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Plakatief!: "Die fabelhafte Welt des Widerstands" auf einer Kreuzberger Brandwand

Foto: Umbruch Bildarchiv
Wer in der U-Bahn-Linie 1 den Görlitzer Bahnhof in Richtung Kottbusser Tor passiert, kennt die legendäre Brandmauer an der Oranien-/Ecke Manteuffelstraße. Seit über 25 Jahren hängen dort weithin sichtbar Wandbilder zu aktuellen Highlights linker Bewegungsgeschichte. Motive für die Wand stellt das Plakatief-Kollektiv in Zusammenarbeit mit verschiedenen politischen Initiativen zusammen. Hier ihre Selbstdarstellung und eine Zusammenstellung der bisherigen Wandbilder.

Anfang der Neunzigerjahre hängte die Kreuzberger Brückenini ein riesiges Transparent an die Brandmauer an der Manteuffelstraße gegen die Öffnung der Oberbaumbrücke für den Individualverkehr. Weitere Wandbilder folgten, so auch 1997 das berühmte Landowsky-Plakat, welches die Stadt Berlin mehrmals überpinseln ließ und das eine Reihe von gerichtlichen Auseinandersetzungen zur Folge hatte.

Seit 2001 führen wir, das Plakatief, diese Arbeit weiter. Aus verschiedenen politischen Hintergründen kommend, malen und kleben wir Wandbilder zu aktuellen Themen. Es ist uns wichtig, nicht nur unsere eigenen Ideen zu verwirklichen, sondern mit anderen Gruppen zusammenzuarbeiten. Dabei setzen wir ihre Ideen malerisch um, entwickeln die Entwürfe gemeinsam oder hängen die von den Gruppen selbst gestalteten Wandbilder auf. Die Plakate hängen in der Regel zwischen sechs und acht Wochen und haben eine Größe von drei mal sechs Metern. Neue Plakatideen und Mitstreiter_innen sind immer willkommen. Kontakt: plakatief@gmx.net

Einige unserer Plakat-Favourites findet ihr in einer Ausstellung am Heinrichplatz in Kreuzberg, und zwar im Second-Hand-Buchladen "Müßiggang" und im oberen Teil des Ladenprojekts Assoziation 14a.

Zur Fotoübersicht beim Umbruch Bildarchiv

Zum 42. Todestag von Ulrike Meinhof: Bambule (1970)



Ulrike Meinhof 1964

Quelle: Privates Foto, aus der Sammlung Bettina Röhls, der Tochter Ulrike Meinhofs


In der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1976 starb Ulrike Marie Meinhof im Knast Stuttgart-Stammheim. Ihr Tod und auch der der anderen RAF Gefangenen in der Haft wurde bis heute nicht vollständig aufgeklärt, Menschen, die an der staatlichen Selbtmordthese zweifeln, werden kriminalisiert. Ulrike Meinhof engagierte sich seit 1957 politisch, war Mitglied der illegalisierten KPD und wurde durch ihre Artikel und Kolumnen vor allem in „Konkret“ eine bedeutende linke Persönlichkeit in der BRD.

"Sie war die erste Person in der Bundesrepublik, nachdem wir aus Polen 1958 nach Westdeutschland gekommen waren, die nach meiner Zeit im Warschauer Ghetto fragte. Am Ende des Interviews, das viel länger dauerte als ursprünglich geplant, hatte Ulrike Meinhof Tränen in den Augen." Marcel Reich-Ranicki

1970 gründete sie mit anderen die bewaffnet im Untergrund kämpfende Gruppe Rote Armee Fraktion (RAF). Zu ihrer Person hatte ich anlässlich ihres 40. Todestages im vorletzten Jahr einiges zusammengestellt, das ich an dieser Stelle nicht wiederholen will. Relativ unbekannt ist ihre Arbeit als Drehbuchautorin an dem auch heute kaum gezeigten Film Bambule:

"24 Stunden in einem geschlossenen Mädchenheim: Irene und Monika unternehmen einen Ausbruchsversuch. Während Irene die Flucht gelingt, landet Monika zur Strafe in der Arrestzelle und erzählt dort einer Fürsorgerin ihre Lebensgeschichte. Die Situation im Heim spitzt sich zu und in der Nacht wird eine "Bambule", ein Aufstand, angezettelt."(arte)

"Der Film kritisiert die autoritären Methoden der Heimerziehung (Fürsorgeerziehung) in einem Mädchenheim. Im Verlauf der Handlung kommt es zu einer Revolte der Heiminsassinnen gegen die unterdrückenden Strukturen. Die Handlung des Films wird oft auch als Parabel auf die gesellschaftlichen Zustände der Zeit verstanden, denen eine neue, verschärfte Form des Klassenkampfes entgegengesetzt werden müsse." (wikipedia)

Die Ausstrahlung des Films war für den 24. Mai 1970 in der ARD geplant, wurde wegen der Beteiligung Ulrike Meinhofs an der Befreiung von Andreas Baader am 14. Mai aber abgesetzt. Das Drehbuch erschien als "Bambule: Fürsorge - Sorge für wen?" bereits 1971 in Buchform. Erst ab 1994 wurde der Film in den dritten Programmen der ARD gezeigt. Film und Drehbuch sind die authentische Wiedergabe der Zustände, die sie in ihren Reportagen über Heimerziehung beschrieben hat und heute wichtige Dokumente für die Beurteilung der Erziehungspraxis in Einrichtungen der Jugendhilfe der 1940er bis 1970er Jahre sind.

Das Buch "Bambule: Fürsorge - Sorge für wen?" ist längst zum Klassiker geworden. Nicht nur wer wissen will, welche Erziehungsvorstellungen noch Ende der sechziger Jahre herrschten, sollte Bambule lesen. Denn das Thema ist aktuell wie je: Wie geht die Gesellschaft mit Randgruppen um, wie erzieht der Staat diejenigen, deren Fürsorge ihm übertragen wurde? Ulrike Meinhof hatte sich als Journalistin in langen Recherchen ein Bild über die Lage der Mädchen in Erziehungsheimen gemacht. In der Geschichte von Irene beschreibt sie den Alltag zwischen Hof, Schlafraum, Wäscheraum und "Bunker", die Repressalien der Erzieher und die Befreiungsversuche der Mädchen, die "Bambule" machen, weil sie leben wollen und nicht bloß sich fügen.

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