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Was mir heute wichtig erscheint #282

Nachgetreten: Statt den Einsatz offenbar bewaffneter ziviler Beamter am 20.6. aufzuklären wird - wie bei der Beinahe Durchsuchung des Büros der Parkschützer - nachgetreten. In den frühen Morgenstunden wurde bei mehreren Mitgliedern von Cams21 eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Die Kriminalpolizei stand zeitgleich mit 3 –“ 4 Mann und einem druckfrischen Durchsuchungsbefehl vor den Türen der Privatwohnungen. Anlass war "Beschlagnahme von: Videoaufzeichungen und Bildaufnahmen über die Vorkommnisse am 20.06.2011 auf dem Gelände der Baustelle für das Grundwasermanangement an der Straße am Schlossgarten in Stuttgart". Siehe auch die Pressemitteilung der Piraten Stuttgart.

Eigennützig:
Offenbar ganz uneigennützig wird die Gemeinnützigkeit von BUND und Verkehrsclub Deutschland (VCD) überprüft. Sie hätten sich zu sehr in die Tagespolitik eingemischt. Findet offenbar - ganz uneigennützig - der "Stuttgart 21"-Anhänger und SPD-Landtagsabgeordnete Martin Rivoir. Mehr bei RP Online.

Extremismustheorie: "Die Auseinandersetzung um Extremismus hat sich unter der schwarz-gelben Bundesregierung und Familienministerin Kristina Schröder zugespitzt. Reden über Rechtsextremismus kommen kaum noch ohne gleichzeitige Abgrenzung von Linksextremismus aus, Projekte gegen Rechts müssen per Unterschrift unter eine »Extremismusklausel« den Verdacht ausräumen, mit »linken Staatsfeinden« zusammenzuarbeiten. Das alles folgt der umstrittenen Behauptung, dass sich das politische Spektrum an seinen Rändern wieder annähere. Wohin führt die Extremismusdebatte?" ND-Redakteurin Ines Wallrodt diskutierte mit dem Lehrer Michael Czaszkoczy, der von 2004 bis 2007 von Berufsverbot betroffen war, mit der LINKE-Abgeordneten in Sachsen Kerstin Köditz, mit dem Leiter der DGB-Grundsatzabteilung Konrad Klingenburg und mit Mathias Brodkorb, dem stellvertretenden SPD-Fraktionschef in Mecklenburg-Vorpommern.

Fiasko: "Anfang Juni kündigte der DGB-Bundesvorstand das Joint-Venture mit den Unternehmern der BDA zur Knebelung des Streikrechts auf. Als unabhängige und unmittelbar von der DGB/BDA-Initiative betroffene Basisgewerkschaft begrüßt die Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union diesen längst überfälligen Schritt ausdrücklich. Eine Gewerkschaft hat an der Seite der Beschäftigten und der Belegschaften zu stehen, nicht an der Seite der Bosse. Auslöser für den Beschluss der DGB-Spitze war unter anderem die Entscheidung des ver.di-Gewerkschaftsrates vom 25. Mai, die „Tarifeinheitsinitiative“ nicht länger mitzutragen. Die Dienstleistungsgewerkschaft gehörte zu den Initiatoren des arbeitnehmerfeindlichen Vorstoßes. Der Kurswechsel jedoch erfolgte erst, nachdem klar war, dass das Ansinnen der Spitzengremien auf dem ver.di-Kongress im September 2011 keine Mehrheit finden, sondern zum politischen Fiasko des Vorstands werden würde...." FAU-IAA Pressemitteilung zum Auseinanderfallen der DGB/BDA-Initiative zur Tarif"einheit".

Entwicklungsland:
Viele Musikvideos lassen sich in Deutschland bei YouTube nicht abspielen: Das Videofenster bleibt schwarz, statt Mucke kommt nur der lapidare Hinweis: "Leider ist dieses Video in Deutschland nicht verfügbar." SPON zu den wahren Schuldigen.

Lesebefehl: Polizei, Agenten und sonstiges in sozialen Netzwerken. Wie im richtigen Leben. Ist zwar alles mehr oder weniger bekannt. Wichtig ist der Hinweis von Anne Roth trotzdem. Sie hat sich die kleine Anfrage von Ulla Jelpke nochmal genauer angesehen und hat die wichtigesten Kernpunkte der Antwort der Bundesregierung dazu herausgesucht.

Effizient: "weniger Bürokratie - mehr Effizienz" ... mit diesem heuchlerischen Spruch warb die "Elena-Kampagne" für diesen Datenmoloch. Es gab Widerstand, und wie sich jetzt zeigt, er war erfolgreich.
Elena wird gestoppt. (via Franz Iberl). Siehe auch "Nach ELENA-Aus: Kläger weiterhin besorgt über Daten-Infrastruktur". (Gulli)

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick über die Entwicklung in Lateinamerika.

Hungerstreik: In Pelican Bay, Kalifornien befinden sich die Gefangenen wegen ihrer Haftbedingnungen im Hungerstreik. Inzischen haben sich die Hungerstreiks auf weitere Staatsgefängnisse mit tausenden TeilnehmerInnen ausgeweitet. Beitrag und Aufruf zur Solidarität bei The World Can't wait.

Vorhersehbar: »Stuttgart 21«: Bahn besteht selbst bestellten »Streßtest«. Projektgegner halten Simulation für Makulatur. (junge Welt) Und die "Esslinger Zeitung" hat eine der besten Titelseiten der letzten Jahre gebracht. Und nun hat die Landesregierung  das SMA Gutachten akzeptiert.

Unfreiwillig: Mit Hartz-IV-Empfängern sollen die Lücken beim Bundesfreiwilligendienst aufgefüllt werden.

Querstellen: Zum 7. Mal in Folge wol­len Neo­fa­schis­ten an­läss­lich des An­ti­kriegs­ta­ges durch Dort­mund mar­schie­ren. Für den 3. Sep­tem­ber mo­bi­li­sie­ren sie eu­ro­pa­weit in die Ruhr­ge­biets­me­tro­po­le. Nach dem wie­der er­folg­reich ver­hin­der­ten Marsch durch Dres­den gilt der so ge­nann­te „Na­tio­na­le An­ti­kriegs­tag“ in Dort­mund als einer der wichtig­sten Auf­mär­sche der deut­schen Neo­na­zis. Dort­mund hat sich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren zu einer Hoch­burg mi­li­tan­ter Neo­na­zis ent­wi­ckelt. Bru­ta­le Über­grif­fe auf Mi­gran­tIn­nen und linke Ju­gend­li­che, auf Ge­werk­schaf­te­rIn­nen und po­li­tisch ak­ti­ve Men­schen, auf al­ter­na­ti­ve Buch­lä­den und auf Par­tei­bü­ros, auf Knei­pen und Ver­an­stal­tun­gen, auf Woh­nun­gen von An­ti­fa­schis­tIn­nen gehen wei­ter und neh­men an Bru­ta­li­tät zu. Aufruf bei Redglobe. Mehr Informationen.

Glanzlichter: Vera hat die 75. Ausgabe ihrer Linktipps unter anderem mit Elenas Tod, echte Menschen und ein Luxusgut veröffentlicht. Glückwunsch!

Was mir heute wichtig erscheint #281

Streik: "Reinigungskräfte, die über eine externe Firma von der Stadt London in Guildhall beschäftigt sind, haben zwei Tage lang gestreikt, um die Auszahlung ausstehender Löhne zu erzwingen. Die 34 KollegInnen erhalten lediglich einen  Mindestlohn, die Reinigungsfirma Ocean hat ausserdem viele von ihnen seit drei Monaten beständig unterbezahlt,obwohl sie gleichzeitig zu Überstunden angehalten wurden." Bericht über den Streik bei den Wobblies. Zur Zeit finden übrigens auch hierzulande Tarifverhandlungen der Gebäudereiniger statt.

Internetausdrucker: "Seit dem Sinnieren darüber, Facebook-Parties zu verbieten ist es ja ein bisschen zum Volkssport geworden, CDU-Veranstaltungen auf Facebook zu suchen und zu besuchen. Teilweise hat auch DIE PARTEI ungefragt & ehrenamtlich die Social-Media-Betreuung für die CDU übernommen." “Die Facebook-Trottel von der CDU–

Zusammenstöße: Mehrere tausend Menschen sind in Nikosia (Zypern) zum Präsidentenpalast marschiert, um gegen die Regierung zu protestieren. Hintergrund sind die 12 Todesopfer bei der gestrigen Explosion. Die Polizei setzte Tränengas ein - die Demosntranten Steine.

Gesichtserkennung: Ein hochauflösendes Foto von Besuchern des Glastonbury Festivals sorgt gerade für Hektik. "Unter dem Titel Glastotag wird dazu aufgerufen, Freunde und Bekannte zu tagggen, um “vielleicht sogar den Rekord für das meistgetaggte Bild zu brechen.–" Mehr über die "Gesichtserkennung bei Massenveranstaltungen" bei netzpolitik.

Freundlich: Ich poste mal die Aktion, die dazu aufruf, morgen die "Web-Aktivitäten auf  die offene dezentrale und (im Moment jedenfalls) nicht kommerzielle Social Media Plattform DIASPORA* ALPHA" zu richten.

Terrorismus:
Ministerin von der Leyen wurde der Unwahrheit überführt.

