Niebels Tanz ums eigene Grab - von Heike Hänsel hart unterbrochen
Niebel im Bundestag- dieses eine Mal ohne das kokette Militärkäppchen und die augenversteckende Brille. Anständig im Anzug. Niebel hatte - als seltener Gast am Hindukusch - eine Erschütterung wegbekommen. Die Jungs liefen -wieder- den Drachen nach. Leser des Buchs "Drachenläufer" wissen freilich, dass sie das immer tun. Und da alle Bestandteile des Drachens selber zusammengesucht werden müssen, ist auch kein Grund einzusehen, damit bloß wegen Taliban aufzuhören.
Immerhin schön, dass der Minister diese Tröstung erhielt. Sonst sieht er sich in Afghanistan von Feinden umgeben, die die eigentümlichsten Ziele im Auge haben. "Die Aufständischen töten wahllos. Sie zielen auf Zivilisten und Menschenrechte, auf Völkerrecht und Wiederaufbau." Rechts und links ein totgeschossenes Menschenrecht - da heißt es Obacht geben.
Niebel erhob - wie das inzwischen üblich geworden ist- den Glauben zur Pflicht. Glauben, dass alles besser wird- wer das nicht hinbekommt, der ist nicht wert, Deutscher zu heißen. Deshalb: Um Gottes Willen - nichts schwarzreden!
Und weitermachen! Dass Militär auch nach Ende dieses Jahres aufpassen muss auf den Wiederaufbau, daran durfte gar kein Zweifel erhoben werden. Und das bisherige Brunnengraben und Mädchen an der Hand in die Schule führen gibt es nur, wo vorher unser Soldat die Wege geebnet und die Panzerstraße eingerichtet hat.
Nicht so deutlich führte der Entwicklungsminister aus, dass allen Projekten das Geld entzogen wird, die die Priorität des Pamuerschutzes und des Bombenabwurfs nicht anerkennen.
Dass er das Lied bis ans Ende seines Daseins weitersingen müsste vom braven Grenadier, der am Wachtfeuer "nur von Dir, Deutschland" träumt, ist dem übersinnlich Berauschten im Augenblick nicht klar.
Aber - wenn Militär unabdingbare Voraussetzung des Zivilen ist, wie könnte das Militärische dann je aufhören. (So intensiv die SPD sich vorlügt, sie würde Ende des Jahres 2011 mehr als ein Dutzend Muschkoten abrücken sehen). Es dudelte sich der Freudenigel sein Totenlied. Wenn nur die zu erwartenden drei Prozent Front-Zulage und Wahl-Ertrag nicht vorher dem Plustermund die Luft rausließen...
Damit wir aber doch nicht so lange warten müssen, griff Heike Hänsel, Tübingen, von der LINKEN ein. Sie bewies mit wenigen Zahlen, dass Niebels Weg keineswegs, wie er trällerte, auf Höhen verlief,
sondern zwischen Schutt, Leichen und Steppengras.
Niebels Grundirrtum: Man könne auf dem Humus des Krieges den Frieden züchten. Gerade umgekehrt, warf Hänsel dem Taumelprinzen den Stock zwischen die Beine: "Ich möchte für unsere Fraktion festhalten: Auch Krieg ist Terror, und wir müssen dieses Mittel der Politik abschaffen"
Von dieser Voraussetzung her führte sie aus: wo Afghaninnen und Afghanen das Militär als Schutzdach erblicken, scheuen sie mit Recht die angebotenen unteren Räume, auch wenn die recht nett zusammendrapiert wurden.
"Wie zivile Aufbauhilfe, Entwicklungsprojekte und Militär miteinander verknüpft sind, haben wir während einer Delegationsreise in Afghanistan erfahren müssen. Dort konnten wir beobachten, wie schlecht diese Zusammenarbeit funktioniert und wie gefährlich sie ist. Die Schule, die wir dort besuchen wollten, mussten wir uns nämlich in einem ISAF-Konvoi, schwer bewacht von ISAF-Soldaten, anschauen. Ich kann nur sagen: Es ist absurd, in welch martialischem Aufmarsch wir zu dieser Schule kamen. Die Aufbauhelfer haben uns danach gesagt, dass solche militarisierten Besuche ihre Projekte gefährden, weil sie dadurch in der Region zu Anschlagszielen werden. Genau deswegen kritisieren wir die zivilmilitärische Zusammenarbeit und lehnen sie grundsätzlich ab."
