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Oury Jalloh Demonstration 2023

Fronttransparent der Oury Jalloh Demo 2023: In Gedenken an Oury Jalloh  von deutschen Polizisten ermordet - vom Staat vertuscht police murder & racist state cover up 7.1.2005
Foto: © heba / Umbruch Bildarchiv
Mehr als 2000 Menschen demonstrierten am Samstag in Gedenken an Oury Jalloh durch Dessau. Vor 18 Jahren wurde Oury Jalloh im Polizeigewahrsam körperlich misshandelt, auf einer Matratze fixiert und angezündet. Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh hatte Anfang November 2021 ein neues Brandgutachten vorgestellt. Es zeigt erstmals eine Rekonstruktion des Brandes in einem originalen Nachbau der Zelle, in der Oury Jalloh verbrannte. Die Bilder zeigen nachdrücklich, dass ein Brandbild, so wie es am 7. Januar 2005 vorgefunden wurde, nur mit Hilfe von Brandbeschleunigern entstanden sein kann. Der Bruder von Oury Jalloh wartet nun schon seit über 3 Jahren auf eine Entscheidung seiner Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht.
Die Demonstration führte zum Polizeirevier in die Wolfgangstrasse 25 entlang an den Orten des Verschleierns und des Vertuschens, unter anderem am Amtsgericht, am Landgericht und an der Staatsanwaltschaft Dessau. Hier wurden leere Feuerzeuge vor den Eingang geworfen und ausgeschüttet. Sie stehen symbolisch für die eklatante Manipulation und Nichtbeachtung wichtiger Beweisstücke für den Mord an Oury Jalloh.

Zu den Fotos beim Umbruch Bildarchiv.

In einer Rede vor der Staatsanwaltschaft bringt Brother Mwayemudza von der Black Community Coalition for Justice & Self-Defence, lange Zeit selbst Mitglied der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh, die ganzen Abstrusitäten bei den staatlichen Ermittlungen im Fall Oury Jalloh auf den Punkt. Hier die Rede in Auszügen:

Hallo. Danke, das ihr alle gekommen seid. Es ist schön, so viele Leute zu sehen. Heute war Samstag, wenig Ausreden, das ist gut so. Wir stehen vor der Staatsanwaltsschaft Dessau, mit zwei großen S wie ich es gerne schreibe und das Problem, das Bullen –“ „Bullen“ darf man übrigens sagen –“ weil Bullen sind nicht nur instinktlose, zur Aggression neigende Rindviecher, sondern ist auch eine landläufige Bezeichnung für Polizeibeamte, wie es Gerichte sagen. Das die Dessauer Bullen hier drei Leute straflos umgebracht haben. Einen mit dreißig Knüppelstriemen auf dem Rücken und schwersten inneren Verletzungen. Den zweiten mit einem Schädelbasisbruch, der angeblich schon vor der Verhaftung bestanden haben soll. Der Mann war betrunken, als man das Blut in dem Hämatom untersucht hat, hat man festgestellt, der Alkohol war schon weitgehend abgebaut, das heißt, diese Fraktur muss in der Zeit stattgefunden haben, wo der Mann in der Polizeistation von Dessau war. Und dann wurde Oury Jalloh im Jahr 2005 in einem Exzess getötet, der schon nicht mehr zu beschreiben ist und der eigentlich unvorstellbar ist. Das hat auch mit zivilisiertes Land oder nicht zivilisiertes Land nichts mehr zu tun. Das macht man einfach nicht, Leute foltern, fesseln, anzünden und dann behaupten, man hätte das selbst getan. Aber, diejenigen, die das übernommen haben, ermöglicht haben, vertuscht haben, manipuliert haben, sind diese Leute vom sogenannten Rechtsstaat, von der Staatsanwaltschaft. Und da geht es nicht nur um die hier in Dessau. Der Oberstaatsanwalt Bittmann ist übrigens im Ruhestand mittlerweile. Der hat kurz vorher noch zugegeben, das es Mord gewesen sein muss und hat dann zwei Polizist:innen als verdächtig erklärt, von denen einer schon tot war und die andere Polizeibeamtin war diejenige, die oben im Kontrollzimmer gesessen hat und diesen Anruf gemacht hat, den ihr vielleicht gehört habt. Es ist die Frau, die ganz sicher nicht unten in der Zelle war, als es angefangen hat zu brennen. Das nur mal so dahingestellt, aber prinzipiell hat er es eingeräumt, kurz vor seiner Pension, der Oberstaatsanwalt Bittmann. Dann wurde ihm der Fall ja auch weggenommen.

