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75. Todestag von Karl Valentin: "Mysterien eines Frisiersalons"

Wir unterbrechen unser Programm anlässlich des 75. Todestages von Karl Valentin mit der Ausstrahlung des Films "Mysterien eines Friseursalons" mit Karl Valentin und Blandine Ebinger in hauptsächlichen, Liesl Karlstadt in einer nicht unwesentlichen und Max "Nosferatu" Schreck in einer nebensächlichen Rolle. Gedreht wurde die Groteske 1922 auf dem Speicher eines Münchner Hauses in der Tengstraße von Erich Engel und Bertolt Brecht, dessen 125. Geburtstag wir morgen feiern. Der Film ist die berühmteste Stummfilmproduktion Valentins.

Der Zweiakter passierte die Filmzensur am 14. Juli 1923 und erhielt Jugendverbot. Der verschollen geglaubte Film tauchte erst Anfang der 70er Jahre in der damaligen Sowjetunion wieder auf.



Gegen den Krieg

Als der letzte Krieg vorüber war,
gab es Sieger und Besiegte:
Bei den Besiegten das nied–™re Volk hungerte.
Bei den Siegern hungerte das nied–™re Volk auch.

Die das Fleisch wegnehmen vom Tisch,
lehren Zufriedenheit.
Die, für die die Gaben bestimmt sind,
verlangen Opfermut.
Die Sattgefressenen sprechen zu den Hungrigen
von großen Zeiten, die kommen werden.

Die das Land in den Abgrund stürzen,
nennen das Regieren zu schwer
für den einfachen Mann.

Wenn die Ob–™ren vom Frieden sprechen,
Mann auf der Straße, laß alle Hoffnung fahren.
Wenn die Ob–™ren Nichtangriffspakte schließen,
kleiner Mann, mach dein Testament.

Wenn der Krieg kommt, wird sich vieles vergrößern.
Es wird größer werden der Reichtum der Herrschenden.
Es wird größer werden: das Elend der Ausgebeuteten,
der Hunger, die Ungerechtigkeit und Unterdrückung.
Die werden größer werden.

Auf der Mauer stand geschrieben: Sie wollen Krieg.
Der es geschrieben hat, ist schon gefallen.

Wenn die Ob–™ren vom Frieden reden,
weiß das gemeine Volk, daß es Krieg gibt.
Wenn die Ob–™ren den Krieg verfluchen,
sind die Gestellungsbefehle schon ausgeschrieben.

Wenn die Ob–™ren von Ehre reden,
weiß das gemeine Volk, daß es Krieg gibt.
Wenn die Ob–™ren uns Ruhm versprechen,
sind die Gestellungsbefehle schon ausgeschrieben.
Wenn sie reden von großen Zeiten,
weiß das gemeine Volk, daß es Blut gibt.
Wenn die Ob–™ren von Opfern sprechen,
so meinen sie unser Blut.

Sie reden wieder von großen Zeiten,
von Ehre, von Siegen.
Marie, weine nicht.

Wenn es zum Marschieren kommt:
Euer Feind marschiert an der Spitze.
Die Stimme, die euch kommandiert,
ist die Stimme eures Feindes.
Wer da vom Feind spricht, ist unser Feind.
In der Schlacht habt ihr den Feind im Rücken.

General, dein Tank ist ein starker Wagen.
Er bricht Wälder nieder.
Er zermalmt hundert Menschen.
Aber er hat einen Fehler:
Er braucht einen Fahrer.

General, dein Bomberflugzeug ist stark.
Es fliegt schneller als der Sturm
und trägt mehr als ein Elefant.
Aber es hat einen Fehler:
Es braucht einen Monteur.

General, der Mensch ist sehr brauchbar,
er kann fliegen, er kann töten.
Aber er hat einen Fehler:
Er kann denken.

Das Brot der Hungrigen ist aufgegessen.
Das Fleisch kennt man nicht mehr.
Der Schweiß des Volkes
ist nutzlos vergossen.
Aus den Schloten der Munitionsfabriken
steigt Rauch.
Dieser Krieg ist nicht unser Krieg.

Text: Bertolt Brecht
Musik: Hanns Eisler

Rede für den Frieden

Foto: © Jörg Kolbe, Bundesarchiv, Bild 183-W0409-300 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 dea
"Das Gedächtnis der Menschheit für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz. Ihre Vorstellungsgabe für kommende Leiden ist fast noch geringer. Die Beschreibungen, die der New Yorker von den Gräueln der Atombombe erhielt, schreckten ihn anscheinend nur wenig. Der Hamburger ist noch umringt von Ruinen und doch zögerte er, die Hand gegen einen neuen Krieg zu erheben. Die weltweiten Schrecken der vierziger Jahre scheinen vergessen. „Der Regen von gestern macht uns nicht nass“, sagen viele.

Diese Abgestumpftheit ist es, die wir zu bekämpfen haben, ihr äußerster Grad ist der Tod. Allzu viele kommen uns schon heute vor wie Tote, wie Leute, die schon hinter sich haben, was sie vor sich haben, so wenig tun sie dagegen.

Und doch wird nichts mich davon überzeugen, dass es aussichtslos ist, der Vernunft gegen ihre Feinde beizustehen. Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen, damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde! Lasst uns die Warnungen erneuern, und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind! Denn der Menschheit drohen Kriege, gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind und sie werden kommen ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Hände zerschlagen werden."

Bertold Brecht (1952)

Wer zu Hause bleibt...



