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Was mir heute wichtig erscheint #410

Anfang: Da es auch eine linke EU-Kritik gibt, wäre das Scheitern von CETA ein erster Erfolg. Einstweilen ist die für heute geplante Unterzeichnung vorübergehend erst einmal geplatzt. Indessen sind Ceta und TTIP nicht die einzigen Freihandelsabkommen, die von der EU derzeit verhandelt werden. Auch das Abkommen mit Mexiko steht erneut zur Debatte.

Rekord: Mindestens 3800 Menschen sind in diesem Jahr bereits im Mittelmeer auf der Flucht ertrunken. Mehr als je zuvor, und es kommen vermutlich noch mehr hinzu, da die Überquerung des Mittelmeeres inzwischen dreimal gefährlicher ist als im vergangenen Jahr.

Perspektivlos: Der sog. "Dschungel von Calais" existiert seit 14 Jahren und wurde bereits mehrfach geräumt, allen zwei Mal in diesem Jahr. Ohne Lösung der Fluchtursachen und eine menschenwürdige Perspektive für die Geflüchteten werden diese in Kürze erneut in Calais auftauchen.

Verschärft: Bis zu 5000€ werden nach einem Bericht im nd fällig, wenn Hartz IV EmpfängerInnen dem Jobcenter Informationen verschweigen. Gnädigerweise fallen keine intimen Informationen wie die Frage nach den Sexualpartnern darunter. Zumindest, wenn die Betroffene sich wehrt.

Einerlei: Feinstaubalarm in Stuttgart. Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr? Offenbar Fehlanzeige.

Antwortsuche: Der Rechtsradikalismus wird zur größten Gefahr für die Demokratie in der Bundesrepublik. Doch woher kommen all die Rechtswähler? Gerrit Wustmann sucht die Antwort darauf bei dem französischen Soziologen Didier Eribon. "Die rechtsradikalen 14 Prozent".

Freispruch: Trotz des Versuchs der Staatsanwaltschaft, auf Basis von Unterstellungen die Inhaftierung von Beni zu erwirken, hat das Gericht Beni am 24. Oktober 2061 frei gesprochen und den Haftbefehl aufgehoben. Hier der Bericht von Stuttgart gegen Rechts direkt im Anschluss an den Freispruch.

Verhaftet: Die türkische Regierung lässt die beiden Kobürgermeister der Kurdenmetropole Diyarbakir verhaften.

Gruselig: 10 Kurzschocker unter 2 Minuten. Um die Zeit bis zum nächsten Blogkino zu überbrücken.

Ende: Seit über drei Jahren veröffentlichen AntifaschistInnen auf der Seite ino.blogsport.de Beiträge "zur aktuellen politischen Themen, verbreiten Termine und bündeln, mal mehr mal weniger erfolgreich, Informationen antifaschistischer und anderer emanzipatorischer Gruppen in Mecklenburg-Vorpommern." Nun wird die Arbeit eingestellt. Nicht ganz. Denn auf www.infonordost.de geht es weiter.

Was mir heute wichtig erscheint #409

Tödlich: "Welchen zivilisatorischen Stand hat die Gattung Mensch erreicht, wenn in diesen Tagen rund um den Globus fast eine Milliarde Menschen hungern? Innerhalb von nur knapp drei Jahren hat sich die Anzahl der hungernden Menschen verdoppelt und dabei handelt es sich um Hunderte von Millionen an Tragödien mit Tränen, Trauer, Leid und ganz individuellem Siechtum bis zu einem einsamen, qualvollen Tod. Wir können versuchen uns rauszureden, indem wir auf Weltklima, lokales Wetter, die Frage der Verteilung von Weide- und Ackerland, auf Stammeskonflikte usw. als alleinige Ursachen verweisen. (...)" Weiter bei Uwe-Jürgen Ness


Antiimperialismus: Eine um einige Abschnitte gekürzte Version des Textes zur Rolle der kurdischen Bewegung im Kontext des Befreiungskampfes in Syrien "Krach in der imperialistischen Pyramide" von Hans Christoph Stoodt erschien am 8.9.2016 in der Wochenzeitung „Unsere Zeit„. Peter Schaber / „Lower Class Magazine“ nahm dazu in der „jungen Welt“ Stellung.

Zweifelhaft: Experten zweifeln an Brandversuch von ominösem Brandsachverständigen im Fall Oury Jalloh.

Relativiert: Tschechiens Regierung plant weiterhin den Ankauf der dem Ge­län­de des ehe­ma­li­gen na­tio­nal­so­zia­lis­tischen Roma-KZ im süd­böh­mi­schen Lety seit den 70er Jahren angelegten Schweine­farm. Vize­premier BabiÅ¡ be­such­te nach dem Skan­dal um seine Holo­caust-Re­la­ti­vie­rung die Ge­denk­stätte in Lety –“ und sprach dort von Ro­ma als „Pa­ra­si­ten“. Mehr bei dROMa Blog.

Sippenhaft: "Auch von 615 Euro Rente muss man abgeben, sagt das Bundesverfassungsgericht. Hartz IV macht die Familien kaputt, dafür werden Besserverdiener mit Samthandschuhen angefasst." Mehr zu einem Urteil, das die Klassenjustiz verdeutlicht beim Stern.

Verweigert: "Im US-Bundesstaat Pennsylvania muss der erkrankte politische Gefangene Mumia Abu-Jamal weiter auf seine dringend notwendige medizinische Behandlung warten. Wie Noelle Hanrahan von Prison Radio am gestrigen Donnerstag mitteilte, hat Bezirksrichter Robert Mariani im laufenden Klageverfahren »Abu-Jamal gegen Kerestes« den Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt. In der Klage gegen Anstaltsleiter John Kerestes vom Staatsgefängnis Mahanoy, in dem jW-Kolumnist Abu-Jamal einsitzt, hatten seine Verteidiger schon im August 2015 den sofortigen Beginn der Heilbehandlung seiner Hepatitis-–‰C-Infektion beantragt. (...)" Mehr bei der Tageszeitung junge Welt

Rückgewinnung: "(...) Bei den Landtagswahlen im Nordosten der Republik ging auch ein Fünftel der gewerkschaftlich organisierten WählerInnen der Rechtsaußen-Partei »auf den Leim«, wie es beim DGB heißt. »Während 25 Prozent der männlichen Gewerkschaftsmitglieder der AfD ihre Stimme gaben, waren es nur 14 Prozent der Gewerkschaftsfrauen. Angesichts der gewerkschaftsfeindlichen Grundhaltung der AfD bleibt für viele aktive GewerkschafterInnen die Zustimmung von ArbeitnehmerInnen und Gewerkschaftsmitgliedern für diese Partei wenig nachvollziehbar«, so der DGB. (...)" Mehr im Neuen Deutschland

Panikmache: Eine Auseinandersetzung mit einigen Positionen des omnipräsenten Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DpolG), der zweitgrößten (Außerhalb des DGB stehenden) Polizeigewerkschaft mit rund 94000 Mitgliedern. "Sheriff Wendt sieht “Deutschland in Gefahr–"

Antriebslos: Die sächsische Justiz entwickelt wenig Ehrgeiz, den Zwickauer Neonazi Ralf Marschner, der als wichtiger Zeuge in den NSU-Ermittlungen gilt, von der Schweiz ausliefern zu lassen.

