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A Life in the Balance - Ein Leben in der Schwebe

Mumia Abu-Jamal 2014

Der aktuelle Bericht von Amnesty International zu Mumia Abu-Jamal ist das Ergebnis des Studiums von Mumias Fall und den damit verbundenen Prozeßprotokollen und original Akten. In der Broschüre sind in kompakter Form wesentliche Punkte des Tathergangs, der Prozessführung und der Situation in Philladelphia, vor Gericht und im Knast geschildert und dokumentiert. Es eignet sich in guter weise, einen umfassenden Einblick in die Thematik zu bekommen

Nach der englischsprachigen Broschüre, die schon seit März 2000 zum download verfügbar ist, ist im Oktober 2000 die deutsche Übersetzung von Amnesty International Deutschland herausgegeben worden. Sie enthält u.a. weitere Quellen zur Arbeit von Amnesty zum Verfahren von Mumia Abu-Jamal und zur Todesstrafe in den USA. Die Übersetzung kahm durch Mithilfe von verschiedenen Gruppen der Bundesweiten Kampagne in der BRD zustande.

Aus der Beschreibung der englischsprachigen Broschüre:
After many years of monitoring Mumia Abu-Jamal's case and a thorough study of the original documents, including the entire trial transcripts, Amnesty International has concluded that the proceedings used to convict and sentence Mumia Abu-Jamal to death were in violation of minimum international standards that govern fair trial procedures and the use of the death penalty. Amnesty International believes that the interests of justice would best be served by the granting of a new trial to Mumia Abu-Jamal.

Nach vielen Jahren der Beobachtung des Falles von Mumia Abu-Jamal und sorgfältigem Studium der Originaldokumente einschließlich der gesamten Prozeßmitschriften ist Amnesty International zu dem Schluß gelangt, daß das Verfahren, in dem Mumia Abu-Jamal schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt wurde, gegen die internationalen Mindestnormen für faire Prozeßführung und die Verhängung der Todesstrafe verstoßen hat. Amnesty International ist der Meinung, daß den Interessen der Gerechtigkeit am besten gedient wäre, wenn Mumia Abu-Jamal ein neues Verfahren gewährt würde.

Den Text gibt es in englischer Sprache als PDF zum Download: A Life in the balance (English; PDF; 248kb)

Quelle: mumia.de

Wir bitten darum, Mumia einfach mal einen Brief oder eine Postkarte zu schreiben:

Mumia Abu-Jamal

#AM 8335
SCI Mahanoy
301 Morea Road
Frackville, PA 17932
USA

Free Mumia Abu-Jamal! Kundgebung 2. Dezember 2017 - 14:00 US Botschaft in Berlin

Im Dezember 2017 jährt sich bereits zum 36. Mal die Inhaftierung des ehemaligen Black Panthers und afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal. Der Kampf um seine Freiheit steht auch für 36 Jahre Kampf gegen rassistische Polizeigewalt, politische Repression, die Todesstrafe sowie die Masseninhaftierung in den USA. Der Kampf um Mumias Freiheit dreht sich im Kern um die Überwindung der nie beendeten Sklaverei, die ihre modernen Form in der Gefängnisindustrie des Landes ausübt.

In den vergangenen Jahren wurde viel erreicht: Mumias Todesstrafe konnte endgültig abgewendet werden. Für ihn und hunderte anderer Gefangener im US Bundesstaat Pennsylvania konnte medizinische Versorgung gegen Hepatitis-C durchgesetzt werden. Aktuell kämpft Mumia zusammen mit der Bewegung für die Wiederaufnahme seines manipulierten Verfahrens, das 1982 zu seiner Verurteilung führte. Im besonderen Fokus liegen dabei momentan Akten der Staatsanwaltschaft, die seiner Verteidigung vorenthalten werden.
MUMIA - You Will Never Walk Alone!

Kundgebung Samstag, 2. Dezember 2017 - US Botschaft - 14 Uhr
US Botschaft, Pariser Platz 2/Brandenburger Tor - 14195 Berlin-Mitte - U+S-Brandeburger Tor

New Book by Mumia Abu-Jamal: Have Black Lives Ever Mattered?

"A must-read for anyone interested in social justice and inequalities, social movements, the criminal justice system, and African American history. An excellent companion to Michelle Alexander's The New Jim Crow and Ava DuVernay's documentary 13th." –”Library Journal, Starred Review

"I was fortunate to grow up in a community in which it was apparent that our lives mattered. This memory is the antidote to the despair that seizes one of my generation when we hear the words 'Black Lives Matter.' We want to shout: Of course they do! To you, especially. In this brilliant, painful, factual and useful book, we see to whom our lives have not mattered: the profit driven Euro-Americans who enslaved and worked our ancestors to death within a few years, then murdered them and bought replacements. Many of these ancestors are buried beneath Wall Street. Mumia Abu-Jamal's painstaking courage, truth-telling, and disinterest in avoiding the reality of American racial life is, as always, honorable."–”Alice Walker

"Prophet, critic, historian, witness . . . Mumia Abu-Jamal is one of the most insightful and consequential intellectuals of our era. These razor-sharp reflections on racialized state violence in America are the fire and the memory our movements need right now."–”Robin D. G. Kelley, author of Freedom Dreams: The Black Radical Imagination

"Mumia Abu-Jamal's clarion call for justice and defiance of state oppression has never dimmed, despite his decades of being shackled and caged. He is one of our nation's most valiant revolutionaries and courageous intellectuals."–”Chris Hedges, Pulitzer-prize winning journalist and author of Wages of Rebellion: The Moral Imperative of Revolt

"This collection of short meditations, written from a prison cell, captures the past two decades of police violence that gave rise to Black Lives Matter while digging deeply into the history of the United States. This is the book we need right now to find our bearings in the chaos."
–”Roxanne Dunbar-Ortiz, author of An Indigenous Peoples' History of the United States

In December 1981, Mumia Abu-Jamal was shot and beaten into unconsciousness by Philadelphia police. He awoke to find himself shackled to a hospital bed, accused of killing a cop. He was convicted and sentenced to death in a trial that Amnesty International has denounced as failing to meet the minimum standards of judicial fairness.

