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Erst kamen die Pfeffersäcke

Das Foto zeigt einen deutschen Kolonialherren ca. im Jahr 1885, der sich von mehreren Trägern in einer Hängematte in Togo durch die Gegend tragen lässt.
Deutscher Kolonialherr in Togo (ca. 1885)
Die aus dem Kolonialismus stammende Diskriminierung im öffentlichen Raum durch Denkmäler und Strassennamen besteht fast überall weiter. So ist es etwa in Wuppertal immer noch nicht gelungen, den abwertenden Namen „Mohren“-Strasse zu ändern!

„Deutsch-Südwestafrika sollte zur Blaupause eines Rassestaates werden mit einer deutschen Führungsschicht an der Spitze und einem Heer rechtloser schwarzer Arbeiterinnen und Arbeiter.“ [Hoffmann, in: Schnurr/Patalong 115]So Ruth Hoffmann im 2022 erschienenen Buch „Deutschland, deine Kolonien“ – Geschichte und Gegenwart einer verdrängten Zeit, herausgegeben von Eva-Maria Schnurr und Frank Patalong.

Bereits 2021 als Zeitschrift in der Reihe „SPIEGEL GESCHICHTE“ herausgegeben, schreiben hier 18 Journalist:innen und Wissenschaftler:innen über den deutschen Kolonialismus. Das populärwissenschaftliche Buch gibt einen Überblick über alle kolonialen Anläufe seit dem 16. Jahrhundert. Es enthält eine zeitgenössische Landkarte aller Kolonien des Kaiserreiches im Buchrücken, in einem Kompendium werden die 9 Gebiete deutscher Besetzung in Kurzfassung beschrieben mittels zentraler gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und historischer Kategorien. Die Durchdringung der Opferländer und die Intensität der Unterwerfung werden sichtbar. Eine Zeittafel reiht die Ereignisse von 1528 bis 1945 auf. Die Chronik und das Kompendium machen das Buch zu einem wichtigen Beitrag für das Verständnis der historischen Tatsachen, die in der Öffentlichkeit der BRD kaum präsent sind. Das Buch schafft auch Grundlagen für die Diskussion um die Singularität des Holocaust, für die Beurteilung des „Neuen Historikerstreites“ zwischen Postkolonialismus-Studien einerseits und Holocaustforschung auf der anderen Seite.

Deutschland, deine Kolonien“

Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatten die vom Kaiserreich besetzten Gebiete ihre grösste Ausdehnung in Afrika, im Pazifik und in China und waren fest in der Hand der deutschen Wirtschaft, der Verwaltung und des Militärs. Aber schon seit Beginn der Neuzeit waren Deutsche an kolonialer Ausbeutung und Bereicherung beteiligt.

Die Handelsfamilie der Welser aus Augsburg scheiterte zwar 1528 bei der Etablierung eigener Stützpunkte in Venezuela und bei der Suche nach Gold und Bodenschätzen, konnte aber in den Sklavenhandel einsteigen. Im 17. und 18. Jahrhundert waren es Kaufleute aus Bremen und Hamburg, die unter dänischer Flagge im Dreieckshandel reich wurden. Die Dimension des Handels mit Menschen aus Afrika wird sichtbar an der Zahl der „Kammermohren“ [vgl. Klawitter , in: Schnurr/Patalong 44 f.]: die Existenz von mehr als 200 dieser schwarzen Sklaven an deutschen Höfen und Herrenhäusern ist mittlerweile belegt.

Grösster Händler wurde das Kurfürstentum Brandenburg, Keimzelle des Staates Preußen: „Mittels der 1682 gegründeten „Brandenburgisch-Afrikanischen Compagnie“ wurden in den folgenden Jahrzehnten etwa 30 000 Afrikaner in die Karibik verschleppt. (…) An der Menschenhandelskompgnie beteiligte sich auch das Kurfürstentum Köln.“ [Klawitter, in: Schnurr/Patalong 41]

Handelsstützpunkte und christliche Missionsgesellschaften markierten im deutschen Namen während des 18. und 19 Jahrhunderts Gebiete, auf die mit der Gründung des deutschen Nationalstaates ab 1871 zugegriffen wird: Kamerun, Togo, Samoa, Neuguinea.

Umfassend und gründlich wird 1884 auf der Kongo-Konferenz in Berlin zwischen den Kolonialmächten die Aufteilung „freier Gegenden“ verhandelt und Deutschlands Imperium entsteht. Direkte Herrschaft wird nun ausgeübt am Golf von Guinea (Togo), in Namibia (Deutsch-Südwest), Zentralafrika (Kamerun), Tansania-Ruanda-Burundi-Mosambik (Deutsch-Ostafrika), Pazifik (Deutsch-Neuguinea). Wenig später kommen noch Polynesien (Deutsch-Samoa) und in China Hankou, Tientsin und Kiautschou dazu.

Das Buch zeigt in vielen Artikeln offen die Praxis kolonialer Unterdrückung. Berüchtigt war die sexuelle Ausbeutung junger Frauen, etwa durch Carl Peters in Ostafrika: „Neben etlichen anderen ließ Peters die junge afrikanische Frau Jagodia, mit der er ein sexuelles Verhältnis unterhielt, und seinen einheimischen Diener Mabruk aufhängen.“ [Klußmann, in: Schnurr/Patalong 52 f.]

