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Gaddhafi beseitigt! Imperialisten, Beutegierige, Betrogene im Blutrausch!

Nach der  wochenlang  eintrainierten Arbeitsteilung ist nun der ehemalige Führer des Landes Libyen offenbar abgeknallt worden. Die Arbeitsteilung: irgendwelche Libyer, deren Kraft zum Knarretragen ausreicht, befinden sich auf Panzern oder Lastwagen, grölen herum und schießen in die Luft. Die zum Kriegführen nun einmal notwendige Mordarbeit wird von den Nato-Truppen erledigt. Nato im weitesten Sinn: Wie inzwischen die englische Regierung zugegeben hat, waren seit diesem Frühjahr immer schon englische Geheimdienstler zusätzlich im Land. Jetzt fallen sie sich alle in die Arme. Die Imperialisten, denen es zu allerletzt um befreite Gegenden ging- die Beutegierigen, die sich ein kleines Stück der Erträge wünschten, und kleinlaut - aber immer noch - die wenigen Freiheitskämpfer, die es möglicherweise auch gegeben hat. Sie haben das letzte Mal Gelegenheit zu lachen.

Gaddafi

Ich erinnere mich noch gut an den Augenblick, als er den Günstling Englands, Idris, entmachtete. Es regte damals wirklich auf Gottes Erdboden niemand auf. Alle verstanden: hier erfolgte ein Aufstand im Sinne und in der Nachfolge Nassers von Ägypten. Mit der Absicht, sich die Erträge der eigenen Erde wieder selbst anzueignen. Das Öl.

Alle Versuche Gaddafis, das Fundament zu erweitern, durch Zusammenschluss mit anderen arabischen Staaten, schlugen fehl. Warum? Der nationalistische Ansatz vertrug sich schlecht mit den Ideen des Panarabismus. Um es noch genauer zu sagen: die Nachbarn waren so nationalistisch wie der Herrscher Libyens selber. Und das Schwadronieren von der UMMA- der arabischen Einigung- half nicht viel weiter.

Was wir vom "Grünen Buch" mitbekommen haben, haben wir kaum verstanden. Immerhin haben seine unklaren und undeutlichen Ideen dazu verholfen, die total verschiedenen Leute der verschiedenen Landesteile halbwegs zusammenzuhalten. Sonst hatten die Berber auf der einen Seite, die Tuareg auf der anderen und die verschiedenen Arabergruppen in der Mitte einander herzlich wenig zu sagen. Einzige Gemeinsamkeit: das Interesse am Ölertrag. Von dem- immerhin- mehr den einfachen Leuten zukam als in vielen anderen Öl-Fürstentümern. Nicht zu vergessen auch die umfassenden Bewässerungsanlagen, die ohne Krieg und hochfahrende Abenteuer dem Land einen dauerhaften landwirtschaftlichen Fortschritt ermöglicht hätten.

Gaddafis Hauptfehler in den letzten Jahren: Sich seinen jetzigen Feinden -und Verrätern!- vorzeitig auszuliefern . Durch Verträge und Stillhalteabkommen. Vor allem durch das schändlichste: die Vereinbarung mit Italien, Flüchtlinge aus dem Innern Afrikas im Dienste der Schengen-Sicherheit zurückzuhalten (Womit er sich allerdings vom inzwischen hochgelobten Tunesien nicht unterschied, das eben im Begriff stehen soll, den gleichen Vertrag mit dem mittelmeerischen Westen zu erneuern. Aber hochdemokratisch dieses Mal, bitte sehr)

Humanitär - inzwischen das Ekelwort des Jahres.

Ein flatterseeliger Schreiber französischen Slangs - ein nach allem schnappender französischer Präsident in Not - die englische Blair geschulte Gierhalskompanie frömmsten Angesichts - stürzten sich auf die Gelegenheit. Warum Russland und China kein Veto einlegten, ist kaum zu begreifen. Jedenfalls ergab sich die herrliche Gelegenheit für die NATO, HUMANITÄR abzuknallen, was sich breit machte.  Wenn Tote im Fernsehen oder den gefälligen anderen Medien erwähnt wurden, dann stammten sie immer und ausschließlich von den sich verteidigenden Truppen Gaddafis, die sich  vom ersten Tag des Überfalls in "Heckenschützen" verwandelten. Ihr Chef wurde "Machthaber". In Jugoslawien hatte es immer noch - versehentlich - zivile Opfer gegeben, die verschämt zugegeben wurden. In Libyen: Kein einziges. Wenn wir dem Wehrmachtsbericht glauben dürfen.

Die trübsten rassistischen Phantasien der ausländischen Pressechefs und libyscher Chauvis  rasten auf bei der Vorstellung einer Unmenge schwarzhäutiger Milizen und "Söldner" aus dem Inneren Afrikas. Dass die in der Regel unter Prügeln gestanden, nur Fremdarbeiter gewesen zu sein,bewies ihren Verfolgern, mit welchem Recht es die Prügel gesetzt hatte.

Bei Licht besehen unterschied sich Gaddafi nicht wesentlich von den Gewalttätern, die sonst die Gegend beherrschen. Sein Pech: er hatte sich von den meisten Nachbarn isoliert. So wurde er -trotz allem- nach langem Widerstand leichte Beute der viel schlimmeren Machthaber im Westen, die ihn billig und "HUMANITÄR" loswerden konnten. Trotz allem: Friede seiner Asche! Er war der schlimmste nicht im Kreis der blutigen Brüder.