Mumia Abu-Jamal 2014
In Have Black Lives Ever Mattered?, Mumia gives voice to the many people of color who have fallen to police bullets or racist abuse, and offers the post-Ferguson generation advice on how to address police abuse in the United States. This collection of his radio commentaries on the topic features an in-depth essay written especially for this book to examine the history of policing in America, with its origins in the white slave patrols of the antebellum South and an explicit mission to terrorize the country's black population. Applying a personal, historical, and political lens, Mumia provides a righteously angry and calmly principled radical black perspective on how racist violence is tearing our country apart and what must be done to turn things around.

Mumia Abu-Jamal is author of many books, including Death Blossoms, Live from Death Row, All Things Censored, Writing on the Wall, and Jailhouse Lawyers.

"[Mumia's] writings are a wake-up call. He is a voice from our prophetic tradition, speaking to us here, now, lovingly, urgently."–”Cornel West

"He allows us to reflect upon the fact that transformational possibilities often emerge where we least expect them."–”Angela Y. Davis

Publisher City Lights Publishers
Format Paperback
Nb of pages 144 p.
ISBN-10 0872867382
ISBN-13 9780872867383

63. Geburtstag von Mumia Abu-Jamal - neue Initiative zu seiner Freilassung

Der politische Gefangene Mumia Abu-Jamal wird am heutigen 24. April 63 Jahre alt. Mehr als 35 Jahre seines Lebens hat er inzwischen im Gefängnis verbracht, über 29 Jahre davon in der Todeszelle. Er ist seit Jahren schwer an Hepatitis-C erkrankt. Das bundesweite Free-Mumia-Netzwerk ruft an seinem heutigen zu neuen Anstrengungen zu seiner Freilassung auf. Wir dokumentieren diesen Aufruf und bitten unsere LeserInnen um Unterstützung.

Mumia freut sich über Geburtstagspost:

Mumia Abu-Jamal

#AM 8335
SCI Mahanoy
301 Morea Road
Frackville, PA 17932
USA

Zum Geburtstag von Mumia Abu-Jamal: Anfang vom Ende der Gefangenschaft? Dramatischer Appell zum Fundraising der Verteidigung

Mumia Abu-Jamal 2014
Heute hat der gefangene Journalist Mumia Abu-Jamal seinen 63. Geburtstag. Im folgenden wollen wir uns mit den Hintergründen seiner Inhaftierung seit 1981 befassen und auf die aktuellen Gefangenenkämpfe in den USA eingehen, an denen der ehemalige Black Panther bis heute aktiv teilnimmt.

Ein dringender Hilferuf erreichte uns aus den USA. Johanna Fernandez vom Committee to Save Mumia Abu-Jamal ruft in ihrem Schreiben zu unmittelbarer Hilfe auf. Derzeit überschlagen sich die Ereignisse um unsern „Long-Distance-Revolutionary“ und seine rechtliche Vertretung hat alle Hände voll zu tun. Endlich wird seine lebensbedrohende Krankheit behandelt. Aber viele glauben, dass diese inzwischen rechtlich erzwungene Behandlung zu spät aufgenommen wurde.

Mit einer anderen juristischen Initiative soll außerdem eine neue Verhandlung des Falls erreicht werden. Ausgerechnet an seinem Geburtstag, dem 24.April 2017 startet eine Anhörung zur neuesten Wendung in dieser langwierigen Geschichte: quasi in einem „letzten Gefecht“ werden seine Anwält*innen nachweisen, dass Mumia nicht nur zu Unrecht verurteilt wurde, sondern auch schwerwiegende Verfahrensmängel einen neuen Prozess erfordern.

Hiermit steht also Spitz auf Knopf: entweder ein Durchbruch erzielt den Anfang vom Ende seiner Gefangenschaft. Oder aber uns läuft die Zeit davon und Mumia geht einen weiteren Schritt zu seinem Ende im Knast entgegen.

Erinnern wir uns...

About Mumia Abu-Jamal

Der afroamerikanische Journalist wurde 1981 von der Polizei in Philadelphia (USA) niedergeschossen und 1982 ohne gültige Beweise für den vermeintlichen Mord an einem Polizisten zum Tode verurteilt.

Über Jahrzehnte anhaltende Proteste gegen diesen Akt staatlicher Repression gegen einen engagierten Journalisten konnten die Hinrichtung verhindern. 2011 bestätigte der US Supreme Court, dass die Verurteilung von Mumia nicht rechtmäßig zustande gekommen sei und hob das Todesurteil auf. Trotzdem ist er bis heute in Haft.

Denn mit Mumia Abu-Jamal verfolgte die Justiz ein sehr prominentes Mitglied des schwarzen Widerstands: Bereits als Teenager in den 60ern beteiligt sich Mumia an vielen Demonstrationen gegen Rassisten und Diskriminierung schwarzer US-Bürger_innen.

Nachdem er bereits früh Opfer von Polizeigewalt wird, erkennt er, dass zum Verändern rassistischer Diskriminierung eine starke Selbstorganisierung notwendig ist. So ist er 1969 maßgeblich an der Gründung der Black Panther Party (BPP) in seiner Geburtsstadt beteiligt und übernimmt den Posten des Pressesprechers sowie die parteieigene Zeitungsgestaltung. Im Zuge der Zeitungsarbeit bereist er in den folgenden Jahren weite Teile der USA und berichtet u.a. über den Mord des FBI an dem bekannten Panther-Aktivist Fred Hampton in Chicago. In diesem Zusammenhang wird er auch in einem Interview 1970 mit einem Zitat in Verbindung gebracht, das dann unter Missachtung des Zusammenhanges in seinem späteren Mordprozess von 1982 stark zu seinem Todesurteil beitrug: „Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen“ - von Mumia gebraucht, um die brutale Behandlung der Afroamerikaner_innen und ihre Organisationen wie der BPP durch die Polizei zu charakterisieren, und vom Staatsanwalt so hingedreht, als sei dies die politische Philosophie nicht des US-Staats, sondern Mumias!