Wir müssen sehen, das diese Staatsanwaltschaft nicht nur ihre Arbeit verweigert hat. Ein Schwarzer Mensch verbrennt in einer Polizeizelle bis zur Unkenntlichkeit. Die Staatsanwaltschaft, irgendein Staatsanwalt, bemüht sich nicht mal in die Polizeistation, um sich anzugucken, was da eigentlich los ist. Die Staatsanwaltschaft verabsäumt es, richtige, notwendige, grundsätzliche Untersuchungen einzuleiten. Kein Brandsachverständiger da, viele Dinge werden einfach nicht aserviert, der Ruß bleibt an den Wänden, das was aserviert worden ist, ist nur zum Teil passiert. Der Rest wurde einfach im Müll entsorgt, inklusive einer Handschelle. Es wurden keine Untersuchungen nach Brandbeschleunigern vor Ort unternommen und trotzdem stellt man sich quasi zwei Wochen nach dem Vorfall –“ wie es dann genannt wird –“ hin und sagt, es gibt keinen Hinweis darauf, das dritte Personen beteiligt gewesen seien können. Und das muss man sich mal vorstellen, als jemand, der, ja sag ich mal, ganz normal, vernünftig, logisch versucht nachzuvollziehen, wie kann das sein, das jemand in einer gefliesten Polizeizelle, an Händen und Füßen gefesselt, auf einer feuerfesten Matratze so derartig verbrennt, das man ihn hinterher nicht mehr wieder erkennen kann? Da sollten bei jedem, nicht nur bei Staatsanwälten, die Alarmglocken klingen und dann sollte auch in alle Richtungen ermittelt werden. Genau das Gegenteil davon hat die Staatsanwaltschaft mit ihrer Feststellung gemacht, es könne sich nur um ein technisches Unglück handeln. Also, ein Brand bricht aus in einer gefliesten Zelle mit einer feuerfesten Matratze. Da ist man dann darauf gekommen, das dem nicht so gewesen sein kann, oder eben Oury Jalloh muss sich selbst angezündet haben. Alles, was dann unternommen worden ist, hat mit der Situation in der Zelle Nr. 5 nichts zu tun gehabt. Die Brandversuche, die angestellt wurden, hatten eine Einschränkung, die von vorn herein alles ausschließt. Der Brandgutsachterauftrag fängt an mit die Matratze brennt und dann plus maximal sechs Minuten, dann muss er ja tot gewesen sein. Also, es ging bei diesen Versuchen nie darum, herauszufinden, wie das Feuer überhaupt entstehen konnte, und es ist auch nicht darum gegangen, wie dieses Brandbild reproduziert werden kann. Was es dazu braucht, damit die Zelle, der Mensch Oury Jalloh so aussieht, wie er ausgesehen hat am 7. Januar 2005.

Das nenne ich Beweismittelmanipulation, Beweismittelunterdrückung. Aber das alles hat noch nicht gereicht, da man ja kein Feuerzeug gefunden hatte, brauchte es dieses noch. Das hat man dann noch dazu gefügt, drei Tage später tauchte das angeblich in einer der Brandschutztüten auf. Und man war glücklich, man hat das Feuerzeug. Man braucht das Feuerzeug auch nicht zu untersuchen. Es ist ja aus der Brandschutztüte gefallen. Man hat das erst 9 Jahre später untersucht und festgestellt, da ist nichts, aber auch gar nichts dran, was aus dieser Zelle stammt. Da ist nichts von der Matratze, nichts von Ourys Kleidung, nichts von Oury Jalloh dran. Da sind Sachen dran, die nicht in dieser Zelle waren, in einer Konstellation, die auch jeden irgendwie stutzig machen sollte. Da sind verbrannte Fasern eingeschmolzen, da sind unverbrannte Fasern eingeschmolzen, und thermisch völlig unbelastete Fasern kleben oben drauf, plus Tierhaare, plus DNA von einem weißen Männlichen, ja... Was ist die Schlussfolgerung von den hochbezahlten, intelligenten Menschen mit Abitur und Jura, Studium und Berufserfahrung?: –šDer Mensch in dem Spurenlabor muss das Feuerzeug ohne Handschuhe angefasst haben.–˜ Also, da muss man jetzt erst mal drauf kommen, das jemand, der forensische Spuren untersucht, die Spuren ohne Handschuhe anfasst und seine eigene DNA da dran bringt. Wenn das wirklich so wäre, wenn die Staatsanwaltschaft das wirklich annimmt, wenn das Gericht das wirklich so annimmt, dann sollte man das LKA Sachsen Anhalt schlicht und ergreifend dichtmachen. Die Strategie der Staatsanwaltschaft hat im wesentlich darin bestanden durch diese Manipulation, hinzufügen und verschwinden lassen von Beweismitteln dafür zu sorgen, das die Anklage vor Gericht beschränkt werden kann auf unterlassene Hilfeleistung.

