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Bad Cannstatt: 9. November - Gedenken an die Opfer der Pogromnacht 1938

Flyer / Plakat zum Gedenken
Flyer / Plakat zum Gedenken
Kundgebung 18 Uhr Marktplatz Bad Cannstatt

mit Heinz Hummler (VVN-BdA), Günter Baltz (Pfarrer i.R.), ver.di-Jugend Stuttgart, Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart, Freier Chor Stuttgart

anschließend gemeinsame Demo zur ehemaligen Cannstatter Synagoge

19 Uhr ehemalige Synagoge: Kranzniederlegung

19.30 Uhr Veranstaltung zur Wannsee-Konferenz mit Vortrag und Kulturbeiträgen
Die Wannsee-Konferenz –“ Völkermord als Verwaltungsakt!

Weitere Infos

Damals wie heute: Erinnern heißt verändern! 30 Jahre nach dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen

Mobilisierungsplakat. Text vor Foto des Sonnenblumenhauses: Damals wie heute: Erinnern heißt verändern! 30 Jahre nach dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen Bundesweite Demo am 27. August 2022 –“ 14 Uhr –“ Rostock-LichtenhagenGroßdemo am 27. August 2022 – 14 Uhr – Rostock-Lichtenhagen

30 Jahre nach dem rassistischen Pogrom werden wir am 27. August 2022 gemeinsam in Rostock-Lichtenhagen auf die Straße gehen. Denn rassistische Gewalt und institutioneller Rassismus gehen bis heute Hand in Hand. Dem Erinnern muss ein Handeln folgen.

Quelle / Informationen

Stuttgart: Gedenken an die Pogromnacht 9. November 1938

Am 9. November 2021 laden wir um 18 Uhr auf den Cannstatter Marktplatz zur Gedenkkundgebung ein.
Mit Beiträgen von:

  • Ulrich Schneider (Historiker, Bundessprecher der VVN-BdA und Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer)
  • Gemeinsamer Redebeitrag Stuttgarter Jugendorganisationen
  • Julia Friedrich (Geschäftsführerin DGB Baden-Württemberg)
  • Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart & Region (AABS)
  • Freier Chor Stuttgart mit antifaschistischen Liedern


Bitte Maske tragen und genügend Abstand halten!
Anschließend ziehen wir mit einer Demonstration zum Platz der ehemaligen Synagoge zur Kranzniederlegung.
Ab 19.30 Uhr laden wir zur Veranstaltung „Antisemitismus –“ Von der Ausgrenzung zum Völkermord“ ein.

(weitere Infos & Anmeldung für die Veranstaltung im Verwaltungsgebäude des Bezirksrathaus–˜ siehe unten)
Aufruf
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten die Synagogen im gesamten Deutschen Reich sowie in Österreich und in der Tschechoslowakei.
Angezündet von SA und SS, organisiert, vorbereitet und angeleitet von Partei, Regierung und Behörden des faschistischen Staates. Am nächsten Tag wurden mehr als 7.000 jüdische Geschäfte geplündert, zehntausende jüdische Menschen verhaftet und über 100 ermordet. Die Polizei verschleppte 26.000 jüdische Männer aus ganz Deutschland vor allem in die Konzentrationslager Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald.

Die Pogromnacht in Stuttgart
In Stuttgart legte der Branddirektor, in zivil und ausgestattet mit einem Eimer Waschbenzin, selbst den Brand; in Cannstatt war es der Leiter der Feuerwache. Fast alle männlichen Stuttgarter Juden zwischen 18 und 65 Jahren wurden verhaftet, auch Kranke und Jugendliche unter 18 Jahren.
Das jüdische Ehepaar Karl und Emilie Oppenheimer wohnte in der Daimlerstraße 56, nur 100 m von der Cannstatter Synagoge entfernt. Nach der Pogromnacht erließ der NS-Staat die „Judenvermögensabgabe“, mit der die jüdischen Menschen gezwungen wurden, den Schaden des Staatsterrors in der Pogromnacht selbst zu bezahlen. Allein den Oppenheimers wurden mit dieser Zwangsmaßnahme 7.800.- Reichsmark geraubt, die in Wirklichkeit von den Faschisten zur Vorbereitung ihrer Kriege benötigt wurden. Am 26. April 1942 wurden sie vom Stuttgarter Nordbahnhof in überfüllten Waggons ins KZ Theresienstadt deportiert und mussten für ihr „Altersghetto“ Theresienstadt 2.000.- Reichsmark Eintrittsgeld zahlen und für fünf Jahre im Voraus 180.- Reichsmark Pflegegeld je Monat. Ein halbes Jahr später starb Karl Oppenheimer, seine Frau wurde 1944 nach Auschwitz deportiert und überlebte dies nicht.

Rechter Terror durch den Staat
Der vom faschistischen Staatsapparat gelenkte Terror gegen jüdische Mitmenschen und deren Einrichtungen führte innerhalb der Bevölkerung weder zu nennenswertem Widerstand noch zu euphorischem Zuspruch. Der Großteil der hier lebenden Menschen nahm die Geschehnisse apathisch zur Kenntnis, hatten doch fünf Jahre „Nationalsozialismus“ bereits Stück für Stück die Ideologie der „Volksgemeinschaft“ vorangetrieben. Diese legitimiert das Ausmerzen aller „Volksfeinde“ und suggeriert zugleich, dass die Klassenwidersprüche innerhalb der „Volksgemeinschaft“ überwunden seien.
Die örtlichen Feuerwehren und Polizeidienststellen schützten fast überall befehlsgemäß nur die Nachbargebäude vor dem Übergreifen der gelegten Brände und ermöglichten so die ungehinderte Zerstörung und Plünderung. Lediglich sehr wenige Fälle von Zivilcourage sind bekannt. In Berlin rettete der Vorsteher des Polizeireviers Berlin-Mitte die Synagoge an der Oranienburger Straße, indem er mit ein paar Beamten die Brandstifter der SA verjagte und die Feuerwehr holte, die den Brand dann löschte. In ländlicheren Regionen und kleinen Ortschaften, aber auch in Klein- und Mittelstädten beteiligten sich Menschen aus der Nachbarschaft oftmals an Hetzgesängen, Zerstörungen und Plünderungen.
Die vom Staat organisierten Novemberpogrome bereiteten den Boden für weitere antisemitische Gesetze und gelten als Vorstufe zum Holocaust. Am 1. Dezember 1941, also 3 Jahre nach den Novemberpogromen begann die erste Deportation von Jüdinnen und Juden aus Stuttgart nach Riga, die dort in einem Waldstück erschossen wurden

