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Falsche Konkurrenz und geheuchelte Fürsorge

Cover der Trott-War Ausgabe 11/2015
Ein lesenswertes Fundstück auf Facebook:

"Rechtsextremisten haben plötzlich ihr Herz für Obdachlose entdeckt und missbrauchen sie in ihrer Propaganda, um sie gegen Flüchtlinge auszuspielen. Warum das sachlich betrachtet Unsinn ist, hat unser Autor Lucius Teidelbaum in der November-Ausgabe in einem Kommentar ausführlich erklärt. Davon abgesehen haben wir die Rechtsextremisten vor Ort auch nie als besonders obdachlosen- oder armenfreundlich kennengelernt. Da mehrere Leser es sich ausdrücklich gewünscht haben und man hier in Facebook immer wieder rechte Propaganda mit dieser fragwürdigen Botschaft findet, veröffentlichen wir den Kommentar nun online und hoffen auf eine weite Verbreitung, damit man dieser (schrecklich geschmacklosen) Diskussion sachlich begegnen kann."

Zum Beitrag von Lucius Teidelbaum in Trott-War (pdf), der sich hoffentlich nicht nur auf Facebook verbreitet.

An dieser Stelle auch nochmal der Hinweis auf

"Der Bewahrte ist nach seinen Kräften zu nützlicher Arbeit anzuhalten"

TV Tipp: "Die Unwertigen"

Buchtipp: "ausgesteuert - ausgegrenzt ...angeblich asozial"

Fotorückblick: Operation Sea-Watch - Flüchtlingsrettung im Mittelmeer

Die Seawatch beim Auslaufen Richtung Helgoland

Foto: Ruben Neugebauer / Umbruch Bildarchiv
Ein knappes halbes Jahr dauerte die Vorbereitung und Planung. Dann startete die MS Sea-Watch zum ersten Mal am 20. Juni 2015 ins Mittelmeer, um Flüchtlingsbooten vor der Küste Libyens Hilfe zu leisten. Heute, am 6. November, bricht eine neue Sea-Watch Crew in Richtung Lesbos auf, um die Rettungseinsätze in der Ägais fortzusetzen.

Die Möglichkeiten dieser privaten und von wenigen Menschen selbstorganisierten Initiative sind zwangsläufig begrenzt. Trotzdem hat die Sea-Watch in den letzten Monaten einiges erreicht. Sie rettete über 2000 Flüchtlingen das Leben und erhöhte gleichzeitig den Druck auf die zuständigen Institutionen, ihrerseits Rettungsmaßnahmen wieder aufzunehmen. Im September beendete die Crew 7 der Sea-Watch für dieses Jahr Ihre Einsätze im Mittelmeer. Wir dokumentieren den Abschlussbericht von Harald Höppner, von Ruben Neugebauer erhielten wir die Bilder für den Fotorückblick auf die bisherigen Sea-Watch-Einsätze. Vielen Dank dafür!

Vorgeschichte
Nach Ende der italienischen Marineoperation Mare Nostrum, die mehr als 120.000 Menschen im Mittelmeer das Leben rettete, startete die Frontex-Operation Triton. Flüchtlinge in Seenot sollten künftig auf Anordnung von Frontex Chef Klaus Rösler nur noch unmittelbar an der Küste gerettet werden. Die Folge waren verheerende Boots-Katastrophen mit tausenden ertrunkenen Flüchtlingen. Ein Aufschrei der Empörung ging durch die Öffentlichkeit. In dieser Situation gründete der Brandenburger Harald Höppner mit seiner Frau, zwei befreundeten Paaren und weiteren Mitstreitern das Sea-Watch-Projekt, eine zivile europäische Seenotrettung für Flüchtlinge im Mittelmeer. Sie arbeiteten zusammen mit den Crews von Médecins Sans Frontières und MOAS und trafen auf andere antirassistische Initiativen, die dem Massensterben auf dem Mittelmeer ebenfalls nicht tatenlos zusehen wollten, wie borderline-europe, ffm und dem Alarm Phone, das beinahe täglich Anrufe erhielt von Flüchtlingen in Seenot und diese weiterleitete. Ein Netzwerk gegen die Ignoranz der eigentlich für die Seerettung Verantwortlichen.