PACARE nannten schon die Römer ihre Eroberungszüge. "Befrieden". Und richtig ist, es fielen immer ein paar gute Straßen, Bewässerungsanlagen und dreistöckige Kasernen bei dem Geschäft ab.Als Nebenerscheinung. Nur lieber gewannen all die Gallier und Germanen ihre Eroberer deshalb nicht. Wieso sollte es gerade einem Einmarschierer namens Niebel anders gehen?
"Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit wird von Ihnen weiterhin in vielerlei Hinsicht instrumentalisiert. Militäreinsätze sollen zivil flankiert werden; das haben Sie selbst gesagt. Laut der neuen Rohstoffstrategie der Bundesregierung soll durch die Entwicklungszusammenarbeit in Entwicklungsländern aber auch ein investitionsfreundliches Klima geschaffen werden. Was „investitionsfreundliches Klima“ konkret heißt, konnten wir vor kurzem in Bolivien erleben: Wer nicht Ihren Vorstellungen von Marktwirtschaft, Privateigentum und Investitionsschutz entspricht, wer also, wie die bolivianische Regierung, einen eigenständigen Weg der Entwicklung gehen will, der wird abgestraft."
Und Hänsel weiter - um das grundsätzlich Verfehlte einer Politik zu kennzeichnen, die Entwicklung sagt, aber Selbstmästung und Eigennutz meint: "Abschließend möchte ich sagen: Wir sind der Auffassung, dass Sie auf große Katastrophen wie die in Haiti und Pakistan völlig unzureichend reagieren. Sie leisten lediglich Einmalzahlungen. Wir hingegen fordern Sondertitel über mehrere Jahre hinweg, um diesen Katastrophen nachhaltig zu begegnen. Diese Initiativen sind wichtig. Wir dürfen nicht nach dem Motto verfahren: In den Medien wird über diese Katastrophen nicht mehr berichtet, also sind diese Probleme für uns nicht mehr vorhanden. –“ Wir müssen anders reagieren. Deswegen haben wir Sondertitel gefordert. Ich kann nur sagen: Mit diesem Haushalt haben Sie sich faktisch –“ darauf ist schon eingegangen worden –“ von dem 0,7-Prozent-Ziel für 2015 verabschiedet. Ihre Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit freut sicherlich den BDI, den Bundesverband der Deutschen Industrie, aber nicht die Menschen in den Ländern des Südens."
Kaum hatte Haensel geendet, schlossen sich die staatstragenden Parteien gegen sie zusammen. So viele kleine Einwände sie auch gegen Niebel gehabt hatten - in SPD-Kreisen bestand man vor allem am Anteil ihrer Partei an der herrlichen Entfaltung und den Flugdrachen - niemand versäumte, etwas Gift auf den Linkenglauben zu schütten, es gäbe Entwicklung ohne vorgeordnetes Militär.
Als Heike eine GRÜNE mit geplusterten Siegesbacken über eine Zwischenfrage an Kosovo und Bosnien erinnern wollte, wo auch die militärisch-zivile Zusammenarbeit sich so herrlich bewährt hatte, bekam sie gleich eins drauf vom Bundestagspräsidenten, der sie seit dem zu Unrecht gezeigten T-Shirt nicht mehr richtig liebgewonnen hatte.
Ende: Alle vier Parteien, die sich nacheinander an den Verbrechen in Afghanistan beteiligt hatten, wollten bis zum bitteren Ende eine von Anfang verlorene Sache immer noch nicht verloren geben. Mal schauen, wie stolz sie gucken werden, wenn Wahrmachtsminister Guttenberg am Ende des Jahres ein Dutzend Feldgraue freigibt und das kleine Helferlein wieder Drachen zählen kommt. Die LINKE aber tut Recht daran, am absoluten Friedenswillen festzuhalten, auch gegen Schwachknies und Leisetreter in den eigenen Reihen.