Kriegsbilanz: "Rund 17 Jahre nach dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien und dem Beginn der Besetzung des Kosovo auch durch Deutschland bescheinigen Beobachter dem De-facto-Protektorat desolate politische, ökonomische und soziale Verhältnisse. Die Folgen des ersten Kriegs, in dem die Bundesrepublik eine wirklich bedeutende Rolle spielte, sind katastrophal." german-foreign-policy knöpft sich die Ergebnisse vor.

Spendenaufruf: Riseup.net, Betreiber zahlreicher alternativer Webdienste wie Mailinglisten steht vor dem Aus.

Legalisierung: Die Große Koalition hat sich Ende Juni 2016 auf einen Entwurf für ein neues Gesetz für den deutschen Auslandsgeheimdienst BND geeinigt. Damit soll der Geheimdienst mehr Macht zum Überwachen und Spionieren bekommen. Legal, illegal, BNDal: BND-Gesetz soll Massenüberwachung legalisieren. (DigitalCourage e.V.)

Schutzfolie: "Das es sich bei Pfefferspray zweifelsfrei um eine chemische Waffe handelt, ist nicht erst seit heute bekannt. Dass nicht selten Polizeiführer Einsatzlagen provozieren, die einen völlig unverhältnismässigen Einsatz von Pefferspray ("Orgien") provozieren - mal von sog. schwarzen Schafen in Uniform, mal gewollt von Einsatzleitern - dürfte eigentlich jedem Zeitungsleser und auch den Jugendrichtern am Amtsgericht Freiburg nicht verborgen geblieben sein. (...)" Nun muss ein Betroffener, der sich mit einer Overhead Projektorfolie vor Pfefferspray schützen wollte, wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz 30 Stunden gemeinnützig arbeiten. Mehr dazu bei Radio Dreyeckland.

Schweinerei: "Ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshof lässt viele Blogger derzeit schwitzen. Denn laut diesem Urteil können einfache Links auf Onlineinhalte eine Urheberrechtsverletzung darstellen." Mehr dazu bei gulli.com

Was mir heute wichtig erscheint #408

Sensationslüstern: "Am Freitag abend sind am Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen erschossen und 27 weitere verletzt worden. 2.300 Sicherheitskräfte waren im Einsatz. Busse und Bahnen stellten den Betrieb ein, Fernsehsender und Onlinemedien überboten sich in sensationslüsternen Spekulationen. Über Stunden war unklar: Wie viele Täter gibt es und wo sind sie? In der Nacht teilte die Polizei dann mit, sie gehe davon aus, dass ein 18 Jahre alter Deutscher mit iranischen Wurzeln allein gehandelt und sich anschließend selbst getötet habe. Bei einer Pressekonferenz am Samstag vormittag erklärten die Ermittler dann, sie gingen von einem Amoklauf ohne jeden politischen Hintergrund aus. Auslöser könnte eine psychische Erkrankung des Jugendlichen gewesen sein.(...)" "Ausnahmezustand in München" (junge Welt) Siehe auch: "Das Netz ist dabei" im Neuen Deutschland

Beschämend: "In der Türkei überschlagen sich die Ereignisse. In atemberaubendem Tempo fallen Regierungsbeschlüsse, mit denen grundlegende Menschenrechte außer Kraft gesetzt werden. Die Ankündigung, die Todesstrafe wiedereinführen zu wollen und die europäische Menschenrechtskonvention auszusetzen, sind nur herausstechende Beispiele. (...)" Warum Europa türkischen Oppositionellen Schutz anbieten muss (der Standard)

Gestoppt: "Weil sie die Umwelt schädigen und ihre Landrechte verletzen, gehen indigene Gemeinschaften in Mexiko gegen verschiedene Projekte aus dem Energie- und Infrastruktursektor vor –“ und haben damit durchaus Erfolg. In 15 Fällen verfügten die Gerichte eine vorläufige Suspendierung der jeweiligen Projekte. (...)" Mehr bei amerika21.de

Out: Warum Kiffen so was von 70er ist, wird beim Kraftfuttermischwerk erklärt.

Krank: Morgen soll Jeff Wood hingerichtet werden. Er war für den 1996 verübten Raubmord an Kriss Keeran zum Tode verurteilt worden - jedoch war er nicht der Todesschütze, sondern hatte lediglich im Fluchtauto gesessen. Wood ist einer der seltenen Fälle in Texas, bei dem es sich um die umstrittene Komplizenhaftung handelt. Seine Hinrichtung wurde bereits 2006 aufgeschoben. Der damalige Richter begründete das so: "Bei allem Respekt, man muss schon sagen, ein System, das von einem geisteskranken Menschen verlangt, zuerst seine eigene mangelnde geistige Kompetenz 'deutlich unter Beweis zu stellen', und zwar ohne Unterstützung von Rechtsberatern oder einem Sachverständigen für psychische Krankheiten, um auf diese Weise eine solche Unterstützung zu erhalten - das ist per definitionem ein krankes System."

Neuerscheinung: Sag noch jemand, bei den AnarchistInnen ginge nichts mehr. "Erich Mühsam (* 6. April 1878; –  10. Juli 1934) wurde in der Nacht vom 9. zum 10. Juli im ehemaligen Konzentrationslager Oranienburg von den Nazis zu Tode gefoltert. Auch heute, über 80 Jahre danach, ist es uns ein wichtiges Anliegen, Erich Mühsam zu gedenken. Mit dieser Broschüre wollen wir etwas dazu beitragen, dass sein Leben, seine lebensbejahenden und politischen Gedichte, als auch seine programmatischen Schriften nicht in Vergessenheit geraten. (...)" Mehr über diese sehr lobenswerte Initiative sowie der Download bei Syndikalismus.

Niedriglohnsektor: "Etwa acht Millionen Menschen –“ beinahe jeder vierte Beschäftigte –“ arbeiten in Deutschland für Niedriglöhne. Sie verdienen zu wenig, um davon leben zu können. Deutschland hat damit nach Litauen den zweitgrößten Niedriglohnsektor in Europa. „Viele dieser Menschen müssen Hartz IV beantragen, obwohl sie arbeiten. (...)" Älterer Beitrag im Westen zur Tatsache, dass nur Litauen mehr Niedriglöhner hat. Als Deutschland.