Als das Aufstandsbekämpfungsprogramm des FBI (COINTELPRO) Anfang der 70er große Erfolge bei der Spaltung und letztendlich Zerschlagung der BPP zeigt, verlässt Mumia enttäuscht über vielerlei Fraktionsstreitigkeiten die Organisation und beginnt am Goddard-College in Vermont zu studieren. Am College begegnet er dem Radiojournalismus, in welchem er fortan begeistert tätig ist.

Nach seiner Rückkehr nach Philadelphia sieht es zunächst sogar so aus, als ob der talentierte Journalist Mumia Abu-Jamal eine große Nachrichtenkarriere vor sich hätte. Zeitweilig ist er für eine US-weite Sendung vergleichbar der Fernseh-Literatur Talkshow von Ophra Winfried heute im Gespräch. Allerdings gerät er, während sein Bekanntheitsgrad steigt, wegen einiger seiner Themen in Schwierigkeiten. So berichtet er nicht nur über unverfängliche Themen des Lebens in den USA, sondern hält unbeirrbar an Themen wie rassistischer Polizeigewalt sowie Korruption im Polizeiapparat oder der frustrierenden sozialen Lage, in der die meisten People Of Color leben, fest. Das bringt ihn um die meisten seiner gut bezahlten Radioanstellungen, aber verschafft ihm auch den anerkennenden Spitznamen "The Voice Of The Voiceless" - die Stimme der Unterdrückten.

1978 werden er und andere kritische Journalisten vom damaligen Bürgermeister (und früheren Polizeichef) Philadelphias Frank Rizzo bei einer Pressekonferenz öffentlich angegriffen. Die Polizei hatte das Gebäude der radikalökologischen Organisation MOVE gestürmt, und dabei war, wahrscheinlich im Kreuzfeuer seiner Kollegen, ein Polizist ums Leben gekommen. Mumia und seine Kollegen werden vom Bürgermeister beschuldigt, durch ihre Berichterstattung dafür verantwortlich zu sein. Die Rede endet mit der direkten Drohung, der Bürgermeister hoffe, "noch in meiner Amtszeit dafür zu sorgen, dass Sie dafür zur Verantwortung gezogen werden".

Mumias Verhaftung und Prozess 1981

Wie schnell diese Drohung wahr werden sollte, zeigte sich am 9.Dezember 1981. Als Mumia, der inzwischen nachts Taxi fuhr, um als freier Journalist überhaupt noch seine Familie ernähren zu können, sah, wie ein Polizist seinen Bruder verprügelte, stieg er aus und eilte zur Hilfe. Dieser Polizist, Daniel Faulkner, schoss Mumia nieder.

Unter nie zufrieden stellend geklärten Umständen wurde danach auch Daniel Faulkner dort erschossen.

Die später am Tatort eintreffende Polizei erkannte hier sofort die Möglichkeit, den bekannten kritischen Journalisten endgültig zum Schweigen zu bringen. Unmittelbar nach der Tat war bereits der Leiter der politischen Abteilung der Polizei, George Fencl, am Tatort, der eigentlich an einem Mordschauplatz beruflich zunächst einmal gar nichts verloren hatte. Dass der Tatort sofort manipuliert wurde, ist mittlerweile durch etliche Fotos nachgewiesen, sogar auf einigen Fotos der Polizei selbst. Zeugen, die berichteten, einen vierten Mann nach den Schüssen wegrennen gesehen zu haben, wurden ignoriert. Für die ermittelnden Beamten stand von Anfang an fest, dass Mumia der Täter sein sollte.

Auf der Fahrt ins Krankenhaus wurde der lebensgefährlich verletzte Mumia Abu-Jamal brutal geschlagen und getreten, überlebte aber trotzdem.

Als er einige Monate später wegen Misshandlung bei seiner Festnahme eine Anzeige gegen die beteiligten Beamten erstattete, wurde lange nach den Geschehnissen plötzlich behauptet, Mumia habe in jener Nacht den Mord gestanden. Merkwürdigerweise war es drei geschulten Polizeibeamten sowie zwei Krankenhauswachen nicht früher eingefallen, diese Aussage zu Protokoll zu geben.

Auch die Staatsanwaltschaft war nicht untätig. Bei der Geschworenenauswahl für den Prozess gegen Mumia von 1982 filterte sie systematisch Afroamerikaner*innen aus der Jury und schloss fast alle Zeugen, die Entlastendes hätte erzählen können, aus. Zusätzlich versuchte die Polizei, "Augenzeugen" anzuheuern, die nie am Tatort waren, aber wegen eigener "Vergehen erpressbar waren, wie z.B. Pamela Jenkins, die darüber 1997 in einer Anhörung aussagte. Ein meineidiger Polizist, der behauptete, nicht nur Mumias Waffe neben diesem gefunden, sondern diese Waffe auch ordnungsgemäß behandelt zu haben, um keine Spuren zu vernichten, gehörte ebenso zum Programm wie "verloren gegangene" forensische Untersuchungen, ob aus Mumias Waffe überhaupt ein Schuss abgegeben wurde.

Dass Mumia, der lediglich einen von ihm abgelehnten und völlig unerfahrenen Pflichtverteidiger zur Seite hatte, hier für schuldig erklärt wurde, überrascht nicht.