Bertolt Brecht (1954) Foto: Bundesarchiv, Bild 183-W0409-300 / Kolbe, Jörg / CC-BY-SA 3.0


„Wer zu Hause bleibt, wenn der Kampf beginnt

Und lässt andere kämpfen für seine Sache

Der muss sich vorsehen: denn

Wer den Kampf nicht geteilt hat

Der wird teilen die Niederlage.

Nicht einmal den Kampf vermeidet

Wer den Kampf vermeiden will: denn

Es wird kämpfen für die Sache des Feinds

Wer für seine eigene Sache nicht gekämpft hat.“



Bertolt Brecht, aus dem Fragment Koloman-Wallisch-Kantate

Siehe auch: WikiPedia zu Koloman Wallisch

Eingeordnet in das durchprüfte System





Bertolt Brecht (1954) Foto: Bundesarchiv, Bild 183-W0409-300 / Kolbe, Jörg / CC-BY-SA 3.0

Eingeordnet in das durchprüfte System meiner Beziehungen

Ein elastisches Netz, vermeide ich seit langem

Neue Begegnungen. Emsig bemüht, niemals

Durch Belastungen meine Freunde zu erproben

Oder ihnen besondere

Funktionen zu geben

Halte ich mich an das Mögliche.

Solange ich nicht falle

Werde ich nicht das Unmögliche verlangen

Solange ich nicht schwach werde

Werde ich der Schwäche nicht begegnen.

Aber die neuen Leute mögen

Von anderen geschätzt werden.

Bertolt Brecht * 10. Februar 1898 –  14. August 1956

Über Verführungen

Laßt Euch nicht verführen!
Es gibt keine Wiederkehr.
Der Tag steht in den Türen,
ihr könnt schon Nachtwind spüren:
Es kommt kein Morgen mehr.

Laßt Euch nicht betrügen!
Das Leben wenig ist.
Schlürft es in vollen Zügen!
Es wird Euch nicht genügen,
wenn Ihr es lassen müßt!

Laßt Euch nicht vertrösten!
Ihr habt nicht zu viel Zeit!
Laßt Moder den Erlösten!
Das Leben ist am größten:
Es steht nicht mehr bereit.

Laßt Euch nicht verführen
Zu Fron und Ausgezehr!
Was kann Euch Angst noch rühren?
Ihr sterbt mit allen Tieren
und es kommt nichts nachher.

Bert Brecht 1925

Esslingen: Themenabend anlässlich Bertolt Brechts 60. Todestages

Flyer zum Themenabend
Bertolt Brecht ist vielen als Autor von Theaterstücken wie „Mutter Courage und ihre Kinder“, oder „Die Dreigroschenoper“ bekannt. Der 1898 in Augsburg geborene Brecht war aber mehr als ein begnadeter Theaterschriftsteller. Er schrieb hunderte Gedichte und Bücher mit Kurzgeschichten. Bertolt Brecht berief sich in seiner Arbeit immer wieder auf Karl Marx, allerdings ohne jemals Mitglied der KPD gewesen zu sein.

1933 floh er aus Deutschland und wurde einer der wichtigsten Exilschriftsteller.

Nicht nur wegen seiner politischen Ideen schieden sich an ihm die Interpretationen. War er für die einen genial, warfen ihm später einige Journalisten und Germanisten vor, dass ein großer Teil seiner Werke gar nicht von ihm sei und er seine Umgebung ausgebeutet hätte.

Bertolt Brecht starb am 14. August 1956 in Ost-Berlin.

Im Vortrag von Janka Kluge wird auf das widersprüchliche Bild von Bertolt Brecht eingegangen.

September 2016 20:00 Uhr
Buchladen Die ZeitGenossen
Strohstraße 28
73728 Esslingen am Neckar

Via VVN-BdA Esslingen

Bertolt Brecht zur Frage von Organisation und Bündnispolitik

Bertolt Brecht (1954)
Foto: Bundesarchiv, Bild 183-W0409-300 / Kolbe, Jörg / CC-BY-SA 3.0
Über Kompromisse
oder
Wein und Wasser aus zwei Gläsern trinken

Mi-en-leh lehrte über Kompromisse:

Kompromisse sind oft nötig.
Viele Leute verstehen darunter, Wasser in seinen Wein schütten.
Gemeint ist, unverdünnt sei Wein unbekömmlich.
Oder, der vorhandene Wein reiche für den Durst nicht aus.
Ich habe eine andere Ansicht von Kompromissen.
Ich trinke dann Wein und Wasser aus zwei Gläsern.
Denn es ist viel zu schwer, dann wieder den Wein aus dem Wasser zu schütten.

Bertolt Brecht: Me-Ti. Buch der Wendungen
(Im Buch Me-Ti ist Mi-en-leh Brechts Pseudonym für Lenin)

Via Die Wurfbude. Würfe und Entwürfe.

Blogkino: Die Dreigroschenoper (1931)

Den Abschluss unserer kurzen Retrospektive zu Verfilmungen von Werken Bertold Brechts in der Reihe Blogkino bildet das heute wohl noch bekannteste Stück, die Dreigroschenoper in der Verfilmung aus dem Jahr 1931. Einige Musiknummern wie die Moritat von Mackie Messer wurden Welthits. Zum Inhalt: "Die Handlung kreist um den Konkurrenz- und Existenzkampf zwischen zwei „Geschäftsleuten“, dem Kopf der Londoner Bettelmafia (Peachum), der Bettler erpresst und sie so ausstattet, dass sie das Mitleid der Passanten erregen, und einem Verbrecher (Macheath), der gute Beziehungen zum Polizeichef (Brown) von London hat. (...)" (Wikipedia)

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