Alle Zitate entnommen dem vorläufigen Bundestagsprotokoll vom 21.1.2011
Immerhin schön, dass der Minister diese Tröstung erhielt. Sonst sieht er sich in Afghanistan von Feinden umgeben, die die eigentümlichsten Ziele im Auge haben. "Die Aufständischen töten wahllos. Sie zielen auf Zivilisten und Menschenrechte, auf Völkerrecht und Wiederaufbau." Rechts und links ein totgeschossenes Menschenrecht - da heißt es Obacht geben.
Niebel erhob - wie das inzwischen üblich geworden ist- den Glauben zur Pflicht. Glauben, dass alles besser wird- wer das nicht hinbekommt, der ist nicht wert, Deutscher zu heißen. Deshalb: Um Gottes Willen - nichts schwarzreden!
Und weitermachen! Dass Militär auch nach Ende dieses Jahres aufpassen muss auf den Wiederaufbau, daran durfte gar kein Zweifel erhoben werden. Und das bisherige Brunnengraben und Mädchen an der Hand in die Schule führen gibt es nur, wo vorher unser Soldat die Wege geebnet und die Panzerstraße eingerichtet hat.
Nicht so deutlich führte der Entwicklungsminister aus, dass allen Projekten das Geld entzogen wird, die die Priorität des Pamuerschutzes und des Bombenabwurfs nicht anerkennen.
Dass er das Lied bis ans Ende seines Daseins weitersingen müsste vom braven Grenadier, der am Wachtfeuer "nur von Dir, Deutschland" träumt, ist dem übersinnlich Berauschten im Augenblick nicht klar.
Aber - wenn Militär unabdingbare Voraussetzung des Zivilen ist, wie könnte das Militärische dann je aufhören. (So intensiv die SPD sich vorlügt, sie würde Ende des Jahres 2011 mehr als ein Dutzend Muschkoten abrücken sehen). Es dudelte sich der Freudenigel sein Totenlied. Wenn nur die zu erwartenden drei Prozent Front-Zulage und Wahl-Ertrag nicht vorher dem Plustermund die Luft rausließen...
Damit wir aber doch nicht so lange warten müssen, griff Heike Hänsel, Tübingen, von der LINKEN ein. Sie bewies mit wenigen Zahlen, dass Niebels Weg keineswegs, wie er trällerte, auf Höhen verlief,
sondern zwischen Schutt, Leichen und Steppengras.
Niebels Grundirrtum: Man könne auf dem Humus des Krieges den Frieden züchten. Gerade umgekehrt, warf Hänsel dem Taumelprinzen den Stock zwischen die Beine: "Ich möchte für unsere Fraktion festhalten: Auch Krieg ist Terror, und wir müssen dieses Mittel der Politik abschaffen"
Von dieser Voraussetzung her führte sie aus: wo Afghaninnen und Afghanen das Militär als Schutzdach erblicken, scheuen sie mit Recht die angebotenen unteren Räume, auch wenn die recht nett zusammendrapiert wurden.
"Wie zivile Aufbauhilfe, Entwicklungsprojekte und Militär miteinander verknüpft sind, haben wir während einer Delegationsreise in Afghanistan erfahren müssen. Dort konnten wir beobachten, wie schlecht diese Zusammenarbeit funktioniert und wie gefährlich sie ist. Die Schule, die wir dort besuchen wollten, mussten wir uns nämlich in einem ISAF-Konvoi, schwer bewacht von ISAF-Soldaten, anschauen. Ich kann nur sagen: Es ist absurd, in welch martialischem Aufmarsch wir zu dieser Schule kamen. Die Aufbauhelfer haben uns danach gesagt, dass solche militarisierten Besuche ihre Projekte gefährden, weil sie dadurch in der Region zu Anschlagszielen werden. Genau deswegen kritisieren wir die zivilmilitärische Zusammenarbeit und lehnen sie grundsätzlich ab."