Die exzessive Anwendung der Prügelstrafe wurde in den deutschen Kolonien etabliert und von noch extremeren Verbrechen wird vielfach berichtet: „Besonders Gouverneur Jesko von Puttkamer presste seine Kolonie [Kamerun] ab 1895 brachial aus. Angeblich „herrenloses Land“ wurde per kaiserlicher Verordnung in deutsches „Kronland“ umgewandelt.

Die Deutschen beschränkten den Besitz afrikanischer Familien auf höchstens zwei Hektar. Sie rissen Häuser entschädigungslos nieder, legten Dörfer zusammen, um größere Landflächen zu schaffen, und zogen die Douala zur Zwangsarbeit ein. Wer aufbegehrte, wurde in Ketten gelegt oder ausgepeitscht.

Puttkamers Mann fürs Grobe war der Offizier Hans Dominik. Er organisierte „Strafexpeditionen“, bei denen Kinder ertränkt wurden, und ließ sich abgeschlagene Köpfe Aufständischer vor die Füße legen.“ [Gunkel, in: Schnurr/Patalong 142 f.]

Gegen den legitimen Widerstand der Bevölkerung in „Deutsch-Südwest“, angeführt vom charismatischen Nama Hendrik Witbooi, wurde ab 1904 die ganze Kraft militärischer Mittel angewendet, systematisch und mit dem offen ausgesprochenen Zieles der Vernichtung der Herero und Nama. Völkermord als deutsche Strategie des Generalleutnant Lothar von Trotha bedeutete den Tod aller Indigenen durch Verdursten in der Wüste.

Ein weiterer Artikel beschreibt die skrupellosen Menschenversuche von Robert Koch bei der Bekämpfung der Schlafkrankheit. Er scheiterte bei der Suche eines wirksamen Medikamentes, und viele Menschen sind an den von ihm verursachten Vergiftungen gestorben. [Grolle, in: Schnurr/Patalong 158 ff.]

Dem Rassismus in Deutschland sollte mit den „Menschenzoos“ eine volkstümliche Basis gegeben werden. Zunächst wurden Indigene als Attraktion von Geschäftemachern, in Deutschland von Carl Hagenbeck, vorgeführt. 1896 errichtete der wilhelminische Staat in Berlin die „1. Deutsche Colonial-Ausstellung“: „Auf größerem Areal als die Weltausstellungen in Paris und London präsentierten 3750 Aussteller auf 917 000 Quadratmetern, was sie zu bieten hatten: Das Gewerbe zeigte die Früchte kolonialer Aktivitäten, während Nachbauten kolonialer Szenerien für die damals so gefragte „Exotik“sorgten. Allein „Kairo“ brachte es inklusive Pyramidenattrappen auf 36 000 Quadratmeter; 400 Menschen, nicht alle von ihnen tatsächlich aus dem arabischen Raum, belebten diese Kulisse.“ [Patalong, in: Schnurr/Patalong 81]

Als pseudowissenschaftliche Rechtfertigung des Rassismus entstand die „Völkerkunde“, direkter Vorläufer der mörderischen „Rassenkunde“, die im Faschismus zu so viel Unheil geführt hat. [vgl. Patalong, in: Schnurr/Patalong 121]

Die deutschen Kolonien wurden nach der Niederlage im 1. Weltkrieg 1919 an Frankreich und England abgetreten, in der Weimarer Republik standen sich starke Pro-Kolonialkräfte und schwache antikoloniale Kräfte gegenüber.

Die Nazis versuchten zwar ab 1933, die Verfechter:innen eines neuen deutschen Kolonialismus zu gewinnen, haben aber eine andere strategische Ausrichtung: die Eroberung des „Ostens“, den Vernichtungs- und Raubkrieg gegen die Sowjetunion. So bleiben koloniale Initiativen unbedeutend und das Thema spielt lediglich in der Goebbels-Propaganda eine Rolle. 1943 wird das „Kolonialpolitische Amt“ aufgelöst.

Abgeschlossen wird das Buch mit einem Blick in das Namibia der Gegenwart. [vgl. March, in: Schnurr/Patalong 200 ff.] „Wir wollen nur Gerechtigkeit“, diese Forderung ist nicht erfüllt. Die viefältigen Schwierigkeiten des Gedenkens verhindern die Wiedergutmachung des Unrechtes ebenso wie die geringen Entschädigungen für die Herero. Die BRD entzieht sich bis heute ihrer Verantwortung für die deutsche Geschichte.

