Skip to content

Anne Will: Entmerkelung durch kein Säurebad zu beschleunigen

Angela Merkel
Bildquelle:
Armin Linnartz
Dieses Foto ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland) lizenziert.
Anne Will am Mittwochabend: endlich eine Sendung, der Informationen zu entnehmen waren- und durch Frau Höhler ein Ansatz zur Analyse.

Information: Merkel hat den Bundespräsident vor ihrem Strafakt gar nicht persönlich sprechen können. Sie telephonierte nur nach Italien- und bekam dort erwartungsgemäß die Zustimmung "ihres" Präsidialkandidaten. Eine Hand wäscht die andere.

Dann: Laut Bosbach wurde der jetzt geschasste Umweltminister -entgegen anderen Behauptungen- nicht einmal persönlich über die Hinrichtung informiert, sondern erfuhr -wie wir alle- sein Urteil aus der Zeitung. Es handelt sich also um eine betont rüpelhafte Handhabung der Machtvollkommenheiten einer Kanzlerin.

Analyse: Frau Höhler, in vergangenen Jahren weitgehend Säuselmarie, hat auf ihre alten Tage die Zähne nachgeschliffen und bot einen ausbaufähigen Gedanken. Merkel wollte mit dem Fußtritt für einen Minister der Partei beweisen, dass es gar nicht mehr um Partei- und damit Lager gehen dürfe, sondern einzig und allein um ihre kostbare Person. Also die aus anderen Epochen und eigenen Partei-Konstellationen bekannte Umwandlung einer Herrschaft mittels des Parlaments hin zum Caesarismus. Die SPD-Schröder allerdings in allen Punkten vorweggenommen hatte. Als er Scharping auf ähnlich brutale Weise entließ, geschah das nicht wegen dessen abstrusen Lügengeschichten über gesichtete KZs im Feindesland, sondern wegen ein paar läppischen Hosen, vom Werbeberater zum Einkauf dazugelegt.

Die Frage, die sich die Runde selber stellte: ist das der Anfang vom Ende der Ära Merkel? Bei Schröder war es das gewesen. Er hatte zuletzt zuviele seiner SPD-Genossen in Angst getrieben um den weiteren Erhalt ihrer Pöstchen und Positionen im Bundestag und den Landtagen. Angesichts der brutalen Einschränkungen beim Arbeitslosengeld- und der offenen Begünstigung von Lohndumping in allen denkbaren Formen.

Davor muss sich Merkel nicht fürchten. All das gilt inzwischen als Erbe einer nichtzuergründenden Vorzeit. Dankbar hingenommen als Tatsache. Vor allem nicht weiter zu diskutieren.
Gefragt werden muss deshalb schärfer: Schadet zur Schau getragene Alleinherrschaft bei den verbliebenen Wahlmöglichkeiten überhaupt?

Europaweit zeichnet sich ab, dass sie auf Zustimmung stößt, solange die Aussichten auf materielle Absicherung anhalten.Wohlgemerkt: Nur die Aussichten, nicht die Lage selbst. Man muss nicht gleich an Putin erinnern. Sarkozy und der italienische Quasi-Diktator hielten sich doch recht lange mit genau solchen Tricks. Und einem Orban schadet die Kritik von außen auch nicht besonders.

Also: so lange die Kaufkraft in Deutschland gehalten, sogar ein wenig gesteigert wird, steht zu vermuten, dass die Konzentration auf die Wundertäterin und die Zustimmung wächst. Es ist Merkel bisher gelungen, gegen die Krise in Europa gar nichts zu tun, aber ein nie einzulösendes Versprechen auszugeben: es gehe weiter so. Die unendliche Vertröstung klappt noch immer. So sicher, dass die SPD sich nicht traut, offene Opposition auch nur zu simulieren.

Und damit kommen wir auf eine Vermutung, die bei ANNE WILL gar nicht geäußert wurde. Hängt die Entlassung des bisher gehätschelten Ministers auch mit einer weiteren Wendung in der Energiepolitik zusammen? Den Rückzug aus dem Atomwesen kann auch die allerwendigste Opportunistin nicht völlig zurücknehmen. Sollten bei dem Überraschungsschlag vom Mittwoch aber nicht doch Einflüsterungen und Drohungen der Energie-Konzerne mitgeholfen haben. Da an Enteignung und gesetzliche Beschränkung von deren Macht ja nicht mehr zu denken ist, bleibt nur Entgegenkommen durch geeigneteres Personal. Da war der bisherige Amtsinhaber vielleicht immer noch zu selbständig in seinen Denkanfällen.

Zeichnet sich also ab: Personenfixierte Herrschaft Merkels auf der einen Seite - offen getragen - auf der anderen - geheimeren - wachsende Abhängigkeit von denen, die immer schon heimlich mitregierten: den Monopolen. Diese Kombination ist nicht selten. Mit ihr lässt sich so lange durchhalten, wie die Opposition ihre Oppositionsrolle verleugnet - und so lange die Taktik des unendlichen Aufschubs - der Versprechungen für überübermorgen - sich durchhalten lässt.

Darauf wird viel länger zu warten sein, als alle aus der Anne-Will-Runde gestern sich träumen ließen.

Russland: "Keine Revolution, bitte"!