(...) Jetzt befasst sich das Bundesverfassungsgericht mit der Klage der Familie und das schon seit über 3 Jahren. Daraus kann man jetzt vielleicht zwei Schlüsse ziehen. Entweder sie suchen nach Gründen, es doch noch irgendwie zu drehen, oder man kann sagen, sie haben Probleme, es zu begründen, das es trotz dieses Verlaufes alles rechtens und alles richtig gewesen sein soll. Egal wie rum, es ist ein Armutszeugnis für diesen Rechtsstaat und es ist Teil des Problems, weil die Familie wartet. Sie wartet seit 18 Jahren insgesamt, auf diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nun seit über 3 Jahren. Welche anderen Familien lässt man bei einer Sache so lange warten, die eigentlich recht übersichtlich ist, weil die Beweislagen, die harten Fakten klar sind? Die Hypothesen, die die Staatsanwaltschaft aufgestellt haben, sind realitätsfern. Sie sind nicht möglich. Die Matratze ist nicht entflammbar, das sie selbständig abfackelt. Ohne Brandbeschleuniger kann das Brandbild nicht hergestellt werden. Oury Jalloh kann sich nicht auf der übergroßen Matratze, die links übergestanden hat nach rechts übergebeugt haben, um sich seinen inhalativen Hitzeschock abzuholen. Oury Jalloh hat nicht mal Kohlenmonoxid im Blut gehabt und auch kein auffälliges Streßhormon im Urin. Dafür hat er einen Schädelbasisbruch. 2019, glaube ich, wurde bei einer erneuten radiologischen Begutachtung mit neuer Technik festgestellt, diese Verletzung muß ihm zu Lebzeiten hinzugefügt worden sein, weil da Schwellungen waren, die trotz der Verbrennung halt noch deutlich sichtbar waren. All diese Fakten wischen diese Leute vom Tisch mit der Begründung: Deutsche Bullen haben keine Motivation Menschen umzubringen. Und weil dem so ist, weil das nicht möglich ist, muß man dann auf der anderen Seite dem Opfer das Unmögliche unterstellen. Er soll Unmögliches geleistet haben. Ihm wird damit die Schuld an seinem eigenen Tod in die Schuhe geschoben. Seine Familie kriegt keine Gerechtigkeit und man hat sich soweit verrannt und verfahren, das selbst das Bundesverfassungsgericht jetzt Mühe hat, sich irgendwie sinnstiftend dazu zu äußern. Ich danke in diesem Zusammenhang der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh, die nicht aufgehört hat, immer weiter zu graben, immer weiter zumachen, neue Möglichkeiten zu finden.