Anmerkungen zu „Deutschland, deine Kolonien“

Während die aggressive Expansion des Handelskapitals beschrieben wird und so gezeigt werden kann, wie die Handelsprofite im Dreieckshandel durch den Transport und Verkauf von Menschen aus Afrika als Slaven realisiert wurden, fehlen im Buch Hinweise auf die zentralen ökonomischen Veränderungen in den grossen Nationen ab den 1870er Jahren. Ausgelöst durch die rasante Entwicklung der Produktivkräfte kam es nach Rudolf Hilferding zur Verschmelzung des Industrie- und des Bankkapitals zum Finanzkapital. Diese Monopolisierung zeigte sich als Konzentration und Zentralisation. Es geht um die „Geschichtsperiode von 1875 – 1914, die durch eine neuartige Expansion der europäischen Großmächte, der USA und später auch Japans gekennzeichnet war und schließlich in den Ersten Weltkrieg einmündete. Das besondere Ziel dieser Expansion war die Beherrschung überseeischer Warenmärkte und Kapitalanlagesphären und der gewaltsame Erwerb von Territorien in Übersee, von Kolonien.“ (Heininger, in: Bellamy/Heininger 1)

Dies war der Kern des klassischen Imperialismus und der bestimmende Grund für die Konkurrenz zwischen den Kolonialmächten. Die Aggression nach aussen benötigte Aufrüstung und Militarismus, und führte zu einem radikalisierten und verstetigtem Nationalismus. Gesteigerter Nationalismus forderte wiederum Aufrüstung und Konfrontation.

Jan Friedmann sieht dagegen den Kolonialismus „von unten“ wachsen: „Kolonialträumereien und Rassismus (…) entstanden lokal vor Ort – und fanden Rückhalt in der gesamten Gesellschaft. So ergriff die Sehnsucht nach imperialer Größe im Kaiserreich breite Schichten der Bevölkerung. Kaufleute und Angestellte, Großstädter und Landbewohner, Honoratioren und Handwerker begeisterten sich für die koloniale Idee.“ [Friedmann, in: Schnurr/Patalong 59]

Diese Erklärung ist ungenau, denn hier vermischt der Autor die spätere Phase der Verbreiterung der Kolonialbewegung mit dem Beginn der Werbung für den Kolonialismus. Eckard Conze beschreibt in „Schatten des Kaiserreichs“ die Wechselwirkungen zwischen dem Druck einer fordernden Minderheit und dem nachgebenden Staat: „Fortdauernde Wirkung gewann die Bismarck`sche Kolonialpolitik auch dadurch, dass sie entscheidend zum Wachstum und zur Radikalisierung der deutschen Kolonialverbände beitrug. Die ersten dieser in den späten 1870er und frühen 1880er Jahren gegründeten Organisationen waren nicht besonders mitgliederstark. Das änderte sich mit der Gründung des „Deutschen Kolonialvereins“ (1882) und der Gesellschaft für deutsche Kolonisation“ (1884) (…) Der Nationalismus dieser Mitglieder (…) fand in der Idee überseeischer Expansion neue Nahrung. Aus dem deutschen Anspruch auf den Status einer „Weltmacht“ speisten sich Forderungen nach einem Kolonialreich und damit nach einer global ausgreifenden imperialen Politik. Die kolonialen Erwerbungen der Jahre 1884 und 1885 hatten das Tor zu einer solchen Politik aufgestossen.“ [Conze: 181 f.]

Der Kolonialismus in der deutschen Gesellschaft des Kaiserreiches war ausserdem nur ein Betätigungsfeld aus dem Kreis vieler wirkmächtiger pressure groups, die alle reaktionäre Ziele verfolgten: „Der Bund der Landwirte war nicht der einzige nationalistische Agitationsverband, der sich vordergründig ein bestimmtes Interessse auf die Fahne geschrieben hatte – den Schutz der Landwirtschaft, den Flottenbau, die Heeresrüstung oder den deutschen Kolonialismus -, darüber hinaus und ganz allgemein aber einen radikalen Nationalismus vertrat.“ [Conze: 148]

Ab 1903 stand der „Alldeutsche Verband“, mit dem sich die rechteste Fraktion der Herrschenden die einflussreichste Lobby-Organisation in Deutschland geschaffen hatte, im Zentrum der Aktivitäten.

Die Kriegervereine, in denen sich überall in Deutschland die Veteranen und ehemaligen Soldaten organisierten, stellten unten die „Massenbasis für den gesellschaftlichen Militarismus“. [Conze: 152]

Dem Argument, dass der ursächliche Rückhalt für den Kolonialismus aus der gesamten Bevölkerung stamme, hält Conze entgegen: „Nicht die Unterschicht war Träger dieses radikalen Nationalismus, sondern die bürgerliche und kleinbürgerliche Mittelschicht, darunter zahllose Akademiker.“ [Conze: 148]

Es stimmt, mit dem Wilhelmismus wurde der Kolonialismus ein breit akzeptiertes Projekt.

Aber diese Begeisterung wurde – mit viel Ausdauer und Professionalität – gemacht und hat sich dann als Teil des sich immer weiter radikalisierenden Nationalismus entfaltet. Angelegt war die nationale Aggressivität aber schon mit der Reichsgründung 1871, denn es „entstand ein Reichsnationalismus, der machtstaatlich aufgeladen , nach außen konfrontativ und nach innen immer weniger liberal war.“ [Conze: 139] Erst haben die Multiplikator:innen getrommelt, die Vielen folgten später.