PACARE nannten schon die Römer ihre Eroberungszüge. "Befrieden". Und richtig ist, es fielen immer ein paar gute Straßen, Bewässerungsanlagen und dreistöckige Kasernen bei dem Geschäft ab.Als Nebenerscheinung. Nur lieber gewannen all die Gallier und Germanen ihre Eroberer deshalb nicht. Wieso sollte es gerade einem Einmarschierer namens Niebel anders gehen?
"Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit wird von Ihnen weiterhin in vielerlei Hinsicht instrumentalisiert. Militäreinsätze sollen zivil flankiert werden; das haben Sie selbst gesagt. Laut der neuen Rohstoffstrategie der Bundesregierung soll durch die Entwicklungszusammenarbeit in Entwicklungsländern aber auch ein investitionsfreundliches Klima geschaffen werden. Was „investitionsfreundliches Klima“ konkret heißt, konnten wir vor kurzem in Bolivien erleben: Wer nicht Ihren Vorstellungen von Marktwirtschaft, Privateigentum und Investitionsschutz entspricht, wer also, wie die bolivianische Regierung, einen eigenständigen Weg der Entwicklung gehen will, der wird abgestraft."
Und Hänsel weiter - um das grundsätzlich Verfehlte einer Politik zu kennzeichnen, die Entwicklung sagt, aber Selbstmästung und Eigennutz meint: "Abschließend möchte ich sagen: Wir sind der Auffassung, dass Sie auf große Katastrophen wie die in Haiti und Pakistan völlig unzureichend reagieren. Sie leisten lediglich Einmalzahlungen. Wir hingegen fordern Sondertitel über mehrere Jahre hinweg, um diesen Katastrophen nachhaltig zu begegnen. Diese Initiativen sind wichtig. Wir dürfen nicht nach dem Motto verfahren: In den Medien wird über diese Katastrophen nicht mehr berichtet, also sind diese Probleme für uns nicht mehr vorhanden. –“ Wir müssen anders reagieren. Deswegen haben wir Sondertitel gefordert. Ich kann nur sagen: Mit diesem Haushalt haben Sie sich faktisch –“ darauf ist schon eingegangen worden –“ von dem 0,7-Prozent-Ziel für 2015 verabschiedet. Ihre Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit freut sicherlich den BDI, den Bundesverband der Deutschen Industrie, aber nicht die Menschen in den Ländern des Südens."
Kaum hatte Haensel geendet, schlossen sich die staatstragenden Parteien gegen sie zusammen. So viele kleine Einwände sie auch gegen Niebel gehabt hatten - in SPD-Kreisen bestand man vor allem am Anteil ihrer Partei an der herrlichen Entfaltung und den Flugdrachen - niemand versäumte, etwas Gift auf den Linkenglauben zu schütten, es gäbe Entwicklung ohne vorgeordnetes Militär.
Als Heike eine GRÜNE mit geplusterten Siegesbacken über eine Zwischenfrage an Kosovo und Bosnien erinnern wollte, wo auch die militärisch-zivile Zusammenarbeit sich so herrlich bewährt hatte, bekam sie gleich eins drauf vom Bundestagspräsidenten, der sie seit dem zu Unrecht gezeigten T-Shirt nicht mehr richtig liebgewonnen hatte.
Ende: Alle vier Parteien, die sich nacheinander an den Verbrechen in Afghanistan beteiligt hatten, wollten bis zum bitteren Ende eine von Anfang verlorene Sache immer noch nicht verloren geben. Mal schauen, wie stolz sie gucken werden, wenn Wahrmachtsminister Guttenberg am Ende des Jahres ein Dutzend Feldgraue freigibt und das kleine Helferlein wieder Drachen zählen kommt. Die LINKE aber tut Recht daran, am absoluten Friedenswillen festzuhalten, auch gegen Schwachknies und Leisetreter in den eigenen Reihen.
Alle Zitate entnommen dem vorläufigen Bundestagsprotokoll vom 21.1.2011