Der Holocaust begann in Osteuropa
Mit dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 verfolgte der deutsche Faschismus sein Hauptkriegsziel: die Vernichtung des Sozialismus (Nazi-Jargon: „jüdischer Bolschewismus“) und die Eroberung riesiger Gebiete in Osteuropa bis zum Ural als neues Kolonialreich („Lebensraum im Osten“). Diese rassistische Lebensraumideologie diente dazu, die Versklavung der Völker der Sowjetunion zu rechtfertigen, als Sprungbrett für die Weltherrschaft. Es begann durch den deutschen Militär- und Polizeiapparat eine nie zuvor existierende Barbarei. Neben dem Kommissarbefehl, der die Anweisung enthielt alle Politkommissare der Roten Armee direkt zu erschießen, begingen Wehrmacht, SS & SD sowie Gestapo weitere Massaker und andere Verbrechen an der Zivilbevölkerung. Besonders hart und akribisch gingen die sogenannten Einsatzgruppen gegen die jüdische Bevölkerung in den neu eroberten Gebieten vor. In jeder eroberten Stadt sowie in jedem eroberten Dorf wurden Jüdinnen und Juden gesucht, aufgespürt, zusammengetrieben und erschossen. Ein bekanntes Massaker fand in der Nähe von Kiew in der Schlucht Babyn Jar statt.

Diese systematische Ermordung gipfelte in der Errichtung des Konzentrationslagers Auschwitz, das für die industriemäßige Vernichtung von Menschen steht, wie es sie nur durch den deutschen Faschismus gab. Letztendlich fand das Morden jedoch nicht erst in Auschwitz statt, sondern war sichtbar in der Pogromnacht und wurde mit den Deportationen aus dem gesamten Reichsgebiet sowie aus allen besetzten Gebieten unübersehbar.

Sicherlich war nicht allen, zumindest nicht von Beginn an bewusst, worin diese staatliche Verfolgung ihrer jüdischen Mitmenschen endete. Doch spätestens mit den Novemberpogromen (oder den Deportationen) wurde die lebensbedrohliche Gefahr für Jüdinnen und Juden für alle offensichtlich.
Nur wenige Menschen hatten den Mut zu widersprechen, einzugreifen oder zu helfen. Am 27.01.1945 wurden mit der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee die Verbrechen der Nazis offengelegt.

Heute: Rechter Terror vom Staat geduldet
Der beschönigende Begriff „Kristallnacht“ steht wohl sinnbildhaft für die Aufarbeitung des deutschen Faschismus bis heute. Er steht für Verharmlosung, Verschweigen und Relativierung. Also genau die Dinge, die der Staatsapparat bei rechtem Terror heutzutage noch anwendet. Sowohl die Geheimdienste als auch Polizei, Justiz und Bundeswehr wurden von Altnazis aufgebaut und haben ihre „nationalsozialistische“ Ideologie an die neuen Kameraden weitergegeben.
Und heute? Ständig werden Nazi-Chatgruppen in Polizei- und Bundeswehrkreisen offengelegt. Massenhaft verschwinden Waffen und Munition. Es gibt wieder Todeslisten auf denen Aktive aus der linken, migrantischen und antifaschistischen Bewegung gelistet sind. UND immer wieder rassistische Übergriffe und rechten Terror.
All das wird entweder totgeschwiegen, als Einzelfall bagatellisiert und oftmals gedeckt und oft genug die Aufklärung behindert –“ die Verflechtungen von staatlichen Institutionen und Nazis sind offensichtlich.

Gegen das Vergessen –“ Kommt am 9. November zur Gedenkkundgebung
Der Gedenktag an die Pogromnacht 1938 ist für uns Anlass und Auftrag zu verhindern, dass die Zivilgesellschaft in ihrer Mehrheit bei antisemitischen und rassistischen Angriffen wiederholt verstummt oder zustimmt. Um den zunehmenden Antisemitismus und Rassismus, sowie rechten Terror und dessen staatliche Duldung zu stoppen, bedarf es der Zusammenarbeit und entschlossenen Gegenwehr aller.

Für uns gilt getreu dem Schwur von Buchenwald:
Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.


Dieser Aufruf wird unterstützt von: Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart (AABS) / Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart / „Arbeit Zukunft“ Stuttgart / DIDF, Freundschafts- und Solidaritätsverein Stuttgart e.V. / DIDF –“ Jugend Stuttgart / DIE LINKE OV Bad Cannstatt, Münster, Mühlhausen / DGB Stadtverband Stuttgart / DGB-Jugend Region Nordwürttemberg / DIE LINKE Stuttgart / DKP (Deutsche Kommunistische Partei) Stuttgart /
FrAKTION (Linke, SÖS, Piraten, Tierschutzpartei) Bad Cannstatt / Freier Chor Stuttgart / Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba Regionalgruppe Stuttgart / Friedenstreff Cannstatt / Friedenstreff Stuttgart Nord / Groll, Renate und Manfred, Gerlingen / GRÜNE JUGEND Stuttgart / Hofmann, Reiner / Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V. / Jusos Stuttgart / Linksjugend [–™solid] Stuttgart / Ostendobenbleiber Stuttgart / Revolutionäre Aktion Stuttgart (RAS) / SÖS –“ Stuttgart Ökologisch Sozial / SDAJ (Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend) Stuttgart / Stadtjugendring Stuttgart / Bündnis Stuttgart gegen Rechts / ver.di
Bezirk Stuttgart / VVN-BdA, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –“ Bund der Antifaschisten / Verein Zukunftswerkstatt e.V., Zuffenhausen /
VÖS –“ Vaihingen Ökologisch Sozial / Waldheim Stuttgart e.V. / Clara Zetkin Haus; Waldheim Gaisburg e.V. / Zukunftsforum Stuttgarter
Gewerkschaften / Zusammen Kämpfen [Stuttgart]
Anschließend um 19.30 Uhr im Verwaltungsgebäude des Bezirksrathauses:
Abendveranstaltung mit musikalischer Begleitung

„Antisemitismus –“ Von der Ausgrenzung zum Völkermord“

Lesung mit Ulrich Schneider aus seinem aktuellen Buch „Antisemitismus im Dritten Reich –“ Von der Ausgrenzung zum Völkermord“
Yidishe Lider mit Albert Kunze (Gesang) und Vladimir Romanov (Klavier).

