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BKA findet eigene Akten

Die "taz" berichtet über die neuerliche Hausdurchsuchung, die gestern nachmittags bei dem Wissenschaftler Andrej H. - laut "tagesspiegel" ohne Hausdurchsuchungsbefehl - durchgeführt wurde:
Vier Tage nach seiner Haftverschonung hat das Bundeskriminalamt am Sonntag erneut die Wohnung des Soziologen Andrej H. durchsucht. Nach Angaben seiner Anwältin Christina Clemm haben die Beamten nach Beweismaterial in einer schwarzen Tüte gesucht. Darin hätten sich aber lediglich die Ermittlungsakten befunden. (...)

Die "junge Welt" vom 22.8. zu den Vorwürfen gegen Andrej H.:
(...) Das Konstrukt für die 129a-Ermittlungen: H. hatte Kontakt zu einer Person, der versuchte Brandstiftung vorgeworfen wird, und er schreibt wisschenschaftliche Texte. Eingeleitet worden sei das Verfahren durch eine Internetrecherche, so Anwältin Clemm am Dienstag. Die Behörden hätten Textteile von Bekennerschreiben der »mg« gesucht. Dabei seien die Beamten auf Papiere des Sozialwissenschaftlers, der sich seit Mitte der 90er Jahre mit den Folgen der Stadtumstrukturierung befaßt, gestoßen. Er habe »Schlagwörter und Phrasen« benutzt, die auch in Texten der »mg« »verwendet werden«. Ein Gutachten des Verfassungsschutzes habe allerdings keine ausreichende Ähnlichkeit nachweisen können, um auf H.s Autorenschaft zu schließen. (...)

Schon die Details von der Festnahme der »Terrorismusverdächtigen«, denen als einzige konkrete Tat laut "junge welt" "versuchte Brandstiftung" vorgeworfen wird, sind schockierend. Sollen sie als Warnung verstanden werden?
(...) Das Fahrzeug, in dem die drei unterwegs waren, wurde »einem blitzartigen Überfall gleich« blockiert und »abrupt zum Stehen gebracht«, wird der Hergang geschildert. »Dann wurden die Scheiben eingeschlagen und die Insassen durch die herausgebrochenen Fensterscheiben nach draußen gezerrt«, wobei sie »Schnittverletzungen an verschiedenen Körperstellen« erlitten.
»Den Verhafteten wurden Säcke über die Köpfe gezogen, alle drei wurden in dünne, weiße Plastik-Overalls gesteckt«, heißt es weiter. »Sie mußten gefesselt über einen langen Zeitraum auf der Straße liegen. Am nächsten Tag wurden die drei und der später festgenommene Sozialwissenschaftler Dr. Andrej H. mit großer medialer Inszenierung im Helikopter nach Karlsruhe geflogen.«(...)

In zwei offenen Briefen rufen Wissenschaftler zur Einstellung der Verfahren auf:

Offener Brief an die Generalbundesanwältin Monika Harms
Ein offener Brief wurde von Professorinnen und Professoren der HU Berlin veröffentlicht. Er kann online unterschrieben werden.

Offener Brief an die Generalbundesanwaltschaft gegen die Kriminalisierung von kritischer Wissenschaft und politischem Engagement

Der offene Brief an die Bundesanwaltschaft initiiert von etwa 40 Professorinnen und Professoren aus der ganzen Welt. Auch dieser kann jetzt öffentlich unterzeichnet werden

Siehe auch die Zusammenstellung "LabourNet zum § 129a- Verfahren gegen die militante gruppe"

Am Mittwoch den 29. August 2007 ab 20:00 Uhr findet dazu im Mehringhof in Berlin eine Versammlung statt.

Andrej ist frei

Nach einer aktuellen Information wurde Andrej H. heute Abend aus dem Gefängnis entlassen, worüber sich die Bundesanwaltschaft natürlich nicht freut. Die Vorwürfe gegen Andrej H. wurden offenbar nicht fallen gelassen. Die drei anderen Inhaftierten sitzen nach wie vor ein.

