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Wörter sauber schruppen - erst dann in den Mund nehmen - Gegen die Leisetreterpropaganda von Gysi und anderen

Es gibt keine unschuldigen Wörter. Bei allen, die es gibt, denkt sich einer was dabei. Oft das, was mit dem Thema gar nichts zu tun hat.

Gysi fordert in seinem Tadel an der Überschrift von Lötzsch, man müsse an all die Nebenbedeutungen als erstes denken, vor man ein Wort verwendet. Lötzsch hätte also vor Verwendung des Begriffs "Kommunismus" an alles erinnern müssen, das Leute bei diesem Klang - Missklang - auch noch im Kopf hätten. Stalin, Mauer, Verzweiflung.

Und deshalb lieber Mund und Hand rein gehalten von dem K-Wort.

Es gibt sicher Personen wie Reinecke von der Taz, die einfach nachreden, was vorgeschrieben und gängig ist. Zu denen darf man Gysi nicht rechnen. Er wird sich aus unschuldigen Jugendtagen noch sehr genau erinnern, was mit dem Begriff "Kommunismus" gemeint ist.

Bei ihm kann es sich nur handeln um Balanciertechniken vor den anstehenden Wahlen. Er gibt sich der Wahnidee hin, es würden sich mehr Leute für die LINKE entscheiden, wenn keine anstößigen Wörter mehr zugelassen würden.

Das wird sich schnell als verhängnisvoller Irrtum herausstellen.Wenn etwas dran ist an dem, was Parteienverdrossenheit genannt wird, dann kommt es sicher vor allem vom ununterbrochenen Teigrühren aller Parteisprecher, der unüberwindlichen Wiederholung, dem folgenlosen EiaPopeia. Die größte Mangelware heute: Klare Begriffe. Der schlimmste Verhinderer ihrer Herstellung: Gysi und die seinen mit ihren Nebelwerfern.

Noch einmal: Es gibt keine unschuldigen Wörter.Alle treiben im Grundschlamm des historisch erzeugten Geredes. Es wird nicht weniger brauchen als einen Rückgriff auf die Frühesten, die das gemerkt haben.

Die ersten Versuche, Wörter von ihren Anhaftungen zu reinigen, lieferten die Vorsokratiker und vor allem der jüngere Sokrates. Sie alle hatten herausgebracht, dass vor aller Verwendung der Begriffe ihre Reinigung stehen muss. Reinigung durch Definition.

In den frühen Dialogen gibt Plato ein Beispiel von Sokrates Praxis. Ein Übereifriger rennt an ihm vorbei und will den eigenen Vater beim Gericht anzeigen wegen eines Verstoßes gegen das Frömmigkeitsgebot (asebeia) Zubeißend verwickelt Sokrates den Anzeiger ins Gespräch: dann wisse er ja wohl, was fromm sei. Der meint am Anfang, leicht mit einer schnippischen Antwort davon zu kommen: Fromm ist - was alle machen. Es führt zu weit, den ganzen Gedankengang hier aufzudröseln. Sokrates fällt es nicht schwer, Beispiele anzuführen von solchen, die gerade das Gegenteil von dem für "Fromm" halten, was alle Athener meinen.

Es ergibt sich, dass in diesem Fall keine Definition von "Fromm" sich erreichen lässt, wohl aber, dass es dann auf keinen Fall geraten ist, jemand wegen des Mangels an Frömmigkeit anzuzeigen. Wenn man nicht einmal weiß, was das ist.

Folgerung aus der kleinen Erinnerung: Wir müssen die Wörter schruppen, bevor wir sie in den Mund nehmen. Das geschieht durch die Arbeit des Definierens. Und selbst, wenn keine absolute Definition sich ergibt, wird der gedankliche Hintergrund im Innern des Wortfeldes deutlicher.

Sauberschruppen der Wörter! Dazu gehört in erster Linie, sich des Begriffsinhalts bei denen klar machen, die das Wort wissenschaftlich als erste in ihr Denksystem aufgenommen haben. Daraus folgt dann offensichtlich, dass eine Diskussion über Wünschbarkeit oder Nicht-Wünschbarkeit des "Kommunismus" genannten Zustands unmöglich ist, wenn nicht auf den Sprachgebrauch und die Bedeutung des Begriffs im Denksystem von Marx/Engels eingegangen werden darf.

Die mehr oder weniger ausgeprägten Assoziationen, die in verschiedenen Leuten beim Anhören eines bestimmten Wortes auftauchen, müssen dann streng gesondert werden vom Begriffsinhalt des Wortes selbst.

PS: Unnötig, das einem Gysi erklären zu wollen, der es sicher besser weiß als ich. Dringend nötig, sich scharf gegen Nebelwurf und Verschleierung derer zu wehren, die sich im Wahne wälzen, ein paar Stimmen zu gewinnen, während sie den Zugang zum Bereich möglicher Wahrheit um weniger als ein Linsengericht verkaufen.

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Kommentare

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Glamypunk am :

Ich wüsste jetzt nicht, dass Gregor Gysi empfohlen hätte, dass K-Wort generell nicht zu benutzen.

