvor. Dazu kam eine Vielzahl an kleineren Protestaktuionen gegen Imperialistische Kriege, gegen Rassismus und Sozialabbau. All diese Aktivitäten müssen natürlich witerentwickelt werden, da die kapitalistischen Verhältnisse für immer mehr Menschen Armut und miserable Arbeits- und Lebensbedingungen mit sich bringen, weitere Kriege aus Kapitalinteressen geführt, die Natur für Profite zerstört und unsere Rechte immer mehr zugunsten eines aufgerüsteten Staates eingeschränkt werden.

Ob staatliche Repression durch Polizeieinsätze, Gesetzesverschärfungen oder Hetze in den bürgerlichen Medien - unser Ziel bleibt die Abschaffung des Kapitalismus und der Aufbau einer befreiten Gesellschaftsordnung!

Her mit dem schönen Leben!

Für ein revolutionäres 2011!

Solidarität und Klassenkampf gegen Repression und Kapitalismus!


Aktuellen Umfragen zufolge befürworten in der BRD immer mehr Menschen eine Alternative zum kapitalistischen System. Dies hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass die Interessen einzelner Profiteure dieses Systems immer deutlicher den Interessen der Mehrheit der Bevölkerung zuwider laufen –“ und rigoros gegen sie durchgesetzt werden.

Die geplanten Sparmaßnahmen der Bundesregierung und die Erhöhung des Renteneintrittsalters wurden trotz breiter Proteste verabschiedet. Milliardenprojekte wie Stuttgart 21 oder Atommülltransporte durchs Wendland müssen von massiven Polizeieinsätzen begleitet werden um gegen massenhafte Proteste durchgeführt werden zu können. Obwohl die Mehrheit der hier lebenden Menschen gegen die Beteiligung Deutschlands an der Besatzung Afghanistans ist, ist die Bundeswehr eine der Hauptstützen des dortigen Kriegseinsatzes.

Die bürgerlichen Parteien verlieren durch diese Politik an Zuspruch und Vertrauen und neben der immer wieder zutage tretenden wirtschaftlichen Krisenhaftigkeit des Kapitalismus zeichnet sich immer stärker auch eine politische Krise ab. Die Krise dieses Systems ist jedoch nicht unsere Krise und es gibt keinen Grund zu ihrer Abschwächung beizutragen. Vielmehr ist es unser Ziel sie zu verstärken und für die Abschaffung des Kapitalismus und den Aufbau einer befreiten Gesellschaftsordnung einzutreten.

Widerstand organisieren!

Die aktuell breit vorhandene Unzufriedenheit mit den wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen bringt sicher noch nicht in einem ebenso großen Ausmaß antikapitalistisches Engagement mit sich. Sie ist jedoch ein Symptom für die Schwierigkeiten innerhalb des Kapitalismus den Klassenfrieden für längere Zeit auch nur in einem kleinen Teil der Welt aufrecht zu erhalten und die stetig vorhandenen Widersprüche zu überdecken oder entscheidend abzumildern. Immer mehr Menschen bekommen direkt zu spüren, dass es im Kapitalismus kaum wirklich sichere Arbeitsplätze und politische Mitbestimmung, kein Grundrecht auf freie Bildung oder soziale Absicherung gibt. Was davon hier noch vorhanden ist, ist stetig umkämpft, wird nur einem kleiner werdenden Teil der Klasse der Lohnabhängigen zugestanden und letztlich Stück für Stück abgebaut.

Was außerhalb der kapitalistischen Zentren schon immer zur Lebensrealität der meisten Menschen gehörte, die schonungslose kapitalistische Ausbeutung, die Unterordnung aller gesellschaftlichen Bereiche unter Profitinteressen einiger Weniger und die Unterdrückung von Protest und Widerstand, erhalten auch hier immer weiter Einzug. Die Gründe dafür, dass so auch im „ruhigen Hinterland des Kapitals“ immer weniger auf sozialen Frieden und mehr auf die Erfüllung der Bedürfnisse des Kapitals gesetzt wird, sind vielfältig: die im Kapitalismus grundsätzlich vorhandene Schwierigkeit und gleichzeitig Notwendigkeit, die Profite immer weiter zu steigern ist hierbei ebenso von Bedeutung wie die generelle weltweite Konkurrenz verschiedener Unternehmen und auch Staaten, die jeweils durch geringere Lohnkosten, niedrigere Steuern etc. besser dastehen müssen als die anderen. Auch der Wegfall der Systemkonkurrenz durch das Scheitern der sog. realsozialistischen Staaten und die dadurch weniger notwendig gewordene Maske eines sozialen Kapitalismus dürfte von Bedeutung sein. Zentral ist jedoch, dass die Klasse der Lohnabhängigen, sprich diejenigen die nicht andere für sich arbeiten lassen, sondern gezwungen sind ihre Arbeitskraft zu verkaufen und praktisch keinerlei Mitbestimmung über ihre Arbeitsbedingungen, über politische Entscheidungsprozesse etc. haben, nur verlieren können wenn sie sich nicht gemeinsam und entschlossen zur Wehr setzen. Zugeständnisse ans Kapital, ob bei Löhnen bei den Rechten am Arbeitsplatz oder der Verlängerung der Lebensarbeitszeiten, bringen lediglich die KollegInnen in anderen Betrieben oder Ländern in die Situation, unter noch schlechteren, d.h. profitableren Bedingungen leben und arbeiten zu sollen. Lassen sie sich darauf ein –“ glücklicherweise ist das in zahlreichen Ländern weit seltener der Fall als hier –“ geht die Spirale der Verarmung auf einer Ebene tiefer weiter. Die massive Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse in den letzten Jahren, die Intensivierung der Arbeitsanforderungen, aber auch die steigenden Abgabenforderungen an die Klasse der Lohnabhängigen zur Senkung der Ausgaben der Kapitalistenklasse und die Kürzungen in sozialen, kulturellen und weiteren gesellschaftlichen Bereichen, sind Kennzeichen dieser Entwicklung.

