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Feine Sahne Fischfilet: »Das ist ein Witz«

Foto: audiolith
Feine Sahne Fischfilet tauchen als erste Punkband im Verfassungsschutzbericht von Mecklenburg-Vorpommern auf. Ein Gespräch mit Sänger Monchi


Interview: Christof Meueler, Foto: Audiolith

Feine Sahne Fischfilet sind im Verfassungsschutzbericht 2011 für Mecklenburg Vorpommern vertreten – unter der Rubrik »Linksextremismus« in der Kategorie »Autonome Gruppen«. Ist die Band die erste, die vom Geheimdienst beobachtet wird?
In Mecklenburg-Vorpommern: ja. Zumindest als linke antifaschistische Band. Nazirockbands werden in dem Bericht zwar erwähnt, aber nur in ein, zwei Sätzen. Keine Naziband bekommt wie wir anderthalb Seiten.

Dem Berliner Antifa-Fanzine »Straßen aus Zucker« haben Sie gesagt: »Stolz auf Deutschland? Stolz auf eine Nation? Stolz auf irgendein beschissenes Konstrukt? Wir kotzen gleich!«. Damit schafft man es in den Verfassungsschutzbericht?
Anscheinend reicht das.

Was sind das für Beamte, die das gefährlich finden?
Für uns bestätigt das den Eindruck, dass diese Behörde keinen Plan hat. Die Verbindungen und Merkwürdigkeiten zwischen Verfassungsschutz und den Naziterroristen vom »Nationalsozialistischen Untergrund« – wenn mir das jemand vor zwei Jahren erzählt hätte, dann hätte ich gedacht, hier spricht ein Verschwörungstheoretiker. Der NSU bekommt im Verfassungsschutzbericht für Mecklenburg-Vorpommern gerade mal eine halbe Seite, obwohl die auch in Rostock jemanden umgebracht haben. Trotzdem wurde hierzu kein Untersuchungsausschuss eingerichtet.

In dem Verfassungsschutzbericht werden Sie mit den Worten zitiert: »Es ist uns bewusst, dass die Neonazis, egal wie modern und bürgernah sie sich geben, barbarisch und menschenverachtend bleiben. Dem gilt es entgegenzuwirken!«
Diese Meinung soll verfassungsfeindlich sein? Das ist ein Witz. Über solch eine Aussage würde sich doch jeder Demokrat, der Neonazis als Bedrohung unseres Staats ansieht, den Arsch abfreuen. Vermutlich gilt es als verfassungsfeindlich, wenn wir sagen, dass wir den Dienst scheiße finden.

Haben Sie beim Verfassungsschutz angerufen und sich darüber beschwert, dass die Band in dem Bericht auftaucht?
Nee, wenn überhaupt, dann meldet der sich bei uns. Die Presse hat ja darüber berichtet.

Der Verfassungsschutz glaubt, dass die Abbildung einer »Club-Mate«-Flasche, die als »Club-Molli« verfremdet wurde, um gegen Nazis zum »Widerstand auf der Straße« aufzurufen, ein Aufruf zur Gewalt sein soll.
Es handelte sich dabei einfach um ein Foto, das auch gar nicht von uns stammt, sondern das im Internet kursierte. Auch in der taz wurde darüber berichtet. Darauf ist eine erfundene »Club-Molli«-Flasche abgebildet und mit dem Zusatz versehen: »leicht zu bauender Brandsatz für den Widerstand auf der Straße«. Ein Scherz, den wir auf unsere Blog-Seite gestellt haben, weil wir es lustig fanden. Der Verfassungsschutz anscheinend weniger.

»Scheitern und Verstehen« heißt das neue Feine Sahne-Album. Der Verfassungsschutz kommt aber nicht darauf vor, oder?
Doch, und zwar in dem Lied »In unseren Augen«. Darin geht es grob gesagt um die Thematik Verfassungsschutz und NSU, natürlich ohne dass wir den neuen Bericht gekannt hätten. Darin heißt es: »Verfassungsschutz und Nazis gehen weiter Hand in Hand, noch ein paar Reformen, schon sind alle froh in diesem Land. Die einzige Erkenntnis, die mir noch dazu einfällt: die schlechtesten Geschichten schreibt das Leben halt noch selbst.«

Sind Sie bei auf Konzerten von Nazis bedroht worden?
Regelmäßig. Es gab Angriffe auf unseren Bandbus, es gab Buttersäure-Anschläge, wir kriegen ständig Drohmails, und von mir wurde in tausendfacher Auflage ein Aufkleber gedruckt, auf dem eine Fotomontage zu sehen ist, wo mir der Kopf gespalten wird, mit der Parole: »dumm, dümmer, Antifa«.

Wie würden Sie Ihre Musik bezeichnen?
Kein Ska, sondern Punk mit Trompete.

Feine Sahne Fischfilet Scheitern und Verstehen
Audiolith/Broken Silence
VÖ: 9.11.2012

Das Interview erschien in der Melodie&Rhythmus 6/2012, erhältlich ab dem 9. November 2012 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe kann hier bestellt werden.

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung durch M&R

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