Befall: Kriminelle haben nach Symbian, Windows Mobile und BlackBerry nun auch die letzte populäre mobile, offene Plattform eingenommen, um das mTAN-Verfahren auszuhebeln. Mehr bei heise.de

Machtergreifung: Mit Petraeus als CIA-Chef verstärkt das US-Militär seinen Griff nach der Macht. Meint Jack D. Douglas, ein emeritierter US-amerikanischer Professor für Soziologie.

Interview: Der in Prag lebende Journalist Menschenrechtsaktivist Markus Pape vom „Europäischen Zentrum für Romarechte“ war so freundlich für das Antiziganismus Watchblog einige Fragen zur Situation der Roma in Tschechien zu beantworten. (via addn, wo noch ein Vorspann mit einigen Links zu lesen ist)

Reallohnverlust:
  In den meisten EU-Mitgliedsstaaten müssen Arbeitnehmer in diesem Jahr wohl mit Reallohnverlusten rechnen. Dazu hat auch die Bundesrepublik beigetragen: Die deutsche Lohnzurückhaltung setzt andere Staaten unter Druck, ebenso zu verfahren. Artikel von Eva Roth in der Frankfurter Rundschau vom 12.07.2011 (via labournet)

Wachhalten: Vor 75 Jahren stürzte ein Militärputsch faschistischer Generäle mit Unterstützung von Kirche und Kapital Spanien in einen Bürgerkrieg. Trotz der massiven Unterstützung der Faschisten durch Italien und Nazideutschland, leistete die antifaschistische Volksfront aus SozialistInnen (PSOE / UGT), AnarchistInnen (CNT / FAI), MarxistInnen (POUM) und KommunistInnen erbitterten Widerstand. lb² und FAU Stuttgart machen dazu Veranstaltungsreihe im DemoZ in Ludwigsburg.

Selbermachen: Das “Recht auf Stadt– –“ Netzwerk lädt ab heute zu den “Recht auf Stadt– –“ Tagen ein. Via "Wohnen ist Menschenrecht".

Sitzblockade: Stuttgart 21 wird nicht an einem getricksten Stresstest scheitern, sondern an unserem Widerstand. Alle zu Stuttgart 21 gefassten Beschlüsse sind gegenstandslos. Zu keiner Zeit war klar, worüber die Parlamente tatsächlich abstimmen. Die Bahn hat von Anfang an die wahren Kosten von Stuttgart 21 verschwiegen. Bis heute sind nicht alle Fakten auf dem Tisch. Am Freitag, 15. Juli 2011, wird ab 6 Uhr am Grundwassermanagement der Bau- und Vergabestopp durchgesetzt.

Rote Rosen: Befreite Frauen im Spiegelkabinett

Plakat zum Frauenkampftag in Stuttgart 2011
Nach einem halben Jahr "Rote Rosen": Erschöpft und belehrt - die Frauen haben keinen Kampf mehr nötig. Sie sind schon so frei, wie sie nur sein können.

Erstes Moralgesetz - wie übrigens auch bei der sonst so strengen Frau Kallwas: das Lustprinzip triumphiert. Wenn Du ein Begehren verspürst, musst Du dem nachgeben, was für Verpflichtungen dem auch im Wegen stehen mögen. Die eine Frau, die ihren zeitweiligen Lebensgefährten verlässt, regt sich beim Abschied tierisch auf, als sie von seiner Meinung hört, sie habe ihn nie wirklich geliebt. "Sie muss sich schließlich nicht alles gefallen lassen" heult sie sich bei der immer bereitstehenden Freundin aus. Eine frühere - evangelische - Äbtissin verlässt ihr Amt um eines Mannes willen - findet sich aber nach einem Vierteljahr von diesem, was er auch anstellt, immer wieder übergangen -"verstehst Du denn gar nichts?" -und kehrt wortlos in ein anderes Kloster zurück. Eine dritte um ihrer Kunstpläne willen vom Vater verstoßen,verliebt sich in den Staatsanwalt, der ihren Papa anzuklagen hat - und verzichtet edel. Da ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen.Kenner der Dramaturgie sehen das glückliche Paar trotz allem vereint. Die Ehefrau dieses Staatsanwalts, aus langem Koma erwacht, sucht nach der Geliebten ihres Ehemanns in der Zeit der Versunkenheit. Vor allem aber will sie durchsetzen, dass es wieder zurück nach Berlin geht,der Begegnungsstätte der feinen und interessanten Leute. Einwände lässt sie nicht gelten.

Damit scheint das Schema des bürgerlichen Dramas, wie Schiller es erfunden hat, endgültig überwunden. Wieviel Stücke, wieviel Filme führten vor den Kampf zwischen Pflicht und Neigung? Wenn jetzt die Lust- das Begehren- allein siegen soll, wo bleibt dann die Pflicht?

Nur die Ruhe. Pflicht wird ersetzt durch Professionalität. Berufsanforderungen. Die Ärztin, die sich angeblich nach ihrem Liebsten in Boston verzehrt, verfolgt noch leidenschaftlicher ihre Aufstiegswünsche in der Klinik. Die Köchin im Sternehotel, dem Chefkoch leidenschaftlich zugetan, bekommt doch dauerhaft Krach mit diesem. Hat er nicht schon wieder ihren Stern in der Reklame vergessen? Eine Bürgermeisterin taucht auf, mit tausend Pflichten. Sie verlässt ihren Lebenspartner, weil der kein Kind mit ihr mehr machen will- er hat schon zwei, die ihm übrig reichen. Sie wuselt im Stadtverwalten, hat aber doch nur Gedanken für einen neuen. Also ersetzt heute in solchen Serien - die anderen werden nicht viel anders sein - das alte Paar: Pflicht und Neigung - das neue: Begehren und Beruf.

Wie aus diesen Elementen eine jahrelange Serie hinbekommen? Trick 1: alles wird in die kleine Stadt Lüneburg gepresst. Statt der Pausenzeichen wird immer wieder ein Detail der Stadt eingefügt. Absicht: Wir sollen die Zehlein spreizen im gemütlichen und allmählich gewohnten Nest. "Dir kann hier nichts passieren!"

2. Die Personal-und Lokaleinsparung geht noch viel weiter als im wirklichen Leben. Es gibt ein einziges Lokal - BISTRO - in welchem sich alles trifft. Praktischerweise findet sich im Hintergrund immer gleich der / die Dritte, die mitbekommt, was über sie geredet wird. Ein Grandhotel mit fünf Sternen kommt aus mit Chefkoch / Chefköchin / ein Barmann / ein Zweitbarmann - zugleich als jugendlicher Liebhaber tätig / 1 Besitzer / seine Lebensgefährtin. Sehr selten ein Kellner. Manchmal als Zugabe -Ein Euro Job? - drei weitere Gäste.

Ein städtisches Klinikum benötigt eine Ärztin, einen Arzt, in irgendwelchen Fernen ein Direktoriumsmitglied und möglicherweise eine Krankenschwester.

Insofern ist für immer neuen engsten Kontakt gesorgt.

3. Sehr wichtig für die seelische Ausstattung: das Freundinnengespräch. Nach jeder wichtigen Begegnung mit Mann erfolgt reger Austausch. Zuschauerinnen und Zuschauer erfahren dabei nie Neues. Aber die Seelen können sich entfalten,zugleich aufjauchzen wegen der Seltenheit der eigenen Empfindungen- und sorgenvoll falterartig zittern, wie sie auf den jeweils "Einzigen" gerade reagiert haben. Allzeit besorgt - aber nie um den Lebensunterhalt. Der scheint - ohne Genaueres zu sagen - immer gesichert.

Das also schaut man. Und trotz allem: Gewissen und Neugier kneifen, wenn eine Sendung verpasst wurde. Woher der Reiz bei so leicht voraussehbaren Lösungen? Einmal -man ist beim Öffentlich- Rechtlichen- durch kindliches Vertrauen. Bei ARD darf das Böse niemals auf Dauer siegen. Dann- vor allem in undurchsichtigen Zeiten- das Aufziehbare. Jede vorgeführte Person hat einen Haken, an dem sie zu packen ist. Also wird alles durchsichtig. Und ein einfaches Rechenexempel: Wer kriegt heute wieder wen? Alles so schön wie einmal das Kinderspiel im Sandkasten.

Und dann: Andrea Strübe hat in kritisch-lesen 6 eben  "Top Girls: Feminismus und der Aufstieg des neoliberlen Geschlechterregimes" besprochen. Darin schildert sie präzis eine Sorte Frauen, mehr aus den Medien als aus dem Leben, die genau die Haltung der Roten-Röslerinnen einnehmen. Denn diese kämpfen nicht, nie geht es um Sieg oder Niederlage innerhalb der Gesamtgesellschaft. Da gilt ihre Position als unangefochten. Ja- die ganze Serie ließe sich auch fassen als "Revanche der Frauen". Sie siegen im Privaten. Nie verlieren sie. Sie kämpfen nicht. Sie haben immer schon gesiegt, ohne die Bedingungen dieses Sieges je zu reflektieren. Narzistisch breiten sie im Freundinnengespräch ihre Feinheiten aus. Höchster Selbstgenuss - nur leider im Spiegelkabinett. Nur sie, als vorgestellte Wesen, haben was davon!