PS: Nur für Leute mit Fernsehen im Bad: Das Auftreten zweier Friedensfreunde aus purem Versehen, die sich im letzten Augenblick anschleimen werden: Westerwelle und Merkel. Beide haben ein dringendes Interesse daran, mitgesiegt zu haben und mitzuernten. Westerwelle im Ersaufen, Merkel im Sarkozyclinch. Klodeckel offen halten! Sie erflehen Absolution für das einzig Anständige ihrer Laufbahn.

Siehe auch:

Armee als Killerkommando: Alles für das Menschenrecht!

Protest gegen den Krieg vor dem weissen Haus
Foto: "The World can't wait"
Am Anfang stand der Beschluss des Sicherheitsrats: Schutz der Zivilbevölkerung Libyens! Als linguistisch unbefangener Leser hätte man meinen können, das beziehe sich allenfalls auf ein Flugverbot. Als historisch erfahrener wusste man natürlich, dass das -wie in Jugoslawien, wie im Irak- eine Erlaubnis für alles sein sollte- außer Besatzung.

In vier Wochen hatte sich die Erlaubnis dahingehend verselbständigt, dass sie zum Abknallen von jedermann ab Unteroffizier aufwärts berechtigte. Logisch! Denn jeder überlebende Unteroffizier würde augenblicklich Befehl zum Erlegen von Zivilisten geben. Zivilisten sind aber zu schützen. Also!!

Nun hat die NATO zugegebenermaßen ein Haus in Tripolis niedergebombt, aus dem angeblich Befehle kamen. Befehle sicher -s.o.- zum Niederschießen von Zivilisten. Also nix wie drauf! Wenn von dort aus auch vielleicht nur Handy-Botschaften nach draußen drangen.

Ein Sohn Gaddafis wurde dabei erschossen. Nebst drei Kindern dieses Sohnes und also Enkeln Gaddafis. Die hätten eigentlich als schutzwürdig gelten sollen. Aber wenn sie groß geworden wären - bei der Erziehung! - hätten sie sicher Befehl gegeben zum Abknallen von Zivilisten. Also! s.o.

Eine Meisterleistung der NATO und der abgerichteten Jawoll-Sager unter den Freiheitskämpfern war es, den Beschuss zugleich massenhaft zu bejubeln - und zu verneinen! Der zweite Teil spontan von der deutschen staatstragenden Presse mitvollzogen. Martin Gehlen weiß alles schon im voraus. Auf der Meinungsseite der Frankfurter Rundschau dieses Montags berichtet er unter dem Titel: Mord oder Propaganda: "Ob Beerdigungen mit leeren Särgen, Bombenschäden, die mit Vorschlaghämmern inszeniert wurden...das Propaganda-Arsenal von Gaddafis Getreuen kannte schon in der Vergangenheit viele Facetten." (FR 2.5.2011-S.11). Man beerdigt in Libyen, wie in anderen arabisch-sprachigen Ländern allerdings meist sarglos, durch Einwickeln in Tücher. Aber das hat sicher nichts zu sagen!

Dem Gaddafi nur nichts glauben! Der verkauft den eigenen Sohn für einen Tag des Überlebens!

Glücklich trifft es sich, dass in den Morgenstunden dieses Tages Bin Laden abgeknallt werden konnte. Damit wird von jetzt bis zur Abendstunde unser Nachrichtenhunger gestillt werden.

Um auch einmal bösartig mutmaßen zu dürfen: Republikaner-Schreihals McCain, Gegner Obamas, hatte zum Wochenende schon einmal in aller Unschuld die Tötung Gaddafis gefordert - selbstverständlich in Befolgung des Beschlusses des Sicherheitsrates. Wie Obama frühmorgens selbst widerkäute, hatte sein Killerkommando das Versteck des Führers von Al Kaida schon lange ausfindig gemacht. Jetzt die bösartige Vermutung: Friedensfürst Obama hat die Nachricht des Kilerlkommandos von Tripolis freudig zum Anlass genommen, jetzt einen drauf zu geben und siegreich ins Lager der noch offeneren Kriegshetzer - der Republikaner nämlich - einzureiten. Ihre Forderungen überbietend zum Sieg zu schreiten! Zweitwahl sicher!

Bekanntlich haben ein paar Militärforscher in friedlicheren Zeiten schon herausgebracht, dass die relative Stärke von Al-Kaida darin besteht, recht unabhängig von einer zentralen Führung in Einzelgruppen loszuschlagen. Insofern wird auf der materiellen Ebene der Tod ihres Führers nicht viel ändern. Wohl aber ist zu erwarten, dass noch ehe die zweite Woche nach Ostern zu Ende gegangen sein wird, eine Botschaft oder eine Statthalterschaft der USA irgendwo auf der Welt in Flammen stehen wird. Dann wird sich der universelle Kriegsruf von 2001 wiederholen: Kampf gegen die Mörderbande! In den USA selbst wird eine nur noch schwer überprüfbare Militär- und Geheimdienstherrschaft sich errichten. Und die europäischen Innenminister werden alle mehr oder weniger dankbar, mehr oder wenig er gefügig mitziehen. Und die Welt wird insgesamt - nach dem Wahrspruch des Sicherheitsrats - für alle wahren Zivilisten, aber nur für die, um einiges sicherer geworden sein. Wir freuen uns getrost darauf.
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