Der Zweck des Verfahrens wurde besonders in der Phase der Urteilsfindung überdeutlich. Der Staatsanwalt forderte die Todesstrafe, da die radikale journalistische Tätigkeit Mumias beweise, dass er ein "überzeugter Cop-Killer" sei. Wie erwähnt, hatte Mumia hatte 1970 in einem Interview zur Ermordung schwarzer Militanter durch die Polizei gesagt: "Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen". Im Prozess gefragt, ob er nach wie vor zu dieser Aussage stehe, sagte Mumia, dass er glaube, die Geschichte der USA die Richtigkeit dieser Behauptung bewiesen hätte –“ eine Aussage, der man schon nach einem flüchtigen Blick auf die Geschichte der USA kaum widersprechen kann.

Dass Staatsanwalt McGill hiermit die Jury überzeugen konnte, Mumia sei ein "überzeugter" Cop-Killer, muss wohl als eine seiner beruflichen "Meisterleistungen" angesehen werden.

Allerdings hatte er starke Schützenhilfe vom vorsitzenden Richter Sabo, der keiner illegalen Beeinflussung der Jury widersprach und in einer Gerichtspause sogar von einer Gerichtsschreiberin mit den Worten gehört wurde: "Ich werde ihnen helfen, den "n-word" (die Autor_innen möchten dieses rassistischen Ausdruck bewusst nicht verwenden) zu grillen."

Leben in der Todeszelle

Von 1983 bis 2011 saß Mumia in der Todeszelle, viele Jahren davon im SCI Greene im ländlichen Pennsylvania, weit entfernt von Philadelphia, der Herkunftstadt vieler Gefangener, wodurch Besuche von Angehörigen für diese immer eine teure Besonderheit waren.

Auf 6 qm ohne ungefiltertes Tageslicht und Außengeräusche lebte und arbeitete Mumia dort weiter als "The Voice of the Voiceless". Seine Stimme war und ist nach wie vor zu hören.

Wochentags hatte er 2 Stunden "Hofgang", die er für Sport, aber auch für juristische Beratungen seiner Mitgefangenen nutzte. So gelang es ihm bereits vor etlichen Jahren, Harold Wilson mit zur Wiederaufnahme seines Verfahrens und letztendlich nach 18 Jahren Todestrakt zur Freiheit zu verhelfen.

Nachdem die Staatsanwaltschaft im Dezember 2011 ihre Versuche, Mumia hinrichten zu lassen, aufgegeben hatte, befindet er sich seit Januar 2012 im Normalvollzug im Gefängnis SCI Mahanoy, das etwas näher an Philadelphia gelegen ist als SCI Greene.

Weltweite Unterstützung

Mumia Abu-Jamal in den 1990er Jahren
Foto: freemumia.org
Mumia sollte bereits 1995 und auch 1999 hingerichtet werden. Juristisch wurde ihm nicht der Hauch einer Chance gegeben, in irgendeiner Form gegen die sehr offen zutage liegenden Zweifel an und Rechtsbrüche in seinem ursprünglichen Verfahren vorzugehen. Anberaumte Anhörungen ab 1995 waren eine Farce, saß ihnen doch derselbe Richter Sabo vor, der ihn bereits 1982 zum Tode verurteilt hatte und bis heute der Richter mit den meisten Todesurteilen der US-Justizgeschichte seit Wiedereinführung dieser Strafe im Jahr 1976 ist.

Allerdings hatte sich bereits ab ca. 1991 starker internationaler Protest gegen diesen geplanten staatlichen Mord entwickelt. Als 1995 der erste Hinrichtungsbefehl unterzeichnet wurde, kam es auf allen Kontinenten des Planeten zu großen Demonstrationen. Die USA gerieten sogar auf Regierungsebene unter Druck. Die Menschenrechtsfragen und speziell die Anwendung der Todesstrafe sind seitdem immer auf der Tagesordnung geblieben.

Auch 1999, als zum zweiten Mal ein Hinrichtungsbefehl gegen Mumia unterzeichnet wurde, blieben die weltweiten Proteste nicht aus. Allerdings zeichnete sich sich kurz darauf, seit 2001, ein Niedergang der Unterstützung ab. Das wurde wahrscheinlich auch durch die polarisierende Haltung einiger Unterstützungsgruppen sowie Teilen des Anwaltsteams von 2001 bis 2003 begünstigt.

Dessen ungeachtet wurde Mumia selbst immer bekannter: Seit Jahrzehnten berichtet er in wöchentlichen Zeitungskolumnen und mittlerweile 8 Büchern aus dem Inneren der US-Gefängnisse, aber auch über die Situation im Rest der Welt –“ und das wesentlich informierter und kompetenter als viele Mainstreamjournalist*innen, die sich in Freiheit befinden und über tausendmal mehr Mittel verfügen als er. Sein publizistisches Werk wurde in viele Sprachen übersetzt und in aller Welt verbreitet.

Er war einer der ersten, der die wirtschaftlichen Aspekte der Masseninhaftierung von People of Color hervorhob und den Profitgedanken hinter dem System Knast verständlich machte. Weltweit ist der Kampf des Journalisten inzwischen zu einem Symbol gegen die Todesstrafe und die Masseninhaftierung in den USA geworden, wo immerhin ca. 2,3 Millionen Menschen ihrer Freiheit beraubt werden und sich die Gefängnisindustrie zu einem ökonomischen Motor entwickelt hat.

Gefängniskrankheit Hepatitis C

Mumia Abu-Jamal, 6. April 2014
Im Sommer 2015 erfuhr Mumia nach monatelanger schwerer Krankheit, dass er genau wie über 10% aller anderen Gefangenen im US Bundesstaat Pennsylvania an Hepatitis-C erkrankt ist. Die Gefängnisbehörde verweigert ihm wie auch ca. 6.000 weiteren Gefangenen aus Kostengründen eine Behandlung mit dem Medikament Harvoni, welches statistisch eine Heilungsrate von 90 - 95% aufweist.