Stellt man sich einmal vor, wie all diese Wesen in der Mittagspause vielleicht auf solche wirken, die nachher gleich wieder in den Laden oder ins Büro müssen. Wesen alle jung und schön- und wenn nicht jung, dann mindestens voll Energie- und sie davor. Vor dem ausgemalten Ideal - der Matrix - im zwangsläufigen Gefühl des Versagens. Wer könnte mithalten mit so einer Bürgermeisterin, die sich im roten Exquisit-Kostüm edel entfaltet, ihrer Liebe und ihrem Versagen zugleich nachhängt, so lange es eben geht? Real zu tun hat sie in ihrem Büro eigentlich nichts, ganz im Gegensatz zu der wirklichen Lenore oder Olga, die gleich wieder ins Büro muss.

Und so guckt man weiter - denkt die bescheidenen Träume des Drehbuchautors und Regisseurs mühsam zu Ende - und kann die Fortsetzung nicht erwarten.

Was mir heute wichtig erscheint #280

Leitfaden: Der neue Leitfaden ALG II / Sozialhilfe vom Tachelesautorenteam Frank Jäger und Harald Thomé ist nun fertig und erhältlich. Der Leitfaden ist für Betroffene und deren Berater ein fundierter Ratgeber –“ er soll zur rechtlichen Gegenwehr befähigen und ermutigen und er soll ermutigen sich gegen Sozialabbau und Lohndumping zur Wehr zu setzen. Der Leitfaden enthält 536 Seiten und ist zum Preis von 11 EUR incl. Versand erhältlich. Nähere Infos zum Leitfaden, ein Stichwörter zum Probelesen gibt es hier.

Reader: Mittlerweile gibt es zahlreiche Aktivitäten, Aktionen und Auseinandersetzungen rund um die Zivilklausel in Tübingen (und anderswo). Aus diesem Grund hat die Informationsstelle Militarisierung (IMI)  einen Reader erstellt, in dem das wichtigste Material zusammengetragen ist und der hier heruntergeladen werden kann. 

Merkbefreit: Die Volkszählung 2011 ist in die zweite Runde gegangen - und macht vor neuen Pannen keinen Halt. 400.000 Haushalte wurden erneut angeschrieben, Datenschützer kritisieren eklatante Sicherheitsmängel. Ein Beitrag aus dem SHZ "Pleiten, Pech und Pannen beim Zensus".

Neuerscheinung: Die Ausgabe 51 des Apabiz-Rundbrief "Monitor" ist erschienen und steht zum Download bereit. "Immer öfter werden Neonazi-Aufmärsche erfolgreich blockiert. Die rechte Szene reagiert mit halbkonspirativer Planung, Geheimhaltung von Routen und mit scheinspontanen Ersatzevents. Welche Auswirkungen diese Entwicklungen auf die Neonazi-Szene und auf die antifaschistische Praxis haben, analysiert der Aufmacher dieser Monitorausgabe. Weitere Texte beschäftigen sich unter anderem mit den anstehenden Wahlen in Berlin, einem neuen Buch über militanten Antifaschismus in Großbritannien sowie unserem Online-Bibliothekssystem."

Erleichterung: Über das Scheitern Münchens bei der Olympiabewerbung gibt es nicht nur das mediale Geheule, sondern auch Freude.

Krisengewinnler: Deutschlands sogenannte "Topmanager" verdienen wieder so gut, als hätte es keine Krise gegeben. Eine Übersicht.

Zählung: Der Verfassungsschutz hat wieder mal die »Extremisten« gezählt. Ergebnis: Die Linken sind schlimmer –“ auch wenn sie Wert darauf legen, keine Unbeteiligten zu schädigen. "Delikt Antikapitalismus" bei der Tageszeitung "junge Welt" via weltendenzwischen.

Undurchsichtig: Heute ist namentliche Abstimmung über einen Antrag der Linsfraktion im Bundestag zum Panzerdeal. Die "Süddeutsche" zu Angela Merkel's Schweigen zum Rüstungsdeal.

Abgelehnt: Am Montag den 4. Juli entschied der Wittenberger Kreistag über die zukünftige Unterbringung der im Landkreis lebenden Flüchtlinge. Fast alles bleibt beim Alten –“ Das Lager Möhlau wird nicht geschlossen. Pressemitteilung von No Lager Halle vom 7.7.11

Glanzlichter: Nummer 73 bei Opalkatze - Panzer, Pfeifen und misstrauische Steckdosen.

nachschLAg:
Ein unvollständiger Wochenrückblick über die Entwicklung in Lateinamerika.

Was mir heute wichtig erscheint #279

Unbegründet: Ein Blockadetraining kann rechtswidrig sein, sofern es darauf ausgerichtet ist, künftige Neonaziaufmärsche zu verhindern oder auch nur zu stören. So urteilte jetzt das Aachener Verwaltungsgericht. Das "Neue Deutschland" zu einem Skandalurteil.

Gemeinsamkeiten: Die IG Metall und das Elektro-Auto: Kapital und Gewerkschaft –“ gemeinsam für den Standort. Wie das umweltschädliche Auto und der gemeinschaftsfeindliche Individualverkehr auch am Ende des fossilen Zeitalters weiter durch gedrückt werden sollen. Beitrag  der IWW-Bremen

Kleinbürgeraufstand: "Das Internet hat in den letzten zehn Jahren die gesellschaftliche Kommunikation erheblich verändert. Es hat zum einen das Informationsmonopol der Medien des Staates und Kapitals gebrochen. Die Blogger-Szene fordert den professionellen Journalismus heraus. Zum anderen erfreuen sich "soziale Netzwerke" zum Knüpfen von Bekanntschaften und Austausch von Meinungen wachsender Beliebtheit (siehe Themenseiten in ak 541 und den Artikel von Armin Medosch in ak 542). Diese Möglichkeiten machen sich reaktionäre und obskurantistische Gruppierungen mannigfacher Art zu Nutze. Im "Infokrieg" verbreiten VerschwörungstheoretikerInnen populistische Botschaften. AntisemitInnen und FaschistInnen sind mit von der Partie. (...)" ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 543 / 16.10.2009 über "Die neue Cyber-Rechte".

Gesichter:  Sie sind viele. Doch fristen sie ein Schattendasein in Calais. Flüchtlinge aus ganz Afrika, dem Nahen und Mittleren Osten sowie aus Asien stranden auf ihrem beschwerlichen Weg nach Großbritannien in der Stadt am Ärmelkanal. Eine Bilderserie von Chris Grodotzki.

Rüge: "Die UN gehen in ihrem neuesten Staatenbericht hart mit der sozialen Lage in Deutschland ins Gericht. Vier Jahre nach dem Vorgängerbericht seien viele der früheren Empfehlungen nicht umgesetzt worden." "Erneute Rüge für Deutschland wegen Arbeits- und Sozialpolitik" (tagesspiegel). Prompt schlagen dort wie auch bei yahoonews die ganzen reaktionären Kommentarschmierfinken auf und forden die Verschärfung dieses Kurses. Angeblich ginge es "uns" noch viel zu gut. Mit "uns" können nur die Reichen gemeint sein, oder? Dabei würde ein Blick auf die Auseinandersetzung um die "Rente mit 67" eigentlich reichen. Weil es hierzulande nicht gelungen ist, diese abzuwehren, ziehen andere europäische Länder jetzt mit dem Verweis auf Deutschland nach und erhöhen das Renteneintrittsalter. Vom Thema "Mindestlohn" wollen wir mal ebensowenig anfangen wie über andere soziale Standards. Für die windelweiche Haltung der Gewerkschaften in diesen Fragen stehen diese auch nicht geraden gut da im europäischen Ansehen...

Enteignungsdrohung: "Viele Hausbesitzer in und um Stuttgart haben Post erhalten. Geschrieben hat ihnen die LBBW Immobilien Landsiedlung GmbH. Die Immobilientochter der Landesbank Baden-Württemberg gab sich als Beauftragte der Deutschen Bahn zu erkennen. Es geht um die Tunnelarbeiten für Stuttgart 21, um Grund und Boden und darum, ob und wie man ihn "unterfahren" darf. Dieses Unterfahrrecht ist eine komplizierte Angelegenheit. Derzeit läuft routinemäßig ein sogenanntes Einigungsverfahren. Danach käme ein behördliches Verfahren und am Ende ohne Einigung auch ein Gerichtsverfahren. Im diesem schlimmsten Fall droht theoretisch eine Enteignung, und Rechtsanwalt Claus-Joachim Lohmann hält es zumindest für denkbar, dass es von Fall zu Fall auch darauf hinauslaufen könnte, wenn die Hausbesitzer ein von der LBBW unterbreitetes Entschädigungsangebot der Bahn nicht annehmen. (...)" Weiter in der Kontext Wochenzeitung.

Volksfront: Die "junge Welt" veröffentlichte eine Erklärung der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) vom 1. Juli 2011, in der diese die rechtssozialdemokratische PASOK-Politik als "Hirtenhunde des Kapitals" anprangerte. Zum Beitrag "Griechenland: Zeitweise Selbstversorgung und internationale Hilfe" ging bei uns ein Hinweis auf eine zwei Wochen zuvor gehaltete Rede der Generalsekretärin des ZK der KKE, Aleka Papariga, auf der ersten großen Demonstration in Athen, die für "massenpolitisch wichtiger" gesehen wird.