Presseklub am Sonntag: Umfrage bei deutschen Korrespondenten. Hauptstimmung, Hauptangst: Nur keine Revolution! Und das von Leuten, die allesamt die Anti-Putin-Demos am höchsten schätzen. Und dicke Schwimmaugen bekommen, wenn sie davon reden.

Ist das was Besonderes? An sich nicht! Wer wärmt sich nicht gerne an fremdem Fieber? Nur - zu ernst soll es nicht werden! Merkwürdig bloß, dass das von den Demonstrierenden auch behauptet wird. Von denen mit den übergroßen Plakaten und den kilometerlangen Aufmärschen...

Was kann dran wahr sein? Trotz des Widerspruchs? ALLES!

Das Wort "REVOLUTION" wird kaum von einem Flugblatt verwendet. Aus Vorsicht? Was wollen die Demonstrierenden wirklich? Die, für die der ganze Westen schon ein ungebrauchtes revolutionäres Farbwort sucht. Nach der "samtenen", der "hyazinthenen" Ausgabe - die "purpurne" vielleicht? Wozu der ganze Aufwand, wenn man doch gar nicht will? Vielleicht, damit es im Westen einfach normaler aussieht, ohne dass sich wirklich groß was ändert!

Möglicherweise und uneingestanden von Ost und West im Bewusstsein, dass sich doch etwas ändern wird, auch wenn keiner dran glaubt. Die Imitation - das So-Tun-als-Ob, könnte es nicht doch am Ende das Wirkliche dem Schauspiel folgen lassen? Bei uns wie bei anderen!

Wie werden bei uns alle brausen, wenn 2013 bei uns die Gelegenheit naherückt, Merkel loszuwerden. Welche Straßenauflaufläufe! Was für Wogen! Und am Tag danach - welch wehwohliges Zurücksinken! Noch mal vier Jahre. Die sitzen wir auch noch ab...

Ergebnis: Die Leute rumoren. Und regen sich gegenseitig auf.Und wissen nie genau vorher, was sie wollen. Und erreichen es hie und da doch. Zur eigenen größten Überraschung. Was aber bedeutet dann genau: DEMOKRATIE?

Sprachzauber um Wulffs Knete

Frührentner der Woche: Christian Wulff
Grafik: Frank Kopperschläger
Lizenz: CC BY-NC-ND 3.0
Hätte man seinerzeit einfach den Fachausdruck "Pension" benutzt, alles wäre heute leichter. Nicht gerechter, aber durchsichtiger. Weil "Pension" einfach einen Anspruch kennzeichnet, der nach bestehenden Regeln jemand zusteht. Ohne nach besonderen Verdiensten zu fragen.

Es hat sich jetzt herausgestellt, dass die Rede vom Ehrensold der Präsidenten aufkam, als man Adenauer vom lebenslänglich festgehaltenen Kanzleramt weglocken wollte. 1959. Als man sich damals auf denkwürdige Beispiele besann, auf wen konnte man anders kommen als auf Amtsvorgänger Hindenburg. Der hatte sich vor Annahme einer Kandidatur so was um diese Summe herum ausbedungen. Um zwischen den potenteren Herrn aus der wirklichen Herrschaft entsprechend auftreten zu können. Dass ein Titel mit militärischen Anklängen auftauchen musste - "Sold" erhielt man nur ab Leutnant aufwärts - verstand sich nach damaligen Bräuchen von selbst. Dass mit "Ehrensold" sofort Überlegungen um Verdienst und Würde mitauftraten, war eine unerwünschte Nebenwirkung. Die einfache beamtenrechtliche Erwägungen zurückdrängte. Welche trotz allem den Inhalt der Regelung ausmachten.

Das Strampeln im Begriffsgewirr lenkt heute noch vom Eigentlichen ab. Wie in der Weimarer Republik der Streit um die Fürstenenteignung. Wollte ein Gebilde Republik sein, war das ehemals fürstliche Eigentum im gleichen Augenblick staatliches geworden. Da gab es nichts mehr abzustimmen. Wenn man es 1918 Ernst gemeint hätte. Im Gezänk darum kam heraus, wie wenig das der Fall gewesen war.

Wulffs "Pension": sie ist nun einmal festgelegt worden. Ohne Rücksicht auf Würde, Bürde und Verdienst. Die Bezeichnung dafür ein wenig nachvergoldet. Sinnvoll kann gestritten werden - nachträglich - nur um die Methoden der Wahl eines Regierungshauptes - ohne Beteiligung eines zugehörigen Volkes. Aber nicht darum, ob man vor zwei Jahren gerade die glücklichste Hand gehabt hatte beim Schnappen nach dem Goldfisch aus der Tiefe. Das Reservoir für ergiebigen Fang reicht schließlich nicht für mehr.

Bei reiflicher Überlegung kann das Ergebnis nur lauten: Einen Präsidenten, der nur als Mahner und Warner - als Hilfs-Nikolaus eben - gedacht ist, brauchen wir nicht, wenn wir den zugehörigen Gott schon zu Grabe geleitet haben. Solange wir uns aber über den Punkt nicht im Klaren sind,hilft uns der Jammer nach dem vielen Geld nicht weiter. Was soll der Schrei nach dem Siegel, fasst man die Hand nicht, die es hätte führen sollen?