Der Antisemitismus war keine Erfindung der Nazis. Er hatte seine Vorläufer und wurde von diesen ins Extreme gesteigert. Der gesellschaftlichen Ausgrenzung und Isolierung schon zu Beginn des „Dritten Reichs“, der Entrechtung durch die „Nürnberger Rassegesetze“ von 1935 und der damit verbundenen „Arisierung“ der Wirtschaft und Säuberung des Kulturlebens folgten die Novemberpogrome von 1938 sowie der forcierte Raub jüdischen Eigentums und mit dem Krieg die Ghettoisierung und Deportation in den Osten. Dieser Prozess kulminierte schließlich in der „Endlösung der Judenfrage“ durch die Massenvernichtung. Ulrich Schneider ordnet die Judenverfolgung in die Gesamtpolitik des deutschen Faschismus ein: politische und gesellschaftliche Gleichschaltung als Voraussetzung kriegerischer Expansion zur Realisierung internationaler Vorherrschaft.

Für mehr Informationen zum Ablauf und zur Anmeldung für die Abendveranstaltung bitte HIER klicken.

Stuttgart: Gedenken zur Pogromnacht am 9. November 1938

November 2020 um 18.00 Uhr auf dem Cannstatter Marktplatz.
Anschließend Demonstration zum Platz der ehemaligen Synagoge zur Kranzniederlegung um 19 Uhr (König-Karl-Straße 45/47 –“ Nähe Wilhelmsplatz)
Mit Reden von:
• Ingrid Bauz, Mauthausenkomitee Stuttgart
• Ulrich Schneider (Historiker, Bundessprecher der VVN-BdA und Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer)
• VertreterIn des AABS (Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart und Region)
musikalische Begleitung:
Freier Chor Stuttgart und Marie Louise (Sängerin und Songschreiberin), begleitet von Zura Dzagnidze (Gitarre)
Bitte Maske tragen und genügend Abstand halten!

Aufruf
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten die Synagogen im gesamten Deutschen Reich sowie in Österreich und in der Tschechoslowakei.Angezündet von SA und SS, organisiert, vorbereitet und angeleitet von Partei, Regierung und Behörden des faschistischen Staates. Am nächsten Tag wurden mehr als 7.000 jüdische Geschäfte geplündert, zehntausende jüdische Menschen verhaftet und über 100 ermordet. Die Polizei verschleppte 26.000 jüdische Männer aus ganz Deutschland vor allem in die Konzentrationslager Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald. Die SS pferchte im KZ Buchenwald 9.845 Verhaftete in einem Sonderlager zusammen. In den hundert Tagen der Existenz dieses Sonderlagers auf dem Ettersberg wurden 250 Menschen umgebracht, Dutzende innerhalb der ersten 24 Stunden von der SS ermordet.

Die Pogromnacht in Stuttgart
In Stuttgart legte der Branddirektor, in Zivil und ausgestattet mit einem Eimer Waschbenzin, selbst den Brand; in Cannstatt war es der Leiter der Feuerwache. Fast alle männlichen Stuttgarter Juden zwischen 18 und 65 Jahren wurden verhaftet, auch Kranke und Jugendliche unter 18 Jahren.Die Jüdin Ida Carlebach aus der Dürrheimer Straße 5 wurde Augenzeugin des Brandes der Cannstatter Synagoge. Ihre damals elfjährige Nachbarin Margarete Carle berichtete, dass ihr Vater mit dem Ruf „Kinder es brennt“ ins Kinderzimmer kam, von wo der Brand in der König-Karl-Straße gut zu beobachten war. Weil es die Synagoge war, holte der Vater Frau Carlebach aus dem ersten Stock hinzu. „Wie versteinert stand sie da“, erinnert sich Frau Carle tief bewegt. Die Funken seien fast bis ans Haus geflogen. Mit dem Synagogenbrand erlosch der letzte Lebensmut von Ida Carlebach, die sich am 27.11.1938 aus Verzweiflung das Leben nahm. (Text der Cannstatter Stolpersteininitiative, Autor: Rainer Redies)

Nicht alle waren einverstanden
Trotz des unglaublichen Terrors haben die Pogrome nicht alle gutgeheißen. So wurden in Stuttgart Passant*innen in „Schutzhaft“ genommen, die die Ereignisse auf der Straße mit Abscheu kommentierten.Der Pfarrer Julius von Jan hielt kurz nach der Pogromnacht in Oberlenningen eine mutige Predigt, in der er die Verbrechen an den Juden und Jüdinnen und ihren Einrichtungen scharf ablehnte. Er wusste, was ihm drohte, wurde anschließend von den Nazis misshandelt und von einem Sondergericht zu 16 Monaten Haft verurteilt. Aus dem Untergrund verbreitete die KPD ihre Erklärung „Gegen die Schmach der Judenpogrome...“ als Aufruf zu menschlicher Hilfe.

Der Jahrestag der Pogromnacht ist für uns Anlass zu gedenken
Die Pogromnacht war der Zivilisationsbruch, der in dem Versuch mündete, alle Jüdinnen und Juden Europas zu vernichten; bis 1945 wurden 6 Millionen Jüdinnen und Juden administrativ und industriell ermordet. Die Faschisten kamen mit der Pogromnacht der Formierung einer reaktionären Volksgemeinschaft einen Schritt näher, Entmenschlichung und Entsolidarisierung wurden vorangetrieben. Keine zehn Monate später begann mit dem Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg, der über 60 Millionen Tote forderte.Schon vor 1933 hatte die NSDAP eine breite Massenbasis, an die Macht wurde sie aber erst am 30. Januar 1933 durch Reichspräsident von Hindenburg gehievt, auf Drängen der reaktionärsten politischen Kreise, der Reichswehr und namhafter Repräsentanten des Finanzkapitals und der Großkonzerne. Die waren dann auch die Hauptprofiteure von Aufrüstung und anschließendem Eroberungskrieg.

Widerstand war möglich
Nachdem den jüdischen Untergrundorganisationen die systematische Ermordung durch die Nazis bewusst wurde, entschlossen sich viele Juden und Jüdinnen zum aktiven Widerstand. Der Aufstand im Warschauer Ghetto am 19. April 1943 wurde für weitere Aktionen zum Vorbild. Der jüdische Widerstand fand auf drei Ebenen statt: Bewaffnete Aufstände in Ghettos und Lagern; Flucht und Schmuggel von Jüdinnen und Juden aus den Städten und Ghettos in die Wälder zum dortigen Partisanenkampf; das Verstecken Einzelner, kollektive Rettungsaktionen sowie die Rettung von Kindern.