Frauenhass: Heute vor 23 Jahren vergewaltigten und töteten drei neonazistische Skinheads die Sexarbeiterin Beate Fischer. Sie war den drei Männern zunächst freiwillig in eine Wohnung gefolgt. Dem Gericht zufolge hatte die Frau dort freiwillig Sex mit allen, wollte dann aber nach einer Misshandlung die Wohnung verlassen. Die Neonaziskins zwangen sie daraufhin, in der Wohnung zu bleiben und vergewaltigen sie mehrmals. Dann töteten sie Beate Fischer. Das Antifa Infoblatt zu extrem rechtem Frauenhass.

Bezeichnend: Das Urteil des LG Freiburg hat es zu Recht von der Presse- und Meinungsfreiheit als gedeckt gesehen, dass RDL den AFD-Funktionär und Rechtsanwalt Kloth als "rassistischen Anwaltsredner" bezeichnet. In gleicher Weise hat es das Gericht als zulässig angesehen, den Tenor der Rede des AfD-Funktionärs zusammenzufassen, dass "die 'eingeladenen' Ausländer und Flüchtlinge für Vergewaltigung, Raub usw. verantwortlich“ seien und beinahe alle seien „Glückritter". Ein AfD Funktionär und ein Urteil dass RDL beim "rassistischen Anwalts-Redner" Recht gibt. Gegen das RDL aber gleichwohl in Berufung geht.

Übersetzung: Endlich tut mal jemand was gegen unleserliche Tags.

Erfolgreich: "Ein Mitglied der FAU Berlin hat seine Lohnklage gegen den Betreiber des Restaurants „Barist“ mit einem Vergleich erfolgreich beendet. Der Betreiber hat seine Widerklage zurückgezogen, in der er Schadenersatzansprüche gegenüber dem FAU-Mitglied geltend machen wollte –“ wegen angeblich „rechtswidrigen“ Aktionen, zu denen der ehemalige Mitarbeiter seine Gewerkschaft angezettelt haben soll. (...)" Zu einem nicht nur für die FAU bedeutsamen Urteil, denn offen bleibt "die einstweilige Verfügung, die etwa besagt, dass die FAU Berlin gegen das Restaurant nicht protestieren und es im Internet nicht kritisieren darf. Die FAU Berlin hat DEVI Gastro bereits aufgefordert, die einstweilige Verfügung zurückzuziehen."

Durchgepeitscht:"Die umfassende Arbeitsrechtsreform, das loi travail, wurde in dieser Woche gegen den Willen von 70 Prozent der FranzösInnen, endgültig in letzter Fassung durch die französische Nationalversammlung geboxt. Erneut bediente sich die Regierung eines undemokratischen Tricks. Eine Debatte und eine Abstimmung hätte es nur gegeben, wenn es ein Misstrauensvotum gegen die Regierung gegeben hätte. Zu diesem Schritt konnten sich die "sozialistischen KritikerInnen" des eigenen Regierungskurses nicht durchringen. Somit wurde am Donerstag, den 21 Juli in der Nationalversammlung nocheinmal verkündet, dass der Text nun angenommen sei. (...)" Beitrag von Radio Dreyeckland.

Soulève-toi - Der Widerstand gegen das "loi travail" in Frankreich

Seit Ende März 2016 gibt es in Frankreich massive Proteste gegen das geplante loi travail, das neue Arbeitsgesetz der sozialdemokratischen Regierung, das für Lohnabhängige ein Abrutschen in verloren geglaubte Zustände mit sich bringen wird:

Leichtere Entlassungen von Festangestellten mit Deckelung von Abfindungen und sogar von Strafen bei missbräuchlicher Anwendung, dazu extreme Flexibilisierung der Arbeitszeiten mit bis zu 12 Stunden pro Tag und geringere Entlohnung von Mehrarbeit. Besonders drastisch wird sich aber die sogenannte „Umkehrung der Normen“ auswirken, in der Betriebsabkommen über Brachentarifverträge stehen und diese wiederum vor dem Arbeitsgesetz selbst stehen - eine Zerschlagung der Verhandlungsmacht von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist damit eingeleitet.

Während die Platzbesetzungen in Paris und anderen Großstädten, die unter dem Namen nuit debout („Aufrecht durch die Nacht“) bekannt geworden sind, nach dem gewaltsamen Vorgehen der Polizei an Bedeutung verloren haben, ist der Widerstand insgesamt durch das Engagement der größten französischen Gewerkschaft CGT und vieler linker Basisinitiativen stärker geworden: Hunderttausende beteiligten sich in Paris und in vielen anderen Städten am 14. Juni am Aktionstag gegen das loi travail.

Die Polizei regierte wie schon in den Monaten zuvor mit brutaler Gewalt, setzte zum ersten Mal seit den 70er-Jahren in Paris Wasserwerfer ein und verletzte sogar einen Demonstranten lebensgefährlich. Die Regierung zeigt sich nach wie vor unnachgiebig und fordert die CGT auf mit den Großdemos „eine Pause einzulegen“.

Am Morgen des 22.Juni hatte sogar die Regierung eine Folgedemonstration für den 23.Juni zuerst verboten. Am Nachmittag wurde aber nach starken Protesten eine kürzere Kompromissroute genehmigt. Es kocht also gewaltig im Staate Frankreich.

Wie geht es nun weiter mit der Bewegung? Und welche Akteure sind darin maßgeblich? Wie hängen diese fortschrittlichen Proteste mit dem gleichzeitigen Aufstieg des Front National zusammen und dem allgemeinem Rechtsruck? Wie wird der immer noch geltende Ausnahmezustand genutzt, um gegen linke AktivistInnen vorzugehen? Welche Möglichkeiten haben wir hier, um uns solidarisch zu zeigen?

Hier kann uns der Journalist und Autor Bernhard Schmid fundierte Einschätzungen geben: er lebt seit Mitte der 90er-Jahre in Paris und schreibt u.a. regelmäßig für Labournet über Gewerkschaften und soziale Bewegungen in Frankreich und arabischen Ländern.

Freitag, 8. Juli 2016, 19.00 Uhr | Linkes Zentrum Lilo Herrmann Böblinger Str.105, Stuttgart-Heslach (U-Bahnhalt „Erwin-Schöttle-Platz“)
Initiative Klassenkampf | initiativeklassenkampf.wordpress.com

Offener Brief zum Haushalt 2016/17 des Gemeinderats Stuttgart: „Sichere Mehrheit“ an der Demokratie vorbei!“

Download des Flugblattes
Die Gemeinderats-Fraktionen der Grünen und der CDU haben bis auf den cent genau zu finanzierende Projekte für die nächsten zwei Haushaltsjahre abgesprochen.