„Auch in der Mission waren Deutsche tätig, schon bevor es das formale deutsche Kolonialreich gab. (…) Die Mission bereitete der kolonialen Landnahme den Boden – vor Ort, aber auch weil sie Akzeptanz des Kolonialismus in der deutschen Gesellschaft erhöhte.“ Darauf weist der Historiker Sebastian Conrad im Interview hin (Conrad, in: Schnurr/Patalong: 28).

Erstaunlich ist deshalb, dass die christlichen Missionen lediglich anhand eines Artikel von Kokou Azamede über die Diskriminierung afrikanischer Missionare bei ihrer „Ausbildung“ in Deutschland bei der Norddeutschen Mission erwähnt werden [vgl. Azamede, in: Schnurr/Patalong 68 ff.].

Nur in der Zeittafel finden wir die vier grossen protestantischen Missionen aufgeführt: Dänisch-Englisch-Hallesche Mission, Rheinische Missionsgesellschaft, Norddeutsche Mission, Evangelisch-Lutherische Mission; daneben gab es noch viele kleinere Missionen.

Unter dem Deckmantel religiöser Sendung betrieben die Missionare eifriges und systematisches Sammeln von Herrschaftswissen (geographisch, sozial, ethnographisch, ökonomisch). Als unverzichtbare intellektuelle Vorhut schufen sie so die technische und ideologische Basis der späteren kolonialen Besetzung.

Die Rheinische Mission etwa war ein Zusammenschluss der Missionsvereine Elberfeld, Barmen und Köln im Jahr 1828. Unmittelbar nach der Gründung wurde im südlichen Afrika die erste Station „Wupperthal“ eröffnet. 1913 betrieb die Rheinische Mission 117 Stationen und 683 Filialen, aktiv waren „in Übersee“ 207 Missionare mit 154 Ehefrauen. [vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Rheinische_Missionsgesellschaft]

Seit 1971 ist die Rheinische Mission in der Vereinigten Evangelischen Mission (VEM) aufgegangen, immer noch mit Sitz in Wuppertal, mit einem Museum auf der Hardt mit einem grossen ethnologischen Bestand. Vor knapp 200 Jahren fingen die Missionäre an, zu sammeln und nach Wuppertal zu bringen…

Götz Aly nennt die Unterdrückung durch die Deutschen im Pazifik den „blinden Fleck in der kolonialgeschichtlichen Debatte“. Und dies ist auch eine augenfällige Lücke des Buches.

Leider findet sich in „Deutschland, deine Kolonien“ zur pazifischen Region nur ein Interview mit dem Linguisten Peter Maitz über die Reste einer aus der Kolonialzeit stammenden veränderten deutschen Sprache [Saltzwedel, in: Schnurr/Patalong: 155 ff.]

Dabei gibt es mit dem Luf-Boot aus „Deutsch-Neuguinea“ im Humboldt-Forum ein imposantes Ausstellungsstück, anhand dessen die koloniale Unterdrückung ganz konkret gezeigt werden könnte. Könnte, aber nicht wird. Aly: „(…) plädiere ich dafür, zunächst einmal zu den Schauobjekten die jeweilige koloniale Geschichte zu erzählen. (…) Sie sollen sich ehrlich machen.“

[https://www.spiegel.de/kultur/deutscher-kolonialismus-in-der-suedsee-historiker-goetz-aly-ueber-die-zerstoerung-eines-paradieses-a-a4e4c3b8-b142-4b88-a5dd-749a1a9465fa]

Immer noch wird ein fairer Tausch beim Kauf des Bootes durch einen Deutschen behauptet, die Frage nach einer Forderung der Restitution ist in der Schwebe, und das Boot bleibt in Berlin eingemauert. Wirklich eingemauert, nicht sinnbildlich, denn 2018 wurde dieser Teil des Gebäudes um das schon platzierte Ausstellungsstück fertiggstellt.

Es ist Anspruch der Herausgeber:innen, den Opfern damals und den heute Forschenden aus den ehemaligen Kolonien eine Stimme zu geben:

Mit David Simo kommt ein Wissenschaftler der Universität Yaounde, Kamerun, zu Wort. Er vertritt allerdings reaktionäre Postionen, wie sie im globalen Norden nur in chauvinistischen Kreisen gepflegt werden. Er spricht sich gegen weitere Entschädigungen aus und gegen die Rückgabe geraubter Kunstschätze [Simo, in: Schnurr/Patalong: 37 f.]

Kokou Azamede schreibt über die systematische Diskriminierung afrikanischer Missionare bei ihrer „Ausbildung“ in Deutschland bei der Norddeutschen Mission. Der Autor nimmt die Perspektive des Blickes der Indigenen ein und zeigt so das eindeutige rassistische Innenverhältnis der Missionen.

Die Zeitzeugeninterviews des Projektes „Recollections of the German Period in Cameroon“ von Kum’a Ndumbe III lassen die Lesenden die authentischen historischen Stimmen hören. In den 1980er Jahren wurde mit den „letzten noch lebenden Zeugen der Kolonialzeit“ [Bohr, in: Schnurr/Patalong: 168] gesprochen und es wird sichtbar, wie überwältigend die Herrschaft der Deutschen war: „Deutsch galt plötzlich als Amtssprache. Wer nicht in der Lage war, sich auf Deutsch zu artikulieren, wurde nicht gehört. (…) Die Afrikaner, die ein Geschäft betrieben, durften unter den deutschen Kolonialherren nicht mehr eigenverantwortlich Handel treiben. Sie mussten als Angestellte in deutschen Läden fungieren und waren abhängig von den deutschen Kaufleuten.“ [Kum’a Ndumbe III, in: Schnurr/Patalong: 175]

Felix Bohr befragt Kum’a Ndumbe III zu den Voraussetzungen, der Entstehung, der Durchführung und dem Stand des Projektes heute.