Die Selbstbefreiung von Buchenwald
Im Konzentrationslager Buchenwald haben politische Häftlinge ein illegales internationales Lagerkomitee gegründet, dem es u.a. zu verdanken war, dass die Rüstungsproduktion dort in den letzten Kriegsjahren durch Sabotage erheblich geschwächt wurde. Vor 75 Jahren, am 11. April 1945, konnten die teilweise bewaffneten Häftlinge das Lager selbst befreien, durch Verzögerungstaktik wurde verhindert, dass die letzten 21.000 Häftlinge auf die Todesmärsche mussten. Zu den Überlebenden gehörten auch 900, davon viele jüdische, Kinder, die vor der Gaskammer gerettet wurden. Am bekanntesten ist das Buchenwaldkind Juschu, dessen Schicksal im Roman „Nackt unter Wölfen“ von Bruno Apitz als Vorlage diente. Zur Rettung maßgeblich beigetragen hat der spätere baden-württembergische IG-Metall-Vorsitzende Willi Bleicher.

Faschistische Kontinuitäten wirken weiter
In der Bundesrepublik gab es keine umfassende Entnazifizierung: vom Aufbau des Geheimdienstes BND durch Nazis bis zum Schreddern der NSU-Akten zeigt sich bis heute die Kontinuität in der Zusammenarbeit von staatlichen Strukturen mit Faschisten. Im Oktober 2019 verübte der Rechtsterrorist Stephan Balliet einen Anschlag auf die Synagoge in Halle mit dem selbsterklärten Ziel, möglichst viele Juden und Jüdinnen zu töten. Im Februar 2020 erschoss der Rassist Tobias Rathjen in Hanau 9 Menschen.Dies alles geschieht nicht im luftleeren Raum, Rassismus und Antisemitismus sind bis tief in die Mitte der Gesellschaft verwurzelt. Bei den maßgeblich von den Stuttgarter „Querdenkern“ organisierten Protesten gegen die Corona-Politik marschieren Tausende gemeinsam mit Reichsbürgern, Rassisten, Antisemiten und Faschisten. Antisemitismus findet sich auch in Verschwörungserzählungen wieder, die mehr und mehr Anklang finden. Verschwörungserzählungen basieren oft auf Antisemitismus, der immer offener zu Tage tritt, sichtbar z.B. an Schmierereien in Stuttgart „Merkel ist Jüdin“.

Militarisierung nach innen...
Trotz der Skandale erhalten Polizei und Geheimdienste immer mehr Befugnisse, um in der zunehmenden Krise des Kapitalismus kritische und antifaschistische Proteste und Bewegungen durch Bespitzelung und kriegswaffenähnliche Bewaffnung einzudämmen.Der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) wurde vom Finanzamt Berlin aufgrund der Bezeichnung als „linksextremistisch beeinflusste“ Organisation im bayrischen Verfassungsschutzbericht die Gemeinnützigkeit entzogen, womit die Existenz einer Organisation der KZ-Überlebenden massiv bedroht ist.

...und außen
Zur Durchsetzung deutscher Wirtschaftsinteressen wird auch die Aggression nach außen verstärkt. Auf der einen Seite verschärft sich der Ton gegenüber allen Staaten, die sich der NATO und der EU nicht fügen. Auf der anderen Seite wird die Bundeswehr für weltweite Einsätze aufgerüstet. Rüstungsausgaben steigen, um das militärische Drohpotenzial zu erhöhen.
Kommt zur Gedenkkundgebung am 9. November!Der Gedenktag an die Pogromnacht 1938 ist für uns Anlass und Auftrag zu verhindern, dass die Zivilgesellschaft in ihrer Mehrheit bei antisemitischen Vorkommnissen wiederholt verstummt oder zustimmt. Um den zunehmenden Antisemitismus und Rassismus, sowie Sozialabbau und Rechtsentwicklung zu stoppen, bedarf es der entschlossenen Zusammenarbeit und Gegenwehr aller.

Für uns gilt getreu dem Schwur von Buchenwald:
Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.Der Aufbau einer neuenWelt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.

Dieser Aufruf wird unterstützt von: Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart (AABS) / Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart / „Arbeit Zukunft“ Stuttgart / DIDF, Freundschafts- und Solidaritätsverein Stuttgart e.V. / DIDF –“ Jugend Stuttgart / DIE LINKE OV Bad Cannstatt, Münster, Mühlhausen / DGB Stadtverband Stuttgart / DGB-Jugend Region Nordwürttemberg / DIE LINKE Stuttgart / DKP (Deutsche Kommunistische Partei) Stuttgart / Fraktionsgemeinschaft SÖS LINKE-PluS im Bezirksbeirat Cannstatt / Freier Chor Stuttgart / Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba Regionalgruppe Stuttgart / Friedenstreff Cannstatt / Friedenstreff Stuttgart Nord / Groll, Renate und Manfred, Gerlingen / Grüne Jugend Stuttgart / Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V. / Jusos Stuttgart / Linksjugend [–™solid] Stuttgart / Mauthausen Komitee Stuttgart e.V. / Ostendobenbleiber Stuttgart / SÖS –“ Stuttgart Ökologisch Sozial / SDAJ (Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend) Stuttgart / Stadtjugendring Stuttgart / Stuttgart gegen Rechts / ver.di Bezirk Stuttgart / ver.di-Jugend Stuttgart / VVN-BdA, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –“ Bund der Antifaschisten / Verein Zukunftswerkstatt e.V., Zuffenhausen / VÖS (Vaihingen Ökologisch Sozial) / Waldheim Stuttgart e.V., Clara Zetkin Haus / Waldheim Gaisburg e.V. / Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften / Zusammen Kämpfen [Stuttgart]


Quelle, via VVN-BdA Kreisverband Esslingen

Gedenken an die Novemberpogrome

Foto: © MiKa / Umbruch Bildarchiv Berlin
„Es ist geschehen und folglich kann es wieder geschehen.“

(Primo Levi)

Diesem Gedanken verpflichtet folgten am 9. November 2019 über 700 Menschen dem Aufruf zur Gedenkveranstaltung am ehemaligen Güterbahnhof Levetzowstraße in Moabit. Auch 81 Jahre nach den Pogromen auf jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger und deren Geschäfte und Wohnungen scheint heute das Erinnern wichtiger denn je.