Mit ihrem Geheimpakt huldigen die beiden Parteien im Stuttgarter Rathaus in undemokratischer Art und Weise der lntransparenz sowie dem anstrengungslosen Durchregieren. Das ist alles andere als eine „Kooperation der Vernunft", wie es Finanzbürgermeister Michael Föll verlauten ließ. Auch sein Argument, *„So lasse sich vermeiden, dass die Fraktionen die meisten der 600 Anträge genehmigten und erst der Kassensturz vor der dritten Lesung für die nötige Ernüchterung sorge“ lässt hinsichtlich Fölls Demokratie-Verständnis tief blicken. (Zitate: Stuttgarter Zeitung, „Kritik an schwarz-grüner Haushaltskoalition“, 29. Oktober 2015 Von Jörg Nauke)

Diese Absprache an den anderen Fraktionen und an der Demokratie vorbei mag zwar bequem sein.

Der Deal ist aber dennoch ein grobes Foul. Damit hebelt Schwarz-Grün die in einer echten Demokratie unentbehrliche Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Meinungen der anderen Fraktionen aus. Schlimm genug, dass selbst die einfachsten Grundlagen von Demokratie diesen Koalitionären offenbar unwichtig sind. Mehr noch sie entziehen sich jeglicher Kontrolle. Den anderen Fraktionen ist damit weitgehend die Möglichkeit zur Mitgestaltung des Haushalts sowie das Recht mitzureden genommen.

Das hat direkt Auswirkungen auf Anliegen aus der Bevölkerung, von Gruppen oder Initiativen. Der Erwerbslosentreff ver.di Stuttgart findet keine seiner Forderungen in Anträgen der „schwarz-grünen“ Koalition - wie z.B.:

• der Wunsch nach einer unabhängigen Beratungsstelle für Erwerbslose
• die Beteiligung eines oder einer betroffenen Enıverbslosen im Beirat des Jobcenters, damit nicht nur über Betroffene geredet wird sondern mit ihnen
• die Einrichtung einer unabhängigen Schlichtungsstelle
• eine bessere Betreuung und Beratung - auf Augenhöhe - im Jobcenter
• die Übernahme der gesamten Stromkosten durch das Jobcenter, - oder mindestens Übernahme des Kostenanteils, der über der Regelsatzleistung liegt, zur Vermeidung von Stromsperren.

Welche Chance haben nun Anträge der Fraktionen - wie z.B. von SÖS-LINKE-PLuS - die sich dieser Forderungen angenommen haben?

Dies kann nur ein Ansporn sein, alle wichtigen Forderungen, die nun unter den Tisch fallen, öffentlich bekannt zu machen und sich weiter dafür einzusetzen!

Quelle: Flugblatt, ver.di Erwerbslosenauschuss, Dezember 2015

Was mir heute wichtig erscheint #396

Ignoriert: "Die autonome Region Rojava, wie sie heute existiert, ist einer der wenigen Lichtblicke –“ wenn auch ein sehr lichter –“, die aus der Tragödie der syrischen Revolution hervorgegangen sind. Nachdem Rojava 2011 die Befürworter des Assad-Regimes vertrieben hatte, hat die Region, trotz der Feindseligkeit fast aller seiner Nachbarn, nicht nur ihre Unabhängigkeit behalten, sondern ist auch ein bemerkenswertes demokratisches Experiment geworden. Es wurden Volksversammlungen als höchste Entscheidungsinstanzen geschaffen, wobei die Räte sorgfältig gewählt wurden, um eine ethnische Balance zu schaffen (in jeder Gemeinde mussten die drei obersten Offiziere zum Beispiel einen Kurden, einen Araber und einen Assyrer oder armenischen Christen aufnehmen und mindestens einer von ihnen musste eine Frau sein). Es gibt Frauen- und Jugendräte und –“ in einer bemerkenswerten Nachahmung der bewaffneten Mujeres Libres (Freien Frauen) Spaniens –“ eine feministische Armee, den Kampfverband »YJA Star« (die »Einheiten der Freien Frauen«, wobei sich das »Star« hier auf die antike mesopotamische Göttin Ishtar bezieht), die einen großen Teil der Kämpfe gegen die Truppen des Islamischen Staates ausgetragen hat." Der US-amerikanische Ethnologe und Anarchist David Graeber in The Guardian, 08.10.2014. zur Frage, warum die Welt die revolutionären KurdInnen in Syrien ignoriert und zu den Parrallelen zu Francos augenscheinlich gläubigen, in Wirklichkeit jedoch mörderischen Falangisten. David Graeber lehrt an der London School of Economics and Political Science.

Einsatz: "(...) Wer sich am vergangenen Sonntagabend die Zeit bis zur „Tagesschau“ mit der Lindenstraße vertrieb, mag sich verwundert die Augen getrieben haben: 30 Minuten lang konnten wir Opa Adi granteln und werkeln beobachten –“ bekleidet mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „Free Mumia“. (...)" Birgit Gärtner über Mumia Abu-Jamal in der „Lindenstraße“ und Shauspieler, die sich für die Freilassung des afroamerikanischen Publizisten einsetzen.

Radiolesung: Hanna Krall überlebte als Kind das Warschauer Ghetto und begann ihre literarische Karriere mit Reporatgen für polnische Zeitungen. 1990 besuchte sie Stefan Wisniewski, ehemaliges Mitglied der RAF, im Gefängnis. Bei den Besuchen erzählt Stefan Wisniewski die Geschichte seiner Eltern, vor allem die seines Vaters Stanislaws, den die Nationalsozialisten aus Polen nach Deutschland zur Zwangsarbeit verschleppten. "Stefan Wisniewski, Sohn eines Zwangsarbeiters"

Unerträglich: "Ein junger Flüchtling, der zuvor monatelang in Freiburg und Umgebung gelebt hat, verletzte sich lebensgefährlich beim Versuch mit dem Eurostar, der zwischen Paris und London verkehrt, als blinder Passagier nach London zu kommen. Seine Flucht wirft viele Fragen, u.a. die der Aufnahme, der fragwürdigen Altersschätzung, dem Abdrängen in die Obdachlosigkeit und dem Umgang mit traumatisierten Menschen. (...)" Weiterlesen beim Freiburger Forum

Ungleichmäßig: "Gelten Grundrechte in Deutschland gleichermaßen für alle? Nein, meinte der Thüringer Sozialrichter Jens Petermann am Freitag abend bei einem Vortrag im Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte. Bei der Veranstaltung mit dem Titel »Die Richtervorlage zur Verfassungswidrigkeit der Sanktionen bei Hartz IV« beleuchtete Petermann, von 2009 bis 2013 Bundestagsabgeordneter der Partei Die Linke, vertrat die juristische Seite des Problems und diskutierte mit der Altenburger Landrätin Michaele Sojka (Die Linke), die das Jobcenter in ihrem Kreis aufgefordert hat, die Sanktionspraxis sofort zu beenden. (...)" Mehr