Bisher konnten 30 Bände der Interviews gar nicht bearbeitet werden, von den bereits verlegten Bänden sind nur drei auf Deutsch erschienen, obwohl die Herausgabe in der Täter:innensprache das Wichtigste wäre!

Ein Hinweis auf die reale Ungleichheit in der Wissenschaft: über die Forschenden David Simo und Kokozu Azamede gibt es keinen Wikipedia-Eintrag!

Die aus dem Kolonialismus stammende Diskriminierung im öffentlichen Raum durch Denkmäler und Strassennamen besteht fast überall weiter. So ist es etwa in Wuppertal immer noch nicht gelungen, den abwertenden Namen „Mohren“-Strasse zu ändern!

Literatur:

Azamede, Kokou: „Wir waren bloß wie Tiere“ in: Schnurr/Patalong 2022

Bohr, Felix: „Die Weißen waren Monster“, in: Schnurr/Patalong 2022

Conze, Eckard (2020): Schatten des Kaiserreichs – Die Reichsgründung von 1871 und ihr schwieriges Erbe, München

Friedmann, Jan: Der Wahn vom Herrenvolk, in: Schnurr/Patalong 2022

Grolle, Johann: Menschenversuche im Paradies, in: Schnurr/Patalong 2022

Gunkel, Christoph: Der Prozess, in: Schnurr/Patalong 2022

Heininger, Horst: Geschichte der Imperialismustheorie (bis 1945), in: Foster, John Bellamy / Heininger, Horst (2002): Geschichte der Imperialismus- und Monopoltheorien, Supplement der Zeitschrift Sozialismus, Hamburg

Hoffmann, Ruth, in: Schnurr/Patalong 2022

Klawitter, Nils: Sklavenhändler zur Untermiete, in: Schnurr/Patalong 2022

Klawitter, Nils: Wie Deutsche die Sklaverei finanzierten, in: Schnurr/Patalong 2022

March, Leonie: „Wir wollen nur Gerechtigkeit“, in: Schnurr/Patalong 2022

Patalong, Frank: Menschenzoo, in: Schnurr/Patalong 2022

Patalong, Frank: Vermessen, in: Schnurr/Patalong 2022

Schnurr, Eva-Maria / Patalong, Frank (Hg.) (2022): „Deutschland, deine Kolonien“ – Geschiche und Gegenwart einer verdrängten Zeit, München

„Die ganze deutsche Gesellschaft profitierte von der Ausbeutung“. Ein Interview von Uwe Klußmann und Eva-Maria Schnurr, in: Schnurr/Patalong 2022

„Du wid get wo?“ Ein Interview von Johannes Saltzwedel, in: Schnurr/Patalong 2022

Die Suche nach Zeugen – Ein Interview von Felix Bohr, in: Schnurr/Patalong 2022

„Die Deutschen zerstörten ein Paradies – und behaupten bis heute das Gegenteil“ Ein Interview von Felix Bohr und Ulrike Knöfel

[https://www.spiegel.de/kultur/deutscher-kolonialismus-in-der-suedsee-historiker-goetz-aly-ueber-die-zerstoerung-eines-paradieses-a-a4e4c3b8-b142-4b88-a5dd-749a1a9465fa]

Erstveröffentlichung 08.12.2022


Kongress zur Dekolonisierung von Naturschutz am 28. April Berlin

Logo zum Kongress zur Dekolonisierung von Naturschutz, 28.4. BerlinEin besonderer Kongress zur Dekolonisierung des Naturschutzes wird am 28. April in der FORUM Factory in Berlin stattfinden.

Der Kongress „Keine Biodiversität ohne menschliche Vielfalt“ wird Probleme im internationalen Naturschutz aufdecken, populäre Scheinlösungen für Klimakrise und Artensterben entlarven und eine menschenrechtsbasierte Alternative vorstellen. Er wird sowohl indigenen Stimmen, die mit dem kolonialen Naturschutzmodell konfrontiert sind, als auch nicht-indigenen Expert*innen Gehör verschaffen.

Im Anschluss an die bahnbrechende Konferenz „Our Land, Our Nature!“ in Marseille im Jahr 2021, wird die Tagung „Keine Biodiversität ohne menschliche Vielfalt“ das Thema Klimagerechtigkeit aufgreifen und besonders die zentrale Rolle von Institutionen sowie Naturschützer*innen aus Deutschland bei der Finanzierung von Projekten im Globalen Süden thematisieren.