Der Zeitzeuge Peter Neuhof sprach auf der Veranstaltung über seine Geschichte. Er wurde 1925 geboren und überlebte als Sohn eines jüdischen Vaters durch, wie er selbst sagt, »unwahrscheinliche Glücksumstände« den Faschismus.

Mit einer Trauerminute wurde an Vera Friedländer und ihre Verdienste um den Antifaschismus erinnert. „Wir trauern zutiefst um unser Mitglied, unsere Freundin Vera Friedländer. Sie ist am 25. Oktober im Alter von 91 Jahren gestorben. Auch sie hat vor einigen Jahren auf unserer Kundgebung zum 9. November gesprochen und uns auf zahlreichen Veranstaltungen unterstützt und begleitet. Sie wird uns sehr, sehr fehlen.“

Nach weiteren Redebeiträgen von Ken Berlin der Hashomer Hatzair und Musik der Gruppe Zhetwa startete die alljährliche Gedenkdemonstration zum Deportationsmahnmal an der Putlitzbrücke.

Zu den Fotos beim Umbruch Bildarchiv

Gedenkveranstaltung in Cannstatt zur Pogromnacht 1938

Samstag, 9. November 2019 ab 18.00 Uhr am Platz der ehemaligen Cannstatter SynagogeKönig-Karl-Straße 45/47 –“ Nähe U-Bahn Haltestelle Cannstatt Wilhelmsplatz
Mit Reden von:

  • Martin Poguntke, Pfarrer i.R. und „Dipl.-Päd.“,

  • Sidar Carman, Gewerkschaftssekretärin bei ver.di Stuttgart,

  • VertreterIn des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS)


Moderation:
  • Joe Bauer (Autor und Betreiber des Flaneursalons)


Kulturprogramm:
  • Freier Chor Stuttgart mit antifaschistischen Liedern


Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung am 9. November um 19.30 Uhr im Verwaltungsgebäude des Bezirksrathauses –“ Marktplatz 10, 70372 Cannstatt:

Lesung und Konzert mit der Holocaust-Zeitzeugin

Esther Bejarano und der Rapband Microphone Mafia

Gedenkveranstaltung in Bad Cannstatt zur Pogromnacht 1938: am 9. November 2018 ab 18.00 Uhr

GEDENKVERANSTALTUNG

Freitag, 9. November 2018 ab 18.00 Uhr am Platz der ehemaligen Cannstatter Synagoge

König-Karl-Straße 45/47 –“ U-Bahn Haltestelle Cannstatt Wilhelmsplatz

Mit Reden von:

• Ulrich Kadelbach (evang. Pfarrer i.R.),
• Silvia Gingold (Tochter des jüdischen Widerstandskämpfers Peter Gingold),
• VertreterIn des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS)

Moderation: Joe Bauer (Autor und Betreiber des Flaneursalons)

Kulturprogramm: Freier Chor Stuttgart mit antifaschistischen Liedern

FILM- und VORTRAGSVERANSTALTUNG

Anschließend ab 19.00 Uhr im Verwaltungsgebäude des Bezirksrathauses –“ Marktplatz 10, 70372 Cannstatt

Peter Gingold –“ jüdischer und kommunistischer Widerstandskämpfer in der Résistance

1933 wurde Peter Gingold von den Nazis verhaftet und aufgefordert, Deutschland zu verlassen. Gingold ging nach Frankreich und arbeitete dort im antifaschistischen Widerstand. Dort lernte er seine spätere Frau Ettie Stein-Haller kennen. Während des Krieges verhaftete die Gestapo den Résistance-Kämpfer. Doch Gingold gelang die Flucht. Er kämpfte daraufhin weiter gegen die Faschisten –“ und überlebte. Im August 1945 kehrte er nach Frankfurt zurück. Bis zu seinem Tode trat er als Zeitzeuge bei zahlreichen Veranstaltungen auf.

Filmvorführung: Zeit für Zeugen –“ eine Hommage an Ettie und Peter Gingold

Lesung: Silvia Gingold liest aus dem Buch ihres Vaters „Paris - Boulevard St. Martin No. 11: Ein jüdischer Antifaschist und Kommunist in der Résistance und der Bundesrepublik“

Sylvia Gingold berichtet von ihrem antifaschistischen Engagement in Deutschland.

Aufruf zum 9. November 2018

Vor 80 Jahren, am Abend des 9. November 1938 brannten in ganz Deutschland tausende Synagogen, jüdische Wohnungen und Geschäfte, angezündet nicht vom wütenden Mob, sondern vorbereitet und organisiert von NSDAP, SA und Behörden des faschistischen Staates, dem die Macht 1933 übertragen wurde.

Am nächsten Tag wurden in ganz Deutschland jüdische Geschäfte geplündert, zehntausende jüdische Menschen verhaftet, hunderte ermordet. Der Terror gegen jüdische BürgerInnen fand damit einen ersten Höhepunkt. Sie wurden ihres Besitzes beraubt, zur Auswanderung gezwungen, in den Selbstmord getrieben, in Konzentrationslager verschleppt und letztendlich in den Gaskammern ermordet.

Die Synagoge in Cannstatt wurde vom Leiter der Brandwache, zwei Feuerwehrleuten und einigen Nazis angezündet. Fast alle männlichen Stuttgarter Juden zwischen 18 und 65 Jahren wurden verhaftet und kamen ins Gestapo-Gefängnis Welzheim, aber auch ins KZ Dachau.

Nach der Pogromnacht wurden weitere Gewaltmaßnahmen gegen JüdInnen umgesetzt. Mit der "Judenvermögensabgabe" ließ sich das Deutsche Reich von den jüdischen Opfern das Verbrechen der „Reichskristallnacht“ bezahlen. Hermann Göring erließ die Verordnungen „zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ sowie „über den Einsatz des jüdischen Vermögens“. Die Großbanken finanzierten die zu erwartende Milliarde Reichsmark vor, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit des Deutschen Reiches durch Rüstungskredite abzuwenden.

Die Reichspogromnacht war der letzte Startschuss für die Brutalisierung und Enthemmung breiter Bevölkerungsschichten zur Vorbereitung des faschistischen Raubkrieges.

6 Millionen JüdInnen fielen letztlich der Shoa zum Opfer, schätzungsweise mehr als 250.000 Sinti und Roma in Europa wurden im Zuge des Rassenwahns gedemütigt, ab 1940 in den Konzentrationslagern interniert und umgebracht. Unzählige KommunistInnen, SozialdemokratInnen, GewerkschafterInnen sowie andere AntifaschistInnen wurden bereits ab 1933 verfolgt und verhaftet, um frühzeitig jeglichen Widerstand zu brechen.