Das mag für Außenstehende vielleicht frustal erscheinen, aber ich bitte euch, schaut euch einfach die Fakten an und schaut euch die Begründung an, die gegeben werden. Die werden immer abstruser. Die werden so abstrus, dass ich große Zweifel habe, ob die Leute von der Staatsanwaltschaft überhaupt in der Lage sind, mit irgendwelchen Reichsbürgern oder irgendwelchen Verschwörungstheoretikern umzugehen, weil sie selber genau so funktionieren, wenn es um ihre Beamten geht. Es ist das gleiche Muster, nur anders herum. Wenn so etwas möglich ist, das in einer Polizeistation drei Leute sterben, die Beamten teilweise dieselben Beamten sind, das nie aufgeklärt wird und so getan wird als wäre das völlig normal. Der Generalbundesanwalt sagt, der Fall hat keine besondere Bedeutung. Da sind halt drei Leute in ein und demselben Polizeirevier gestorben. Das ist keine Aufgabe für uns als Generalbundesanwaltschaft. Es war ja schließlich nicht rassistisch, weil die beiden ersten waren ja keine Schwarzen. So, jetzt muß man sich einfach mal diese ganze Argumentationslinie auf der Zunge zergehen lassen. Erst sagen sie, es ist nicht nachgewiesen, das es Morde sind. Dann sagen sie, der letzte Mord kann nicht rassistisch gewesen sein, weil die beiden Morde zuvor ja an Weißen begangen worden sind. Also, man argumentiert sich selbst ins Knie. Aber so richtig. Und man geht davon aus, das es durchkommt. Und sie können darauf vertrauen, das es durchkommt, weil die Politik, die sie eigentlich auch in irgendeiner Art und Weise kontrollieren sollen –“ den Generalbundesanwalt und die Staatsanwaltschaft zumindest –“ da einfach auch kein Interesse hat und fleißig mitmacht. Es ist ein systemisches Problem. Das ist zu 100 % das Ergebnis. Und alleine das sollte stutzig machen, das es immer so ist, das es keine Ausnahmen gibt. Allein das ist der Beweis, das es systemisch ist, und es ist der Beweis dafür, das dieser Rechtsstaat den Namen nicht verdient oder ein Rechtsstaat ist, der in einer Tradition steht, die wir leidlich kennen.

Und die Menschen, die aus kolonialisierten Länder kommen, kennen es noch viel länger und in ganz anderen Ausmaßen, was da abgegangen ist und es ist alles straflos geblieben. Diese Kontinuität ist, was wir uns klarmachen müssen, das ein Rechtsstaat nicht existiert, solange so getan wird, als ob das völlig normal ist, das mordende Bullen nicht zur Verantwortung gezogen werden dürfen. Das ist ein Dogma. Und solange das Dogma existiert, gibt es keinen Rechtsstaat. Und da haben wir sehr viel zu tun, das zu ändern und ich rufe euch alle auf: seid mit dabei, wenn es losgeht, bei den racial profiling-Kontrollen, bei Übergriffen von Bullen auf andere Menschen, egal wie die aussehen. Seid Zeugen, macht Aufnahmen. Stellt euch zur Verfügung, sagt denen Bescheid. Ihr seid keine Supermenschen. Ihr seid einfach nur uninformierte Uniformierte. In diesem Sinne: Oury Jalloh, das war Mord! Und das werden wir euch nicht verzeihen und nicht vergessen!

Brother Mwayemudza von der Black Community Coalition for Justice & Self-Defence

Weitere Ereignisse zu diesem Thema

Weitere Fotos im alten Bildarchiv (1980 - 2018)

Links

18. Todestag von Oury Jalloh: Aufruf zur Gedenkdemonstration am 7. Januar 2023 in Dessau

Demoplakat
Demoplakat
18 Jahre Kampf für die Aufklärung des Mordes an Oury Jalloh!

Am Samstag, dem 7. Januar 2023, ist der 18. Todestag von Oury Jalloh. Vor 18 Jahren wurde Oury rechtswidrig in Dessau in Polizeigewahrsam genommen, körperlich misshandelt, auf einer Matratze fixiert und angezündet.

18 Jahre später liegen alle Beweise auf dem Tisch: Rassistische Polizeibeamte aus Dessau haben Oury getötet und mit Hilfe von Brandbeschleunigern verbrannt! Doch die bundesdeutsche Justiz will weiter vertuschen und weigert sich nach wie vor zuzugeben, was sich nicht mehr leugnen lässt:

Oury Jalloh –“ Das war Mord!

Oury ist kein Einzelfall und die letzten Jahre und insbesondere die letzten Monate haben nachdrücklich gezeigt, dass Polizeibeamte keine Hemmungen haben Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft, ihrer sozialen oder psychischen Situation zu erschießen, zu ersticken oder sonst wie umzubringen. Wenn der offensichtliche Mord an Oury Jalloh ohne Konsequenzen für die Täter bleibt, weil diese durch Staatsanwaltschaften, Gerichte und Politik geschützt werden, dann ist das auch in Zukunft ihr Freibrief zum Töten!