Mag ein Wulff die Pension genießen, die ihm seinesgleichen zugedacht haben. Bis diese alle - mit ihm - die Hand auftun und umkehren müssen. Und sie vor aller Augen als leer erweisen.

Was mir heute wichtig erscheint #302

Abbruch: "Etwa 500 Parkschützer harrten vergangene Nacht vor dem Südflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs aus und protestierten gegen die angekündigten Abriss- und Fällarbeiten. Die Parkschützer widersetzen sich diesen destruktiven und vollkommen sinnlosen Aktivitäten, die dem Tunnelbahnhof Stuttgart 21 nicht einmal nutzen können: Bevor an der Stelle von Südflügel oder Bäumen etwas Neues errichtet werden könnte, müssten Grundwassermanagement und Nesenbachdüker funktionieren. An beidem scheitert die Bahn. Die sinnlose Abholzung weiterer Bäume konnte so vorerst verhindert werden. Gegen acht Uhr begann die Polizei mit der Räumung der Sitzblockade am Südflügel. (...)" Weiterlesen: Bei Abriss Aufstand

Quelloffen: Der Verfassungsschutz bespitzelt linke Abgeordnete keineswegs nur mit Informationen aus offenen Quellen.

Bewegungsfreiheit: "Auch im Jahr 2012 sind rassistische Polizeikontrollen und -brutalität ebenso wie das Apartheid-Passgesetz, das als Residenzpflicht bekannt ist, weiterhin der Magnet, mit dem Flüchtlinge in Deutschland in die Falle der Kriminalität gezogen werden sollen. Überall in diesem Land, werden diejenigen, die nicht die „richtige“ Hautfarbe haben oder „fremd“ aussehen aus der Menge abgesondert; an Bushaltestellen, Bahnhöfen, in Zügen, auf den Straßen etc. und werden von der Polizei aufgefordert, ihre Papiere zu zeigen. Wir werden tagtäglich öffentlich diskriminiert, erniedrigt und eingeladen zu einem Mahl von offenem Rassismus von Seiten der Polizei, weil sie daran glauben, dass das Gesetz ihnen erlaubt, dies zu tun und weil sie die Unterstützung der Öffentlichkeit dafür haben.(...)" Weiter im Aufruf zur Abschaffung der Residenzpflicht: „Ich werde keinen Cent für meine Bewegungsfreiheit zahlen!“ Von Miloud L. Cherif.

Machtübertragung: Heute vor 79 Jahren beauftragte Reichspräsident Hindenburg Adolf Hitler und die NSDAP mit der Regierungsbildung. Bei entdinglichung sind einige Aufforderungen zum Handeln gegen die Katastrophe dokumentiert.

Krisenhaft: Wolf Wetzel hat ein neues Buch angekündigt, das im Februar erscheinen soll und sich mit den Ursachen der kapitalistischen Krise und der Krisenhaftigkeit der Proteste dagegen auseinandersetzt: "Krise des Kapitalismus und krisenhafte Proteste". In der Vorankündigung schreibt er dazu:  "(...) In diesem Buch wollen wir uns mit den theoretischen Fragen beschäftigen, die in verschiedenen Protestbewegungen aufgeworfen wurden. Fragen, die sich auftun und beantwortet werden müssen, wenn man einen Weg zwischen pragmatischem Abwehrkampf (Kampf gegen eine Rentenreform, Kampf gegen die Macht der Banken) und dem ›Kampf ums Ganze‹ suchen will. Das Buch geht von der These aus, dass ein partieller Abwehrkampf nur Sinn (und Lust auf mehr) macht, wenn man ihn theoretisch einordnet und strategisch bestimmt – der Kampf ums Ganze erst dann eine Perspektive bekommt, wenn man den risikolosen Hochsitz der Abstraktion verlässt und für dessen Konkretion einsteht und sorgt.(...)"

Endlich: Frau Merkel tritt zurück. Hm. Leider doch nicht.

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick über die Entwicklung in Lateinamerika.

Sichtweise: "(...) Wer hierzulande eine beliebige Tageszeitung aufschlägt, kann sicher sein, daß er in ihr auf die Begriffe rechts und links stoßen wird, im politischen, meist auch im Sportteil. Die Verortung einer Person, Organisation, Partei oder Regierung, eines Standpunktes oder Programms mit den beiden Vokabeln gehört zur Alltagssprache, was einschließt, daß über ihre Bedeutung und Verwendung kaum noch tiefer nachgedacht wird. Jeder glaubt zu wissen, was gemeint ist. Seit längerem scheinen die Begriffe rechts und links allein nicht mehr auszureichen, um eine politische Erscheinung exakt zu bestimmen. »Präzisierungen« kamen in Gebrauch.(...)" Vortrag von Kurt Pätzold, gehalten am 19. Januar 2012 in der ver.di-Mediengalerie im Haus der Buchdrucker in Berlin

Gesichert: "Am 26. Januar 2012 veröffentlichte die Internationale Verifizierungskommission (IVC), die den Waffenstillstand im Baskenland überwacht, ihren Bericht. Die IVC sieht das Ende des bewaffneten Kampfes der baskischen bewaffneten Organisation ETA (Euskadi Ta Askatasuna, Baskenland und Freiheit) als irreversibel. ETA habe “keine Absicht, in der Zukunft Gewalt oder terroristische Aktionen zu organisieren oder zu begehen.” Die Kommission tritt damit anderslautenden Spekulationen entgegen, die in den vergangenen Wochen aus dem spanischen Innenministerium geäussert wurden. (...)" Mehr bei den Freunden des Baskenlandes

Vernetzt: Wenn jemand auf seinem Facebook-Profil ein Bild des Cartoon-Held Bart Simpson postet, kann der bestimmt kein Nazi sein. Oder? Was Nazis so alles in den sozialen Netzwerken treiben - und warum - analysiert die neue Broschüre von "Netz gegen Nazis" und no-nazi.net: "Zwischen Propaganda und Mimikry - Neonazi-Strategien in Sozialen Netzwerken".