Damals wie heute fallen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus dort auf fruchtbaren Boden, wo Existenzängste zunehmen. Auch in bisher als liberal geltenden westlichen Staaten ereignet sich jetzt Unerwartetes - Donald Trump wird Präsident der USA, die Parteienlandschaft in Frankreich und Italien wird umgewälzt, die EU gerät aus den Fugen, bis hin zum Brexit. In Deutschland sitzt mit der AfD inzwischen eine Rechtsaußenpartei mit teilweise über 20% in Landtagen und im Bundestag. Konservative übernehmen ihre faschistoiden Forderungen und machen die AfD damit bedenkenlos aus parteipolitischen Gründen gesellschaftsfähig. Eine Krise der kapitalistischen Gesellschaft ist unübersehbar.

Die Gründe für diese Entwicklungen werden selten kritisch beleuchtet: Zugunsten von Exportprofiten in Deutschland werden nicht nur Existenzen in Afrika bedroht, Arbeitslosigkeit in die benachbarten EU-Länder und die USA exportiert, sondern auch Löhne, Nachfrage und soziale Absicherung im Inland gestutzt. Armut nimmt in Deutschland zu. Wohnen wird für Viele zunehmend unbezahlbar. Stress und Angst am Arbeitsplatz werden immer mehr Alltag. Noch nicht direkt Betroffene haben zunehmend soziale Abstiegsängste. Dieses Wirtschaftsmodell kann von uns Betroffenen nur als Bedrohung wahrgenommen werden.

Um uns von den erforderlichen Auseinandersetzungen abzulenken, bauen die Herrschenden äußere und innere Feindbilder auf. Große Teile der bürgerlichen Presse springen auf den fahrenden Zug auf und heizen seine Lokomotive weiter an: Geflüchtete werden zu Verursachern aller Probleme erklärt und Moslems generell als Islamisten verdächtigt. Freiheit wird zunehmend durch vorgebliche „Sicherheit“ verdrängt. Die CSU will mit ANKER-Zentren Internierungslager schaffen. In Folge dieser Stimmungsmache werden immer wieder Geflüchtetenunterkünfte angezündet. Selbst vor Handelskrieg und Drohung mit militärischen Angriffen wird nicht zurückgeschreckt. Die Parallelen zu Entwicklungen vor 1933 sind leider beängstigend, auch wenn die Unterschiede bedacht sein wollen.

Wir dürfen nicht zulassen, dass die Menschen gegeneinander ausgespielt und einzelne Gruppen als Sündenböcke markiert werden. Dem entgegen stellen wir unseren gemeinsamen Kampf für eine solidarische Welt.

Dieser Aufruf wird unterstützt von:

Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart & Region (AABS); Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart; „Arbeit Zukunft“ Stuttgart; DIDF, Freundschafts- und Solidaritätsverein Stuttgart e.V.; DIE LINKE OV Bad Cannstatt, Münster, Mühlhausen; DIE LINKE Stuttgart; DKP (Deutsche Kommunistische Partei) Stuttgart; Fraktionsgemeinschaft SÖS LINKE-PluS im Bezirksbeirat Cannstatt; Freier Chor Stuttgart; Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba Regionalgruppe Stuttgart; Friedenstreff Stuttgart Nord; Friedenstreff Cannstatt; Groll, Renate und Manfred, Gerlingen; Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.; Linksjugend [`solid] Stuttgart; Naturfreunde Radgruppe Stuttgart e. V.; Revolutionäre Aktion Stuttgart; SÖS - Stuttgart Ökologisch Sozial; SDAJ (Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend) Stuttgart; ver.di Bezirk Stuttgart; VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –“ Bund der Antifaschisten) Stuttgart; Verein Zukunftswerkstatt e.V. Zuffenhausen; VÖS (Vaihingen Ökologisch Sozial); Waldheim Stuttgart e.V. / Clara Zetkin Haus; Waldheim Gaisburg e.V.; Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften

Gedenkveranstaltung in Bad Cannstatt zur Pogromnacht 1938: 9. November 2017 ab 18.00 Uhr

Am Platz der ehemaligen Cannstatter Synagoge

König-Karl-Straße 45/47 –“ U-Bahn Haltestelle Bad Cannstatt Wilhelmsplatz

Mit Reden von: Bernhard Löffler (Geschäftsführer DGB-Region Nordwürttemberg),, Harald Stingele (Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.), VertreterIn des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS)

Kulturprogramm: Freier Chor Stuttgart mit antifaschistischen Liedern

(...)

Aufruf

Am Abend des 9. November 1938 brannten in ganz Deutschland tausende Synagogen und jüdische Geschäfte.

Tausende Wohnungen wurden zerstört, nicht vom wütenden Mob, sondern vorbereitet und organisiert von NSDAP, SA und Behörden des faschistischen Staates.

Am nächsten Tag wurden Tausende jüdische Geschäfte geplündert, zehntausende jüdische Menschen gejagt, in Konzentrationslager verschleppt und über 100 wurden ermordet.

Der Terror gegen jüdische BürgerInnen fand damit eine weitere Steigerung.

Sie wurden ihres Besitzes beraubt, zur Auswanderung gezwungen, in den Selbstmord getrieben, in KZs verschleppt und letztendlich in den Gaskammern ermordet.

Fast alle männlichen Stuttgarter Juden zwischen 18 und 65 Jahren wurden verhaftet und kamen ins Gestapo-Gefängnis Welzheim, aber auch ins KZ Dachau. Die Synagoge in Cannstatt wurde vom Leiter der Brandwache, zwei Feuerwehrleuten und einigen Nazis angezündet.

Der 9. November –“ äußerste Zuspitzung vor der Shoah

Nach der Pogromnacht gab es weitere Gewalt gegen Juden und Jüdinnen. Mit der „Judenvermögensabgabe“ ließ sich das Deutsche Reich von den jüdischen Opfern das Verbrechen der „Reichkristallnacht“ bezahlen. Hermann Göring erließ die Verordnungen „zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ sowie „über den Einsatz des jüdischen Vermögens“.

Die Großbanken finanzierten die zu erwartende Milliarde Reichsmark vor, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit des Deutschen Reiches abzuwenden. Die Pogromnacht war die letzte und äußerste Zuspitzung vor der Shoah. Zugleich wurden damit alle moralischen Barrieren in der Vorbereitung des faschistischen Raubkrieges beseitigt.