Damit die Täter nicht davonkommen ist es notwendig, dass wir den Oury Jalloh Komplex auflösen und die Angehörigen und Freund*innen der Opfer ihren Frieden finden können!

Deshalb ist es so wichtig, dass wir unsere Trauer und unsere Wut am 7. Januar 2023 gemeinsam in Dessau auf die Straße tragen!


In Gedenken an Oury Jalloh, Hans-Jürgen Rose und Mario Bichtemann –“ ermordet im Polizeirevier Dessau. In Gedenken an Laye-Alama Condé, Dominique Koumadio, Halim Dener, N`deye Mariame Sarr, Dennis, Christy Schwundeck, Mikael Haile, Adel B., Hussam Fadl, Ferhat Mayouf, Ali J., Amed Ahmad, Georgios Zantiotis, Ante P., Mouhamed L. Dramè, Mutombo Mansamba und alle anderen Opfer tödlicher Polizeigewalt!

Touch One –“ Touch All!


Quelle und mehr Informationen

Neues Brandgutachten beweist nachdrücklich und zweifelsfrei: Oury Jalloh wurde am 7. Januar 2005 von Polizeibeamten verbrannt!

Foto: © Oliver Feldhaus / Umbruch Bildarchiv Berlin
Internationaler Brandexperte widerlegt die vorsätzlich falsch konstruierten Behauptungen der Generalstaatsanwaltschaft von Sachsen-Anhalt, Oury Jalloh habe das Feuer selbst gelegt.

Familie von Oury Jalloh stellt Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt gegen die Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg und fordert Wiederaufnahme der Ermittlungen durch die Bundesanwaltschaft.

Das neue Brandgutachten basiert auf Brandversuchen zur Rekonstruktion des Tatortes vom 7. Januar 2005 in einem originalgetreuen Nachbau der Zelle 5 des Polizeireviers Dessau. Der britische Brandsachverständige Iain Peck kommt darin zu dem Ergebnis, dass der an Händen und Füßen gefesselte Oury Jalloh von Polizeibeamten angezündet worden sein muss.

Darüber hinaus haben im Vorfeld durchgeführte Bewegungsversuche einer gleichermaßen 4-Punkt fixierten Person auf einer Matratze in Originalgröße gezeigt, dass Oury Jalloh weder den Bewegungsspielraum noch andere Möglichkeiten hatte, die Matratze selbst anzuzünden.

Aufgrund der eindeutigen Spurenlage am Feuerzeug (Abwesenheit von Oury Jallohs DNA & Faserresten seiner Kleidung als auch der Matratze, stattdessen zahlreiche tatortfremde Spuren und Tierhaare) hatte Iain Peck bereits in seinem Gutachten im Jahr 2015 ausgeschlossen, dass dieses Feuerzeug tatsächlich im Brandschutt der Zelle 5 gelegen haben kann. Der vorgeführte Feuerzeugrest wurde auch nicht am Tatort gefunden, sondern erst drei Tage später auf eine Asservatenliste hinzugefügt. Es handelt sich demnach eindeutig um ein manipuliertes Beweismittel.

Das Ergebnis des neuen Brandgutachtens steht zudem in Einklang mit den Ergebnissen des unabhängigen, fachradiologischen Gutachtens von Dr. Boris Bodelle aus dem Jahr 2019. Dieses belegt, dass Oury Jalloh vor seinem Tod ein Nasen- bzw. Schädelbruch sowie offensichtlich mehrere Rippenbrüche zugefügt worden waren. Das Ergebnis steht ebenfalls in Einklang mit allen toxikologischen Befunden (kein Noradrenalin im Urin, kein Kohlenmonoxid im Herzblut), die darauf schließen lassen, dass Oury Jalloh zum Zeitpunkt der Brandlegung entweder bewusstlos oder bereits tot war.

Die Familie Oury Jallohs fordert die sofortige Wiederaufnahme der Ermittlungen wegen Mordes gegen die bereits namentlich bekannten Polizeibeamten des Reviers und stellt gleichfalls Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt gegen die für die Einstellung der Mordermittlungen zuständigen Oberstaatsanwälte der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg.