Zusammenfassung:
"Es ist eigentlich alles gesagt zu Stuttgart 21. Doch bis nächste Woche oder etwas später die Geißler-Show das vorzeitig verteilte Spielmaterial der DB erklärt, muss das Publikum unterhalten werden." Friedhelm Weidelich fasst deswegen nochmal zusammen. Den 150 Seiten starken Stresstest gibt es hier zum Download (Stresstest 1, Stresstest 2, Stresstest 3).

Openbook: Galileo Computing hat gleichzeitig mit der Neuerscheinung seines gedruckten Handbuchs zu Ubuntu GNU/Linux 11.04 mit Codenamen Natty Narwhal eine kostenlose E-Book-Version veröffentlicht. Das Openbook zur aktuellen Ubuntu-Version kann kostenlos heruntergeladen werden. Das Buch kann aber auch online gelesen werden. (Via golem.de). Druckausgabe: Ubuntu GNU/Linux: Das umfassende Handbuch, aktuell zu Ubuntu 11.04 »Natty Narwhal« (Galileo Computing)

Erinnerung an die ersten fünfzig Jahre der KP China: "Maoismus. China und die Linke - Bilanz und Perspektive"

Ausrufung der Volksrepublik China am 1. Oktober 1949
Henning Böke umreißt in seinem Buch "Maoismus: China und die Linke Bilanz und Perspektive" ohne Verklärung und ohne Nachsicht die Jahre des Maoismus in China und in der übrigen Welt. Aus allen Wendungen und Drehungen arbeitet er das Unverlierbare heraus.

Mao Zedong - eine Sonne, die vielen in Europa und speziell in der Bundesrepublik in den sechziger Jahren aufgegangen war - und spätestens nach den Schüssen der Roten Armee auf die Demonstranten auf dem Tienamen-Platz im Sommer 89 wieder unterging.

Seither durchwandert der Große Vorsitzende alle möglichen Biographien westlicher Politikerinnen und Politiker - als Gespenst früher Jugend. Überwundenes Gespenst. Gegenstand nachsichtiger Erinnerung. Weiterer Gedanken nicht mehr wert.

Flankiert wird dieses zum Habitus gehörende Vergessen von einigen wütenden Büchern, die den angeblich immer noch herrschenden Mythos Mao zerstören sollen. Da erfährt man allerlei über Maos ungeputzte Zähne, gar nichts hingegen von den Gedanken, Absichten und Handlungen dieses Mannes. Das solche Kanonen gegen ihn immer noch aufgefahren werden, zeigt, dass der chinesische Kommunist mit anderen Gespenstern eines gemeinsam hat: man weiß nicht, wo und wann sie wiederkommen und bereitet den Exorzismus vor, den angsterzeugten Abwehrzauber.

Henning Böke hat mit solchen Praktiken nichts zu tun. Er unternimmt in seinem im Sommer 2007 erschienen Buch den Versuch einer Rekonstruktion des Gesamtzusammenhangs, in dem die Theorien Maos innerhalb der marxistischen Tradition funktionieren. Er fragt weiter nach den politischen Umständen, die die von außen oft verblüffend wirkenden Wechsel und Drehungen der Politik der Maoisten in China erklären. Darüber hinaus nach den Gründen der raschen Verleugnung des Parteiführers nach seinem Tod 1976 - bei gleichzeitiger Monumentalisierung seines Andenkens. Und was ist trotzdem übrig geblieben - auch bei den linken Bewegungen im Westen, fragt Böke schließlich.

Klar ist, dass Mao Zedong sich bei seinen revolutionären Bemühungen 1949 vor dem selben Problem fand wie zwanzig Jahre vorher Lenin: wie kann die proletarische Revolution durchgeführt werden in einem Land, in welchem landbesitzende und landlose Bauern die Mehrheit bilden, die Proletarier aber, auf die Marx setzte, bei wohlwollendster Zählung zehn Prozent ausmachen? Allerhöchstens!

In der ersten Zeit der Revolution in den zwanziger Jahren stand die ganze chinesische KP, deren Vorsitzender Mao damals noch nicht war, unter der Fuchtel Stalins und der von diesem dominierten KOMINTERN. Diese begünstigte die bürgerlich-national-evolutionäre Bewegung der KUOMINTANG; und versuchte, die Kommunisten durch Dick und Dünn in eine Koalition zu zwingen, selbst noch, als sich deutlich zeigte, dass in den Städten die Partei Tschiang Kai Scheks die Kommunisten vernichtend angriff, wo es möglich war.

Hätte sich diese Linie durchgesetzt, die Revolution hätte leicht mit der Machtergreifung eines bürgerlichen Diktators enden können wie im spanischen Bürgerkrieg, wo Stalin eine ganz ähnliche Politik diktierte.

Der andere Weg Chinas begann damit, dass Mao Zedong in Bauerngebiete auswich, und dort eigene befreite Gebiete gestützt weitgehend auf Bauern ausrief. Der legendäre LANGE MARSCH folgt noch einmal der selben Taktik, mit ungeheuren Opfern.

In dieser Zeit entstanden die ersten grundlegenden Schriften “Über die Praxis– und “Über den Widerspruch–. Ein besonderer Vorzug Bökes besteht darin, dass er diese nicht einfach als zeitlose Klassiker behandelt, sondern in die taktischen und strategischen Bewegungen der jeweiligen Politik einbezieht.

“Über die Praxis– sollte später in der deutschen marxistischen Tradition die größte Wirkung bekommen. Lukacs hatte in “Geschichte und Klassenbewusstsein– mühsam, hochtheoretisch und wahr entwickelt, dass ab Kant in der deutschen Philosophie Erkennen und Handeln einander hilflos und unversöhnt gegenüberstanden. Was Kant in der “Kritik der Reinen Vernunft– als Prinzip herausgearbeitet hatte, nahm er in der “Kritik der praktischen Vernunft– zurück. Maos Satz in all seiner Schlichtheit –Willst Du den Geschmack einer Birne kennenlernen, musst Du sie verändern, das heißt, in deinem Mund zerkauen– (S32), schien das Problem aufs einfachste zu lösen. So unmittelbar, so klar. Es klang nach Johann Peter Hebel und seinen bäuerlichen Merke-Sätzen und überholte doch ein Jahrhundert bürgerlichen Grübelns. Freilich kamen sofort einige Kritiker geschlichen und forderten auf, doch mal in den “Mehrwert– zu beißen oder in die “Kapital-Akkumulation– . Da hieß es gleich wieder die Aussage weiterentwickeln.

Henning Böke weist der Schrift “Über den Widerspruch– noch größere Bedeutung zu. Mao erkennt nicht die Lehre von den ein für allemal dominierenden kämpfenden Gegensätzen zwischen “Produktionsverhältnissen und Produktivkräften– an - auch nicht die von “Bourgeoisie– und “Proletariat–. Gerade damit gewinnt er Freiheit zur Untersuchung der eigentümlichen Beziehungen zwischen Schichten und Klassen innerhalb der damaligen Bauerngesellschaft unter dem Druck des japanischen Imperialismus und einer von diesem abhängigen sogenannten “Kompradoren-Bourgeoisie– (Schmarotzende Anhängsel der Interessen der Besatzer).

Wichtig bei Mao für die weitere sozialistische Bewegung: strenges Weitergehen bis hin zu solchen Widersprüchen, die nicht unmittelbar aus der Produktion entspringen. Schon dass die Arbeit nach dem Ende des Fordismus die Fabrikhallen weitgehend verlassen hat (und das begann sich ab 1973 abzuzeichnen - und galt in China schon vorher), zeigt, dass andere Gegensätze zeitweise dominieren und sogar die Gestalt eines antagonistischen Widerspruchs annehmen können, das heißt eines innerhalb des gegebenen Systems unversöhnlichen und nur durch dessen Sprengung zu lösenden.

Die Unterscheidung von Haupt- und Nebenwidersprüchen hat im Westen viele protestieren lassen. So war in ML-Gruppen der BRD zeitweise davon die Rede, dass der Geschlechtergegensatz “nur– ein Nebenwiderspruch sei, zum schärfsten Missvergnügen der Frauenbewegung. Dass nach Mao die Widersprüche die Rolle tauschen können, der ehemalige Neben-Widerspruch zum Hauptwiderspruch werden, wurde dabei gern übersehen. Auch dass in China die KP sich stark für die Befreiung und Einbeziehung der Frauen gemacht hatte, von Anfang an, wurde kaum zur Kenntnis genommen.

Mittels seiner Lehre von den wechselnden Widersprüchen gelingt es Mao, einer von außen teilweise sprunghaft wirkenden Politik trotzdem das stete Bewusstsein inneren Zusammenhalts zu verschaffen. Über alle Wandlungen hinweg.

Henning zeigt solche Sprünge und Wechsel in der Poliitik des “Großen Sprungs– selbst, in der Kampagne –Lasst hundert Blumen blühen–, und besonders auffällig in der heute oft als Verbrechen hingestellten “Großen Kulturrevolution–.

Es würde zu weit führen, die ganze chinesische Revolutionsgeschichte nachzuerzählen, die Böke in seinem schmalen Buch noch einmal durchsichtig macht, selbst für solche, die sie seinerzeit in gepeinigtster Aufmerksamkeit verfolgten.