Unzählige KommunistInnen, SozialdemokratInnen, GewerkschafterInnen und andere AntifaschistInnen wurden bereits ab 1933 verfolgt und verhaftet, um frühzeitig jeglichen Widerstand zu brechen.

6 Millionen Juden und Jüdinnen fielen letztlich der Shoa zum Opfer, mehr als 250.000 Sinti und Roma wurden im Zuge des Rassenwahns gedemütigt und ab 1940 in den KZs interniert und umgebracht.

Darüber hinaus fielen unzählige weitere Menschen wie Behinderte, Homosexuelle und andere dem faschistischen Terror zum Opfer.

Damals wie heute ...

... fallen Antisemitismus und Rassismus dort auf fruchtbaren Boden, wo die soziale Not groß ist und Existenzängste bestehen.

Die Armut nimmt heute auch in Deutschland zu. Wohnen wird für viele zunehmend unbezahlbar. Prekäre Arbeitsverhältnisse wie Leiharbeit, Befristungen und Werkverträge werden immer mehr zum Alltag. Noch nicht direkt Betroffene haben zunehmend soziale Abstiegsängste.

Und wieder werden Sündenböcke präsentiert, zurzeit vor allem Geflüchtete.

Faschisten hetzen gegen den Islam und schüren Angst vor „Flüchtlingsströmen“. Diese Spaltung wirkt und immer wieder brennen Geflüchtetenunterkünfte. Gesellschaftlich Schwache und Minderheiten werden diskriminiert und angegriffen.

Zurzeit befinden sich weltweit 60 Millionen Menschen auf der Flucht vor Terror, rassistischer Verfolgung, Krieg oder wirtschaftlicher Not –“ Fluchtursachen, die auch durch deutsche Wirtschaftsinteressen verursacht wurden.

Die betroffenen Menschen fliehen, um zu überleben, um für sich und ihre Familien eine Perspektive zu bekommen.

Nicht sie, sondern die Fluchtursachen müssen beseitigt werden.

Mit der AfD sitzt eine rechtspopulistische Partei mit 15% auch im baden-württembergischen Landtag.

Auch im Bundestag ist ihr politischer Einfluss größer als auf den ersten Blick erkennbar. Ihre Forderungen –“ gerade in der Flüchtlingsfrage –“ werden von den Regierungsparteien nicht selten opportunistisch vorgreifend umgesetzt, was wiederum das gesellschaftliche Klima prägt.

Natürlich ist die gesellschaftliche Situation in Deutschland 2017 eine andere als 1933. Doch es gibt Parallelen: den Rassismus in der Mitte der Gesellschaft, die umfassende Krise des kapitalistischen Weltwirtschaftssystems, die Präsentation von außen- sowie innenpolitischen Feindbildern und Sündenböcken und die Bereitschaft, die Wirtschaftsinteressen militärisch durchzusetzen. Es ist festzustellen, dass die staatlichen Strukturen autoritärer werden.

Wir dürfen nicht zulassen, dass wieder Bevölkerungsgruppen als Sündenböcke herhalten müssen und Menschen gegeneinander ausgespielt werden.

Dagegen gilt es einen breiten Widerstand zu organisieren und gemeinsam für eine Welt des Friedens und der Freiheit zu kämpfen.

(...)

Dieser Aufruf wird unterstützt von:

Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart (AABS); Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart; „Arbeit Zukunft“ Stuttgart; DIDF, Freundschafts- und Solidaritätsverein Stuttgart e.V.; DIE LINKE OV Bad Cannstatt; DIE LINKE Stuttgart; DKP (Deutsche Kommunistische Partei) Stuttgart; Fraktionsgemeinschaft SÖS LINKE-PluS; Freier Chor Stuttgart; Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba Regionalgruppe Stuttgart; Friedenstreff Stuttgart Nord; Friedenstreff Cannstatt; Groll, Renate und Manfred, Gerlingen; Grüne Jugend Stuttgart; Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.; Linksjugend [`solid] Stuttgart; Revolutionäre Aktion Stuttgart; SÖS –“ Stuttgart Ökologisch Sozial; ver.di Bezirk Stuttgart; VVN-BdA, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –“ Bund der Antifaschisten; Verein Zukunftswerkstatt e.V., Zuffenhausen; VÖS (Vaihingen Ökologisch Sozial); Waldheim Stuttgart e.V. / Clara Zetkin Haus; Waldheim Gaisburg e.V.; Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften

Gedenken 9. November 2016

Wir laden alle dazu ein, am Mittwoch, den 09. November 2016 um 18.00 Uhr am Platz der ehemaligen Synagoge in Cannstatt gemeinsam mit uns der Progromnacht zu gedenken.

Gedenken an die Opfer der Pogromnacht

Am 9. November 1938 brannten in ganz Deutschland Synagogen, organisiert, vorbereitet und angestiftet von Partei, Regierung und Behörden des faschistischen Staates. Am nächsten Tag wurden jüdische Geschäfte geplündert, zehntausende jüdische Menschen gejagt, in KZs verschleppt, über 100 ermordet –“ Millionen sollten folgen...

Ernst Reichenberger –“ jüdisches Opfer aus Cannstatt

Die Synagoge in Cannstatt wurde in dieser Nacht von der Feuerwehr angezündet. Zwei Tage später am 12. November wurde Dr. Ernst Reichenberger, der in der König-Karl- Straße 24 eine Zahnarztpraxis hatte, ins KZ Dachau verschleppt. Nach seiner Rückkehr im Dezember erhielt er den Bescheid über die am 12. November 1938 erlassene „Judenvermögensabgabe“. Damit ließ sich das Deutsche Reich von den jüdischen Opfern das als „Reichskristallnacht“ beschönigte Verbrechen bezahlen. Im Januar 1939 verlor er seine Approbation, was seinen wirtschaftlichen Ruin bedeutete. 1943 wurde Ernst Reichenberger nach Auschwitz deportiert, wo er umgebracht wurde. Die Deutsche Bank überwies sein Restvermögen in Höhe von 11.247,73 Reichsmark an die Oberfinanzkasse, der Oberfinanzpräsident von Württemberg stellte mit deutscher Gründlichkeit die Flurgarderobe Reichenbergers mit einem Wert von 18.- Reichsmark sicher.