Merkel-Lagarde: Zwei Konzepte. Keine Lösung.

Zwei Wirtschaftslenkerinnen überfielen Berlin. Sie predigten zäh. Vermieden aber, miteinander vors Publikum zu treten. Lieber einsame Prophetin als dialogisch gelähmt.

Lagarde brauste majestätisch . Sie trat vor allem für den europäischen Fonds ein von einer Billion. Wie von Italien gefordert. Also alles ins Großartige verschoben. Auf Hoffnung und Aufschub getrimmt. Wenn die Aussagen stimmen über die Geldzeichen, die den Globus umschwirren, ohne einen Gegenwert an vermittelbaren Waren und Dienstleistungen, dann müsste eines klar sein. Diese Wolke kann keiner überbieten. Dagegen hilft auch nicht die Fantastillion eines Dagobert Duck.

Die Schuldenpredigerin vergaß im Eifer ganz das harte Regiment, das IWF denen auferlegt, die es unvorsichtig um Hilfe bitten. Rumänien steht gerade unter der besonderen Kuratel. Und ist dem Zusammenbruch vielleicht näher als Griechenland.Für diese IWF-Geiseln sind die Sonderzahlungen natürlich nicht gedacht.

Vergessen auch der Geierhieb gegenüber dem Iran. Gerade die jetzt schon angeschlagenen Länder- Griechenland, Italien - werden durch das Verbot, iranisches Erdöl einzuführen, doppelt geschlagen. Hilft dann der IWF aus den neuen Schulden? Das wäre eine absolute Neuerung.

Merkel war bei Lagardes Programmansprache nicht dabei, aber kannte wie üblich immer schon alles.

Der Bericht der FAZ zitiert sie unbarmherzig. Brutal und wörtlich. (Nach dem Ohrenzeugnis von Majid Sattar. Mal schauen, bis wann das Zitat entfernt und durch eine geglättete Fassung ersetzt sein wird).
„Und hinzufüge ich, dass Deutschland immer alles getan hat, wenn es jetzt so unbedingt notwendig wäre, den Euro zu schützen. Dieser Überschrift fühlen wir uns auch verpflichtet. Aber immer kaum, dass wir eine Neuigkeit gemacht haben, die nächste schon zu machen, das halte ich nicht für richtig.“

Aus den Satzstummeln ist zu erraten: Merkel will nicht. Sie folgt dem Sparkonzept offen, das Lagarde für dieses eine Mal verschweigt. In Wirklichkeit geht es ihr - wie Lagarde - gar nicht in erster Linie um Geld. Das flimmert bei beiden nur als phantastische Illumination über den Häuptern. Merkel geht es in erster Linie um die vollkommene Zerschlagung der eigenständigen Strukturen in den betroffenen Ländern. Um ein Leergelände zu schaffen für kapitalkräftige Investitionen. Mit voller Verfügung über ein neugeschaffenes Billigland. Bangladesh light!

Die zwei Hyänen sind nicht so verschieden, wie sie jetzt tun.

Es wird vorläufig wirklich in Zusammenbrüchen enden. Eine Lösung? Nur dann überhaupt denkbar, wenn vor allem die Gewerkschaften in ganz Europa von sich aus einen Zusammenschluss hinbekämen zu einer gemeinsamen Unterstützung aller, die es nötig haben. Gemeinsame Arbeit, die nach Abstreifung des täuschenden Geldschleiers zunächst zu Entbehrungen und Einbußen führen wird. Über diesen schweren Weg aber zu wirklicher Solidarität zwischen Menschen und Völkern. Nicht zu dem, was Lagarde ins Publikum fauchte. Und was sie auch "Solidarität" nannte. Eigentlich aber Herrschaftsblock meinte. Unterdrückungsliga.

Gewiss sehr ferne Aussichten. Von denen die anstehenden kriegerischen Handlungen gegen Syrien und Iran noch weiter ablenken werden.

In Memoriam Waldheim († Juni 2007): Präsident mit Pferd. Nicht abzuschaffen.

Es gibt viele heute, die genieren sich. Weil sie im Schloss denjenigen verlieren, zu dem sie angeblich bisher immer aufgeblickt haben. Der sie tröstete, wenn sie selber nicht stubenrein waren. "Wenn alle unrein werden, so bleibt doch er im Putz".