Quelle: Initiative in Gedenken an Oury Jalloh, Pressemitteilung anlässlich der internationalen Pressekonferenz am 3.11.2021

Gemeinsames Gedenken an unseren Bruder Oury Jalloh: Demo in Stuttgart am 7.1.21

Demo in Stuttgart am 7.1.21

17 Uhr Karlspatz am Mahnmal vor dem Alten Schloss

Unser Bruder Oury Jalloh wurde am 07.01.2005 (RIP) von Polizisten auf dem Dessauer Polizeirevier in Gewahrsam bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Durch unabhängige Gutachten und Aufklärungsarbeit der letzten 15 Jahre konnte dies die Initiative Oury Jalloh mit faktischen Beweisen aufzeigen. Die deutsche Justiz weigert sich weiterhin aufzuklären und bestreitet, dass Oury sich nicht selbst angezündet haben kann. Nicht zuletzt verkündeten dieses Jahr im August 2020 die Sonderberater des Landtages Sachsen-Anhalts, dass sie weiterhin an der Täterversion der Selbstanzündungsthese festhalten und unseren Bruder Oury Jalloh weiterhin kriminalisieren. Wir wissen:

OURY JALLOH –“ DAS WAR MORD!

Und es ist kein Einzelfall! Im Oktober 2018 hat die Internationalen Unabhängigen Kommission zur Aufklärung des Todes von Oury Jalloh zwei weitere Mordfälle in die unabhängigen Untersuchungen mit aufgenommen: Hans-Jürgen Rose (1997 RIP) und Mario Bichtemann (2002 RIP) wurden beide in Polizeiobhut in Dessau zu Tode gefoltert. Deshalb reden wir vom OURY-JALLOH-KOMPLEX.

Am 7. Januar 2021 werden wir wie jedes Jahr unseres Bruders Oury Jalloh gedenken, in Dessau und an anderen Orten wie in Stuttgart. Wir wollen auch all unserer Geschwister gedenken, die in Deutschland, Europa und auf der ganzen Welt durch rassistisch motivierte Gewalt von Polizei und Nazis umgebracht wurden, von Justiz und Staat entehrt und unterdrückt und von einer schweigenden Masse der Bürger:innen in Deutschland vergessen werden.

Wir solidarisieren uns mit der weltweiten #BlackLivesMatter-Bewegung gegen rassistische Polizeigewalt genauso wie mit der #EndSARS-Bewegung gegen kriminelle Polizeieinheiten in Nigeria.

Refugees4Refugees und weitere Gruppen

Refugees4Refugees

Weitere Informationen:

Initiative Oury Jalloh

Black Community Hamburg

Oury Jalloh und die Toten des Polizeireviers Dessau



Foto: © heba / Umbruch Bildarchiv Berlin
Am 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh an Händen und Füßen gefesselt in einer Zelle im Keller des Polizeireviers Dessau-Roßlau. 15 Jahre lang haben Polizei, Justiz und Politik die Aufklärung seiner Todesumstände sowie die Aufklärung von zwei weiteren Todesfällen im Dessauer Polizeirevier verweigert und behindert. Wir möchten dazu auf den hörenswerten Beitrag von Margot Overath beim WDR hinweisen.

"Ein Asylbewerber aus Afrika verbrennt 2005 im Polizeigewahrsam. Der an Händen und Füßen Gefesselte habe sich selbst angezündet, behaupten die Beamten. 15 Jahre lang scheitert die Justiz trotz mehrfacher Anläufe daran, den Fall aufzuklären - und macht ihn damit zum Politikum.

Die fünfteilige Feature-Serie dokumentiert die mühsame Suche nach der Wahrheit - über den Tod von Oury Jalloh und zwei weiterer Dessauer Bürger. Er zeigt auch, warum Opfer von Polizeigewalt häufig wenig Chancen haben, und wie Korpsgeist und falsch verstandene Loyalitäten in Strafverfolgungsbehörden zur Gefahr für den Rechtsstaat werden können. Die Autorin erzählt, wie aus einem Polizei- ein Justizskandal wurde, der mittlerweile die politische Ebene erreicht hat. Noch gibt es hierzulande Hoffnung auf späte Aufklärung. Sonst könnte sich bald der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit der Frage befassen, ob es in Deutschland eine zivilisatorische Lücke gibt, wenn es um "Opfer minderer Bedeutung" geht."