Ein Fotorückblick auf die bisherigen Einsätze der Sea-Watch beim Umbruch Bildarchiv

Was mir heute wichtig erscheint #389

Hölle: In einem palästinensischen Flüchtlingslager in Damaskus sind Kämpfer des Islamischen Staats eingedrungen. Die humanitäre Situation ist katastrophal.

Plage: Leserreporter sind eine Plage. Meint Sascha Steinhoff bei telepolis.

Abgeschmettert: Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Klagen gegen den Göppinger Polizeikessel bei der Nazidemo 2013 abgewiesen. In dem Zusammenhang: Mit über 40 Initiativen und Organisationen haben wir eine gemeinsame Erklärung gegen die Polizeikessel und Ingewahrsamnahmen am 12. Oktober in Göppingen veröffentlicht. In Göppingen waren 500 AntifaschistInnen bei den Protesten gegen einen Naziaufmarsch festgenommen worden. Über die Forderung nach juristischen und politischen Konsequenzen des Vorgehens der Göppinger Polizei, die Kennzeichnungspflicht, ein Versammlungsgesetz auf antifaschistischer Grundlage und eine Bewertung der Versammlungsfreiheit unter Grün/Rot wurden wir vom Radio Dreyeckland um ein Interview gebeten, welches wir Euch nicht vorenthalten wollen. (Via Kesselklage.de)

Mahlzeit: "Eine geplante Party nahe Schloss Elmau hatte in dieser Woche für Aufregung gesorgt. Inzwischen steht fest, wer da feiern wollte - nämlich ein deutscher Raketenhändler. Derweil schwelt die Affäre um das Politikeressen in dem Luxushotel weiter." BR5aktuell über das große Fressen.

Totengräber: Affront oder normaler Vorgang? Die vier Gewerkschaften IG Metall, IG BCE, IG BAU und EVG schließen ein Kooperationsabkommen. Andere bleiben außen vor. Zu diesem Bündnis konservativer Gewerkschaften ein Kommentar von Daniel Behruzi.

Bewegungsprofile: "Entgegen ihrer Behauptungen will die Bundesregierung detaillierte Bewegungsprofile aller Handys in Deutschland aufzeichnen lassen. Ein Jurist des Justizministeriums sagte aus, dass der Standort eines Smartphone-Benutzers bei jeder Internet-Verbindung gespeichert werden soll –“ also alle paar Minuten." Mehr dazu bei netzpolitik

Morgenluft: Reaktionäre Kreise in Zell und Bernhausen mokieren sich über die Aufnahme von Flüchlingen. Sie haben zwar nichts gegen Ausländer aber: "Sie und ihre Mitstreiter hätten Angst vor zunehmender Kriminalität und einer Einschränkung ihrer Lebensqualität, sagt sie. Aber sie fürchteten auch, durch eventuelle fremdenfeindliche Übergriffe in der direkten Nachbarschaft ebenfalls gefährdet zu werden."

Pazifistisch: Dass Konzerne, die an der Rüstung verdienen, ihr Bankkonto verlieren, hat man noch nicht gehört, aber einer Solidaritätsinitiative, die die kurdischen Aktivisten in Rojava unterstützt, wurde von der Saarbrücker Sparkasse das Konto gekündigt. Peter Nowak über einen Bankenskandal.

Zynisch: Mehr als 400 Flüchtlinge sind in dieser Woche ertrunken. Kommentar von Heribert Prantl in der Süddeutschen über die Möglichkeiten, die die EU zu Rettung dieser Menschen gehabt hätte und warum diese nicht genutzt werden.