Bodenlos: "Man solle das "auffällig große" Smartphone in der Hand des dunkelhäutigen Flüchtlings beachten, schreibt eine Facebook-Nutzerin unter ein Foto, das sie nach einem "kritischen Lokalaugenschein" in Traiskirchen gemacht hatte. Unter dem Bild: dutzende empörte Kommentare über den vermeintlichen Reichtum der Flüchtlinge. (...)" Guter Beitrag im "Standard" zu einer reaktionären Diskussion

Unglaublich: "Kein sauberes Wasser, keine Toiletten, kein Stauraum für Lebensmittel: Immer wieder haben sich die freiwilligen Helfer, die seit Tagen vor dem Lageso Flüchtlinge versorgen, über mangelnde Unterstützung durch die Verwaltung geärgert. Am Donnerstag verbot man ihnen auch noch die Essensausgabe, wegen der hygienischen Zustände vor Ort. (...)" Mehr dazu beim rbb

Deppenzepter: "Ein Selfie am ausgestreckten Arm verformt die Gesichtszüge des Porträtierten äußerst unvorteilhaft. Aus ästhetischen Gründen wäre es naheliegend, auf Selfies komplett zu verzichten. Leider ist das keine Option. Nun hat die Industrie den Selfie-Stick entwickelt und der selbstverliebte Zirkus kommt erst richtig in Fahrt. (...)" Sascha Steinhoff bei heise.foto über den kaum mehr zu stoppenden Siegeszug des Deppenzepters

Franquistisch: "Es ist ein regelrechter Euphemismus: das am 1. Juli in Kraft getretene spanische "Bürgerschutzgesetz". Die von seinen Gegnern zu Recht als "Ley Mordaza", zu Deutsch "Knebelgesetze", heftig kritisierten Reformen schränken nebst vielem anderem auch die Freiheit im WWW massiv ein." Über Strafen für sarkastische Tweets und Facebook-Postings

Menschenunwürdig: "3.200 Menschen im Lager, 1.200 ohne Bett, 1.840 in festen Unterkünften untergebracht. 1.500 davon sind minderjährig, davon 900 bereits zum Verfahren zugelassen. Die Flüchtlingszahlen sind vor rund zwei Monaten sprunghaft angestiegen. 350 neue Asylanträge pro Tag gibt es in ganz Österreich. Erwartete Flüchtlinge nächstes Jahr: 70.000 aus Syrien, Irak, Somalia und Afghanistan. Wegen des Ansturms wurden 40 zusätzliche Beamte in Traiskirchen eingesetzt, 42 neue Mitarbeiter hat die Sicherheitsfirma ORS angestellt - noch immer zu wenig. Entlastung soll es bald geben: Die Slowakei will 500 Menschen aus Österreich aufnehmen. Dazu sollen weitere Betten in den Ländern frei werden, im Juli insgesamt 2.187." Weiter bei telepolis

Diskussionsbereit: "Ich debattiere seit gefühlten Wochen mit Wutbürgern, Neunazis, Altnazis und Menschen, die sich für “das Volk– (aber nicht für Nazis) halten. Leider passt die Bezeichnung “Volk– so gar nicht, da sie seit der Neuzeit für eine Menschengruppe (u.U. eines Staates) steht, die eine Sprache und eine Kultur teilen. Mal abgesehen davon, dass das selbsternannte “Volk– der deutschen Sprache gefühlt nicht mal richtig mächtig ist, müsste ich mich selbst als einen Teil dieses “Volkes– sehen –“ das kann und will ich aber nicht. Angebracht wäre eher die Bezeichnung “völkische Bewegung– und wer das jetzt nochmal auf Wikipedia nachschlägt wird sehen, dass diese Bezeichnung sehr wohl deutschnational und antisemitisch-rassistisch gemeint ist. (...)" Lesenswerter Beitrag beim Gedankensafe

Was mir heute wichtig erscheint #394

Armageddon: "(...) Das Maßnahmenpaket, das Athen in der Nacht zum Freitag nach Brüssel geschickt hat, unterscheidet sich in den meisten Punkten kaum von den Forderungen der EU, die erst am vergangenen Sonntag in einem Referendum von 61 Prozent der Griechen abgelehnt wurden. So soll das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre angehoben werden. Pensionäre müssen sich auf höhere Zuzahlungen im Gesundheitsbereich einstellen. Der Hafen von Piräus, Regionalflughäfen, das Mobilfunkunternehmen OTE und der Stromkonzern Admie sollen verkauft werden. Zudem sollen bislang besonders geschützte Wirtschaftsbereiche »geöffnet«, also ausländischen Konzernen ausgeliefert werden. Dazu gehört der Liste zufolge die Produktion traditioneller Lebensmittel. (...)" Mehr zur griechischen Tragödie. Siehe auch die Kritik von Hans Christoph Stoodt sowie die Beiträge "Austerität oder Demokratie" vom 8. Juli und vom 10. Juli von german-foreign-policy

Konsequent: "Ich glaube, eine gewerkschaftliche Kapitalismuskritik ist konsequenter als eine rein politische, weil sie da ansetzt, wo Kapitalismus stattfindet, nämlich im Arbeitsalltag." Zeit Online Interview mit VertreterInnen der FAU. Indessen will Bayern das ohnehin rudimentäre "Streikrecht" weiter verschärfen.

Nachträglich: Einmal gesetzt ist das Passwort für das Dateisystem bei Android Handys nur recht komplizert zu ändern. Abhilfe schaft das Tool Cryptfs Password von Nikolay Elenkov. Ansonsten eben: 'vdc cryptfs changepw <passwort>'.

Unerschwinglich: Drei Kugeln Eis aus der Eisdiele sind teurer als der Hartz IV Tagessatz für Essen und Trinken für kleine Kinder.

Aufgelistet: Am 4. Juli 2015 fand vor der US Botschaft in Berlin eine Kundgebung für die Rechte von Gefangenen statt. Anlass war der sog. Independence Day in den USA. Bei Uwe Hiksch findet sich eine Liste aller bis jetzt bekannten Berichte von dieser Kundgebung. Unterdessen ist die Lage eines der bekanntesten politischen Gefangenen der USA - Mumia Abu-Jamal - nach wie vor prekär.