Zugegeben: wir erfinden den Verlust nur, wenn es ans Quengeln geht. So gestern ein Mann aus der Sandalenfront gegen Bellevue: "Was hat denn der schon geleistet?" Es stand bisher noch nicht fest, dass das zu den Eingangsprüfungen für Präsidenten gehörte. Womit hat zum Beispiel Präsident Carstens (1979-1984) sich hervorgetan? Wenn man seinen Namen überhaupt noch hochwürgt, dann fallen einem die langen Wanderungen durch deutsche Lande ein. Mit Kumpels. Reicht das schon?

Österreichs Waldheim, der im Juni 2007 ohne Aufsehen verscharrt wurde, bekam noch ganz anderes um die Mütze. Immerhin hatte er als SA-Mann seinem Führer und sonstigen Oberen stramm gedient. Und was er dabei getrieben hat, kam nie völlig raus. Es gab Demos gegen ihn. Und einen guten Witz: Wenn er selber schon nicht bei der SA war, dann doch mindestens sein Ross. Bildhauer Hrdlicka hat sich der Sache angenommen und ein fahrbares Pferd hergestellt, annähernd Troja-Größe, das ihn bei allen Gelegenheiten festlich begrüßte.

Nur: losgeworden sind die Österreicher sechs Jahre lang ihren Würdenonkel nicht. Sie behalfen sich anders: man überließ den lebenden Leichnam nach Möglichkeit der einsamen Verwesung. Keine Besuche, keine Konferenzen. Im Ausland ebenfalls höfliches Abwinken. So etwas wäre auch in der BRD zu überlegen.

Herausschneiden mit rechtlichen Mitteln - gegen ihren Willen - kann man solche Fortbildungen nicht. Man kann sich nur vornehmen, sie zu überleben. Und inzwischen viel dringlichere Vorhaben angehen. Da steht einmal der Überfall an auf Syrien und/oder den Iran. Westerwelle wird sich nicht noch mal als "Drückeberger" von den Rechten erwischen lassen. So wahnsinnig das Unternehmen anmutet, auszuschließen ist in der Krise nichts. Bei leichtfertigem Gebrüll aus Israel. Und vor allem bei der Notwendigkeit,beim nahenden eigenen Unwetter ins Fernste hinein abzulenken.

Näher noch die Beseitigung der Reste von FDP. Eine kleine Ministerin vom Saarland hätte sicher ohne Merkels Zunicken sich nicht getraut, der wankenden FDP mitten in die Glorien-Rede hinein den Dolch in den Rücken zu bohren. Merkel, darauf befragt, wird besonders breit grinsen und auf die absolute Unabhängigkeit der Länder und Landesregierungen verweisen. Weiter und backenfroh: Sie kann doch für solche Zufälle nichts. (Lügen im Staatsinteresse sind im Gegensatz zu privaten von Präsidenten Pflicht. Und lobenswert).

Demnach ist mit der Abzupfung des Klettergewächses FDP in Kürze zu rechnen. Wenn es nach dem Wunsch der beiden Wackelknies geht - CDU und SPD - vermutlich ohne störende Wahlen davor. Gegen solche Vorhaben wäre schroffe Gegenwehr erforderlich.

Neuwahlen - JA! Mit allem anhängenden Betrug. Trotzdem: Zur Diskussionserzwingung, so weit das im Europa von heute noch möglich sein sollte. Sonst zumindest zu offenen Aussagen, wie man sich den Fortbestand nicht nur des Theaterhintergrunds Gesamteuropa, sondern auch den der einzelnen Länder vorzustellen geruht, die dieses Ganze schließlich ausmachen.Es wird natürlich von oben gelogen werden. (Im Staatsinteresse, s.o.). Aber es lässt sich dabei doch das Gesamtgerüste möglicherweise erschüttern. Fit für das Wagnis: vor allem der LINKEN zu empfehlen. Die Phantastereien einer Abwahl Wulffs über das Verfassungsgericht helfen in der Not nicht weiter.

Dafür also ist alle Konzentration nötig. Die mögliche Heiligung von Präsidenten sollten wir Gott anheimstellen. Der sich nach katholischer Lehre freilich erst nach deren Erdgang äußert. Den haben wir ergeben abzuwarten.

Zufrieden ohne Tralala und Sirius über den Parteien! Vor allem ohne Gauck!

NAch Lösung der "Logistikprobleme" doch zum Interview erschienen.

Grafik: Frank Kopperschläger
Lizenz: CC BY-NC-ND 3.0
BILD als Märtyrer der Meinungsfreiheit! Lengsfeld als Vorkämpferin aller Demokraten - nach langer Pause. Schwindel! Steht alles Kopf?

Das Merkwürdige: ohne Vereinbarung weinen sich ausnahmslos alle Zeitungen die Augen aus über das Unrecht, das einem hauptberuflichen Müllschlucker und -speier angetan wurde. Man hat dem Chefredakteur von BILD nahegelegt, ein einziges Mal seinem Gewerbe nicht nachzugehen...

Und damit steht alles in Gefahr! Keine Mahnung mehr von oben, den Gürtel enger zu schnallen! Keine Ruck-Rede. Kein Vorwärts, Kinder, zum letzten Kampf. Alles weg. Weil kein Glauben mehr dabei. Ohne verordnetes Vertrauen kein eingezogenes Genick...

