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Aktionskonsens 2.0 - Ein Vorschlag an die S21 Bewegung

Blockade des TGV am "Tag X" ,Mittwoch, 25. August 2010
Diskussionsbeitrag von Wolfgang Hänisch, aktiv im Bündnis für Versammlungsfreiheit und AK S21 ist überall!

"Denn der so diszipliniert gelebte Protest, dieser geradezu devot vorgetragene Verzicht auf Gewalt, stieß ihn immer mehr ab..." (Heinrich Steinfest: Wo die Löwen weinen, S.93)

Nicht nur Steinfests Romanfigur Tobik hat so seine Schwierigkeiten mit der "unbedingten Gewaltlosigkeit" (Hannes Rockenbauch), die doch schon sehr nach "unbedingtem Gehorsam" klingt.

Die, die damit Schwierigkeiten haben, halten nichts davon, mit Steinen zu schmeißen oder mit Züfles geschickt platzierten Molotow-Cocktails herum zu zündeln.

Sie fragen sich aber, ob es nicht von einem sehr eingeschränkten Verständnis des zivilen Ungehorsams zeugt, wenn die Besetzung von Baustellen ,sei es am Nordflügel oder am GWM, regelmäßig zu wahren Distanzierungsorgien der "Häuptlinge" der Bewegung führt. Das "Fußvolk" denkt anders darüber: von "Befreiungsschlag" war die Rede, davon, dass die "Würde des Widerstands" wieder hergestellt wurde.

Die Besetzung des Bauplatzes oder der Versuch dazu, ist die ultima ratio jeder Protestbewegung, die sich gegen unnütze Großprojekte richtet:
• Von Wyhl bis Brokdorf, von Wackersdorf bis zur Startbahn West, vom Susatal bis zum Baskenland (Widerstand gegen Hochgeschwindigkeitstrassen) - überall war und ist diese Form des zivilen Ungehorsams als völlig legitim anerkannt.
• In Stuttgart scheinen sich die "Häuptlinge" nicht entscheiden zu können, was sie eigentlich wollen: Das Projekt stoppen oder eine gute Presse. Nach dem 14./15.2. hatten wir eine tolle Presse, von Züfle bis Kretschmann gab es Schulterklopfen und Lobeshymnen auf die Friedlichkeit der S21-Gegner.

Aber leider sind jetzt eben die Bäume weg. "Wenn der Gegner uns lobt, haben wir einen Fehler gemacht !?"

Um diese längst fällige Diskussion zu führen, ist es vielleicht sinnvoll, den schon in die Jahre gekommenen Aktionskonsens der aktiven Parkschützer im Lichte der gemachten Erfahrungen auf seine Tauglichkeit zu überprüfen.

Deshalb hier ein Vorschlag, wie ein Aktionskonsens aussehen kann, der versucht, diese Erfahrungen zu verarbeiten: (Die fett gedruckten Passagen sind jeweils die Änderungen bzw. Ergänzungen)

Aktionskonsens 2.0
Stuttgart21 steht dem Willen und dem Interesse der Bevölkerung entgegen. Deshalb sehen wir uns in der Pflicht, alle gewaltfreien Mittel zu nützen, um dieses Projekt zu stoppen.
Gesetze und Vorschriften, die nur den reibungslosen Projektablauf schützen, werden wir nicht beachten.
Durch Einschüchterungsversuche , mögliche Demonstrationsverbote und juristische Verfolgungen lassen wir uns nicht abschrecken.
Wir werden offensiv politisch und juristisch dagegen vorgehen.
Bei unseren Aktionen des Zivilen Ungehorsams sind wir gewaltfrei und achten auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel.
Diese Mittel werden wir gegen alle Einrichtungen, die nur den ungehinderten Projektablauf schützen, entschlossen zum Einsatz bringen.
Unabhängig von Meinung und Funktion respektieren wir unser Gegenüber und erwarten selbstverständlich denselben Respekt gegenüber uns. Insbesondere ist der einzelne Polizeibeamte nicht unser Gegner. Wir verkennen aber nicht, dass die Polizei als Institution des Staates den einzelnen Polizeibeamten durch vielerlei Abhängigkeiten als Werkzeug seiner Machtausübung missbraucht und wir uns dieser Machtausübung erwehren müssen.
Bei polizeilichen Maßnahmen werden wir besonnen und ohne Gewalt handeln.
Wir werden entschlossen unter Einsatz unsrer physischen Präsenz diesen Maßnahmen entgegentreten und durch geeignete Vorkehrungen unsere körperliche Unversehrtheit verteidigen.
Bei Einstellung des Bauvorhabens Stuttgart21 werden wir unsere Blockade- und Behinderungsaktionen sofort beenden.