Aktueller Hintergrund:

Ende Gelände 2021

Foto: © Merwin Goldschmidt via Umbruch Bildarchiv
Foto: © Merwin Goldschmidt via Umbruch Bildarchiv
Das diesjährige Aktionswochenende von „Ende Gelände“ am 31. Juli und 1. August war Teil eines globalen Aktionstages des Bündnisses „Shale must fall“ gegen Gas, Fracking und Kolonialismus. Mehr als 2.000 Aktivist*innen beteiligten sich an Blockaden im ChemCoast Park bei Brunsbüttel. In der Nachbarschaft von Produktionsanlagen der Öl- und Chemieindustrie ist dort ein Terminal für Fracking Gas geplant. Bei Wind und Wetter blockierten die Aktivist*innen an wichtigen Stellen die Bahngleise zum ChemCoast Park. Die Blockaden wurden über Nacht bis zum Sonntag aufrecht erhalten. Am Samstag hatten Aktivist*innen mit Kanus den Schiffsverkehr auf dem Nord-Ostsee-Kanal für mehr als zwei Stunden komplett zum Erliegen gebracht. Ende Gelände fordert den sofortigen Ausstieg aus Gas, Öl und Kohle.

Bei der Blockade des Nord-Ostsee-Kanals wurden 15 Aktivist*innen von der Polizei in Gewahrsam genommen, darunter Esteban Servat, Klimaaktivist aus Argentinien. Servat, der aus der Fracking-Gas-Region Vaca Muerta kommt, musste Argentinien wegen staatlicher Repression und Todesdrohungen verlassen.

„Die Gas- und Fracking-Industrie ist heute eine Fortsetzung kolonialer Formen der Ausbeutung: Die offenen Adern des globalen Südens bluten durch die Wasserwege Europas. Deshalb hatten wir beschlossen, den wichtigsten Kanal für Frachtverkehr in Europa zu blockieren“, berichtet Servat nach seiner Entlassung. Ich musste aus Argentinien fliehen, weil ich mich gegen die Gasindustrie gewehrt habe. Jetzt droht mir in Deutschland ein Verfahren. Aber wir lassen uns nicht einschüchtern. Es ist Zeit für zivilen Ungehorsam.“

Neben den Blockadeaktionen in Brunsbüttel hatte Ende Gelände in Hamburg eine international besetzte Podiumsdiskussion veranstaltet und mit der „Antikolonialen Attacke“ (Migrantisches & Schwarzes Bündnis) eine Demonstration organisiert. Zeitgleich fanden in Südamerika, Nordamerika und Europa in 13 Ländern 23 Aktionen gegen Fracking statt.

Mehr Infos auf der Website von Ende Gelände

Zu den Fotos beim Umbruch Bildarchiv

Weitere Ereignisse zu diesem Thema

Defund the Humboldt Forum!

Protest gegen die Eröffnung des Humboldt Forums im Berliner Schlossnachbau
Foto: © Oliver Feldhaus / Umbruch Bildarchiv
Unter diesem Motto demonstrierten am 20. Juli 2021 rund 100 Personen gegen die Eröffnung des Humboldt Forums im Berliner Schlossnachbau. Sie forderten eine Umverteilung der 55 Millionen Euro Betriebskosten pro Jahr und eine Rückgabe aller geraubten Objekte, die im kolonialen Kontext nach Berlin kamen. Die Kritik am Nachbau des Hohenzollernschlosses fiel kurz aber prägnant aus: „tear it down!“

Organisiert wurde die Veranstaltung von Coalition of Cultural Workers Against the Humboldt Forum und Decolonize Berlin [AFROTAK TV cyberNomads, Ccwah Africavenir, FuturAfrik, Narud EV, Dekoloniale, Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag e.V., Tanzania-Network, ISD Bund e.V. Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, Glokal e.V.] und Barazani Berlin (Forum Kolonialismus und Widerstand)

Zu den Fotos beim Umbruch Bildarchiv.

"Murder Incorporated". 500 Jahre Kolonialismus, Massenmord und White Supremacy.

Buchreihe von Mumia Abu-Jamal und Stephen Vittoria
Online & Radio Lesung mit Stephen Summers

Die USA nach den Präsidentschaftswahlen - woher kommt die gewalttätige "White Supremacy"? Und warum geht das weit über Trump hinaus?

Spurensuche nach der Geschichte der Amerikas von unten - Lesung (und Gespräch) aus den ersten beiden Bänden von "Murder Incorporated": Kolonialismus, Massenmord und White Supremacy aus Perspektive der Betroffenen seit Beginn der europäischen Landnahme bis zur zugespitzten Gegenwart - von den Autoren Mumia Abu-Jamal (gefangener Journalist seit 1981) und Stephen Vittoria (Filmemacher aus New Jersey).

Lesen wird Stephen Summers - Vietnam Veteran, Zeitzeuge der Black Power Bewegung in den USA und Anti-Kriegsaktivist.

Veranstaltung auf englisch mit deutscher Simultanübersetzung. Corona-bedingt wird leider niemand vor Ort teilnehmen können. Zwei Internet-Livestreams für jeweils die englische und deutsche Version sind eingerichtet:

deutsche Version:

englische Version:

Das Freie Radio Berlin-Brandenburg (ebenfalls mit Internetlivestream) wird die dt. Simultanübersetzung live übertragen: Berlin 88,4 FM & Potsdam 90,7 FM

Datum: Mi, 9. Dezember 2020 –“ 19:00 Uhr (39. Haftjahrestag von Mumia Abu-Jamal)
veranstaltet von: Buchladen Schwarze Risse & Free Mumia Berlin

Eine gleichlautende englische Version dieses Textes befindet sich hier.