Fertig: "Die Alarmzeichen mehren sich: Die Weltmeere haben die Grenze ihrer Belastungsfähigkeit erreicht. Davor warnten nun zahlreiche Meeresforscher in "Science". "Spektrum.de" sprach deshalb mit dem beteiligten Meeresbiologen Hans-Otto Pörtner vom Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven." Mehr dazu

Verbunden: "Am 8. Juli fand ein öffentlicher Vortrag des ehemaligen baden-württembergischen Justizministers Ulrich Goll (FDP) bei der Burschenschaft Normannia statt. Goll redete unter dem Motto: "Freiheit in Sicherheit". Die Normannia ist laut VVN-BdA Heidelberg seit Jahrzehnten für ihre völkischen, rassistischen und antisemitischen Veranstaltungen und Skandale berüchtigt und pflegt Kontakte bis weit ins neonazistische Milieu. Christian Schaar, Alter Herr der Normannia, war viele Jahre lang Vorsitzender der "Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland", die für die europaweit größten Naziaufmärsache in Dresden mitverantwortlich ist. Seine Ehefrau spielte und sang bei "Eichenlaub", die dem NSU Lieder widmete und zu ihrer Unterstützung aufrief." Mehr dazu bei Radio Dreyeckland sowie linksunten

Was mir heute wichtig erscheint #393

Verachtung: "Die Bundesregierung hat am gestrigen Dienstag ein letztes Verhandlungsangebot aus Griechenland zur Verlängerung des EU-Hilfsprogramms zurückgewiesen. Vor dem griechischen Referendum, das am Sonntag stattfinden soll, sei Berlin nicht mehr zu Gesprächen mit Athen bereit, teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern Nachmittag mit. Entsprechend lehnte die Eurogruppe am Abend einen Kompromissvorschlag von Ministerpräsident Alexis Tsipras ab. Das Hilfsprogramm ist um Mitternacht endgültig abgelaufen, Athen erhält nun keine Gelder mehr.(...)" Weiterlesen bei German Forein Policy

Streitschrift: "Ein Arbeitskampf in einem kleinen Berliner Kino mit nicht einmal drei dutzend Beschäftigten schlug 2009/2010 ungewöhnlich hohe Wellen. In dem hochsubventionierten Vorzeige-Objekt der damals regierenden Linkspartei hatten es erstmals einige prekäre Teilzeitkräfte gewagt, die Frage nach einer adäquaten Interessenvertretung selbst zu beantworten, und brachten die politische und gewerkschaftliche Landschaft der Hauptstadt damit ordentlich in Wallung. Das Kino Babylon wurde zum Politikum. Nicht nur der Berliner Senat, die höheren Etagen der Linkspartei und der Gewerkschaft ver.di fühlten sich genötigt, zu intervenieren, letztlich wurde die Frage, was überhaupt eine Gewerkschaft ist, neu gestellt.
Der Konflikt zeigte, dass auch in Kleinbetrieben mit prekären Verhältnissen offensive Kämpfe und gewerkschaftliche Alternativen nicht nur nötig, sondern auch möglich sind, aber auch, mit welcher Vehemenz genau dies verhindert werden sollte. Um so wichtiger, aus dieser Erfahrung zu lernen." Einen Beitrag dazu will die Broschüre "Babylo(h)n" von H. Oostinga leisten, die bei Syndikat A zu beziehen ist.

Verhackstückt: Der "Gesetzentwurf zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung" soll am morgigen Donnerstag vom Bundestag verabschiedet werden. Weitere Informationen dazu gibt es beispielsweise bei der Kampagne Asylrechtsverschärfung Stoppen und der Kampagne gegen das neue Asylgesetz 2015. Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass viele nach Deutschland Flüchtenden sofort in den sogenannten "Ausreisegewahrsam" genommen werden können. Was dagegen tun? "Unter dem Motto „Wir hätten Willy abgeschoben“ ruft heute das Bündnis für bedingungsloses Bleiberecht zu einer Jubel-Demonstration vom Kottbusser Tor zum Jahresfest der SPD bis zum „Willy Brandt Haus“ auf. Dabei soll auf bevorstehende Abstimmung über den Gesetzentwurf zur Neuregelung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung hingewiesen werden und auf die Tatsache, dass dieses Gesetz nur mit den Stimmen der SPD zustande kommen kann." Quelle (Danke an Adrian für die Hinweise)

Eindeutig: Wolf Wetzel hat sein Buch "Der NSU-VS-Komplex. Wo beginnt der Nationalsozialistische Untergrund –“ wo hört der Staat auf?" aktualisiert und erweitert, so dass es nun in der 3. Auflage unter der ISBN 978-3-89771-589-9 erhältlich ist. Wir hatten das Buch hier schon öfters empfohlen, hier eine Rezension von Jan Jirát in der Schweizer WOZ: "Wetzel will nicht von einem sogenannten tiefen Staat sprechen, also vom gezielten Zusammenwirken von Sicherheitsbehörden und terroristischen Strukturen, gleichwohl steckt hinter den gezielten Aktenvernichtungen Kalkül: Mögliche Verstrickungen zwischen V-Leuten und dem NSU bleiben unaufgedeckt, der VS entgeht genaueren (parlamentarischen) Untersuchungen über seine umstrittenen Praktiken, die zwingend zur Frage führen müssten, ob es den VS in dieser Form braucht. Nach der Lektüre von «Der NSU-VS-Komplex» ist die Antwort eindeutig."

Ekelhaft: Vergangenen Montag beschäftigte sich der Bundestags-Ausschuss für Arbeit und Soziales mit den Sanktionsregelungen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II), besser bekannt als Hartz-IV. Geändert wird natürlich nichts, im Gegenteil, trotz zahlreicher Kritiken von Einzelsachverständigen fällt die "kritische Bilanz und eine grundlegende politische Neuausrichtung“ vernichtend aus. Besonders beschämend: obwohl das Repressionssystem Hartz IV ganz offenbar darauf abzielt, den Druck auf die Erwerbstätigen zu erhöhen lieber schlechte Arbeitsbedingungen in Kauf zu nehmen, als in Jobcentern als „Kunde“ vorstellig zu werden, fällt dem DGB Vertreter im Ausschuss den KollgeInnen auch noch in den Rücken. "(...) Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Position des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Der DGB-Vertreter sprach sich zwar für eine Entschärfung der Sanktionen aus, nicht aber für deren Abschaffung. Leistungskürzungen sollten auf maximal dreißig Prozent beschränkt werden. Eine Abschaffung der Sanktionen sei ungerecht gegenüber den Hartz-IV-Empfängern, die „mitziehen“. Zudem trügen Sanktionen zur „Akzeptanz“ der steuerfinanzierten Grundsicherung in der Gesellschaft bei. Mit ihrer Position, die Erwerbslosen untereinander und gegen die Erwerbstätigen auszuspielen, hat sich die Gewerkschaft endgültig von dem Standpunkt verabschiedet, die gemeinsamen Interessen derjenigen zu vertreten, die gezwungen sind, vom Verkauf ihrer Arbeitskraft zu leben." hintergrund.de