Quelle: WDR

Oury Jalloh Gedenken in Dessau

Foto: © heba / Umbruch Bildarchiv Berlin
Am 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh an Händen und Füßen gefesselt in einer Zelle im Keller des Polizeireviers Dessau-Roßlau. 15 Jahre lang haben Polizei, Justiz und Politik die Aufklärung seiner Todesumstände sowie die Aufklärung von zwei weiteren Todesfällen im Dessauer Polizeirevier verweigert und behindert. Rund 700 Menschen demonstrierten am 7. Januar in Dessau gegen die Vertuschung des Mordes von Oury Jalloh und für die vollständige Aufklärung des Falls. Dabei wurde auch anderen Opfern staatlicher und institutioneller Gewalt gedacht.

Zur Bilderserie beim Umbruch Bildarchiv

“... Die 15 Jahre lange Ermittlungsarbeit im Fall Oury Jalloh ist geprägt von verschwundenen oder manipulierten Beweismitteln, von zahlreichen Widersprüchen in den Zeugenaussagen sowie der Verschleppung und anhaltenden Vertuschung durch die Ermittlungsbehörden von Polizei und Justiz. (...) Wir kämpfen weiter für die Aufklärung und haben im vergangenen Jahr neue Fakten geschaffen: Ourys Leichnam weist einen Nasenbeinbruch auf, der sich bis ins vordere Schädeldach fortsetzt und zudem kann mindestens eine gebrochene Rippe festgestellt werden. Mit absoluter Sicherheit sind ihm diese Verletzungen zu Lebzeiten zugefügt worden! Die Polizeibeamten Udo Scheibe und Hans-Ulrich März hatten stets behauptet, dass Oury seinen Kopf eigenständig gegen die Wand und den Tisch geschlagen hätte. Schutzbehauptungen! Diese Verletzungsmuster passen auch zu denen, welche die Leichen von Mario Bichtemann und Hans-Jürgen Rose aufweisen: Mario Bichtemann starb am 30. Oktober 2002 in der gleichen Zelle 5 an einem Schädelbruch. Hans-Jürgen Rose erlag am 8. Dezember 1997 schwersten innerlichen Verletzungen, nachdem er einige Stunden zuvor mit großer Wahrscheinlichkeit im Speisesaal des Polizeireviers von mehreren Beamten an eine Säule gekettet und schwer misshandelt worden war. Sein Körper zeigt mindestens 43 Schlagstockabdrücke im Rücken und Gesäßbereich. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Hämatome am gesamten Körper, die ihm wahrscheinlich durch Fußtritte zugefügt worden sind. Beide Todesfälle sind ebenfalls bis heute nicht aufgeklärt worden!

Liebe Mitmenschen in Sachsen-Anhalt: Die Mörder sind unter Euch! Wir wissen, dass es viele weitere Opfer von Misshandlungen durch Polizeibeamte in diesem Revier gegeben hat und dass die Menschen, die auspacken wollen, eingeschüchtert werden. Dennoch fordern wir Euch auf: Brecht das Schweigen! Wir haben im Januar 2018 eine Internationale Unabhängige Kommission zur Aufklärung der Wahrheit über den Tod von Oury Jalloh gegründet, an die sich jede/r mit Hinweisen zu den drei Todesfällen oder eigenen Erfahrungen mit der Polizei in Dessau wenden kann: Informationen:

https://www.ouryjallohcommission.com

Kontakt: uik.ouryjalloh2018@gmail.com


Quelle: Pressemitteilung der Initiative Oury Jalloh vom 07.01.20

Gedenken in Dessau: Oury Jalloh Demonstration 2019

Foto: © heba / Umbruch Bildarchiv Berlin
Am 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh an Händen und Füßen gefesselt im Dessauer Polizeigewahrsam. 14 Jahre lang haben Polizei-, Justiz- und Politik die Aufklärung der Ermordung von Oury Jalloh im Polizeigewahrsam sowie die Aufklärung von zwei weiteren Todesfällen im Dessauer Polizeirevier verweigert. Die „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“, die Black Communities und viele solidarische Menschen sorgen dafür, das der Feuertod von Oury Jalloh auch nach 14 Jahren nicht vergessen wird. Auch in diesem Jahr beteiligten sich mehr als 1.000 Menschen mit viel Power an der jährlichen Gedenkdemonstration für Oury Jalloh in Dessau.

Beim Berliner Umbruch Bildarchiv ist auf der neu gestalteten Webseite jetzt eine Fotoreportage zur Demonstration am 7. Januar in Dessau erschienen.
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