Geschmacklos: OB Palmers Beitrag zum „Weltdenkmaltag“ 18. April: Abrissgenehmigung für Kulturdenkmal Güterbahnhof –“ am Vorabend des 70. Jahrestags der Befreiung Tübingens.

Drohnenkrieg: "Der amerikanische Militärflugplatz Ramstein Air Base in Rheinland-Pfalz ist das Herz der tödlichen Drohnenmorde der USA. Das geht aus streng geheimen Dokumenten eines neuen Geheimdienst-Whistleblowers hervor, die Spiegel und Intercept veröffentlichen.(...)" Mehr dazu bei netzpolitik.

Anerkennung: "Zu Beginn des letzten Jahrhunderts war Anatolien Schauplatz einer der größten Tragödien in der Geschichte der Menschheit. Hunderttausende Armenier verloren ihr Leben und wurden gezwungen, ihren Wohnort und ihren Besitz zu verlassen. Noch heute leiden die Hinterbliebenen unter dem Trauma der Vertreibung und des Genozids. Mehr als 250.000 Kinder wurden zu Waisen. Sie wurden einer Assimilationspolitik ausgesetzt. (...)" Aus dem Aufruf zu einem Aktionstag am 24. April in Berlin

Was mir heute wichtig erscheint #387

Jahrestag: Dieses Wochenende vor 50 Jahren fand der Marsch von Selma nach Montgomery statt. "Die Selma-nach-Montgomery-Märsche waren drei Märsche im Jahr 1965, die den politischen und gefühlsmäßigen Höhepunkt der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung (Civil rights movement) markierten. Sie waren die Zuspitzung im Kampf für Wahlrechte nach dem Civil Rights Act von 1964 in Selma, Alabama, der von Amelia Boynton und ihrem Ehemann gestartet wurde. Boynton brachte viele Führer des „African-American Civil Rights Movement“ nach Selma, darunter James Bevel, der als Erster zum Marsch aufrief, Martin Luther King Jr. und Hosea Williams. (...)" (WikiPedia) Aus dem Anlass hat DemocracyNow! einige Interviews mit Rep. John Lewis, einem der damaligen Organisatoren und Ava DuVernay, der Regisseurin des Oscar nominierten Films "Selma" veröffentlicht.

Beleidigung: "(...) Rene Vissè (77), ein französischer kommunistischer Politiker aus den Ardennen, ist empört: „Der Name beleidigt die Toten“, zitierte ihn die regionale Tageszeitung L–˜Union am 22. August 2014. Und René Vissé schrieb an den französischen Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian, denn „der Skandal dauert schon viel zu lange.“ (...) Der Deutsche Bundeswehrverband DBwV betreibt seit über 25 Jahren die Karl-Theodor-Molinari-Stiftung als Bildungswerk. Über den Namensgeber teilt der DBwV mit, dass er Generalmajor der Bundeswehr und der erste Bundesvorsitzende des Verbandes war. Dass Molinari im Juni 1944 als Kommandeur eines Panzerregiments in einem Wald nahe Les Hauts Buttés in den Ardennen 106 französische Resistance-Kämpfer erschießen ließ und deswegen 1951 in Frankreich in Abwesenheit zum Tode verurteilt wurde, erwähnt beim DBwV niemand. (...)" Mehr bei der VVN-BdA NRW

Aufpoliert: "Die deutsche Militärpolitik leidet an zwei Problemen: Ihr fehlt es an Rückhalt in der Bevölkerung und an jungen Leuten in der Bundeswehr. Letzteres scheint sich gerade geändert zu haben. Denn es war ein großer Erfolg, den Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Ende Januar verkündete: Es gebe aktuell rund 11.000 freiwillig Wehrdienstleistende - dies sei laut der Ministerin "der höchste Stand seit Jahren". Die Tagesschau titelte auf ihrer Website dementsprechend einen Freiwilligenrekord bei der Bundeswehr - auch andere Medien griffen die Meldung positiv auf. (...)" Michael von Schulze Glaßer über das Bemühen der Bundeswehr, aus ihrer in großen Teilen der Bevölkerung doch relativ isolierten Position herauszukommen.