Ich brauche den Zuckerguss nicht. Dass Merkel und ihre Kompanie uns die Butter vom Brot nehmen, ist schlimm genug. Aber klappt ohne weiteres auch ohne Abendgebet auf den leeren Magen. Und eine Instanz weit über den Parteien habe ich noch weniger nötig. Warum sich was vormachen:der Präsident wird von den wirklich Mächtigen vorgeschickt. Wenn Merkel ihn jetzt unter den Schutzmantel nimmt, hat sie die Gewaltenteilung offen abgeschafft. Aber in Wirklichkeit klappte die seit dreißig Jahren nicht mehr. Also gleich offen die gemeinsame Diktatur ausrufen! Opposition, Regierung, Gericht und Präsident- eine Decke über den Köpfen aus Blei.

Was steckt hinter der Meutenjagd? Zunächst natürlich Wulffs Blödheit, über das normale Maß hinaus. Andere lassen anrufen. Andere lassen sich nicht erwischen beim Pöbeln über ungünstige Presse. Aber das kennt man z.B. von Sarkozy . Und dem hat es bisher kaum geschadet.

Nachdem sich Wulff als Schusselkopf einmal geoutet hatte, zunächst natürlich Grün&Rot, verhalten staatsmännisch wadenschnappend, in allertiefster Sorge um das AMT. Genau genommen: Um die Kanzelzucht, wenn - wie anzunehmen - die Zeiten härter werden. Und das Volk Schläge braucht. Aber ohne Umsturzabsicht. Nur mal so zuschnappen - zum Kieferlockern!

Dahinter aber eine Gruppe von Rechten, die zwar mit Merkels unschlüssigem Gehampel ganz zufrieden sind, so lange es gut geht. Aber hinter ihr das Schaugerüst scharfer Entschlossenheit aufbauen wollen. Dafür eignet ein Laschi sich nicht. Aber ein Gauck! Wie ihn die Ehrenvorkämpferin für alles Gute und Schöne- Lengsfeld- wieder aus dem Umzugskarton gekramt hat. Den bärbeißigen Anti-Kommunisten mit zwei Überzeugungen pro Tag. Der uns einheizt zum Siegeszug der Einsichtigen nach der WENDE und Befreiten - hin über Europa! Nur den nicht!

Wo man die FDP-Reste demnächst sowieso aus der Pfanne kratzen muss, ginge der Wechsel in Bellevue gleich mit. Konzept demnach: Merkel murmelt vorne weiter, so lange es geht. Im Hintergrund aber Aufbau einer neuen großen Koalition mit SPD - hin zu Mumm, Mampfen und Macht.

So gesehen bekommt die Kampagne ihren Sinn. Von der WELT und der Rechtsfraktion in der FAZ her konsequent gedacht. Andere Blätter - wie üblich FR vornedran - von der Begeisterung mitgerissen, mal auf einen Oberen draufzuhauen. Macht Spaß, auch wenn man nicht weiter weiß.

In dieser Lage bleibt nur eines: durchhalten unter dem löchrigen Schirm. Mit dem abgelederten Personal. Und sich gegen die größeren Schüttelungen wappnen, die im Gange sind. Fritz Güde

PS: Wulff rückte am Abend noch einmal heraus mit dem, was er für eine Erklärung hält. Also er hat die Pressefreiheit sehr lieb. Und wenn er Fehler begangen hat, dann nur für die Familie. Für seine Frau eingestanden. Wie jeder von uns,der eine hat. Marmelade wie gewohnt. Macht aber Knäckebrot nicht schmackhafter. Eine Portion Wulff, die den Schlund einfach nicht runter will.

Wulff: War es die Frau Störchin?

Rasendes Suchen. Von wem kam das Geld für Wulffs Eigenheim? Es läuft nach dem Muster von Fallerslebens Liedchen: "Auf unsren Wiesen gehet was/...hat ein schwarzweiß Fräcklein an/ und auch rote Strümpfe" Lösung des Rätsels dann schelmischerweise: nicht der Storch, die Frau Störchin flattert uns voran. Das Lied, dem jugendlichen Wulff sicher oft vorgesungen, hat jetzt den fünfzigjährigen verstört. Wie wenn es darauf ankäme, ob - mit oder ohne Gütergemeinschaft - der Mann oder die Frau was gespendet hat. Darüber können jetzt alle sich die letzten Haare ausraufen im Streit. Bis eine andere Fliege über den Teller krabbelt.

Wer braucht schon einen Präsidenten?
Merkwürdig - wie gestern bei Jauch - alle öffemtlichen Verlustmeldungen - bis zum sichtbaren Magengrimmen. Die einen wollten einen Redenschwinger in finsteren Zeiten. Was sollte der aber anderes beibringen als Merkels gut Abgehangenes noch einmal? Einmal reicht. Kein Bedarf für Aufgewärmtes.

Andere spürten auf einmal den Verlust an "Werten". Erst an Wulffs Ausreden soll ihnen schmerzlich aufgefallen sein, dass es mit der Würdigung der Werte bei "uns" nicht mehr gut bestellt ist. (Dieses "uns" und "wir" beim Diskutieren beunruhigt: Als hätten wir alle kollektiv die gleichen Mangelerscheinungen. Eine Art National-Skorbut!)