Blogkino: J'ai vu tuer Ben Barka (2005)

Heute zeigen wir im Blogkino mit Filmen zum Thema Ⓐnarchismus "J'ai vu tuer Ben Barka": 1965 verschwindet der marokkanische Oppositionsführer Mehdi Ben Barka auf offener Straße in Paris. Die genauen Umstände seiner Entführung sind bis heute ungeklärt, die Affäre beschäftigte damals nicht nur den marokkanischen und französischen Geheimdienst...



Was mir heute wichtig erscheint #430

Umsturz: Exaktes Ganz schlechtes Timing hatte ein Biber in Mecklenburg-Vorpommern. Der Nager brachte einen Baum zu Fall –“ welcher dann ausgerechnet auf eine vorbeifahrende Motorjacht stürzte. (Stuttgarter Zeitung)

Preisfrage: "Es sind ja nicht nur die rechten bis rechtsradikalen Kreise, die gerne darauf verweisen, wie viel Geld der deutsche Staat ausgibt, um Flüchtlinge zu unterstützen. Damit einher geht stets die Frage: Können wir uns das überhaupt leisten? Und: Warum wird so viel Geld für Ausländer ausgegeben? Man kennt den Sermon. Nur: Es sind Fragen und Bedenken, die auch aus großen Teilen der bürgerlichen Mitte zu hören sind, auch aus SPD und CDU, mitunter auch von der FDP beziehungsweise von deren Wählern. Dabei sollte es sich von selbst verbieten, Menschen als reine Kostenfaktoren zu betrachten und sie auf ihre wirtschaftliche Verwertbarkeit zu reduzieren, denn das ist eine nicht bloß neoliberale Haltung, sondern auch eine, die ein höchst problematisches Menschenbild ausdrückt, um es mal vorsichtig zu formulieren." heise

Geblockt: "Werbung bzw. Mailvertising ist ein immer größer werdendes Problem im Internet und der Anteil von schadhafter Online-Werbung wird zu einem stetig wachsenden Risiko für den Nutzer. Das ist einer der vielen Gründe, warum immer mehr Nutzer auf AdBlocker zurückgreifen und diese im Browser integrieren. Diese AdBlocker –“ wie zum Beispiel uBlock Origin –“ sind gut und filtern zuverlässig Werbung und Tracker im Browser heraus. Aber hier ist auch eine Schwäche dieser AdBlocker: Sie arbeiten natürlich nur innerhalb eines Browsers. Tracker und Werbung begegnen uns heute aber nicht nur beim Surfen im Internet, sondern auf immer mehr Geräten wie dem Smartphone und dem Smart-TV. Die meisten dieser Geräte bieten aber nicht die Möglichkeit, zusätzliche Programm zu installieren, die dann wiederum Werbung und Tracker aus dem Datenstrom herausfiltern. Diesem Problem hat sich das Projekt Pi-hole: Ein schwarzes Loch für internet-Werbung angenommen." Beitrag des Datenschutzbeauftragten der Evangelischen Kirche Deutschlands. Zusätzlich zur dort verlinkten Sammelliste empfehle ich, die Big Blocklist Collection einzusetzen und dazu das gepflegte Whitelisting Script von anudeepND als cron Job. So werden über 3 Millionen Werbeseiten, Tracker und Malwareseiten gefiltert. Leider gibt es ja noch viel mehr. Aber das ist ein Anfang ;-)

Geschrei: "Was wäre, wenn auf deutschen Autobahnen ein generelles Tempolimit von 120 km/h gälte? Ein Szenario." BrandEins

Präsidentenbeleidigung: "Wer in die Türkei reisen möchten, sollte in den sozialen Medien vorsichtig mit türkeikritischen Post und Beiträgen umgehen. Das Auswärtige Amt warnt vor möglichen Strafverfahren und Einreiseverboten." Stuttgarter Zeitung

Gedenken: "Mit Gedenkveranstaltungen und einer Demonstration wird in diesen Tagen an die vor 20 Jahren in den kurdischen Bergen von der türkischen Armee ermordete Internationalistin Andrea Wolf erinnert. Wolf, die in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) den Kampfnamen Ronahi (Licht) trug, war am 23. Oktober 1998 nach einem Gefecht im Bergland von Catak in der Provinz Van mit weiteren Guerillakämpfern von den Militärs gefangen genommen worden. Die Gefangenen wurden –“ wie Zeugen dieses Kriegsverbrechens berichteten –“ gefoltert und extralegal hingerichtet." junge Welt

Kennzeichnung: "Die „Cop Map“ soll Polizeigewalt sichtbar machen. Die Kollektive „Peng!“ und „Polizeiklasse“ protestieren so gegen das PAG und Polizeiwillkür." Jetzt