Essenziell: "Wir leben alle zusammen in einer Gesellschaft. Die Grundlage eines guten Zusammenlebens können aber nur gleiche Rechte für alle sein. Das sind die Menschenrechte. BürgerInnen haben diese Rechte aber wir Non-citizens (NichtbürgerInnen, Geflüchtete) haben sie nicht. (...)" Erklärung der Flüchtlinge vom Theaterplatz in Dresden.

Tagwerk: "Eine neue Protestgeneration ist erwacht. Es ist der alte Kampf David gegen Goliath, aber die Methoden haben sich gewandelt: Moderne Aktivisten organisieren sich weltweit in sozialen Netzwerken. Ihre Aktionen sind unkonventionell –“ aber vor allem gewaltfrei und überraschend kreativ. Mit: Occupy, Femen, The Yes Men, Indignados 15-M, Everything is OK und vielen anderen mehr." Doku auf arte.

Zweifelhaft: "Fast eineinhalb Jahre lang war der Tod eines wichtigen Zeugen im NSU-VS-Komplex, der sich acht Stunden vor seiner polizeilichen Befragung selbst verbrannt haben soll, kaum eine überregionale Meldung wert.(...)" Wolf Wetzel in der Tageszeitung Junge Welt über eine fragwürdige Polizeiversion zu den Hintergründen des Todes eines Zeugen im NSU Verfahren.

Nutztiere: "Man darf Tiere laut Tierschutzgesetz nicht betäubungslos verstümmeln, kastrieren oder manipulieren –“ außer in all jenen Fällen, wo dies in der Landwirtschaft üblich ist. Einem Hund oder einer Katze dürfte man so etwas nicht antun, „landwirtschaftlichen Nutztieren“ aber sehr wohl: nicht weil es diesen weniger Schmerzen bereitet, sondern eben aus rein wirtschaftlichen Gründen." Kolumne von Hilal Sezgin in der taz .

Schlaglichter: "Zum 70. Jahrestag des Kriegsendes und der Befreiung haben die niedersächsischen Gedenkstätten einen Internet-Blog erarbeitet, der seit dem 27. Februar täglich bis zum 8. Mai Ereignisse vorstellt, die sich vor genau 70 Jahren in Nordwestdeutschland ereignet haben. Mit prägnanten Texten und vielen historischen Quellen aus in- und ausländischen Archiven werfen die Beiträge exemplarisch Schlaglichter auf Verbrechen, die Angehörige von SS, Gestapo, Polizei, Wehrmacht und Volkssturm, aber auch Zivilisten in den letzten Tagen des Krieges begangen. Zudem schildern sie die Situation der Häftlinge und Gefangenen in den Lagern und anderen Haftstätten kurz vor und nach ihrer Befreiung." Zum Blog der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

Harmlos: Was war das für ein Theater, als die GDL für ihre Forderung streikte. Manche wähnten sich mitten im Untergang des Abendlandes. Das geht völlig an den Tatsachen vorbei, denn die Zahl der Streiktage in Deutschland sank erneut.

Tabubruch: Wenn im Baltikum und der Ukraine Nazi-Kollaborateure verehrt werden, mischt sich die Bundesregierung nicht ein. Das Neue Deutschland über Die Freiheitshelden von der Waffen-SS

Filmpremiere: “Can’t be silent”

„Can't be silent“, Dokumentarfilm, Regie: Julia Oelkers, Deutschland 2013, 85 Minuten. Mit einer großen Premiere startet der Film am 13.August im Freiluftkino Kreuzberg in Berlin. Ab dem 15.8. läuft er dann im Moviemento, den Hackeschen Höfen und im Lichtblick Kino in Berlin und in vielen anderen Städten. Mehr Infos zum Film, alle anderen Termine und Städte gibts hier. Eine Filmbesprechung zum Film von Julia Oelkers gibt es bei antifra.

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