Unter katastrophalen Bedingungen verbrachte der Journalist das folgende Jahr in Notaufnahmen und der Krankenstation seines Knastes, dem SCI Mahanoy. Zwischenzeitlich saß er mehrere Monate im Rollstuhl und verlor über 40 kg an Gewicht. Gleichzeitig erreichte er durch seine Anwälte eine einstweilige Anordnung, die inzwischen die Behandlung erzwungen hat. Seine Leber ist jedoch bereits irreversibel geschädigt.

Wird Mumias Verfahren jetzt neu aufgerollt?

Mumia Abu-Jamal wird in den kommenden Wochen auch einen erneuten Anlauf unternehmen, seine Verurteilung von 1982 aufzuheben. An seinem Geburtstag, dem 24. April 2017, findet in Philadelphia eine juristische Anhörung über Unregelmäßigkeiten in seinen früheren Berufungsverfahren statt. So war der ehemalige Bezirksstaatsanwalt Ronald Castille Mitte der achtziger Jahre an der Niederschlagung von Mumias erster Berufung beteiligt, saß aber dann von Mitte der neunziger Jahre bis in die 2000er Jahre mit Wahlunterstützung der rechten Polizeibruderschaft Fraternal Order of Police (FOP) im Pennsylvania Supreme Court (PASC), wo er mitstimmte, um Mumias Revisionsklagen gegen sein Urteil abzuweisen. Ein Revisionsrichter, der u.a. über sein eigenes Werk als Staatsanwalt urteilt –“ es gibt kaum ein besseres Beispiel für einen Interessenskonflikt. Das fand im Jahr 2016 auch der US Supreme Court, als er die Wiederaufrollung des Falls des Gefangenen Williams anordnete, in dem genau dieser Richter, Ronald Castille, praktisch dieselbe Rolle gespielt hatte wie in Mumias Fall.

Die FOP ist seit Mumias Verhaftung im Dezember 1981 die treibende politische Kraft, die die Hinrichtung des kritischen Journalisten (und seit 2011, als die Staatsanwaltschaft diese Forderung fallen ließ, seine lebenslange Inhaftierung) fordert. Wegen des offensichtlichen Interessenskonfliktes forderte Mumias Verteidigung Castille schon in den neunziger Jahren auf, sich aus dem Fall zurückziehen. Er weigerte sich und begründete es überraschend offen damit, dass fast alle Richter*innen des PASC Wahlunterstützung durch die FOP erhalten hätten. Damals sah es so aus, als werde Castille mit dieser offenkundigen Rechtsverletzung durchkommen.

So verhielt er sich im weiteren Verlauf der Berufungsverfahren ähnlich, was dem inzwischen pensionierten Richter aber vor kurzem zum Verhängnis wurde. Mumias Mitgefangener Terrence „Butter“ Williams konnte vor dem US Supreme Court durchsetzen, dass Castille sich in seinem Verfahren genau wegen des eben beschriebenen Interessenskonflikts hätte heraushalten müssen (Williams v. Commonwealth/). Am Ende könnte das zur Aufhebung des Urteils gegen Williams führen. Ob nun auch Mumia am 24. April 2017 eine neue Möglichkeit erhält, seine Verurteilung in Frage zu stellen und zu revidieren?

Das hängt nicht zuletzt von uns und unserer materiellen und politischen Unterstützung für ihn und sein Verteidigungsteam ab.

Vor diesem Hintergrund ruft das bundesweite Free-Mumia-Netzwerk nun wieder verstärkt zu Spenden auf, um die Bewegung in den USA bei den politischen und juristischen Auseinandersetzungen zu unterstützen:

Rote
Hilfe e.V.

Sparkasse Göttingen
IBAN:
DE25 2605 0001 0056 0362 39
BIC: NOLADE21GOE
Stichwort: "Mumia"

FREE MUMIA - Free Them ALL!

"Ich habe einen Plan..."

George Jackson, Black Panther Aktivist geboren am 23. September 1941, ermordet am 21. August 1971 in San Quentin.

Achttausend Menschen kamen zur George Jacksons Beerdigung am 28. August 1971 in die St. Augustine–™s church in Oakland. Nur 200 Trauergäste konnten an der Zeremonie teilnehmen, der Rest wartete außerhalb des Gebäudes.

"Mein Leben lang habe ich genau das getan, was ich wollte, und genau dann, wann ich es wollte - nicht mehr, vielleicht manchmal weniger, aber niemals mehr, was die Erklärung dafür ist, warum ich eingekerkert werden mußte. 'Der Mensch wurde frei geboren, und doch liegt er überall in Ketten.' Ich habe mich nie angepaßt. Sogar jetzt habe ich mich noch nicht angepaßt, nachdem ich schon die Hälfte meines Lebens im Gefängnis verbracht habe. Geboren mit der Aussicht auf vorzeitigen Tod, ein niederer Knecht, Existenzlohnkuli, Gelegenheitsarbeiter, der Sklave, der den Dreck für andere wegmacht, der Geschnappte, der Mann hinter Schloß und Riegel, ohne Kaution das bin ich, das Opfer des Kolonialismus. jeder der heute die Prüfung zum Beamtendienst besteht, kann mich morgen töten. jeder der diese Prüfung gestern bestanden hat, kann mich heute unter völliger Immunität töten. Ich habe in jedem Augenblick meines Lebens mit der Unterdrückung gelebt, mit einer derart furchtbaren Unterdrückung, daß jegliches Handeln auf meiner Seite nur Erleichterung bringen kann, die kurze Atempause eines kleinen Sieges oder die Erlösung durch den Tod. Ich bin im besten Sinne des Wortes, wirklich in jeder Hinsicht, ein Sklave für das und ein Sklave des Eigentums. Ich habe jede Hoffnung auf persönliches Glück in diesem Leben für die Aussicht aufgegeben, etwas zur Verbesserung unserer Verhältnisse als Ganzes beizutragen. Ich habe einen Plan. Ich werde alles geben, mich selbst, bis wir siegen oder ich untergehe. Ich bin davon überzeugt, daß jede ernsthafte Organisierung des Volkes von Anfang an die potentielle Drohung mit revolutionärer Gewalt enthalten muß."

