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Letzter Weihnachtswunsch: Ausräumung aller Talks von den Resten des Professor Baring

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Er ist überall dabei. Er dringt überall ein. Er stellt den idealen Widerpart dar, den finsteren Widersprecher. Den Barrikadenhüter für die letzten Bürger. Den verbohrten Graukopf mit der Felsenstirn. Und dem ewigen Nein.

Vermutlich wird er den Talkmastern - und der Talkmistress durch eines lieb: Er dient als Quirl. Zum Umrühren des meist trägen Redekreises. Gegen einen Baring Partei ergreifen, das schafft noch die traurigste Ente aus dem Teich der CSU.

So letzten Sonntag bei Anne Will. Es sollte gehen um die Behandlung der deutschen "Sans-Papiers", die sich - mehr oder weniger still und unerkannt - in Deutschland nicht viel seltener vorfinden als in Frankreich.

Die Sitzung begann nicht schlecht mit den Aussagen einer Ärztin aus Berlin, die die Schwierigkeiten und Mühen der Behandlung von Personen ohne Ausweis schilderte, wenn deren Namen und Adresse nicht den "Behörden" bekannt werden dürfen. Macht sich nicht jede und jeder schuldig, wenn er nicht meldet? Polizeilich gedacht.

Bekanntlich wird auch von Lehrerinnen und Lehrern verlangt, Schulpflichtige zu verpfeifen, die nicht sofort mit Heimadresse und Namen beider Eltern zum Eintrag ins Klassenbuch erscheinen. Wird zwar nicht immer scharf durchgesetzt, aber wabert als Drohung durch sämtliche Korridore.

Katrin Göring-Eckardt, die Vertreterin der GRÜNEN wie auch Frau Will selbst wiesen auf die Fälle von Personen hin, die per Gerichtsbeschluss in Länder abgeschoben werden sollten, wo ihnen alles drohte - bis hin zur Steinigung im Iran.

Uwe Schünemann, Innenminister Niedersachsens, erfand gegenüber allen Versuchungen zur Herzerweichung die "befriedende Natur des Rechts". Gemeint damit: Wenn Gerichte etwas beschlossen haben und die Instanzen sind sämtlich durchlaufen, dann gibt es für den mitleidigsten Mitmenschen nichts mehr zu meckern. Mitgedacht: Sonst gibt es ja nie ein Ende. Und keine Ordnung. Und man hackt immer weiter aufeinander herum. Rührenderweise nahm der Minister an, in ganz Deutschland würde jeder solche Richterspruch unterwürfig akzeptiert: Nur gerade bei der Behandlung von Ausweisungen nicht. Er hat von Stuttgart noch gar nichts gehört.

Derselbe Innenminister (CDU) rückte gegen Ende mit einem Vorschlag heraus, der sich zunächst nicht schlecht anhörte.

Bei minderjährigen Kindern mit "sehr guten schulischen" Leistungen ließe sich ja ein Auge zudrücken. Sie dürften weiter lernen, bis sie volljährig wären. Und - man muss das dann wohl in Kauf nehmen - die eigentlich abzuschiebenden Eltern könnten eben so lange bleiben.

Transformiert man aber das Beispiel herunter auf den konkreten Einzelfall, stellt sich sofort heraus, wem das Verfahren zum Beispiel kaum nützen wird: Den Kindern der Sinti und Roma aus dem Kosovo nämlich. Da die zwar durchaus neugierig sein können, aber nicht so aufs Buchwissen aus wie andere, spricht zehn zu eins, wer da wieder durchs Netz fallen wird.

Ulla Jelpke hat in einer neueren Notiz - wie schon oft - an die immer schlechter werdende Lage dieser Gruppe aus dem Kosovo erinnert. Freitag, 22.10.2010:
"Ungeachtet aller Warnungen vor Diskriminierungen und Rechtsverletzungen wird die Bundesregierung in diesem Jahr voraussichtlich doppelt so viele Roma in den Kosovo abschieben wie im Vorjahr", fasst Ulla Jelpke innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (17/2857) zusammen. Ulla Jelpke weiter:
"Bis Ende September hat die Bundesregierung 113 Roma abgeschoben. Aufs ganze Jahr hochgerechnet wären das 151 Abschiebungen, nach 76 Abschiebungen im Jahr 2009. (...) Unmittelbar davon betroffen sind nach Angaben der Bundesregierung 10.041 Personen (8.489 Roma und 1.552 Ashkali sowie Balkan-Ägypter). Diese gelten als "vollziehbar zur Ausreise verpflichtet". Außerdem dürften unter den rund 17.000 weiteren Personen aus dem Kosovo und aus Serbien, die derzeit nur geduldet sind, ebenfalls mehrere Tausend Minderheitenangehörige sein, die langfristig mit ihrer Abschiebung rechnen müssen."

Bei all dem runzelte Baring schweigend die Stirn. Bis er endlich loslegen konnte. Die Vertreterin der GRÜNEN machte er direkt an: Vertreterin der Sentimentalisierung der ganzen Welt. Später schärfer: "Wovon redet die Frau?"

Barings Bekenntnis für jetzt und immerdar: Wir haben uns um die deutschen Interessen zu kümmern, nicht um den traurigen Rest der Welt. Dann noch etwas Rosinenpickerei: Ein paar ganz tolle Tänzer könnte man sich ja leisten, und sonst aus dem Warenkorb das, was "wir Deutschen" etwa noch brauchen können.

Als ins Herz Getroffener gab sich der Historiker, als ihm "ein Feindbild" nachgesagt wurde. Feindbild bedeutet Beleidigung. So was hat er nicht nötig.

Das Erbärmliche seiner ganzen Deduktion: Ob er es nun gern hat oder nicht - die "Sans Papiers" dringen über die vielen Grenzen bei uns ein. Sie sind zu zehntausenden einfach vorhanden Ob es ihm nun gefällt oder nicht.

Da auch er sich nicht traut, bis jetzt, massenhafte Abschiebungen vorzuschlagen - auf einmal, ohne Verfahren - bleibt sein bitteres Aufbellen einfach Geräusch. Leeres folgenloses Geräusch. Damit auch dieser Abend wieder überstanden wird.

Talkshows haben allesamt einen geringen Erkenntniswert. Normalerweise dienen die Runden bei Maischberger oder Will oder sonstwem von vornherein nicht zum Erkenntnisgewinn, sondern zum sorgfältigen Abschreiten des gerade noch zum Denken Zugelassenen, ohne gleich als extrem markiert zu werden. Immerhin kommen normalerweise immer mal wieder ein paar echte Gedankenfetzen auf die Wäscheleine. Von Baring dagegen, so oft ich ihn bis jetzt leidvoll zur Kenntnis nahm: Nichts. Außer dem flatternden Fähnchen der Geltungssucht. Das hat er jetzt oft genug entfaltet. Und könnte jetzt endlich Ruhe geben. Und uns welche gewähren - für den Rest der gegebenen Zeit.

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