Desinteressiert: "(...) Es folgte die Vernehmung der Ehefrau des hessischen Verfassungsschutzmitarbeiters Andreas Temme. Sie sagte, dass ihr Mann ihr erzählt hätte, dass er von einem Schuss oder von einer verletzen oder toten Person nichts mitbekommen habe. Ob er eine Plastiktüte dabei gehabt habe, wisse Sie angeblich nicht. Ihr wurde dann ein Telefonat von ihr mit ihrer Schwester vorgehalten. Sie sprach darin davon, dass sie sich frage, was ihr Mann in Kassel Nord in so einer „Assibude“ von so einem „Dreckstürken“ gesucht habe. „Interessiert–™s mich, wen der heute wieder niedergemetzelt hat?“, fragt sie ihre Schwester. Beide lachen. Ihr Mann habe ihr auch erzählt, dass er vor dem Tattag bereits in dem Internetcafé von Halit Yozgat gewesen sei. Zu Hause habe er auch einen Laptop mit Internetanschluss besessen und genutzt. Ins Internetcafé sei er –“ so die Zeugin –“ nach seinen Angaben dienstlich gegangen. Sie sei immer davon überzeugt gewesen, dass ihr Mann den Mord nicht begangen hat. Tatsächlich gefragt, ob er etwas damit zu tun hat, habe sie ihn nicht. (...)" Aus der Erklärung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Dr. Peer Stolle vom 30.06.2015, via Prof. Hajo Funke

Verstoß: Die Deutsche Post AG lässt bei befristet Beschäftigten aus Baden-Württemberg die Arbeitsverträge zum 30. Juni 2015 auslaufen. Hierbei handelt es sich ausschließlich um Kräfte, die an den Streikmaßnahmen von ver.di teilgenommen haben. Damit will die Post AG „offenkundig ein Exempel statuieren“. Mehr dazu bei ver.di Baden Württemberg

Bürgerhaushalt - "Bürger haben das Sagen?"

Infokarte
"Jetzt Vorschläge eingeben 3. Bürgerhaushalt mitgestalten - erneut sind Ihre Vorschläge für Stuttgart gefragt."

Diese Einladung flattert ins Haus, wenn man am letzten Bürgerhaushalt teilgenommen hat.

Wir, die lntitiative REICHE STADT - ARME KINDER, hatten uns mit zwei Vorschlägen am letzten Bürgerhaushalt beteiligt: VVS-Nulltarif für Schüler - vollständige Übernahme der Fahrtkosten im ganzen Netz und ein kostenloses und gesundes Mittagessen für alle Schul- und Kita-Kinder. (Platz 427 und Platz 384 nach der Abstimmung)

Für Familien, die mit Arbeitslosengeld II oder niedrigem Einkommen leben müssen, wäre es eine große Entlastung, wenn die Stadt diesen Forderungen nachkommen würde. Außerdem sind kostenlose Fahrt und kostenloses Mittagessen an Schulen und Kitas ein Teil des Bildungsauftrags, so wie es in skandinavischen Ländern längst gehandhabt wird. Seit 2008 wendet sich unsere Initiative an den Gemeinderat, dass er seiner Verantwortung gegenüber den Kindern und Jugendlichen - insbesondere denen aus armen Familien - nachkommen und diese Leistungen erbringen soll.

Deshalb wollten wir den Bürgerhaushalt nutzen, um auf die Haushaltsentscheidungen des Gemeinderats einzuwirken.

Leider waren unsere Vorschläge gar nicht „gefragt“ bei der Verwaltung, denn entsprechend dem Abstimmungsergebnis gab es nur für die ersten 110 von den ca. 3000 eingereichten Bürgerwünschen eine Antwort aus dem Rathaus. Wurden dann wenigstens diese Vorschläge in den Gemeinderatshaushalt übernommen? Weit gefehlt!

Die Forderung des Schülerhorts Helfergasse „Freie Fahrt für Stuttgarter Schülergruppen“ hatte es auf Platz 33 geschafft und dennoch eine Abfuhr erhalten. Es fand sich keine Mehrheit im Gemeinderat für ihr Anliegen.

Warum soll man dann überhaupt einen Antrag stellen, am Abstimmungemarathon teilnehmen und sich sich womöglich auch noch Hoffnungen machen, dass man im Rathaus ernst genommen wird?

Im Gegenteil, es beschleicht einen der Verdacht, dass hier ein pseudodemokratischer Prozess
in Gang gesetzt wird nach dem Motto: Mitreden ja, aber nicht entscheiden.

Wir haben unsere Lehren gezogen, wir werden uns dieser „Beschäftigungstherapie“ nicht mehr unterziehen.

Unsere Forderungen für die Verbesserung der Chancengleichheit aller Kinder in Stuttgart werden wir hartnäckig weiter verfolgen - nicht über eine Scheinbeteiligung, sondern mit Aktionen und Öffentlichkeitsarbeit.

Das ist eine realistische Möglichkeit, den Gemeinderat zum „Zuhören“ zu bringen.

Reiche Stadt- arme Kinder. Die Initiative trifft sich jeden 2. Mittwoch im Monat 18.30 - 20 Uhr
BASlS, Hauptstätterstr. 41, Stuttgart Mitte
Kontakt: G. Vomhof-Hänisch

Was mir heute wichtig erscheint #377

Verdoppelt: "Reicher Mann und armer Mann // standen da und sahn sich an. // Und der Arme sagte bleich: // »wär ich nicht arm, wärst du nicht reich«." Wie Recht Bertold Brecht damit hatte, zeigt eine Studie des Berliner Wirtschaftsforschungsinstituts DIW, welche die Einkommen von Beschäftigten unterschiedlicher Generationen untersucht. Die SZ hat das mal zusammengefasst. Kennt man alles mehr oder weniger, die Frage, was tun wird dann halt mit der ominösen "Erhöhung der Chancengleicheit" umschrieben. Wie denn in einer Klassengesellschaft?

Fortlaufend: "Geschichte wird gemacht. Und Geschichte wird auch ganz schön schnell wieder vergessen." Lena Herrnann bei kleinerdrei.org mit einem kurzen Abriß über einen Teil der Geschichte der Globalisierungsbewegung. Leider ohne perspektivischen Ausblick...

Verschlechterung: Die Bunderegierung brachte gestern einen Gesetzentwurf zur „zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ ein. "(...) die angekündigte Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete wird so gut wie keinem der Betroffenen zugute kommen. Stattdessen stellt dieses Gesetz die umfassendste Verschärfung des Asylrechts seit 1993 dar. Alle Flüchtlinge im Dublin-Verfahren, die in einem anderen EU-Land registriert sind, sollen in Abschiebungshaft gesperrt werden. Das betrifft gut ein Drittel aller Flüchtlinge.(...)" Dagegen ruft das Berliner Bündnis gegen Lager unter dem Motto "Stoppt die drohende Verschärfung des Asylrechts!" zu einer Demonstration am Freitag, 5. Dezember 2014, 14 Uhr, Potsdamer Platz in Berlin auf.