George Jackson, via dit und dat

Texte von und über George Jackson


Doku: Angela Davis - der Kampf geht weiter!

Tolle Doku über Angela Davis und ihr Leben im Kontext der gesellschaftlichen Kämpfe seit 1961 von arte.tv:

"Angela Davis, geboren 1944 in Birmingham, Alabama, ist Bürgerrechtlerin, Philosophin, Humanwissenschaftlerin, Schriftstellerin - Feministin und Kommunistin.

Während ihres Studiums an der Brandeis University lernte sie 1961 Herbert Marcuse kennen und studierte auf dessen Vermittlung ab 1965 in Frankfurt am Main Philosophie und Soziologie, unter anderem bei den Begründern der Kritischen Theorie, Adorno und Horkheimer.

1969 begann sie ihre Laufbahn an der University of California, ihr wurde jedoch nach Bekanntwerden ihrer Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei vom damaligen Gouverneur Ronald Reagan gekündigt. Als Sympathisantin der "Black-Panther"-Bewegung setzte sie sich aktiv für die Rechte der politischen Gefangenen ein. 1970 stand sie wegen Mordes, Entführung und Verschwörung auf der Meistgesuchten-Liste des FBI, wurde mit der Todesstrafe bedroht, nach millionenhaften Protesten jedoch 1972 von allen Vorwürfen freigesprochen. In den folgenden Jahren referierte sie auf zahlreichen internationalen Kongressen über soziale Gerechtigkeit und die Rechte von Inhaftierten.

Auch heute geht ihr Kampf weiter: Schwerpunkt ihrer vielbeachteten Arbeit ist die Untersuchung des "Gefängnisindustriellen Komplexes", das heißt der Gesetzmäßigkeiten, die der Unterdrückung aufgrund des Geschlechts, der Rasse und der Klasse in den USA und weltweit in Zeiten der Globalisierung zugrunde liegen. Angela Davis ist unter anderem Sprecherin der Kampagne gegen die Todesstrafe." (arte)

Blogkino: Panther (1995)

Heute in unserer Reihe Blogkino: Panther. Der Film hat die Geschichte der Black Panther Party for Self-Defense zum Thema. "Mario Van Peebles inszenierte den Film nach einem Drehbuch seines Vaters Melvin Van Peebles. Der Film nimmt sich künstlerische Freiheit, hält sich aber im Wesentlichen an die historischen Vorgaben. Der Film gehört zum sogenannten New Black Cinema.

Der Film beschäftigt sich mit Aufstieg und Fall der Black Panther Party for Self-Defense, bekannt als die Black Panthers, während der Ära der Black Power Bewegung. Ein weiterer Fokus wird auf das Programm COINTELPRO des FBI gelegt, eine Strategie, die mit illegalen Methoden die schwarze Bürgerrechtsbewegung bekämpfte.

Der Film vertritt die These, dass die US-Regierungsinstitutionen (FBI/CIA) mit dem organisierten Verbrechen zusammenarbeiteten, um die Innenstädte-die überwiegend von Schwarzen bewohnt wurden- mit Heroin und Kokain zu überfluten. Diese Politik sollte die positive Entwicklung von schwarzen Gemeinschaften verhindern. Der Film ist denjenigen gewidmet, die sich um die Entwicklung der Afroamerikaner verdient gemacht haben." (WikiPedia)

Eine ausführliche Besprechung des Filmes hat Wolfgang Hänisch für unser Blog verfasst.

Was mir heute wichtig erscheint #345

Lichterloh: "Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe –ºEG Umfeld–¹ ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten: Man wiederholt in atemloser Dummheit, was mittlerweilen bundesdeutscher Standard geworden ist: Man habe bis November 2011 nichts von der Existenz des NSU gewusst (was erwiesenmaßen falsch ist), es gäbe keine Verbindungen zwischen dem NSU und neonazistischen Gruppen in Baden-Württemberg (was erwiesenermaßen falsch ist) und die Behörden in Baden-Württemberg wären in das Gewährenlassen neonazistischen Terrors nicht involviert (was ebenfalls nachweislich falsch ist). Auch wenn man es immer wieder wiederholt: Die Erde ist keine Scheibe. (...)" Das Kartenhaus der Ermittler fällt in sich zusammen. Einleitende Worte von Wolf Wetzel zum Beitrag von Prof. Hajo Funke anlässlich des Berichtes der Ermittlungsgruppe Umfeld im baden-württembergischen Parlament.

Querschnitte: Ein filmisches Mosaik über die Black-Power-Bewegung der USA, eine der bis heute bedeutendsten Bürgerbewegungen aller westlichen Demokratien - The Black Power Mixtape 1967 –“ 1975

Gefahrengebiet: Und wieder eine »Tragödie«. Wieder ertrunkene Flüchtlinge. Vorsicht, Gefahrengebiet EU! Tausende Tote werden in Kauf genommen. Die Täter tragen Uniformen. Die Täter tragen gute Anzüge und halten Sonntagsreden. Sie predigen Menschenrechte und schicken Waffen und Soldaten in die Welt. Sie bestimmen, wo Europa anfängt und endet. Bewachter Wohlstand. Mit der NATO Hand in Hand. Mehr Reichtum, mehr Armut, und also mehr Repression. Eine digitale Aktion der Tageszeitung "junge Welt".

