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Jobcenter wegen Corona-Pandemie nicht immer erreichbar: Existenzielle Notlagen häufen sich

Das bundesweite Bündnis AufRecht bestehen weist darauf hin, dass nicht alle Jobcenter in Deutschland den erleichterten Zugang zu existenzsichernden Leistungen und eine vereinfachte Erreichbarkeit der Sachbearbeiter*innen gewährleisten. Da wegen der Corona- Pandemie die persönliche Vorsprache bei den Behörden bis auf wenige Ausnahmen nicht gestattet ist, kommt es oft zu Problemen und Verzögerung bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld II/Sozialgeld. Das führt bei Antragstellenden nicht selten zu existenziellen Notlagen.

Aufgrund der Pandemie hat die Bundesregierung bereits Ende März den Zugang zu Sozialleistungen erleichtert. Dies betrifft sowohl Jobcenter als auch Sozialämter. So sollen bei Neuanträgen die Mietkosten für sechs Monate immer in voller Höhe anerkannt werden. Vorübergehend soll auch nur noch „erhebliches“ Vermögen berücksichtigt werden. Die Bundesagentur (BA) hat diese Normen in Ihren »Fachlichen Hinweisen« umgesetzt, die als Vorgabe für die Verwaltungspraxis der Jobcenter dienen. Die BA hat darüber hinaus die Jobcenter angewiesen, die Kommunikation mit den Leistungsberechtigten durch die Nutzung von E-Mail und Telefon niedrigschwellig sicherzustellen.

„Was die Erreichbarkeit der Jobcenter angeht, so haben wir recht unterschiedliche Erfahrungen gesammelt,“ erklärt Frank Jäger vom Bündnis AufRecht bestehen. „So funktioniert die Kommunikation per Telefon und E-Mail in einigen Standorten tadellos. Anderorts ist es für Leistungsberechtigte kaum möglich, zuständige Sachbearbeiter*innen telefonisch zu erreichen oder Leistungsangelegenheiten per E-Mail zu klären.“ Oft würde der Eingang elektronisch eingereichter Dokumente nicht einmal bestätigt, was zu großer Verunsicherung führe. „Schlechte Noten müssen wir auch der Service-Hotline der Jobcenter ausstellen,“ ergänzt Rainer Timmermann. „Die telefonischen Auskünfte sind meist ungenügend und auf den zugesagten Rückruf der zuständigen Jobcenter-Mitarbeiter*innen warten Betroffene oft vergeblich.“

Sorgen machen dem Bündnis AufRecht bestehen auch Bestandsfälle, bei denen schwierige Sachverhalte geklärt werden müssten, um den laufenden Bezug von Leistungen sicher zu stellen. „Wenn die Leistungsabteilung für den »Kundenverkehr« geschlossen ist, vergehen oft Wochen und Monate, bis alle Probleme per Telefon, E-Mail oder Briefpost aus dem Weg geräumt sind und dringend benötigte Leistungen zum Lebensunterhalt wieder ausgezahlt werden,“ so Frank Jäger. Regionale Unterschiede gibt es nach Erkenntnissen des Bündnisses auch bei der vereinfachten Vermögensprüfung, die bei Neuanträgen nicht immer praktiziert werde. „Mancherorts müssen Antragstellende wie bisher all ihre Vermögenswerte einschließlich Sachvermögen kleinteilig auflisten und nachweisen,“ kritisiert Rainer Timmermann. „Dadurch werden Antragsverfahren unnötig in die Länge gezogen.“ Das Versprechen der Regierung, dass »Corona-Geschädigte« schnell und unbürokratisch Hilfe erhalten, werde dann nicht eingelöst.


Das Bündnis –šAufRecht bestehen–˜ wird getragen von der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg (ALSO), „ARBEITSLOS –“ NICHT WEHRLOS“ Wolfsburg (ANW), Gruppe Gnadenlos Gerecht Hannover, Gewerkschaftliche Arbeitslosengruppe im DGB-KV Bonn/Rhein-Sieg, Bundesarbeitsgemeinschaft Prekäre Lebenslagen (BAG- PLESA), Frankfurter Arbeitslosenzentrum e.V. (FALZ), Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS), Tacheles e.V. Wuppertal, ver.di Bundeserwerbslosenausschuss, Widerspruch e.V. Bielefeld sowie vielen örtlichen Bündnissen und Initiativen

Quelle: Tacheles Pressemitteilung 26. Mai 2020

Stuttgart: Leerstehendes Hotel dokumentiert und kurzzeitig besetzt!

Zwei Jahre nach der Hausbesetzung der Wilhelm-Raabe Straße 4, wollen wir zurück und vorausblicken. Hat sich die Lage verändert, wie geht es weiter mit den Themen Leerstand, Wohnungskrise, Mietexplosion? Stuttgart ist die Großstadt mit den teuersten Mieten. Währenddessen werden Sozialwohnungen abgebaut, Menschen aus ihren Wohnungen zwangsgeräumt und InvestorInnen spekulieren mit Leerstand.

Mindestens 3000 Wohnungen stehen allein in Stuttgart leer. Ein Beispiel hierfür war und ist die Wilhelm Raabe Straße 4. Vor fast genau zwei Jahren wurden zwei Wohnungen in dem Gebäude der britischen Eigentümerfamilie Passy besetzt und zwei Familien in Wohnungsnot und zahlreiche andere AktivistInnen, belebten den Leerstand. Keine vier Wochen später veranlassten die Passys die Zwangsräumung und die Familien und solidarische Menschen wurden mit Anzeigen überzogen. Doch der Widerstand hört da nicht auf: Im Frühjahr 2019 wurde gleich ein ganzes Haus in der Forststraße 140 besetzt. Das Gebäude ist eines von vielen im Besitz der Schwäbische Bauwerke GmbH. Auch hier wurde zwangsgeräumt, diesmal bereits nach drei Wochen und auf Anweisung der Stadt.

Corona und Mieten
Auch wenn es gerade scheint, als würde die Welt still stehen; all die sozialen und wirtschaftlichen Missstände, haben sich eben nicht in Luft aufgelöst – im Gegenteil: Vielen Lohnabhängigen fiel es schon vor Corona schwer, für ihre Miete aufzukommen. Jetzt, wo etliche entlassen oder in Kurzarbeit gesteckt wurden, ist es fast unmöglich die Miete zu zahlen. Während von Solidarität in Form von #stayathome und social distancing schwadroniert wird, werden Wohnungslose, Frauen in Frauenhäusern und Geflüchtete in Heimen sich selbst überlassen oder finden solche Plätze nicht mal mehr.

Es war und ist immer noch Zeit zu handeln
Dass handeln möglich ist, möchten wir in diesem Video zeigen. Wir verschaffen uns Zugang zum Höhenhotel des Ehepaars Seybold. Seit rund vier Jahren steht das Gebäude mit seinen 15 Zimmern leer. Warum nicht etwas sinnvolles daraus machen liebe Seybolds? Wie ein Frauenhaus zum Beispiel? Weil sich das nicht von selbst ändern wird, könnte die nächste Besetzung schon bald kommen. Aber nach wie vor gilt: Besetzen ist die halbe Miete, Kapitalismus abschaffen die ganze!



Quelle

cronjob