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Kramer: Unterwegs zur Synagoge, die Spinoza ausschloss?

Baruch Spinoza, einer der Begründer der modernen Bibelkritik.
Dem Judentum wurde immer wieder nachgerühmt, dass sich in diesem keine Bischöfe und Päpste herausbilden konnten. Vermutlich, weil die Juden - zu ihrem Glück oder Unglück - kaum je Gelegenheit fanden, sich einem Staat anzugliedern und seine Verfügungsmacht zu beneiden. Ausnahme, durch die Jahrhunderte berüchtigt, die Exkommunizierung des Philosophen Spinoza, damals noch Baruch mit Vornamen.

Heine gedenkt des Vorfalls in seiner Darstellung deutscher Philosophie: "Mit diesem Horne - dem Schofar - wurde die Exkommunikation des Spinoza akkompagniert, er wurde feierlich ausgestoßen aus der Gemeinschaft Israels und unwürdig erklärt hinfüro den Namen Jude zu tragen. Seine christlichen Feinde waren großmütig genug ihm diesen Namen zu lassen. Die Juden aber, die Schweizergarde des Deismus, waren unerbittlich, und man zeigt den Platz vor der spanischen Synagoge zu Amsterdam, wo sie einst mit ihren langen Dolchen nach dem Spinoza gestochen haben."

Damals hatte die Gemeinschaft der mehrheitlich aus Spanien geflohenen Juden solche Macht in Amsterdam, dass Spinoza zur Aufgabe seines Handelsgeschäftes genötigt wurde. Er verdiente dann als Schleifer von Linsen sein Brot.

Dem Andenken und der Wirkung des Philosophen hat die Ausstoßung nicht geschadet. Um das mindeste zu sagen.

Es kann hier nicht darum gehen, Recht oder Unrecht der Vorwürfe gegen Judith Butler inhaltlich zu bewerten. Sicher falsch und ans Idiotische grenzend die Behauptung, Butler sei deshalb Parteigängerin von Hamas und Hisbollah, weil sie einmal in Berkeley diese Bewegungen als tendenziell "links" analysiert hatte. Genau so hätte man "analytisch" dem Stalinismus nicht aberkennen können, dass er der Absicht nach immer noch "links" sei. Nur hätte das niemand dazu bewegen dürfen, sich deshalb Stalins Politik anzuschließen. So muss es Butler nach eigener Aussage auch gesehen haben.

Die katholische Kirche ist allen anderen religliösen Organisationen weit vorausgeeilt in ihrer Ausschluss-Praxis. Wieviel hat es ihr gebracht? Und was verspricht sich Kramer von entsprechenden Schritten - wenn auch noch im Miniformat?

Vorzuwerfen ist einem Kramer und seinen Nachbetern nicht, dass sie die Position Butlers nicht schätzen. Sondern dass sie das gar nicht erwähnen, wofür Butler der Preis zuerkannt werden soll. Dass er stattdessen Vorbedingungen aufstellt - Eintrittskarten verlangt für den Zutritt zur Würdigung - mit Maßgaben, die bis zur Anzweiflung der moralischen Würdigkeit reichen. Aber mit den Schriften Butlers absolut nichts zu tun haben. Die Selbstfesselung an den STAAT Israel zeitigt Folgen für die Diskussionsfähigkeit.

Genau so staatsförmig ist die katholische Kirche in Frankreich vorgegangen. Ich habe Romanistik studiert in den fünfziger Jahren und bemerkte dabei, dass fast alle Pflichtlektüren französischer Autoren auf dem Index standen. Index - Liste der Bücher, deren Lektüre kirchenamtlich abgeraten wurde. Wir haben alles trotzdem gelesen. Das Verfahren hat die Kirche in Frankreich jahrelang in die kulturelle Isolation getrieben.

Der französische Denker Montaigne, Zeitgenosse von Heinrich IV., schrieb einmal sinngemäß: "Ein Dieb wird zum Galgen geführt und gehängt. Darf ich nicht trotzdem denken: Ein schönes Bein hat er doch".

Das wäre die wünschbare Haltung für alle Beteiligten. Jede Kritik sollte sich auf den fraglichen Gegenstand beschränken, nicht moralische Eintrittskarten vergeben. Was hatte Martin Buber für Glück, keinen Preis zu bekommen. Bekanntlich war der weithin Verehrte so ziemlich das Gegenteil eines Zionisten!

Heute abend wird Judith Butler ihren Preis erhalten. Ohne Anwesenheit der jüdischen Autoritäten. Sie kommen sich im Augenblich sehr sittenstreng und aufrecht vor. Wer weiß, wie lange ?

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Kommentare

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erna am :

Wann werde ich endlich in einer intelligenten Welt (IQ > 200) leben können ohne diesen jahrtausendealten messianisch-beschnittenen-traumatisierten Terror überall, d.h. ohne diesen jüdisch-christlich-muslimisch-kapitalistisch-kommunistisch-faschistisch-nationalsozialistisch-hypersozial-hypermedial-politisch-juristisch-pseudowissenschaftlichen Schwachsinn überall?

Wenn also ein heutiger Körper, der beschnitten und traumatisiert ist, sich immer noch als - žJude- œ bezeichnet, so ist er letztlich - žselber schuld- œ, denn:
Hätte es keine - žJuden- œ gegeben, so hätte es auch keine - žMuslime- œ und - žChristen- œ gegeben; ohne Christen hätte es aber keine Protestanten gegeben, ohne Protestanten (laut Max Weber [!]) aber keine Kapitalisten; ohne Kapitalisten aber keine Marxisten-Kommunisten, ohne Kommunisten aber keine Faschisten und Nationalsozialisten (etc. etc. etc.)- ¦

Daher gibt es auch keinen einzigen Unterschied zwischen einem - žJuden- œ und einem - žNationalsozialisten- œ: denn beide glauben an ein - žauserwähltes Volk- œ (- žNation- œ) und an eine - žselektierte Rasse- œ.

Und zum Angriff Israels ("Juden") auf den Iran ("Arier"):
Geht lieber Karotten und Bäume pflanzen, ihr verdammten Idioten überall, die mir tagtäglich meine Welt kaputt machen!

P.S.: Nur Idioten (von Beschneidern bis Breivik) benutzen körperliche Waffen. Die stärkste Waffe (seit Sigmund Freud, Kastrastionsangst) war schon immer die Sprache- ¦ (und das Internet).

Fritz Güde am :

Diese Herangehensweise halte ich für abwegig.Es ist falsch, die Widersprüche in der Welt aus ihrer theoretischen Verarbeitung abzuleiten. Nicht Marxens Begriff schuf den Klassenkampf.Den Klassenkampf gab es schon seit dem Auseinanderbrechen der Urgesellschaft. Marx hat ihn schließlich gedanklich gefasst und damit seine Beendung als denkbar gefasst.
Ganz irrig die Gleichsetzung selbst eines brüllenden Zionismus mit dem faschistischen Rassismus.Das zeigt schon die Denkbarkeit von Übertritten. Selbst fanatische Juden akzeptieren die Möglichkeit einer Konversion. Rassisten der deutschen Tradition akzeptieren das genetische Erbe als unveränderliche Bestimmung, die zum Vernichtungswillen gegen alle anderen "Rassen" führen muss.

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