Böke zeigt, dass insgesamt und immer neu für Mao und die Gruppe um ihn die Sorge im Vordergrund stand, auf dem sowjetrussischen Weg die endgültige Befreiung der Menschen zu verfehlen. Und der Wille, einen solchen Torkelpfad den Abhang hinab nach Kräften zu vermeiden.

Der für heutige Leser fast scholastisch klingende Streit, was zuerst da sein müsse und deshalb vordringlich zu fördern sei -andere Produktionsverhältnisse oder erweiterte Produktivkräfte- wurde von den “Maoisten– nicht als einer um Huhn oder Ei abgetan. Eindeutig wurde geantwortet: Die Produktionsverhältnisse stehen an erster Stelle, und damit die Massen ergreifende, von ihnen weitergetragene Politik. Der “Tonnenideologie– (der Ausdruck kam wohl damals auf) und dem “Gulaschkommunismus– des Ostblocks erteilte Mao Zedong noch in seinem letzten veröffentlichten Gedicht eine erbitterte Absage.

Damit musste das Bewusstsein der Massen - antiquierter dennoch wahrer Ausdruck - in den Vordergrund treten. Das von außen gesehen Verblüffende: es kam zu Kampagnen, in denen millionenweise etwa “Bürgerkrieg in Frankreich– gelesen wurde, um sich mit dem Konzept der Kommune 1871 vertraut zu machen. Alle Prediger der langsamen, aber friedlichen Umwandlung der Welt durch Aufklärung im Sinne eines Habermas im Westen haben genau das nie erreicht - massenhafte Bewegungen zum Lernen, zum Anwenden, zum Selberdenken. Praxisbezogene Theorie. Gerade das - und dass es das gab, ist unbestreitbar - traf uns vergrämte Schulmeisterinnen und Schulmeister ins Herz, uns mit unseren Ermunterungen zur Selbsttätigkeit, die unter den gegebenen Verhältnissen immer neu an felsigen Ohren strandeten. Der Lehrer sagte: Denk selber - das Pult, das Klassenzimmer, das Schulgebäude, die zu erwartende Behandlung der Sache in der Klassenarbeit, das Abitur. Alle schrieen jedes Mal im Chor ihr: Nein.

Gewiss haben vor allem die “Vier– (Viererbande mit dem Ausspuckwort, auch wenn der Ausdruck vom Vorsitzenden selbst stammen sollte) in der Richtung des Schulmeisterlichen übertrieben: etwa im Wettern gegen Beethoven. Nicht so im Angriff gegen Kung Futse (Konfuzius), den Ideologen der großen Ordnung und der klaglosen Einfügung in diese. Böke zeigt am Anfang, wie konfuzianische Unterwerfung unter Autorität die befreiten Bauern so in den Krallen hielt, dass sie - als von der Revolutionsregierung die Pachtzinsen gesenkt wurden -, heimlich den Grundherren den ihnen ja “zu Recht– zustehenden Restanteil zahlten.

Schlimmer noch: in der Haltung des Konfuzianismus verwandelten sich auch die Lehren von Marx und Mao sofort wieder zu ewigen Lehrsätzen. Zum Auswendiglernen und Nachbeten. Also Metaphysik ohne Kritik. Ungefähr das Schlimmste, was sich westliche Schulangestellte ausdenken konnten, vor allem nach Berührung mit Schulaufsehern aus der DDR: ein Oberschulamt mit hergebrachter Unterdrückungsabsicht, aber kraft flüchtiger Berührung marxistischer Lehren mit links anerkannten niederschmetterndsten Argumenten.

Die furchtbaren Kämpfe in der Kulturrevolution, mit all den öffentlichen Erniedrigungen, die keiner von uns hätte mitmachen wollen, hatten doch nie zu solchen Prozessen wie in der Stalinzeit geführt. Wo etwa ein Bucharin nicht wegen seiner ehemaligen Politik der Bevorzugung der Leichtindustrie angegriffen, sondern wegen geheimnisvoller und unmöglicher Verschwörung mit Trotzki verurteilt wurde. Zur bessern Fasslichkeit für das zu erziehende Publikum der Sowjet-Bürokratie. Bis zum Sturz der “Vier– ist es meiner Erinnerung nach nie soweit gekommen, dass das Proletariat und die Bauern angelogen wurden, um dadurch zu ihrer Diktatur fähig zu werden.

Kaum war Mao tot, wurde sofort zu diesem Mittel gegriffen, vor allem mit offenen Erfindungen gegen die Frau Maos und alle Protagonistin der Kulturrevolution. Wie: seine Frau hätte den todkranken Mao zu oft im Bett herumgedreht. Und, um dem bäuerlichen Puritanismus entgegenzukommen: sie hätte unsittliche Verhältnisse gehabt und geschlitzte Kleider getragen. Dass sie wirklich innerlich zerrissen war, und sich an Garbo-Filmen ersättigte, für die nach ihr die “Massen– noch nicht reif waren, ist kein Verbrechen, sondern individuelle “Neurose–, wie Böke es nennt. Auf keinen Fall ein Argument gegen eine ganze politische Linie.

Böke verwendet für das, was nach der Rückkehr Teng Hsiao Pings geschah, nicht den Ausdruck Konterrevolution. Mit berechtigten Gründen: es konnte nicht alles zurückgenommen werden, was die Revolution gebracht hatte. Auch verbietet sich Böke den Begriff des Verrats. Der wiederaufgestandene Machthaber Deng Hsiai Ping hatte nie etwas anderes versprochen, als was er dann tat, also auch keine Versprechen verraten und gebrochen. Allerdings, die Vorgänge am Tienamen-Platz 1989, als die Rote Armee gegen Demonstranten vorging, zeigen deutlich: die Rolle der Roten Armee muss sich unter dem neuen Regenten ums Ganz geändert haben. Bis dahin stand sie im unerschütterten Ruf, Unterstützerin der Massen zu sein. Es soll vorher mehrere vergebliche Versuche gegeben zu haben, die Armee einzusetzen! Wieviel Lügen wurden aufgewandt, um am Ende doch ein solches Gemetzel herbeizuführen? (Böke betont, dass es sich 1989 nicht um eine reine Studentenbewegung handelte. Es waren sicher viele Arbeiter beteiligt. Entscheidend auch nicht, dass die verschwommenen Ziele der Gruppe um die Freiheitsstatue Amerikas vermutlich eingeflüstert worden waren von den späteren Initiatoren der samtenen, rosafarbigen, safranigen oder orangenen Revolution. Mao hätte vermutlich geurteilt, dass man die Widersprüche im Volk nicht hätte so weit sich entwickeln lassen dürfen, dass Teng Hsiao Pings und seines gleichen den Anschein eines Kampfes “zwischen uns und dem Feind– am Ende herstellen konnten).

Äußerlich gesehen - nach dem Triumphzug des “MACHTHABERS AUF DEM KAPITALISTISCHEN WEG– - wirkt das Fazit niederschmetternd: es gibt anscheinend keinen anderen Ausgang als den hin zum Kapitalismus in all seinen brutalen Erscheinungsformen. Alles Aufbäumen dagegen führt nur zu schmerzhaften Umwegen, nicht auf anderes Gelände. Böke weist darauf hin, dass die Kapitalisten, wenn sie unter sich sind, genau das wiederholen: der Weg hin zum Kapitalismus, wie ihn Max Weber beschrieben hat, ist ohne Alternative.

Ob die Kapitalisten, die das so hinstellen, das Totalitäre dieses Wegs erkennen oder nicht - es hat tatsächlich bis jetzt auf lange Sicht nur den Triumph der Unterdrücker gegeben, den der Unterdrückten immer nur für kurze Zeit. In China immerhin von 1949 bis 1976.

Ist das das letzte Wort? Dann wäre es das auch für solche, für uns, die dem Vorsitzenden einmal auf seinem Weg hatten folgen wollen! Alles nur Irrtum, ja Irrsinn, vergeudete Zeit und Anlass zu fruchtloser Reue - nein: Trauerarbeit, wie ehemalige KBWler - etwa Altmeyer - das zu nennen belieben?

Solchen Anhängerinnen und Anhängern in der BRD widmet Böke nur einige Seiten. Mehr Begeisterung entwickelt er für die ML-Bewegung in Frankreich - in ihren verschiedenen Ausprägungen.

Geblieben sind immerhin einige Erkenntnisse, für uns die Geschlagenen und für ein nächstes Mal. Böke bezieht sich dabei vor allem auf die Arbeiten von Althusser in dessen letzter Schaffensperiode. Althusser greift genau die Lehre Maos von den wechselnden Widersprüchen auf, die ihre Stelle wechseln können. Damit verwirft Althusser vor allem das faule und lähmende Bewusstsein der zweiten und der dritten Internationale: Wissenschaftliche Begründung des Marxismus bedeute: man habe den Sieg in der Tasche. Marx habe den Ausgang der Geschichte aufgrund des sich zuspitzenden Hauptwiderspruchs zwischen Bourgeoisie und Proletariat vorhergesagt. Ob schnell, ob langsam: wir wissen, was kommt. Und brauchen deshalb auch gar keine großen Anstrengungen dafür, dass es geschieht.

Absichtlich unterschlägt Althusser das Element des Schein-Zukunft-Wissens, das sich selbst bei Mao noch findet. Er arbeitet bei ihm im Gegensatz dazu heraus das Element des bewussten Wollens, des - auch subjektiven - Aufbäumens gegen Verhältnisse, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein verächtliches Wesen ist. Revolution ist ab jetzt nur als Arbeit von Holzfällern vorstellbar, im Unterholz, ohne Wegekarte.

