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"Dumm sein und Arbeit machen / Das ist das Glück" (Gottfried Benn, minimal variiert)

Das EU-Parlament tat am Aschermittwoch so, als denke es nach  über Libyen. ARD wusste um 14 Uhr und 15 Uhr zu berichten, es sei mehr oder weniger einstimmig das Flugverbot gefordert worden. Ab 16 Uhr waren es dann doch nur die "maßgeblichen" Fraktionen, die dafür waren. Gezeigt beim Bekenntnis wurde Schulz (SPD) und Cohn-Bendit (Grüne). Schulz gewann nach Minuten der Beschimpfung noch so viel Kontrolle zurück, erst mal den Sicherheitsrat ranzulassen. Cohn-Bendit, seit Jahren Vertreter des europäischen Imperialismus in Rot-Kreuz-Schwesterntracht, lief rot an und forderte sofortige Anerkennung einer Rebellengruppe als  Regierung. Da sich ganz offenbar Stämme da zusammengeschlossen haben, die mehr vom nationalen Öl abhaben wollen, ist schwer einzusehen, was an deren Interessen heiliger sein soll als an denen Gaddafis. Sie können allenfalls als Neulinge leichter eingewickelt werden als die gelernten Trader der anderen Seite.

Sonst Bekenntnisse, Geräusche, Wallungen. Offenbar ohne mehr Kenntnis über die inneren Verhältnisse Libyens als man der nächstbesten Zeitung entnehmen kann. "Dumm sein und Arbeit haben- das ist das Glück" meinte Gottfried Benn vor neunzig Jahren.  An dieser Stelle die vorgeschlagene Korrektur: Arbeit machen. Zu tun haben sie wenig. Aber Aufsehen muss sein. Dass Flugüberwachung nur ein Keuschwort ist für eine besonders brutale Art von Angriffskrieg, wurde in einer Mischung aus Wurstigkeit und Blutrausch gern zugegeben. Die vorgeschlagene Methode - zuletzt freudig benutzt in Kundus - hat nirgendwo Frieden geschaffen.

Konnte es nicht. Das ging im Johlen der versammelten europäischen Vaterlandsfreunde schnell unter. Schließlich passiert es ganz weit weg von Strasbourg.

Auffällig im Zusammenwirken des neuzeitlichen kollektiven Wehrmachtsberichts war das Posaunen von Spiegel-online. Nach dem Übertritt der Yvonne Kaufmann zur SPD säßen unter Aufsicht der Nahles schon manche bereit, mit fett ringelnden Würmern am Köder, um weitere ausgebleichte LINKE abzuziehen. Dabei ist Yvonne schon bei den LINKEN abgesprungen, als sie bei der Listenaufstellung zum Parasitenglück nicht mehr zugelassen wurde. Warum gerade jetzt diese Meldung?

Der Abend enthüllte das Warum. Niemand anders als Bisky (immer noch nominell LINKEr) rief auf zum Sprung ins große Jauchefass. Er bestand darauf, mit ähnlich besudelten Kreaturen seiner Fraktion aus anderen Ländern, dem Antrag der Überflieger zuzustimmen. Also dem Wunsch nach überfallartigen Angriffen auf sämtliche Flughäfen und Rollbahnen. Wie gesagt: der brutalsten Erscheinungsform eines Angriffskriegs. Am Donnerstag wird die endgültige Abstimmung erfolgen. Noch haben einzelne Fraktionsmitglieder der vereinigten Europa-Linken Bisky auf die schmutzigen Pfoten gehauen, als er den Unterwerfungsbrief schon abgeben wollte. So schmerzlich auch jeder Verlust sein mag in den mageren Reihen der LINKEN: er sollte keinen Tag länger geduldet werden im Verband.

Viele von uns haben die LINKEN in Westdeutschland immer wieder gewählt. Nicht wegen großer Verdienste im Klassenkampf. Aber weil sie ein Alleinstellungsmonopol bisher standhaft und erbittert verteidigten: die absolute Kriegsfeindschaft. Ablehnung aller kriegerischen Maßnahmen, unter welchem Hütchen die sich auch maskierten. Wenn das jetzt auch noch wegfallen soll: Was bleibt dann noch? Was bleibt dann noch zu wählen in Baden-Württemberg und der Pfalz am Ende des Monats?

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Kommentare

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no am :

Abgesehen davon, dass derartige Fragen mit Landespolitik nichts zu tun haben, machst du es dir hier sehr einfach.