Unspektakulär: "Am Freitag ist Schluss. Dann läuft im Bochumer Opel-Werk das letzte Automobil vom Band, nach 52 Jahren Serienfertigung. 3.000 Beschäftigte machen einen Umweg über eine zweijährige »Transfergesellschaft« und stehen dann höchstwahrscheinlich auf der Straße. Damit hat wohl niemand gerechnet, dass die traditionsreiche Fabrik so sang- und klanglos abgewickelt würde. Auch das Management des Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM) hat stets so agiert, als würde es Krawalle fürchten. Zu Recht. Schließlich hat die Belegschaft in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder mit spektakulären Aktionen für Aufsehen gesorgt. Warum ausgerechnet dieses Mal nicht, obwohl sie nichts mehr zu verlieren hatte? (...)" Ein Erklärungsversuch von Daniel Behruzi in der Tageszeitung junge Welt.

Betrogen: "»Mall of Shame. Erbaut auf Ausbeutung«, steht auf einem großen Transparent vor dem neuen Einkaufstempel »Mall of Berlin«. Passanten bleiben stehen, lesen aufmerksam das Banner, einige nehmen Flugblätter entgegen, die von einer Gruppe Menschen verteilt wird. »FAU im Arbeitskampf« steht auf einer gelben Weste, die Bogdan Droma über seinen Anorak gezogen hat. Seit einer Woche steht er hier jeden Tag sechs Stunden in der Kälte und protestiert. Zusammen mit weiteren Protestanten und der Basisgewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU), die 20 rumänische Bauarbeiter bei ihrem Protest unterstützt, will Droma seinen ausstehenden Lohn einfordern. Er und die anderen Arbeiter haben monatelang auf der Baustelle geschuftet, wurden aber um einen Teil ihres Lohns betrogen. (...)" Mehr beim "Neuen Deutschland". oder auch bei der Berliner Zeitung. Undvor allem bei der FAU Berlin, die zu Kundgebungen aufruft, die Montag bis Freitag von 12-18 Uhr in der Voßstraße 10 stattfinden. Am Samstag den 6.12. soll es dann ab 14 Uhr am Leipziger Platz Berlin eine Protestdemo geben.

Geknackt: Die selbstorganisierte, europäische Bürgerinitiative „Stop TTIP“ erreichte letzte Nacht eine Million Unterschriften aus der gesamten EU. Dies entspricht der regulär erforderlichen Unterschriftenanzahl um eine europäische Bürgerinitiative (EBI) vor die EU-Kommission zu bringen. Die Unterschriften wurden selbstständig von über 300 vernetzten europäischen Organisationen gesammelt, da die Kommission zuvor das Einbringen einer offiziellen EBI abgelehnt hat. (Nach Presseinformationen der Priatenpartei Österreich)

Traumatisiert: "Wenn Brüste in Kirchen Traumata auslösen, gehört die Kirche vor Gericht, nicht die Besitzerin der Brüste". Beitrag von Marinelli zum Prozess gegen die Femen Aktivistin, die im Kölner Dom blank gezogen hatte. Wenig geschockt zeigte sich indessen Kardinal Meisner: "Ich habe so viel erlebt: erst die Nazizeit, dann die ganze kommunistische Zeit - da kann mich so was doch nicht schrecken." Kein Wunder, das tun andere: Das Verfahren gegen den Gottestdienstbesucher, der die Aktivistin nach ihrem Auftritt ins Gesicht geschlagen hatte, wurde derweil gegen eine Geldauflage von 500 Euro eingestellt.

Ungesühnt: "Wieder bleibt in den USA die Tötung eines Menschen durch Polizisten straffrei. Am Mittwoch (Ortszeit) entschied eine Geschworenenjury in New York, dass sich der Beamte, der im Sommer einen Unbewaffneten zu Tode gewürgt hatte, nicht vor Gericht verantworten muss. Daraufhin gingen in der Metropole Hunderte Menschen auf die Straße und skandierten »No justice, no peace« –“ Keine Gerechtigkeit, kein Frieden. Einige hielten Schilder mit der Aufschrift »Ich kriege keine Luft« in die Höhe. In einem Video des Vorfalls aus dem Juli soll Medienberichten zufolge zu hören sein, wie der im Schwitzkasten des Polizisten zu Boden gerissene 43jährige diese Worte rief. Der sechsfache Vater, der an Asthma erkrankt war, starb wenig später. Die Beamten hatten den Afroamerikaner gestoppt, weil sie vermuteten, er verkaufe illegal Zigaretten. (...)" »Ich kriege keine Luft« (junge Welt)

Entdeckt: "Zwei Journalisten der spanischen Tageszeitung El Mundo geben an, den Mörder des argentinisch-kubanischen Revolutionärs Ernesto Che Guevara ausfindig gemacht zu haben. Nach Angaben der Autoren Ildefonso Olmedo und Juan José Toro hatte der ehemalige bolivianische Militär Mario Terán Salazar Guevara hingerichtet, nachdem er im Oktober 1967 in einer gemeinsamen Aktion von US-Geheimdienstlern und bolivianischen Militärs festgenommen wurde. (...)" Mehr bei amerika21.de

Demaskiert: "Die "Spaziergänge" der "Patriotischen Europäer gegen Islamisierung des Abendlandes" wachsen weiter, wenn auch langsamer. Am 01.12.2014 waren es laut Polizeiangaben rund 7.500 Teilnehmer_innen. Allerdings gelang es erstmals auch, den Marsch mit Gegenprotesten zu stoppen und damit klar zu machen: Die rufen nur so oft "Wir sind das Volk", bis ihnen die demokratische Zivilgesellschaft vor Augen führt, dass sie eben doch nur eine möglicherweise verängstigte, aber für den sozialen Frieden gefährliche Minderheit sind. Interessant sind auch Details, die die Sächsiche Zeitung über Initiator Lutz Bachmann herausgefunden hat. (...)" Mehr beim Netz gegen Nazis

Repressionsinstrument: "(...) Hartz IV war das bisher erfolgreichste Mittel im Klassenkampf von Staat und Kapital gegen die Lohnabhängigen, um in großem Umfang Einkommensverteilungen durchzusetzen.
Die Jobcenter waren und sind die Repressionsorgane des Staates. Millionenfach haben die Jobcenter Sanktionen verhängt, den Lebensunterhalt und die Mietkosten gestrichen. Zigtausende sind dadurch obdachlos geworden. Hunderttausende wurden mit Strafanzeigen bedacht. Menschen wurde in den Jobcentern der aufrechte Gang gebrochen, zigtausende bekamen Depressionen, ja und viele haben sich umgebracht. (...)" Weiter beim Bremer Erwerbslosenverband (BEV): 10 Jahre Hartz IV –“ 10 Jahre Jobcenter via Syndikalismus

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