Von da aus weiterschreitend müsste nach den Erfahrungen mit dem Niedergang der Sowjetunion und den neuerlichen in China mit dem Absinken zu kapitalistischer Pressung und finanziellen individuellen Anreizen die Erkenntnis hinter die Ohren geschrieben werden “auf ewig–: dass die bloß quantitative Steigerung und Intensivierung der Produktion von allein keine Sprengwirkung unter den Produzenten erreicht. Ob nach Planziffer berechnet oder als Profitkoeffizient: gerade die Ausrichtung dorthin fördert auf die Dauer nichts als Automatisierung nicht nur der Produktion, sondern auch des nachtrottenden Produktionsarbeiters.

Letzte Schlussfolgerung - es müssen bei jeder künftigen politischen Bewegung sämtliche Widersprüche, die bisher schon im Kampf auftauchten, auch in die Theorie aufgenommen werden. Um nur beim KBW zu bleiben: so intensiv der Einsatz dieser Gruppe war schon in Wyhl, bei Startbahn West, um Grohnde und Brokdorf, beim Straßenbahnkampf, in der Auflehnung gegen Unterdrückungen aller Art - wir hatten bei alledem immer das traurige Gefühl, nicht bei den “eigentlichen– “Klassenkämpfen– mitzumischen - denen in der Fabrik.

Dass zum Beispiel viele der außerfabriklichen Kämpfe auch solche um Naturressourcen und damit um die Reproduktion der Arbeitskraft im weitesten Sinn gewesen waren, wir gestanden es uns damals nicht ein und sanken allmählich zusammen. Wir hatten an entscheidenden Auseinandersetzungen teilgenommen und es nicht gemerkt.

Notwendige weitere Lehre: es muss gekämpft werden können ohne Prophet und Prophezeiung. Beim KBW war die subjektive Anstrengung, so nötig sie war, so überwältigend, dass sie nur ertragen werden konnte im Licht der Voraussage: in soundsoviel Jahren, zuletzt wohl zehn, hat die Revolution gesiegt. Ohne solche Garantiezettel, gleichsam ins Offene sich einsetzen, auch auf Terrains, die zunächst als Teilgebiete erscheinen: das wäre eine weitere wichtige Konsequenz aus der Niederlage auch der chinesischen Revolution.

Und schließlich hieße es wohl, eine Weisung Walter Benjamins der religiösen Hülle entkleiden. Wenn er sagt, man müsse um der geschändeten Vorfahren willen sich erheben, nicht für das Glück der imaginären Enkel, müsste das übersetzt werden: es muss im Bewusstsein der Niederlagen der Kampf angetreten werden, im schärfsten Blick auf die Entstellungen, die bisherige Revolutionäre sich antaten, um ein Jahr oder fünf Jahre oder gar zehn weitermachen zu können. Gerade nicht im fahlen Schein der guten Vorsätze, wir würden im Neujahrschnee anders an die Sache herangehen. Nein, in der Gewissheit, dass unsere Züge nicht weniger entstellt, unsere Hände nicht weniger schmutzig sein werden als die jener, die uns vorangegangen. Aber mit dem kleinen Unterschied, dass wir aufeinander achten wollen, aufpassen, wann es mit uns so weit ist, dann die Narben und Wunden nicht verstecken und zudecken, sondern offen ins Licht halten. Licht der Diskussion, der Überlegung, unter Umständen sogar in der Konsequenz der Notwendigkeit des Rückzugs, ja des Aufhörens.

Soviel und keineswegs umfassend zu Bökes Buch über eine Zeit, die dann die fruchtbarste für künftiges Vorgehen sein wird, wenn sie - wie hier - dem Vergessen und der hochnäsigen Verachtung entrissen wird. So wie sie uns jetzt schon in Zeiten der kämpferischen Hoffnung zurückgeleitete, ohne Verklärung, aber im harten und genauesten Novemberlicht.


"Maoismus: China und die Linke Bilanz und Perspektive"
1. Auflage 2007
215 Seiten, kartoniert
ISBN 3-89657-596-1
10,00 EUR

Was mir heute wichtig erscheint #278

Bestürzung: "Menschen mit Behinderungen sollen künftig nur noch 80 Prozent des Hartz-IV-Regelsatzes bekommen. Das sind 291 Euro. Opposition und Sozialverbände sind bestürzt." (Frankfurter Rundschau)

Heimatfront: "Wir rufen auf, aktiv einzugreifen in die kriegerische Normalität und die zahllosen zivilmilitärischen Verflechtungen." Aufruf zu einer Kampagne zur ideologischen Delegitimierung militärischer Gewalt.

Halbiert: "Auf Pendler kommen schwere Zeiten zu. Die Hälfte des deutschen Nahverkehrs wird neu vergeben." "Welt-Online".

Mitgehört: Die Handydatenaffäre in Dresden geht in eine neue Runde. "Neues Deutschland", "heise.de", "taz", telepolis usw. Der Karriere des Dresdner Ex-Polizeipräsidenten hat hat die Handydatenaffäre nicht wirklich geschadet. Warum auch? Dass der Sumpf viel tiefer liegt, zeigt das Interview »Es ist schon so eine Sache mit dem Rechtsstaat« in der "jungen Welt".

Brenzlig: "(...) Bis Ende Juli soll Kom­man­do Rhino das M1-–‹Ge­län­de in der Vau­ban ver­las­sen haben. An­dern­falls dro­hen dem Kol­lek­tiv eine po­li­zei­li­che Räu­mung und eine Be­schlag­nah­mung der Wagen, was für uns einen di­rek­ten An­griff auf un­se­re Exis­tenz dar­stellt. Trotz zwei­jäh­ri­ger Ver­hand­lun­gen mit Ver­tre­ter_in­nen der Stadt­ver­wal­tung und un­se­rer Be­mü­hun­gen um die Pach­tung eines Pri­vat­ge­län­des steht nach wie vor kein Al­ter­na­tiv­ge­län­de in Aus­sicht. Statt­des­sen hält die Stadt­ver­wal­tung wei­ter­hin an ihrer igno­ran­ten Linie ge­gen­über in Wagen le­ben­den Men­schen fest und sieht für diese Le­bens­form in der grü­nen Stadt Frei­burg kei­nen Platz. (...)" Aus dem Aufruf zu einer großen Anti-Räumungsdemo am 23.–‹07.–‹2011 in Freiburg 14:00 Uhr Ber­tolds­brun­nen.

Böllerwerfer: Welche Rolle spielte ein Polizeimeister bei der Demonstration gegen die Innenministerkonferenz am vergangenen Mittwoch?

Gedenktage: Diese Woche wurde Emma Goldmann 142 Jahre jung, und Michael Bakunin starb vor 135 Jahren.

Spielräume: Am Mittwoch nächster Woche, den 6. Juli, stimmen die EU-Parlamentarier darüber ab, ob den einzelnen Mitgliedstaaten mehr Möglichkeiten gegeben wird, über den Anbau von Gentechnik-Pflanzen in Ihrem Land selbst zu entscheiden. Mehr dazu beim Informationsdienst Gentechnik.

Erfolge:
Das Bildungspaket scheint doch nicht so schlecht zu sein.

nachschLAg:
Ein unvollständiger Wochenrückblick zur Entwicklung in Lateinamerika.

Nachgezählt: Der Verfassungsschutz hat wieder mal die »Extremisten« gezählt. Ergebnis: Die Linken sind schlimmer. Siehe auch BILDblog: Bis sich die Balken strecken.

Neuerscheinung: Der Newsletter No. 2 zur Aufklärung der Todesumstände Oury Jallohs ist erschienen und als PDF Datei downloadbar.

Verschwunden: Im Zusammenhang mit der PR-Arbeit der Bahn bezüglich S21 war auf NDR ein kritischer Bericht von Zapp zum Journalismus zu sehen. Die Seite zur Sendung ist jetzt beim NDR verschwunden. Aber nicht bei youtube (Via Nachdenkseiten)

Schamlos: "Lange Zeit wurde ein Zusammenhang zwischen Militarisierung und Sozialabbau, auch in den Gewerkschaften, allein über die sinkenden Sozialausgaben bei steigenden Militärausgaben hergestellt. Gerade in Deutschland aber, wo das Militär gerne als Spiegelbild der Gesellschaft und der Soldat als Staatsbürger in Uniform dargestellt wird, verpflichten sich immer mehr Jugendliche aus gesellschaftlich unterprivilegierten Gruppen als „Längerdienende“, weil sie für sich keine oder kaum Chancen auf dem zivilen Arbeitsmarkt sehen. Ähnlich wie in den USA unterwerfen sich Jugendliche den Gefahren des Kriegseinsatzes, weil ihnen die Gesellschaft keine anderen Chancen lässt. (...)" Antrag und Appell an den Ortsvorstand der IG Metall Schwäbisch Hall, den Regionsvorstand des DGB, an die Einzelgewerkschaften des DGB und an aktive Kolleginnen und Kollegen, insbesondere in den Verwaltungsausschüssen der Agentur für Arbeit.