Netzfilter: Wenn der schöne neue Fernseher mal wieder nach Hause telefonieren will hilft z.B. eine Router Kaskade. Das geht auch recht billig und wie zeigt heise.netze. Damit gehen auch Sachen wie demilitarisierte Zonen.

Schwarz: "Um das Fazit gleich vorweg zu nehmen: Das war ein schwarzer Tag für Dresden. Mehrere hundert Nazis konnten praktisch ungehindert durch Dresden marschieren. Ihr Start war am Theaterplatz vor der Semperoper, eine Zwischenkundgebung fand vor der Trümmerfrau statt und die Abschlusskundgebung vor dem Hauptbahnhof." Ein Fazit und Fotos vom Roten Blog. Siehe auch die Alternativen Dresden News. Zum Glück sah es einen Tag später etwas anders aus.

Langlebig: Bei Oma und Opa wurde DDT noch zur Entlausung eingesetzt. In den meisten westlichen Ländern ist das aus Gründen verboten. Dafür gibt es Kunststoff und andere leckere Sachen in der Blutbahn und den Bumerang über die Nahrungskette aus den Ländern, in denen diverse Umweltgifte noch nicht verboten sind.

Schrittweise: "Zwölf international bekannte MenschenrechtlerInnen verschiedener Länder fordern von Spanien und Frankreich “neue Schritte ..., um eine politische Lösung des Konflikts zu erreichen–. Piedad Esneda Cordoba Ruiz aus Kolumbien, Bill Bowring aus Großbritannien, Nelly Maes aus Flandern, Nora Morales de Cortiñas aus Argentinien, Essa Mossa aus Südafrika, George Mavrikos aus Griechenland, Michael Tubiana aus Algerien, Alexander Moumbaris aus Ägypten, Padre Alberto Franco aus Kolumbien, Javier Giraldo Moreno aus Kolumbien, Peter Madden aus Irland und Marjorie Cohn aus den USA bitten Spanien und Frankreich um ein Ende ihrer konfliktbezogenen Sondermaßnahmen und um die Respektierung der Rechte der Gefangenen. (...)" Erklärung “Auf dem Weg zum Frieden, Respektierung der Rechte der Gefangenen– vom 25.3.2014

Unvergleichlich: "Zwar ist das Thema “Steuerflucht– momentan das große Thema in den Medien schlechthin. Doch im Schatten dieses Leitthemas gibt es einen anderen sehr interessanten strafrechtlichen Fall: Drei Studenten stehen in Eschwege vor Gericht. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie Lebensmittel aus Containern eines Supermarkts gestohlen haben. Das Strafmaß steht in keinem Vergleich zu Steuersündern, die im Falle der Selbstanzeige noch mit Straffreiheit belohnt werden. (...)" Drei Monate Gefängnis für Containerer

"Black Power" - Vortrag und Film

Aus den US Bürgerrechtskämpfen entwickelte sich Mitte der 1960iger die "Black Power" Bewegung, welche innerhalb weniger Jahre wichtige antirassistische Impulse und eine revolutionäre Aufbruchsstimmung weit über die USA hinaus bewirken konnte. Für viele Jahre ermöglichte diese Bewegung den People Of Color ein zuvor nicht gekanntes Maß an gesellschaftlicher Teilhabe. Sie wurde allerdings auch mit äußerster Brutalität bekämpft und bis heute bemühen sich Teile der US Gesellschaft, ihre Errungenschaften zurück zu drängen. Trotzdem prägen die Art und Weise der Black Power Bewegungsdiskurse bis heute die Auseinandersetzungen der Radikalen Linken in vielen Ländern mit. (30 minütiger Vortrag vom Berliner Free Mumia Bündnis)

Anschließend der Film "Black Power Mixtape 1967 - 1975"
Di. 20.11.2012, Berlin - 20 Uhr Lunte - Weisestr. 53 - 12049 Berlin Neukölln - U8-Boddinstr.

Der Kampf ist noch nicht vorbei

In dem bereits 2004 in den USA erschienenen und nun in deutscher Übersetzung zugänglichen Buch verarbeitet Mumia Abu-Jamal seine Erfahrungen in der Black Panther Party for Self Defense, der späteren Black Panther Party (BPP).



Was das bereits vor acht Jahren in den USA erschienene Buch auch für heutige Bewegungen wirklich lesenswert macht, ist die detaillierte Beschreibung der Entwicklung des Widerstands der People of Color gegen die bis heute existente rassistische Repression und Ausbeutung vor dem Hintergrund der Beteiligung der USA am Vietnamkrieg.

Die Abschaffung der Sklaverei nach 1865 führte nicht zu einer wirklichen Befreiung der afroamerikanischen Bevölkerung, sondern zu deren Ghettoisierung und Apartheid. Rassistisch geprägte staatliche Willkür gerade in der Wiege der Nation – in Philadelphia erklärten die USA 1787 zwar ihre Unabhängigkeit, nicht aber die Sklaverei für illegal – führten angesichts der Rechtlosigkeit der afroamerikanischen Bevölkerung im Oktober 1966 zur Gründung der BPP – zunächst als Organisation zur Selbstverteidigung.

Diese fand im Spannungsfeld ideologischer und politischer Auseinandersetzungen zwischen den militant agierenden Kräften um Malcolm X in der Organization of Afro-American Unity (OAAU), den seit den 1930er Jahren auf eine separatistische „Homeland“-Lösung hinarbeitenden, in der Nation of Islam Organisierten und den ausschließlich auf gewaltfreie Aktionen bedachten Kräften wie der Southern Christian Leadership Conference (SCLC) unter dem Vorsitz Martin Luther Kings, statt.