Heute um halb zwei ist Andrej aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Seine Anwältin Christina Clemm hat soeben in einer Pressemittleilung erklärt:

Der Haftbefehl wurde nicht aufgehoben, sondern der Ermittlungsrichter am BGH hat meinen Mandanten nach Zahlung einer Kaution und unter Auferlegung verschiedener Auflagen von der Untersuchungshaft verschont.

Dies bedeutet, dass nach Ansicht des Ermittlungsrichters der Fluchtgefahr mit weniger einschneidenden Mitteln als der Untersuchungshaft begegnet werden kann.

Die Bundesanwaltschaft hat mitgeteilt, dass sie gegen diese Entscheidung in Beschwerde gehen werde.


Weitere Informationen

Wir hatten am Montag hier eine Zusammenfassung des LabourNet veröffentlicht.

LabourNet zum § 129a- Verfahren gegen die militante gruppe

Heute erschien beim LabourNet eine aktuelle Zusammenstellung von Beiträgen in der Diskussion um politische Grundrechte, Terrorismusbekämpfung, insbesondere dem § 129a- Verfahren gegen die "militante gruppe":

a) Wenn Worte gefährlich werden

„Intellektuelle genießen in Deutschland traditionell selten hohes Ansehen. Wer mit seinen Erkenntnissen und seiner Reputation in gesellschaftliche Kontroversen zieht, gilt schnell als parteiisch oder unseriös. Im Sicherheitsstaat eines Wolfgang Schäuble mutiert der Intellektuelle nun gar zum potenziellen Terroristen. Engagierte Wissenschaft gerät unter Verdacht. Das muss jedenfalls annehmen, wer das jüngste Vorgehen der Bundesanwaltschaft gegen sieben mutmaßliche Mitglieder der "militanten gruppe" (mg) betrachtet...“ Artikel von Steffen Vogel in Freitag vom 17.08.2007

b) Offener Brief an die Generalbundesanwältin Monika Harms
Ein offener Brief wurde von Professorinnen und Professoren der HU Berlin veröffentlicht. Er kann online unterschrieben werden.

c) Offener Brief an die Generalbundesanwaltschaft gegen die Kriminalisierung von kritischer Wissenschaft und politischem Engagement

Der offene Brief an die Bundesanwaltschaft initiiert von etwa 40 Professorinnen und Professoren aus der ganzen Welt. Auch dieser kann jetzt öffentlich unterzeichnet werden

d) Solidarität organisieren. §129a abschaffen

„Am 31. Juli 2007 wurden Axel, Florian, Oliver und Andrej festgenommen. Dass nicht gleich geschossen wurde, war dann schon fast verwunderlich. Hatte doch unlängst Innenminister Schäuble angemahnt, dass die gezielte Tötung von Verdächtigen rechtlich noch ungeklärt sei. Glück gehabt, könnte man also meinen, wurden doch in den letzten Jahren die Gesetze meist nur noch der realen Praxis der Staatsgewalt von Polizei und Militär angepasst. Aber das jüngste §129a-Verfahren zeigt uns, wohin die Reise gehen wird, wenn die radikale Linke nicht endlich beginnt, mit bestimmten Formen der Selbstisolierung zu brechen, und moderate Kräfte gleichzeitig begreifen, dass ihr ewiges Lamento der Gewalt-Distanzierung auch keine Lösung, sondern ein Teil des Problems ist...“ Artikel von FelS, Für eine linke Strömung, vom 16.08.2007

e) Kundgebung: alle raus jetzt!

Heraus zur Kundgebung am 22. August 2007 (Mittwoch) um 18 Uhr am Knast Moabit! Sonderseite zur Kundgebung mit Flugblätter, Plakaten etc...

f) Er wusste zuviel - und schrieb es auch noch auf
Bundesanwaltschaft lässt Stadtsoziologen verhaften Artikel in der quer, Zeitschrift für Erwerbslose, August 2007 (pdf)

g) Delete 129a

Forum zur Diskussion von Anti-Repressions-Strategien
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