Scheiße: "Bei einer Pilotstudie haben Forscher aus Österreich nach eigenen Angaben erstmals Mikroplastik in Stuhlproben von Menschen nachgewiesen. Die Kunststoffpartikel wurden in den Proben von allen acht Studienteilnehmern gefunden, wie die Medizinische Universität Wien und das österreichische Umweltbundesamt am Dienstag mitteilten." taz

Landraub: "Seit Jahrhunderten liefert der arme Süden, was den Norden reich macht: Rohstoffe und billige Arbeitskräfte. Daran hat auch das Ende des Kolonialzeitalters nichts geändert." Zeit Online

Ausrichtung: "Von verschonten Autokonzernen und Sammelklagen, von rabiaten RWE-Mitarbeitern und vom Strompreis." telepolis

Klammheimlich: "Die nächste (heimliche) Volkszählung vor dem „Zensus 2021“ wurde unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung –“ kurzfristig entschieden und vom Bundestag eiligst für den 13.01.2019 beschlossen". freiheitsfoo

Ökobilanz: "Sind E-Autos ein großer ökologischer Fortschritt? Oder verschärfen sie das Klimaproblem nur? Unser Autor hat sich auf eine ausführliche Spurensuche begeben - und erklärt, wieso das Thema zu komplex ist für einfache Antworten." Spektrum der Wissenschaft

Decolonize Berlin!

Foto: heba / Umbruch-Bildarchiv
Rund 350 Menschen beteiligten sich am Samstag den 25. Februar am 11. Gedenkmarsch für die afrikanischen Opfer von Versklavung, Kolonialismus und rassistischer Gewalt. Der Gedenkmarsch wurde ins Leben gerufen, um der Forderung nach Anerkennung der Verbrechen gegen afrikanische/schwarze Menschen Nachdruck zu verleihen und um ihren Widerstand zu würdigen.

Organisiert wird die Veranstaltung vom Komitee für ein afrikanisches Denkmal (KADIB) gemeinsam mit dem Zentralrat der afrikanischen Gemeinde und mit Unterstützung von verschiedenen Gruppen der afrikanischen Community. Das Datum nimmt Bezug auf die Berliner Afrika-Konferenz (15. Nov. 1884 - 26.2.1885), in deren Rahmen die damaligen Großmächte die koloniale Aufteilung Afrikas beschlossen. In diesem Jahr beteiligten sich deutlich mehr Menschen an der Demo, als im letzten Jahr. Die intensiven Anstrengungen der Bundesregierung, die Grenzen Europas nach Afrika zu verschieben und die für Juni in Berlin geplante Afrika-Konferenz dürften zur Mobilisierung beigetragen haben. Im Mittelpunkt standen die Forderungen der Ovaherero und Nama, die von zwei ihrer aus Namibia angereisten Vertreterinnen kämpferisch vorgetragen wurden:

• Entschuldigung und Entschädigungen für die Nachfahren des Genozid
• Rückgabe des von deutschen Kolonialisten geraubten Landes
• Beteiligung von RepräsentantInnen der Ovaherero und Nama an den Gesprächen mit der Bundesregierung

Seit Jahren ignorieren die deutschen Regierungen diese Forderungen. Das gilt auch für die Forderung nach einer Lern- und Gedenkstätte in Berlin, die an die Verbrechen des deutschen Kolonialismus, sowie den Widerstand in den ehemaligen deutschen Kolonien erinnert.

Zur Fotoreportage beim Umbruch Bildarchiv.

Weitere Informationen:

Doku: Schatten über dem Kongo

"Der Film erzählt die Geschichte des europäischen Imperialismus und Kolonialismus in Afrika und seiner ungeheuren Verbrechen, deren Auswirkungen bis heute nachwirken. 1885 setzte die Kongo-Konferenz in Berlin den belgischen König Leopold II. als Herrscher des Kongo-Staates ein. Während der Monarch der Welt den selbstlosen Philanthropen vorgaukelte, verwandelte sich der Kongo in ein riesiges Arbeitslager. Leopolds Gier nach Kautschuk und Elfenbein blutete das Land aus. Als man ihm 1908 den Kongo wieder wegnahm, hatte der belgische König 1,1 Milliarden Dollar Gewinn aus seiner Kolonie gezogen. Schätzungsweise 10 Millionen Menschen mussten dafür mit ihrem Leben bezahlen."

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Filmtipp: "Taxi zur Hölle"

Folter als Verhörmethode? Der Dokumentarfilm erzählt von der Verhaftung eines afghanischen Taxifahrers, der nach wenigen Tagen in US-Gewahrsam gewaltsam ums Leben kommt.

Seit dem Beginn des Kampfs gegen den Terror sind über 100 Häftlinge unter mysteriösen Umständen in US-Gefangenschaft gestorben. Der Dokumentarfilm beschäftigt sich mit dem Fall des afghanischen Taxifahrers Dilawar. Als er eines Nachmittags vom US-Militär festgenommen wurde, nachdem er drei Fahrgäste aufgenommen hatte, fragten sich die Bewohner seines Dorfes, warum gerade er verhaftet und im Gefängnis festgehalten wurde und warum es keinen Prozess gab.


Am 17.10.2007 und am 27.10.2007, jeweils um 03:00 bei arte in der Reihe "Demokratie für alle?"
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