Die BPP organisierte unter der Führung ihrer Gründer Huey P. Newton und Bobby Seale ganz praktische Arbeit, die zu einer rasanten Stärkung führte: Neben der anfänglichen, bewaffnet durchgeführten Dokumentation rassistischer Polizeiübergriffe, der juristischen Unterstützung inhaftierter Mitglieder und des politischen Umfeldes, organisierte die BPP neben der Versorgung von Kindern armer Familien mit Essen auch eine Gesundheitsversorgung.

Obwohl die BPP-Führung – wie viele andere in der Organisation – sich ideologisch auf Ideen und Aspekte der Werke von Marx, Lenin und Mao stützten, war die politische Ausrichtung der BPP keine ausgesprochen marxistisch-leninistische. Das hinderte das FBI, das damals unter der jahrzehntelangen Regie von J. Edgar Hoover stand, nicht daran, vor allem das legendäre 10-Punkte-Programm der Panthers zum Anlass für deren Beobachtung zu nehmen.

In diesem Programm entwickelte die BPP Forderungen, die von der politischen, kulturellen und materiellen Selbstbestimmung über Forderung nach Arbeit, Wohnungen, einem Erziehungssystem, dass „den wahren Charakter dieser dekadenten amerikanischen Gesellschaft entlarvt“ (S. 135), bis hin zur Forderung, dass „alle schwarze Menschen sich zur Selbstverteidigung bewaffnen sollten“ (ebd.) reichten. Konzentriert wurde dies in der Forderung nach

„Land, Brot, Wohnungen, Bildung, Kleidung, Gerechtigkeit und Frieden. Und als politisches Hauptziel wollen wir eine von den Vereinten Nationen überwachte Volksabstimmung in allen Teilen der Kolonie, an der nur schwarze Untertanen der Kolonie teilnehmen dürfen, mit dem Ziel, den Willen der schwarzen Menschen im Hinblick auf ihr nationales Schicksal festzustellen.“

(S. 136)

Die BPP konnte mit ihrer Arbeit auch international Radikale und Revolutionäre inspirieren. Nach ihrem Vorbild gründeten sich zum Beispiel in England, auf den Bermudas und in Indien Organisationen nach ähnlichem Schema bis hin zur 1971 von Jüdinnen und Juden marokkanischer Herkunft gegründeten Black Panther Party Israels.

Auf der Grundlage des durch das FBI entwickelten Counter Intelligence Program (COINTELPRO), das auf die Störung von politischen Organisationen innerhalb der USA abzielte, wurden Spitzel, Attentäter und Provokateure gezielt in die BPP eingeschleust. Mittels gefälschten Briefen (Brownmail) wurden systematisch politische Widersprüche zwischen einzelnen Fraktionen der BPP ausgenutzt, um diese von innen heraus zu zerstören.

Zu diesen Widersprüchen gehörten die innerparteiliche Auseinandersetzung um die Rolle der Frau, Sexismus, der Konsum von Drogen ebenso wie die Frage des schwarzen Nationalismus und der Kampf um eine einheitliche politische Linie.
Zwischen 1967 und 1970 wurden rund 40 Mitglieder ermordet und über 85 schwer verletzt. Gleichzeitig wurde der Drogenhandel und -konsum in den Ghettos mit dem Ziel der Desorientierung und -organisierung vor allem jugendlicher Afroamerikaner_innen gefördert.

Die im Kapitel Neun behandelte Spaltung der BPP 1971 durch die Brownmail und die brutale Polizeirepression funktionierte laut Mumia Abu-Jamal „erstaunlich gut“. (S. 255) Im Ergebnis formierten sich diverse Parteien, die den Anspruch, den Geist der BPP weiterleben zu lassen, in ihrer Arbeit mehr oder weniger gelungen fortführen. Die BPP als Symbol des Widerstandes lebt in den USA auch kulturell in Form vielerlei Zitate im Hip Hop, Filmen, Büchern et cetera weiter.

Was bleibt im „Zeitalter der Vorherrschaft des Marktes und der Kommerzialisierung der Kultur?“ Abu-Jamal hebt „die Bedeutung des Dienstes für die Öffentlichkeit als wichtigstes Ziel einer Organisation“, der vor allem „uneigennützig, unbezahlt und als kollektive Pflicht“ organisiert wurde, hervor. Damit gelang es der Partei „Schwarze zu gewinnen und zu erlösen, die in unsoziale, kriminelle Aktivitäten verwickelt wurden.“ (S. 291)

Die zutiefst anti-imperialistische und antikoloniale Arbeit der BPP nennt Abu-Jamal ein „Abbild der Ambivalenz in den Herzen der Schwarzen, die aus der afroamerikanischen Erfahrung besteht.“ (S. 303)

Mumia Abu-Jamal, der von seinem vierzehnten bis zu seinem achtzehnten Lebensjahr in der BPP aktiv war, schließt in seinem Nachwort zu dem in der Todeszelle geschriebenen Buch:

Dieses

„tiefe Gefühl, diese ganz spezielle Empfindung in den Herzen von Millionen Schwarzen [ist] nach wie vor lebendig. Die Black Panther Party mag zwar Geschichte sein, aber die Kräfte, durch die sie entstanden ist, sind es nicht. Sie warten auf den richtigen Augenblick, um wieder aufzustehen“. (S. 304)

Das Buch sei nicht nur denen ans Herz gelegt, die einen Blick aus erster Hand in eine der bedeutendsten Massenbewegungen zur Befreiung von People of Color werfen wollen. Dieser fällt insbesondere weißen Westeuropäer_innen nicht immer leicht. Aus dem Scheitern der BPP können und müssen auch Lehren gezogen werden, wie revolutionäre Bewegungen nicht an staatlicher Repression und vor allem an inneren Widersprüchen scheitern.

"We Want Freedom: Ein Leben in der Black Panther Party".

Unrast Verlag, Münster.
ISBN: 978-3-89771-044-3. 328 Seiten. 18.00 Euro.



Zuerst veröffentlicht bei kritisch-lesen.de
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