Bommarius - leidenschaftlicher Antikommunist? Nein: einfacher Grundsatzopportunist

Das Manifest der kommunistischen Partei - Kernsätze
Seit diesem Jahr bekommt der FR-Leser, schon einiges gewohnt, den Bommarius der "Berliner Zeitung" immer öfter zum Morgenkaffee serviert. Zwischen ehrenwerten Zeugnissen abgelagerter Denkart finden sich dann immer wieder Ausbrüche, die auf tiefsitzenden  Anti-Kommunismus schließen ließen - wenn man seine Pappenheimer nicht schon seit langem kennen würde. So musste im Januar 2011 - wir haben darauf aufmerksam gemacht - die arme Rosa Luxemburg nach allem, was ihr sonst durchzumachen blieb, für Bommarius auch noch als Sünden-Geiß auftreten, die den Antiparlamentarismus der LINKEN zu verantworten hatte.

Bedenkenlos stürzte sich der Denker auch in die Antisemitismus-Aufquirlung, die seine Mutterzeitung FR mit einem beispiellosen Gutachten betrieben hatte. Dieses Mal so enthemmt, dass es nur noch auf den Zweck ankommen durfte, die Mittel nahm man, wo sie zu finden waren - aus den Stänkerkloaken darauf eingespielter Verdächtigungs-Blogs.

Das ließ Professor Ruf in den NACHDENKSEITEN keine Ruhe. Ohne Ausdrücke wie "Fälschung" zu vermeiden,  griff er die Technik der Unterstellung, Verdächtigung, offener Lüge dieses Bommarius so rücksichtslos an, dass das - unter anderen Verhältnissen - leicht zu einer Verleumdungs-Klage hätte reichen können. Von Bommarius in den letzten zehn Tagen kein Wort der Widerrede zu hören.

Anmerkung Prof. Dr. Werner Ruf: “Kostümierte Antisemiten– Dieser Leitartikel ist ein Meisterstück journalistischer Untugend: Er verletzt die elementarsten Grundsätze journalistischen Arbeitens: Ungeprüft werden hier Zitate von einem antideutschen Blog –“ also aus Dritter Hand –“ übernommen, obwohl Herr Bommarius wissen müsste, wie unseriös und tendenziös solche Seiten sind. Die Originalzitate des Vortrags des inkriminierten Stefan Ziefle habe ich -voller Empörung über seine “Äußerungen– –“ überprüft: Sie sind problemlos im Netz zugänglich und widerlegen eindeutig die in diesem Artikel als Zitate wiedergegebenen –“ schlicht gefälschten –“ Sätze wie beispielsweise, die –˜die Kämpfer der Hamas seien “unsere Verbündete––˜!
Doch der Akrobatik nicht genug: Da wird insinuiert, ein Teil der Linken sei eine Art später Vollstrecker der Anschläge der Roten Armee Fraktion. Der Sinn dieses Gebräus aus Verdrehungen und Unterstellungen ist nur allzu durchschaubar: Irgendwie muss es doch gelingen, die LINKE oder zumindest Teile derselben in eine grundgesetzwidrige Ecke zu stellen. Nachdem der Stalinismus-Vorwurf offensichtlich untauglich geworden ist, wird jetzt ein Gebräu aus Antisemitismus und Terrorismus zusammen gemischt. Da das leider nur über Zitat-Fälschungen gelingen kann, ist halt auch dieses Mittel recht. Pressefreiheit ist ein hohes Gut. Sie lebt aber von journalistischer Seriosität. Verleumderische Hetze dagegen beschädigt das, was zu Recht "die vierte Gewalt– genannt wird"
.

Soweit Professor Ruf. Demnach müsste dieser Bommarius also ein verbohrter Antikommunist sein, dem alle Mittel recht sind, wenn sie nur schaden?

Immer noch zu kurz geschlossen.

Dankenswerterweise hat ein mir sonst unbekannter Blogger sich schon im Jahr 2008 erinnert - und  die Schwenkfähigkeit des Meinungsseglers treffend skizziert:
Der flexible Herr Bommarius

 messitschbyburns am 20. Oktober 2008 | Bommarius

Am 01. September, als die Finanzwelt noch in Ordnung war, berichtete Redakteur Bommarius in der Berliner Zeitung über den Parteitag der hessischen Linkspartei:

    “[Lafontaine] kündigt einen “Politikwechsel– an - hinein in die soziale Wärmestube zu Gunsten der Rentner, der Schüler und Studenten, der Arbeitslosen, der Armen, Kranken, der Heizölverbraucher und Strombezieher, der Ausländer und ausgegrenzten Inländer, der greifbar nahe sei und jedenfalls nicht an der Fraktion der Linkspartei im hessischen Landtag scheitern dürfe.–

Das Wort Politikwechsel setzt Bommarius in Anführungszeichen. Ein Lafontaine, versteht sich, kann keinen Politikwechsel bedeuten. Was Lafontaine fordert, ist die soziale Wärmestube für das Gesocks unter den Deutschen: Rentner, Schüler, Studenten, Arbeitslose, Arme, Kranke, Heizölverbraucher, Strombezieher, Ausländer und ausgegrenzte Inländer.

Herrenreiter Bommarius listet penibel auf, wer zu den armen Schweinen Deutschlands zählt, um diesen armen Schweinen mit der Stahlkappe in die Fresse zu treten. Ihre Ansprüche an ein menschenwürdiges Leben, die in Konsequenz nur mit einem radikalen Umbau der Gesellschaft zu verwirklichen sind, denunziert Bommarius als Ansprüche an eine soziale Wärmestube.

Wolfgang Clement, der Bommarius aus Bochum, verzichtete 2005 auf die verschämte Umschreibung “soziale Wärmestube– und sprach direkt von Schmarotzern, Trittbrettfahrern, Abzockern und Parasiten. Im Kern ihrer Aussagen treffen sich beide.

Vier Wochen später kollabiert die Finanzwelt. Redakteur Bommarius wechselt das Pferdchen und gefällt sich plötzlich als Volkstribun:

    “Ein Staat, der sich als Sozialstaat begreift, ist zur Regulierung der Wirtschaft nicht nur berechtigt, sondern - natürlich in Grenzen - verpflichtet. Er darf enteignen, wenn das dem –˜Wohl der Allgemeinheit–™ dient, er darf –˜Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel–™ zum Zwecke der Vergesellschaftung in Gemeineigentum überführen.–

Natürlich weiß Bommarius, daß seine Forderung nach Enteignung leeres Geschwafel ist, solange Parteien regieren, die ausschließlich dem Großkapital verpflichtet sind. Um Enteignungen dauerhaft, unumkehrbar und ohne butterweiche Rückgabe-Klauseln zu organisieren, müßte jene Partei mit absoluter Mehrheit gewählt werden, die Bommarius als Bedürfnisanstalt mit sozialer Wärmestube verhöhnt. Lafontaine fordert diese Enteignungen schon lange.

Das hätte Bommarius eigentlich auffallen sollen, aber sein still belächelter Geltungsdrang hat wieder mal gesiegt. Deshalb gibt er jetzt, wo jeder Hanswurst –” vom Minister bis zum Hinterbänkler –” nach Enteignung ruft, gern das populistische Echo. Eine Million Fliegen können nicht irren.

Daß er sich dabei unfreiwillig zum Klatschaffen für Lafontaine macht, ist für Bommarius kein Problem. Eine eigene Meinung hindert an der Karriere. Seine Tage bei der Berliner Zeitung will er in gewohnter Manier zu Ende bringen: Mit dem Fähnchen im Wind."


Dann wäre alles, was hier als Leidenschaft sich kostümierte, nichts als Dienstgeilheit vor den Anweisungen des jeweiligen Boss. Mal so, mal so - nach Peitschenknall. Hauptsache, man kommt durch, und kriegt hie und da einen Leitartikel zugeworfen.

Nur die Voraussage von den "letzten Tagen" im Hafen des Heils - "Berliner Zeitung" - hat sich leider nicht bewährt. Statt dessen darf der begabte Wurstschnapper nun auch die Leserinnen und Leser der FR mit seiner Kunst beglücken, dressiert und anständig - ganz wie ein Mensch - Verlangtes zu apportieren.

Ein armseliger Schreiberknecht, wie so viele andere.

Sie haben es geschafft! Schwarz-Grün rückt nahe

Grüne: Ja-Sager stehen bei Merkel an! Regierungsbeteiligung? Aber dalli....
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Armin Linnartz
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Grüne: Ja-Sager stehen bei Merkel an! Regierungsbeteiligung? Aber dalli....
Man durfte Grüns ein paar Stunden lang über PHOENIX zuschauen! Roth keifte hysterisch, Trittin gab sich staatsmännisch, dazwischen eine Truppe, die die Nachdenkerunzeln über noch glatte Stirnen breitete.

"Natürlich sind wir Grünen viel  unzufriedener als andere, aber was macht das für einen Eindruck?" Am peinlichsten ein Ex-Staatssekretär Baake, der unter Trittin gedient hatte. Erst breitete er alle  Einwände aus, die jedem schon gekommen waren, dann aber die triumphale Wende zum JA: Wie wird das im Ausland wirken! Die viertgrößte Industrie-Nation traut sich ein NEIN zu - Nein zum Atom.