In der Instant-Besprechung der FAZ des gestrigen Jauch wurden Beispiele aufgezählt, wofür man einen Präsidenten in der Not doch einmal brauchen könnte. Nur: Jelzin als Retter von etwas, das später als Demokratie auf dem Flohmarkt verkauft wurde, machte niemand recht an. Und der spanische König damals als Verhinderer eines Militärputsches? Na ja. Wulff auf einem Panzerdeck predigend über dem stürmenden Volke möchte ich mir persönlich nicht zumuten. -Recht häufig stießen vor allem GRÜNE Not-Schreie aus, sehnende, nach dem verpassten Gauck. Wie wenn gerade ein hartgesottener Antikommunist und Richtbeilschwinger den ärgsten Heißhunger der Demokraten hätte länger als fünf Minuten stillen können.

Die Wut auf Wulff muss sich von anderswoher gespeist haben. Wo doch alle Journalisten sich sowieso für die besten Redenschreiber halten- woher dann das hungrige Magenknurren nach Wulff-Reden? Und nach strahlender Wulff-Ehrlichkeit?

Der wahre Grund?
Die "Aufgeregtheiten" (FAZ) um Wulff stellen wohl eher einen Schrägangriff gegen Merkel dar. Bei Abgang Wulffs hätte sie schon zwei Kandidaten verbraucht. Woher dann den dritten nehmen. Gruselsüchtige könnten auf Oettinger verfallen. Oder den armen Schäuble mit dem immer wunden Popo in Auslandseinsätze jagen.Mit einem Wort: einen einschläfernderen als Wulff "findst Du nit". Unter den gegebenen Bedingungen käme immer nur ein weiterer unschädlicher Langeweiler hoch und durch.

Wenn es aber gegen Merkel und ihre Armenhäuslertruppe geht, warum dann das Schräge? Warum kein Direktangriff?

Antwort - hypothetisch: Man traut sich nicht. Auf der Ebene des gemütlichen Katastrophen -Kaffee-Klatsches, aber auch der gezielten Analyse finden all die, die jetzt gegen Wulff wettern, keine Angriffsperspektive gegen Merkel. Keinen scharf gedachten Gegenansatz. Also stänkern, aber nicht stechen. Nachher kann man auf keinen Fall verantwortlich gemacht werden.

Das wäre wohl das eigentliche Problem: Eine Schar von Verängstigten, Miesepetern, Werteschnappern beim Mosern. Die zubeißen will, aber keine angreifbare Flanke findet. In diesem Halblicht - "Zwischen Tag und siehsch mi net" - wird sich eine Merkel noch lange tummeln können.

Bevor das Unvermeidliche eintritt.

Schlagkraft!

Kaum hatte die Regierung und ihre Bataillone das Parlament das erste Mal belogen - von Hebeln sei keine Rede bei den zugesagten bis erpressten Garantien für Anleihen-Ankäufe, tauchte am nächsten Morgen das Wort "Schlagkraft" auf in sämtlichen offiziellen Fernsehsendungen. Hörte sich gut und überzeugend an! "Schlagkraft" - wer denkt sich was Böses dabei? Was nutzt ein schlapper Hammer, der keine Wirkung hat beim Zuschlagen? Und dass wir alle zusammen zuschlagen müssen, haben "wir" doch eben beschlossen im Parlament ohne Opposition.

Das Wort hat Karriere gemacht. Kaum eingebürgert fürs Finanzwesen, hat es sich jetzt der Militärorganisation bemächtigt. Auch die angebliche Sparpolitik unseres derzeitigen Wehrmachtsministers dient vor allem der "Schlagkraft" im Ausland. Hier bekommt das Wort schon seine greifbarste- und für andere schmerzliche- Bedeutung.

Ein deutsches Volk, in allen seinen Stämmen geeint im Willen zur Schlagbewegung - so könnte ein neuverstandenes Grundgesetz anfangen, wenn aus Versehen einmal nach Wahrheit gefragt würde. Wie aber kommt so ein Lockwort überfallartig über die angeblich unabhängigen und freien Nachrichtenorgane unseres Landes? Auf pfingstliche Inspiration ist wohl nicht zu setzen.

Sollte es da doch Direktiven geben? Nicht im Sinne einer einfachen Verschwörung. Mehr in dem einer langsamen Osmose, wie sie inzwischen alle Sendearten durchzieht. Gerade die allertrivialsten.

Nehmen wir nur mal als Beispiel die Redensart vom "Zeit kaufen". Eine der Grundkategorien nicht nur der Lalltüte v. Dohnanyi, sondern der meisten ernsten Kommentatoren. Wer sich langjährig von amerikanischen und deutschen Comedies einschläfern ließ, kennt sie als den Spruch "Schatz, ich bin noch nicht so weit". Zeit kaufen läuft hier hinaus auf allerlei Umtriebe vor dem ersten Sprung in die Kiste - der unweigerlich folgt. Politisch sehr genau: "Am Ende wird es den großen Zusammenbruch geben, aber dann sind wir alle schon raus -wenn wir Glück haben." Das sickert dann so ein ins Allgemeinbewußtsein.

Ähnlich das Ringen um Vertrauen. Verbraucht fast die halbe Sendezeit von "Rote Rosen". "Vertraust Du mir denn nicht mehr?"- "Du musst lernen, mir zu vertrauen". Am Ende muss das ja klappen, sonst hörte die Serie unverhofft doch einmal auf.