Die Pogromnacht war erst der Anfang

Nach der Pogromnacht wurden etliche Erlasse und weitere Gewaltmaßnahmen gegen JüdInnen umgesetzt, so erließ Hermann Göring neben der „Judenvermögensabgabe“ auch die Verordnung „zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ sowie „- über den Einsatz des jüdischen Vermögens“. Das Geld wurde dringend benötigt, um das Aufrüstungsprogramm der Wehrmacht zu finanzieren. Nach den Erlassen finanzierten die Großbanken die zu erwartende Milliarde Reichsmark vor, um die drohende Zahlungsunfähigkeit des Deutschen Reiches abzuwenden. Die Erlasse stießen in großen Teilen der Bevölkerung auf Zustimmung. Mit Terror und dem Anheizen von Antisemitismus gelang es, die jüdische Bevölkerung immer stärker von der restlichen Bevölkerung zu isolieren und sie als Sündenböcke für wirtschaftliche Probleme hinzustellen.

Für die Vernichtung des Nazismus mit all seinen Wurzeln

Im „Schwur von Buchenwald“ wird formuliert, dass der Nazismus mit allen seinen Wurzeln vernichtet werden muss. So leitete selbst die CDU 1947 ihr „Ahlener Programm“ mit folgenden Worten ein: „Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen.“ Es sind also nicht nur die NSDAP und Adolf Hitler verantwortlich für die unglaublichen Verbrechen, sondern vor allem Banken und Großindustrie. Das kapitalistische Streben nach Profitmaximierung führte 1933 zur brutalen Zerschlagung der Arbeiterbewegung und zur Vernichtung von allen, die nicht in ihr Weltbild passten. Es folgten der Überfall auf Polen am 1. September 1939 und am 22. Juni 1941 auf die Sowjetunion. Am Ende des gigantischen Raub- und Eroberungsfeldzuges standen Auschwitz und 60 Millionen Tote.

Nie wieder Faschismus –“ nie wieder Krieg! –“ Oder doch?

Wenn wir den Schwur von Buchenwald ernst nehmen, so müssen wir erkennen, dass unsere Gesellschaft sich immer weiter vom Ziel des Aufbaus „einer neuen Welt der Freiheit und des Friedens“ entfernt. Mit der AfD sitzt eine rechtspopulistische Partei in vielen Parlamenten, auch im baden- württembergischen Landtag mit 15,1%. Sie ist für Nazis offen und in der Lage, in größerem Umfang Menschenmengen zu mobilisieren. Vor allem ihre Forderungen in der Flüchtlingsfrage werden von den Regierungsparteien oftmals umgesetzt, somit ist ihr Einfluss auf die gesellschaftlichen Verhältnisse größer als auf den ersten Blick erkennbar. In dem so erzeugten gesellschaftlichen Klima sind rassistische Angriffe auf Flüchtlinge an der Tagesordnung. Vielen ist unklar: Die Armut in Deutschland nimmt zu. So gelten in Stuttgart 14% aller Kinder als arm. Prekäre Arbeitsverhältnisse sind für immer mehr Menschen Realität, Wohnen ist für viele unbezahlbar. Dazu kommen soziale Abstiegsängste der noch nicht direkt Betroffenen. Und wieder werden Sündenböcke präsentiert. Flüchtlinge werden benutzt, um von den wahren Ursachen abzulenken –“ keiner soll auf die Idee kommen, die schreiende Ungerechtigkeit auf der Welt und schon gar nicht die Profitlogik des Kapitalismus in Frage zu stellen. Immer offener werden die Forderungen aus der Politik nach der Durchsetzung weltweiter deutscher Wirtschaftsinteressen –“ auch mit militärischer Gewalt. Die Bundeswehr soll logistisch, personell und ausrüstungstechnisch dazu befähigt werden. Kriegsministerin Ursula von der Leyen fordert ein Aufrüstungsprogramm in Höhe von 130 Mrd. Euro. Russland dient wie einst die Sowjetunion als Feindbild. Schon jetzt befindet sich die Bundeswehr in zahlreichen militärischen Einsätzen. In der beschlossenen „Konzeption Zivile Verteidigung“ wird im „Krisenfall“ die Unterordnung ziviler unter militärische Belange gefordert, die Bevölkerung soll an den Gedanken gewöhnt werden.

Wehret den Anfängen!

Natürlich ist die gesellschaftliche Situation 2016 in Deutschland eine andere als 1933. Doch es gibt Parallelen: Der Rassismus in der Mitte der Gesellschaft, die umfassende Krise des kapitalistischen Weltwirtschaftssystems, die Präsentation von außen- sowie innenpolitischen Feindbildern und Sündenböcken und die Bereitschaft die Wirtschaftsinteressen militärisch durchzusetzen. Es ist festzustellen, dass die politischen Strukturen autoritärer werden. Wir müssen gemeinsam entschlossen dafür eintreten, dass die vorherrschenden Krisen mit sozialen Antworten bekämpft werden, dann ist es möglich eine neue Welt der Freiheit und des Friedens aufzubauen.

Deshalb werden wir jeglichem Antisemitismus entgegentreten und Rassisten und Faschisten konsequent bekämpfen. Und wir wehren uns gegen Prekarisierung und Sozialabbau, um rechten Ideologien den Nährboden zu entziehen. Wir solidarisieren uns mit Geflüchteten und Unterdrückten. Wir wollen offene Grenzen und ein bedingungsloses Bleiberecht –“ es müssen Fluchtursachen bekämpft werden, nicht Menschen.

Wir setzen uns ein gegen Abschottung, Aufrüstung und Krieg.

Wir stehen für ein solidarisches Miteinander!

UnterstützerInnen:

Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart & Region (AABS)
Arbeit Zukunft Stuttgart
Cannstatter gegen Stuttgart 21
DIE LINKE OV Bad Cannstatt
DIE LINKE Stuttgart
DKP (Deutsche Kommunistische Partei) Stuttgart
Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba Regionalgruppe Stuttgart
Friedenstreff Stuttgart Nord
GRÜNE JUGEND Stuttgart
Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.
Linksjugend [`solid] Stuttgart
Revolutionäre Aktion Stuttgart
SÖS (Stuttgart Ökologisch Sozial)
ver.di Bezirk Stuttgart
Verein Zukunftswerkstatt e.V. Zuffenhausen
VÖS (Vaihingen Ökologisch Sozial)
VVN-BdA: Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –“ Bund der Antifaschisten
Waldheim Gaisburg; Waldheim Stuttgart e.V. / Clara Zetkin Haus
Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften

Via VVN-BdA Esslingen

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