Reklame ist alles! Er zeigte vielleicht am deutlichsten, worum es den Leithammeln an der Spitze ging: Nie mehr als Nein-Sager dastehen. Das wurde unter dem Fachausdruck "Glaubwürdigkeit" verhandelt. Was half es den Verbänden, die draußen zu warten hatten? Was half es Ströbele, der die vereinigten Hörer daran erinnerte, was sie vor ein paar Monaten beschlossen hatten? Nach ihm redete Künast als  künftige Oberbürgermeisterin von Berlin und sprach recht unverhüllt aus: Wir wollen an die Krippe! Wir wollen endlich mal dazugehören! Einfach rein!

Mit dem oft gerühmten Realo-Tum eines Fischer, ja selbst dem Lallen eines Cohn-Bendit hat das wenig zu tun. (Bendit jubelte inhaltlos eine Seite FR entlang). Wenn Realo überhaupt etwas bedeutet, dann Überprüfung der Ziele plus Überprüfung der eigenen Position nach der Zustimmung zu einem Ziel. Dann ergibt sich aber: die Zustimmung der Grünen zu Merkels Tricks ist gar nicht nötig. Die SPD steht ja wie immer bereit.

Dann geht es also wesentlich um Feilbietung. Selbstvermarktung für künftiges Mitmachen. Durch Dick und Dünn, wie schon unter Schröder.

Merkel wird satt schmatzen.  Hat sie doch Wählerinnen und Wähler zusammengetrieben zum einstimmigen Mäh. Die letzten Linken, die noch nicht hinter dem Hirten hertraben, zum endgültigen Abschuss freigegeben. Wie sehr solches Zusammenklumpen ihren Begierden entspricht, zeigt die Verwarnung des griechischen Oppositionspolitikers, de  an Papandreous Unterwerfung sich nicht beteiligen wollte. (Er ist Reaktionär aus Überzeugung und spekuliert auf Neuwahlen. Das kann allerdings das Recht einer Opposition, gegen die Regierung zu stimmen, nicht beeinträchtigen). Merkel, die zunächst die Erpressung der griechischen Regierung am weitesten vorangetrieben hatte, also gepresst und getreten, wo und wie sie konnte, überbietet die gewohnte Schamlosigkeit noch einmal: das ganze Vaterland soll hinein - in die aufbereitete Gülle.

Das zeigt einfach, dass Merkel mit vornedran darauf drängt, dass die alten Regeln der Demokratie in ganz Europa aus den Angeln gehoben werden. Nicht mehr das Wechselspiel von Regierungspartei und Opposition! Überleben soll die Volksgemeinschaft unter scharfer Aufsicht, im eigenen Land wie in denen der Abhängigen und Unterworfenen. Alle antreten - blockweise!

Dass die Grünen diese Tendenz freiwillig mitunterstützten, wird sich kurzfristig auszahlen. Auf längere Zeit hin - wenn nämlich das gesamte Betrugssystem in Schwierigkeiten geraten sein wird-  werden sie die Schande nicht mehr von sich abwischen können.

Was mir heute wichtig erscheint #277

Freiheit: Am 26. Juni jähren sich die Ereignisse von 1975, für die Leonard Peltier, Angehöriger des Stammes der Lakota und Aktivist des American Indian Movement, zu zweimal lebenslanger Haft verurteilt wurde. Er verbüßt die Strafe in US-Hochsicherheitsgefängnissen. Über den Schußwechsel am 26. Juni 1975 in der Pine-Ridge-Reservation, die Anklage gegen Leonard Peltier und den Kampf um seine Befreiung: »Das ist langsamer Tod durch Isolationshaft« Jürgen Heiser im Gespräch mit Leonard Peltier's Anwalt, Robert R. Bryan.

Illegal: "Die sächsische Polizei hat uns mit ihrer „elektronischen Fall-Analyse“ gezeigt, dass Kolonnen fremdgespeicherter Daten uns zu potentiellen Verdächtigen machen können. Man erzeugt Profile, wie sie sonst nur in Diktaturen missbraucht werden." Die F.A.Z. über die Faschisierung (Entschuldigung, es war nur ein "Fehler") kleine Pannen bei der Datenauswertung des Staatsapparates: "Polizeiliche Datengier - Teheran, Damaskus, Minsk –“ Dresden". Siehe auch: Sachsen-Gate weitet sich aus eine Zusammenstellung von Anne Roth.

Gemeinsam: Der mit massiven Polizeikräften durchgesetzte Naziaufmarsch am 1. Mai in Heilbronn hatte stundenlange Kesselungen und andere Repressionen gegen AntifaschistInnen zur Folge. Nun gibt es ein Treffen für die Betroffenen. (Via VVN-BdA Esslingen)

Überweisung: Auch wenn das nur Peanuts sein mögen - auch "Wir bitten euch, einen Solibeitrag zwischen 1 Cent und 1 Euro erstmals bis zum 31. Juli an die Staatsanwaltschaft Stuttgart zu überweisen."

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick über die Entwicklung in Lateinamerika.

Bedrohung: Während hierzulande fröhlich abgeschoben wird, erleiden deportierte Roma und Ashkali in Südserbien/Kosovo soziale Ausgrenzung, rassistische Diskriminierung, schwere Körperverletzungen, Mordversuche und Morddrohungen. Dazu das mehrteilige Interview bei bermudafunk. (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6) Siehe auch die Austellungsreihe: gedultet und abgeschoben - Roma in Deutschland, Serbien und Kosovo in Münster - container.no-culture.org

Kooperation: "“Wenn du nicht mit uns kooperierst, brechen wir dir den Arm oder machen dir die Hoden ab–, sei ihm auf der Wache gedroht worden. Unter Zwang habe man ihm die Kleidung entrissen, ihn nackt fixiert und ihm eine Blutprobe abgenommen, sagt Schmidt." Mehr zum Thema Polizeiwillkür in Braunschweig: Einfach mal die Bude gefilzt bei der taz. (Via Lahnix)

Verstorben: Peter Falk, besser bekannt als "Columbo" ist tot. Und tamagothi stellt sich die Frage, warum gut gemachte Krimis immer wieder fesseln. Frage ich mich auch. Obwohl mensch sonst immer gegen Bullen ist, tun sich nicht wenige die idealisierte Form auch noch in der Freizeit an.

Bestanden: Anscheinendgeblich hat die Bahn den Stresstest für das umstrittene Bahnprojekt erfolgreich absolviert. Was vom baden-württembergischen Verkehrsministerium gleich demeniert wurde.

Spaltungsversuch: Die Dramatisierung einer angeblichen Attacke auf einen Polizisten kennt keine Grenzen. Es geht um die Delegitimierung der Proteste gegen den Bahnhofsneubau. Dazu Jennifer Stange für den "Freitag", siehe auch: "Aktivisten bedauern Gewalt". Robert de Breeze stellt sich in dem Beitrag S21: Mediale Desinformationskampagne feiert fröhliche Urstände die Frage: "Wie auch immer - ich war nicht dabei. Was jedoch gerade abläuft ist ein klassisches und mit ziemlicher Sicheheit konstruiertes Spaltungsspektakel entlang der Frage: "wieviel Militanz ist denn in der politischen Auseinandersetzung erlaubt?""

Schwächeanfall: "(...) Bei dem extrem starken Erdbeben und der anschließenden Flutwelle am 11. März wurden nicht nur Menschen getötet, verletzt oder obdachlos und beträchtliche Produktionskapazitäten verwüstet. Auch Japans Infrastruktur wurde in Mitleidenschaft gezogen und vor allem die Lieferketten in vielen Industriesektoren massiv gestört. Dieser Riß im Gewebe ist hauptsächlich für die andauernde Schwächephase der weltweit drittstärksten Wirtschaftsmacht verantwortlich. (...)" Nach der Katastrophe ist die drittstärkste globale Wirtschaftsmacht faktisch k. o. Vor allem BRD-Wirtschaft profitiert. Beitrag von Tomasz Konicz in der Tageszeitung "junge Welt". Während dessen ist in Wien die internationale Konferenz der Uno-Atombehörde über nukleare Sicherheit mit Absichtserklärungen, aber ohne konkrete Resultate zu Ende gegangen.

Beweisnot: Für die angeblichen, von Soldaten Gaddafis durchgeführten Massenvergewaltigungen und Genozid würden Beweise fehlen, so namhafte Vertreter von Menschenrechtsorganisationen wie Donatella Rovera, Krisenbeauftragte von Amnesty International. "Massenvergewaltigungen und Genozid und die erneute Frage nach der Wahrheit im Krieg".

Klarstellung: "Ein Gutteil der gegen uns gerichteten Angriffe und Polemiken scheinen uns sowohl inhaltlich als auch gemessen an ihrer potentiellen Wirkung keiner öffentlichen Replik oder sonstigen Richtigstellung zu bedürfen. Wir gedenken nicht, in Zukunft noch weiter Zeit und Energie in die Auseinandersetzung mit diesem ex-linken Phänomen und seinen letzten Anhänger_innen zu investieren. Es gibt für antikapitalistische Linke in der Region (und auf der ganzen Welt) zur Zeit mehr als genug wichtigere Kampffelder. Das mag enttäuschend sein für diverse Tübinger Blogger_innen und Internetaktivist_innen, aber wir sind damit fertig mit den „Antideutschen–." Ausführlicher Text der "Marxistischen Aktion Tübingen" zur Entwicklung der „Antideutschen–: Good bye, Lenin!

Ungeübt: Wenn die Bayernpartei mal Mails verschickt.
cronjob