Fritz Güde am :

Kriegsgeil den Imperialismus im Rot-Kreuz-Häubchen unterstützen- oder sich wie bisher den militärischen Überfällen zu verweigern: das kann und darf keine Frage sein, die nach dem Prinzip :landeseigen oder international entschieden wird.
Ich erlaube mir den bösen Witz, einen imaginären Rückblick aus dem Jahre 2015 im Bundestag vorauszusehen. Tenor: "Wie konnten wir nach Jugoslawien und Afghanistan auch noch in den seit Jahren wütenden Stammeskrieg in Libyen hineingeraten? Wie war das genau? War es wirklich unser Ex-Genosse Bisky allein, inzwischen CDU-Ältestenrat, der uns damals hereingelegt hat? -Jetzt heißt es -wie in Afghanistan- eben durchhalten. Unsere Freiheit wird in der Wüste Sahara verteidigt....

Sepp Aigner am :

"machst du es dir hier sehr einfach":
Das ist die Standardformulierung, wenn es um Betrug oder Selbsttäuschung geht.

Die Sache IST einfach: Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten, Verbot militärischer Gewalt und schon deren Androhung, territoriale Integrität, Unverletzbarkeit der Grenzen aller Staaten. So steht es in der UNO-Charta. Und das ist im Interesse ALLER Staaten mit Ausnahme derer, die andere Staaten unter ihren Einfluss stellen wollen.

no am :

"So steht es in der UNO-Charta". Auch eine schöne Standardformulierung, die vieles, was dort darüber hinaus noch steht, ausblendet. Sicher kennst du als Völkerrechtsexperte auch die Artikel 41f. Der Text der Resolution, über die heute im EP abgestimmt wird, ist mir noch nicht bekannt. Deshalb kann ich die Entscheidung des EP nicht beurteilen, genauso wenig übrigens wie die Lage in Libyen, über die ihr ja bestens informiert zu sein scheint ("seit Jahren tobender Stammeskrieg" bevorstehender imperialistischer Krieg (sinngemäß zitiert). Gestört hat mich allerdings der diffarmierende Doktus des Posts. Probleme WERDEN einfach, wenn man sie sich einfach MACHT.

no am :

Wie sich jetzt herausstellt, war die Aufregung, die Fritz Güde in seinem Beitrag zum Ausdruck gebracht hat, zu voreilig. Siehe die aktuelle Pressemitteilung von Bisky und Co: "Wir halten die in der Kompromiss-Resolution des Europäischen Parlaments enthaltene Forderung nach Einrichtung einer Flugverbotszone für falsch, auch wenn sie Forderungen aus Teilen der libyschen Opposition und von Staaten der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union aufgreift. Ein Flugverbot birgt immer die Gefahr in sich, militärisch durchgesetzt zu werden. Dies würde die EU- Mitgliedstaaten in eine militärische Auseinandersetzung führen. Diese aber führt sicher nicht zur Stärkung der Demokratiebewegungen von Marokko bis Jemen." Quelle: http://www.dielinke-europa.eu/article/7644.wir-lehnen-jede-militaerische-intervention-ab.html

Da ist jetzt wohl ein Update fällig.

Fritz Güde am :

1. Ich vermute, dass hier die vorsichtigeren Mitglieder der LINKS-Fraktion Bisky in die Arme gefallen sind. Die Berufung auf mögliche Unterstützung durch Mitglieder der Arabischen Liga wirkt merkwürdig, wenn man liest, dass viele staatliche Mitglieder dieser Liga mit ziemlichem Recht als nicht besser hingestellt werden als Gaddafi selbst. Auch in Libyen gilt: Kein Blut für Öl
2. Wenn eine starke Ablehnung aller Aggressionen gewünscht worden wäre, warum sich nicht gleich dem Votum der Europa-Abgeordneten Wils anschließen, in welchem unzweideutig jeder Angriff abgelehnt wird? "Flugverbot" lässt sich in der gegebenen Lage nicht anders als über einen brutalen Angriff auf Flugbahnen und Flugplätze denken. Das ist in jeder denkbaren Hinsicht ein militärischer Angriff.
3 Warum kommt die Fraktion erst jetzt mit dieser Meldung heraus, nachdem die Entscheidungen, auf die jw sich bezieht, wohl alle am Vormittag des 9.3.2011 gefallen waren?
Bis spät am Abend war auf der website nichts zu finden. Und schließlich gilt: lieber vorzeitig brüllen in Kenntnis der flauen Gesamthaltung der deutschen Fraktion der LINKEN im EU-Parlament als nachträglich traurig winseln, nun müsse man eben mit so etwas und mit solchen weiter zusammen marschieren!

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