In der Politik hat die Einsicht gesiegt, dass das altertümliche Vertrauen hoffnungslos versiegt ist. Dasjenige nämlich, dass ein Ausleiher eines Tages das Ausgeliehene zurückbekommt. Mit Zins, normalerweise.

Stattdessen wird Vertrauen synthetisch gewoben. Auf den beliebten Konferenzen in Brüssel oder sonstwo. Vertrauen schaffen heißt jetzt: "Ich verspreche Dir soundsoviel Dollars - nach Sarkozy - sonst Euros - sofort, wenn Du meinen Versprechungen auf ewig und immerdar glaubst - oder so tust, als ob!" Dann - wie im Vorlagenfilm - Massenknutschen.

Nur eine Standardszene ist noch nicht in den Wortschatz der Politik eingedrungen: "Schatz, ich kann Dir das erklären". Ein Wesen, meist Mann, nestelt sich von seiner Mitlagernden los, springt nackt aus dem Bett und breitet die Arme. Türenschlagen die Folge. Wenn das einmal auf die Politik übertragen werden müsste, könnte es nicht anders heißen als "Genossen, Kollegen - ich bin wirklich pleite". Die Höllenanstrengung unserer Kanzlerin richtet sich allein darauf, dass dieser Augenblick so spät wie möglich ins Fernsehen dringt.

Und was tun wir dazu, dass das wenigstens mal vorstellbar wird?

Jauch: Adenauers Fernsehmodell erfüllt und übererfüllt.

Nachdem eine Triumphsitzung mit Merkel absolviert worden war, erfüllte Jauch am letzten Sonntagabend endgültig Adenauers Fernseherwartungen. Es wurde nicht nur regierungsamtlich gezeigt, was "ist" - was als seiend angesehen werden soll- sondern es wurde gleich vorgemacht, wie das Jetzige sich künftig durchsetzen wird.

Adenauer hatte mit dem damaligen Finanzminister Schäffer übers Wochenende weg einen Sender als angebliche Privatveranstaltung gegründet, mit lächerlichen Geldbeträgen. In dem sollte dem noch nicht so fernsehgewohnten Publikum eingebläut werden, was sie zu glauben hatten. Das Verfassungsgericht haute seinerzeit den zwei Gründern auf die dünngewordenen Gierfinger. Ab damals wurde das ZDF so ähnlich reglementiert wie ARD: langweilig, ehrbar und zunächst mit wenig offenen Anleihen am überlieferten Wehrmachverteitsbericht.

Das soll jetzt anders werden. Im ARD. Und mit Jauch! Es wurde antransportiert Helmut Schmidt -dauerrauchend- und einer der bewährten Stones der SPD. Steinbrück. Zur Krise. Dass nichts Erklärendes ausgegeben werden durfte, versteht sich. Dafür waren sich die beiden Freunde einig, dass das kollektive Belügen des Publikums nicht Lügen genannt werden darf, aber erste Pflicht einer neuzeitlichen Regierung darstellt. Merkel und Steinbrück hatten zur Zeit ihrer gemeinsamen Manipulation feierlich eine Erklärung abgegeben: sämtliche Renten und Spareinlagen in ganz Deutchland seien sicher. Selbstverständlich war damals wie heute klar, dass die garantierten Summen nie hätten ausgeliefert werden können, wenn sich tatsächlich Schlangen vor den Bankenkassen gebildet hätten. Wichtig war nicht die Wahrheit der Versprechungen, wie Schmidt zweimal versicherte, sondern die Botschaft an die Kunden und Banken. Es ging also um den psychologischen Effekt! Nichts tun, aber überemsig den Schein erzeugen, dass etwas getan wird. Das bekannte von Debord, dem Chef der Situationisten entwickelte Prinzip: "ut aliquid fiat". Dass der Eindruck entsteht, es sei für alles gesorgt und werde "etwas getan". Im freudigen Bekenntnis zu dieser Art von Volksberuhigung "als Politik" trafen sich Schmidt, Steinbrück, Jauch und alle, die wussten, dass an Schuldenrückzahlung und grundsätzliche Sanierung des Haushalts nicht mehr zu denken ist. Aber dass in pausenloser Geschäftigkeit der Eindruck erweckt werden muss, als hätten die Herrschenden oben immer noch ein paar Asse im Ärmel,mit denen sie den ganzen Trumpf schon noch hereinholen würden.

Ebenfalls von Adenauer noch nicht bedacht: die Zusammenarbeit verschiedener Medien zum immergleichen Ziel: Massenbetäubung. So wird am Montag der neue SPIEGEL erscheinen mit einem Titelbild: Steinbrück und Schmidt. Titel "Er kann es". Obamas zerrupftes Flügelkleid, für einen SPD-Feldwebel immer noch ausreichend. Und in der ZEIT der letzten Woche, ausgiebig zitiert, findet sich ein Auszug aus dem gemeinsamen Buch der beiden Politik-Imitatoren und Schachmeister: "Zug um Zug".

Also: Man hat sich in den einflussreichen Kreisen geeinigt. Es wird demnächst wieder große Koalition verfügt. Dieses Mal vielleicht sogar mit Steinbrück als Vormann. Merkel zur Erholung einmal im Nachschlapp. "Weh uns Armen" wie es im Faust heißt!
cronjob