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Kommentare

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Dani am :

Zu:
"Gesetze und Vorschriften, die nur den reibungslosen Projektablauf schützen, werden wir nicht beachten"
Meine Einschätzung; Weglassen! Diese Textpassage haben wir echt nicht nötig. S21 schreddert sich im Laufe der nächsten Zeit genügend selbst und wird nur vorangetrieben werden können, wenn genügend Gesetze und Vorschriften von Bahn, Wirtschaft und "Deppensumpf" übertreten werden. Um das "Volk" wieder in den Widerstand mit einzubinden ist es dringend notwendig, klar zu machen, das DB + Politmafia eben genau keine Zusage (Schlichtung (man verzeihe mir dieses Wort)) einhalten werden. Vulgo: Klarmachen, was die "Macher" von S21 denken:
"Gesetze und Vorschriften werden wir nicht beachten"

Fritz Mielert am :

Ich bin immer davon ausgegangen, dass sich die Bewegung radikalisieren wird. Dieser Beitrag ist in verschiedener Weise ein gutes Beispiel dafür.

Der alte Aktionskonsens hat auf Basis vieler Vorlagen aus anderen politischen Bewegungen einen für Stuttgart, der möglichst viele Menschen mitnehmen sollte.

Diese Änderungen enthalten drei sehr problematische Punkte:

- er arbeitet mit Exklusion (wir machen)
- er fördert die Konfrontation mit der Polizei
- er kündigt passive Bewaffnung an

Ich finde es traurig, dass die Bewegung so verzweifelt ist, dass sie solche Radikalisierungen diskutiert und auch noch öffentlich macht.

Wolfgang Hänisch am :

Der Aktionskonsens wurde meines Wissens 2009/2010 aufgestellt. Seither ist viel Zeit vergangen, in der massenweis Erfahrungen gemacht wurden. Der Vorschlag Aktionskonsens 2.0 ist der Versuch, diese Erfahrungen in den Aktionskonsens einfließen zu lassen. Das hat mit Radikalisierung erstmal gar nichts zu tun, sondern einfach damit, die Wirklichkeit zur Kenntnis zu nehmen - man muß so "radikal" sein wie die Wirklichkeit.
Die Konfrontation mit der Polizei stellt sich völlig unabhängig von unserem Willen - wir werden mit ihr konfrontiert und die Polizei hält sich nicht an unseren Aktionskonsens, sondern an ihre Befehle.
Am 30.9. hat außer dem tapferen Thomas Mohr kein Beamter von dem internen Beschwerdeverfahren der Polizei Gebrauch gemacht.
Von passiver Bewaffnung steht in dem Vorschlag gar nichts.Es wird gesprochen von " geeigneten Maßnahmen unsere körperliche Unversehrtheit zu verteidigen"
Viele von uns wären doch am 30.9. froh gewesen, sie hätten Schutzbrillen gegen das Pfefferspray gehabt. Die Plastikplanen gegen den Wasserwerferstrahl - war das "passive Bewaffnung"?
Den Versuch,sich gegen die Gewalt behelmter und gepanzerter Polizeitruppen mit einfachen Mitteln wie Schutzbrillen,Plastikplanen und Fahrradhelmen zumindest notdürftig zu schützen, als "passive Bewaffnung" zu bezeichnen, ist zynisch.
Warum du diese Terminologie unsrer Gegner übernimmst, verstehe ich nicht.
Aber eigentlich bedenklich an deinem Kommentar finde ich, dass du "traurig darüber bist, dass die Bewegung so verzweifelt ist, dass sie solche Radikalisierungen diskutiert und auch noch öffentlich macht."
Ich habe nicht den Eindruck, dass die Bewegung verzweifelt ist, sondern dass alle um eine neue Orientierung ringen. Um dazu zu kommen, ist aber eine freie Debatte notwendig, in der unsere Arbeit kritisch beleuchtet wird und positive Schlußfolgerungen gezogen werden.
Und das findest du "traurig"?
"Traurig" finde ich , wenn die basisdemokratischen Ansprüche unserer Bewegung scheinbar nur solange gelten,wie die "Indianer" derselben Meinung sind wie die "Häuptlinge"

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