Dass wir nur verlieren können, wenn wir nicht kämpfen, bedeutet auch, dass wir nur etwas gewinnen können, wenn wir entschlossen für unsere Interessen, d.h. die Interessen aller Lohnabhängigen, eintreten. Wir haben dabei längst nicht nur ein Ende der Einschnitte zu gewinnen und auch einzelne Verbesserungen sind längst nicht alles was wir erreichen können. In unserer Bereitschaft zur Konfrontation mit dem Kapital und seinem Staat, in unserem bewusstem gemeinsamen Handeln, ob bei Streiks oder anderen Protestaktionen liegt der erste Schritt hin zur Überwindung der Herrschaft der Kapitalistenklasse und dem Aufbau einer befreiten Gesellschaftsordnung. Im Zusammenspiel mit dem Aufbau kontinuierlich arbeitender Strukturen des Klassenkampfes und des politischen Widerstandes, ist unser konkretes Handeln heute der nächste notwendige Schritt den alle gehen sollten, die den Kapitalismus nicht für das unüberwindbare Ende der Geschichte halten.

Feuer und Flamme der Repression!


Wie Eingangs bereits erwähnt, geht die Verschärfung des Klassenkampfes von oben einher mit einer staatlichen Aufrüstung und dem Vorgehen gegen die für uns wichtigen, und für Staat und Kapital zumindest potentiell gefährlichen Protest- und Widerstandsaktivitäten.

Es gab in den letzten Monaten allein in Süddeutschland zahlreiche Fälle polizeilichen Vorgehens gegen Demonstrationen und Proteste, sowie der Kriminalisierung linker AktivistInnen. Ein vergleichsweise stark öffentlich thematisierter Höhepunkt war der Polizeieinsatz gegen Stuttgart21-GegnerInnen am 30. September in Stuttgart. Mehrere hundert Menschen wurden durch Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke verletzt. Nur wenige Wochen später griffen teilweise die gleichen Einheiten des BFE (Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten) in Heilbronn eine Demonstration an, die sich gegen das Vorgehen des türkischen und des deutschen Staates gegen die kurdische Befreiungsbewegung richtete. Auch dort wurden mehrere Menschen verletzt, die Demonstration aufgelöst und Dutzende Menschen stundenlang festgesetzt.

Die beiden Beispiele reihen sich in eine Vielzahl von Versuchen ein, politische Aktivitäten durch Auflagen, Polizeiangriffe, Festnahmen und Anzeigen zu verhindern oder einzuschränken und AktivistInnen einzuschüchtern.

Her mit dem schönen Leben!


Wir können an vielen Protesten der letzten Monate und Jahre gegen die kapitalistische Krisenpolitik, an den Streiks, Kundgebungen und Demonstrationen anknüpfen. Von zentraler Bedeutung ist es aber, sich nicht auf reine Protestaktionen zu beschränken, sondern innerhalb dieser Kämpfe Alternativen zu diskutieren, langfristig handlungsfähige Strukturen aufzubauen und in den Gewerkschaften und anderen Organisationen Bedingungen zu schaffen, die zu einer Überwindung des Kapitalismus beitragen und nicht zu seiner Festigung.

Eine Veränderung der Verhältnisse muss letztlich auf vielen Ebenen vonstatten gehen, unterschiedliche Ansätze, Bereiche und Ansprüche sind dabei zu respektieren und vor allem die Gemeinsamkeiten der fortschrittlichen Kräfte herauszustellen. Eine revolutionäre Theorie, Praxis und Organisierung ist darin aber von zentraler Bedeutung. Ein revolutionärer Aufbauprozess, der entschlossene und kontinuierliche Kampf gegen das kapitalistische System und gegen diejenigen die es verteidigen, gegen die Sozialabbauer, Lohnkürzer und Kriegstreiber, ist unabdingbar für eine wirkliche Perspektive. Der Widerstand gegen die Angriffe von Staat und Kapital, Sozialproteste und Kampagnen dürfen schließlich nicht das Ende sein, sondern nur ein Anfang.

Unser heutiges Handeln muss Ausgangspunkt sein für eine Umwälzung der bestehenden Verhältnisse und für den Aufbau einer Gesellschaftsordnung, die Solidarität und Selbstbestimmung an die Stelle von Profitstreben und Konkurrenzkampf stellt.

Die Demonstration am 31.12. soll auch deutlich machen, dass diese Versuche nicht von Erfolg gekrönt sein werden, sondern wir offensiv und selbstbewusst ins neue Jahr starten werden. Ihre Angriffe sind auch weiterhin allenfalls ein Anlass um unsere Seite besser aufzubauen und zurück zu schlagen.

Für Solidarität und Klassenkampf!

Gegen Repression und Kapitalismus!


UnterstützerInnen:

- Antifaschistische Jugend Ludwigsburg/Mannheim
- Interventionistische Linke Karlsruhe
- Kurdische Jugend Stuttgart
- Marxistische Aktion Tübingen
- Revolutionäre Aktion Stuttgart
- Revolutionäre Linke Heilbronn
cronjob