Vielmehr hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Linke den Kommunismus nicht anstrebe. Und ein Beitrag mit der Überschrift "Wege zum Kommunismus" irritiert und vermittelt eben dies Zielsetzung. Obwohl Gesine ja selbst in dem Artikel geschrieben hat, dass Ihr Ziel der demokratische Sozialismus ist.
Natürlich schiessen die/wir Linken auch ein strategisches Eigentor erster Güte, wenn wir diesen Begriff zu hoch hängen. Das ist aber nur mehr ein unerwünschter Nebeneffekt.

landbewohner am :

gerade in zeiten, in denen wortkosmetik alltäglich ist, um bedeutungen oder begriffe zu verfälschen um die wahren gedanken beim verwenden dieser vokabeln zu verschleiern, sollte man doch auf klare begriffe wert legen.
und wenn "kommunismus" bei einem grossteil der brd bevölkerung negativ besetzt ist, so liegt es ja wohl an jahzehntelanger propaganda und massiver unkenntnis vieler.
und, wenn man etwas nicht kennt bzw über irgendetwas nicht oder nur mangelhaft informiert ist, kann durch propaganda z.b. leicht sowohl positives oder negatives diesem begriff zugeordnet werden. drum wäre es für die linke besser, der uninformierten masse gedanken und fakten zum begriff kommunismus nahe zu bringen statt durch wortschwurbeleien alternativen zum derzeit herrschenden gangsterkapitalismus abzuwerten.

Fritz Güde am :

Gysi sagte, mancher denke bei Kommunismus an «Stalin, Mao und die Mauer». Nicht jeder verstehe den Begriff im Sinne der Vision einer in jeder Hinsicht gerechten Gesellschaft.* Daher dürfe man den Begriff nicht verwenden*. Die Linke wolle den Kommunismus in Deutschland nicht einführen. «Weder in unserer politischen Praxis noch in unserem Programm wird der Begriff des Kommunismus auftauchen.» Die Linke sei keine kommunistische Partei und werde auch keine sein. So laut STERN Gysi zum Tagesspiegel.
Ich werfe Gysi nicht vor, dass er persönlich die Wünschbarkeit von "Kommunismus" als Ziel zumindest offen lässt. Ich werf ihn nicht vor, dass er anderer Meinung als Lötzsch ist. Was ich ihm vorwerfe, ist die Verhängung eines absoluten Begriffsverbotes, weil andere sich anderes darunter denken als Lötzsch und -mit den Resten scharfer Erinnerung- möglicherweise er selbst.
Von Leuten, die angeblich immer und überall auf umfassender Diskussion bestehen, wäre als erstes zu verlangen eine Technik des definitorischen Zugriffs, die das Gemeinte vom bloß Mitschwirrenden- den Assoziationen befreien würde. das war durch alle phlpsphischen Richtungen hindurch seit der Antike der Brauch. Daher der Hinweis auf Platos frühen Dialog "Eutyphron"- nach 399 v.Christus. Die Forderung nach definitorischer Klarheit ist also nichts kommunistisch Spezielles, sondern Voraussetzung einer jeden ernstlichen Untersuchungsarbeit. Sie kann und darf nicht übersprungen werden. Fritz Güde

Dani am :

Den Begriff Kommunismus nahebringen? Missionar, wer bläst dir den Schniedel?
Damals, als Africola noch "sexi" war und Die CSU bayrisch, Aliens noch Fühler hatten und die Legende von "Stammheim" die Nackenhaare aufrichtete, war "ANARCHISMUS" in D so dermaßen verleugnet, das es eine -fäkaladjektive- Regierung zu
Höhenflügen geschafft hat mit Plakaten auf denen stand: GEFÄHRLICHE ANARCHISTEN: RAF.
Wer Müllhäufen zu Entsorgungsparks macht, hat was gelernt. Was denn? Wenn Sprache verbogen wird, ist das bedenklich. Wenn aber Kommunismus ohne Marx/Engels/Lenin/Stalin/ zum Wohlfühl-all-inclusive-Ballermann-sex-and-drugs-and-leckmich verniedlicht werden soll, wird es für mich feindbildlich. Ist euch/uns nicht allgegenwärtig, dass diese "Kommunisten" immer, wen sie wittern, einen Fuß in die Tür zur Macht zu bekommen die MACHTFRAGE stellen.
Und: Wenn mir einer dieser MLPD/KP/MR/blabla-Kommunisten die Machtfrage stellt, wird meine Antwort immer sein: Nein! Keine Macht für Niemand. Alle Mitbestimmung für jeden!
Tod der Frankfurter Schule! (Dies als humorkritischer Ausklang meines Geschimpfes)

Glamypunk am :

Ja, ich hatte andere Quellen. Wenn er das wirklich so gesagt hat, dann stimme ich Deinem Artikel voll und ganz zu. Ein Begriffsverbot darf es nicht geben. Ganz unabhängig davon will ich nicht zum Kommunismus, auch nicht zu dem vagen Ziel, das Marx formuliert hat, aber das steht auf einem anderen Blatt Papier.

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