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Was mir heute wichtig erscheint #254

Kandidatenbefragung: Die Bundeswehr versucht zunehmend größeren Einfluss auf das Bildungswesen zu nehmen, um die Sicherheits- (Kriegs-)politik der Bundesrepublik Deutschland darzulegen. Mittlerweile haben acht  Bundesländer Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr unterzeichnet, die der Bundeswehr bzw. den Jugendoffizieren Vorrang in den Bildungseinrichtungen einräumen. In Baden-Württemberg wurde diese Vereinbarung am 4.Dezember 2009 mit dem Kultusministerium getroffen. Dagegen wendet sich die Kampagne „Schulfrei für die Bundeswehr“. Zur Bildungsmesse didacta hat sich die Kampagne mit einem offenen Brief auch an die Presse gewandt mit dem Ziel, die Bundeswehr auszuschließen. Die Landesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke sowie den bildungspolitischen SprecherInnen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen haben sich explizit für die Rücknahme der Kooperationsvereinbarung und für ein deutliches Plus friedenserzieherischer Elemente im Bildungswesen ausgesprochen. Die Kampagne fordert dazu auf,  dran zu bleiben und diese Forderungen an möglichst viele KandidatInnen herantragen und dazu die Wahlkreiskandidaten über Abgeordnetenwatch anzuschreiben.

Besetzung: Anfang des Jahres waren bei Index und Traub in Esslingen und Reichenbach/Fils über 100 Personen betriebsbedingt gekündigt und die Auslerner dieses und des letzten Jahres nicht übernommen worden. Die meisten wechselten in eine Transfergesellschaft, die den Zweck hat, Qualifizierungsmaßnahmen durchzuführen und sich um die Vermittlung der Personen zu kümmern. Die Agentur für Arbeit hatte sich bislang hier weitgehend rausgehalten. Deswegen wurde Montag von rund 50 ehemaligen Beschäftigten der Firmen Index und Traub das Foyer der Agentur für Arbeit in Esslingen für etwa eine halbe Stunde besetzt. Sie protestierten damit gegen die Praxis des Esslinger Arbeitsamtes, junge, gut qualifizierte Fachkräfte an Verleihfirmen in Billigjobs vermitteln zu wollen. Mehr Information bei der IG Metall Esslingen.

Unverfroren: “Rechts wegschauen, links weghauen –“ das umreißt die Polizeistrategie am 19. Februar. Die Polizei hat sich auf das Verprügeln der Blockierer konzentriert– urteilte die Sprecherin von Dresden-Nazifrei in einer Presseerklärung des Bündnisses am Sonntag. Was war passiert? Gegen 14 Uhr überfielen mitten im von der Polizei zuvor weiträumig abgeriegelten Stadtgebiet etwa 200 zum Teil vermummte Nazis unter “Wir kriegen euch alle– Rufen ein alternatives Wohnprojekt in Dresden-Löbtau. Auf dem von einem couragierten Zeugen gedrehten Video lässt sich erkennen, dass die anwesende Polizei in unmittelbarer Nähe zum Haus, zu keinem Zeitpunkt versucht hat, die minutenlangen Naziangriffe mit Latten, Steinen und Flaschen zu unterbinden. Im Video ist vielmehr ein Beamter zu sehen, der im Hintergrund weiter den Straßenverkehr regelt. Dresdens Polizeipräsident Dieter Hanitzsch wusste auch knapp 24 Stunden später auf einer Pressekonferenz nichts von einem Video der Übergriffe und kündigte erst auf Nachfrage von Journalisten Ermittlungen an. Mehr bei den "Alternativen Dresden News".

Aufstand: "Während Amerika wie gebannt auf die Revolutionen im Mittleren Osten starrt, findet daheim ebenfalls ein Volksaufstand statt. Seit zwei Tagen belagern Tausende von Demonstranten den Kapitolplatz und das Parlament von Madison, der Hauptstadt des US-Bundesstaats Wisconsin. Sie haben Schlafsäcke mitgebracht und kampieren auf dem Boden der Rotunde. Der Bürgerrechtler Jesse Jackson ist angereist und singt mit ihnen den Protest-Evergreen “We shall overcome!–. Die aufgebrachten Menschen recken die Fäuste und brüllen: “Wir sind das Volk!–" Amerikas Linke geht zu Tausenden auf die Straße

Sicherheit: Das Projekt socialnetworksecurity wurde in Leben gerufen, um den Nutzern der sozialen Netze eine Möglichkeit zu geben, sich über klaffende Sicherheitslücken zu informieren und sich vor den damit verbundenen Risiken zu schützen. Mehr dazu bei heise.de.

Kampagne: Zur Landtagswahl in Baden-Württemberg am 27. März 2011 wird auch die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) antreten. In 68 von 70 Wahlkreisen ist es der Nazipartei gelungen, die jeweils notwendigen 150 Unterstützerunterschriften zu sammeln. Die NPD will als „Stimme des Volkes“, als „soziale Heimatpartei der Deutschen“ im Ländle punkten. Das Antifaschistische Aktionsbündnis Baden-Württemberg (AABaWü), wird mit der Kampagne „Keine Stimme der NPD!“ den Nazis bei ihrem Wahlkampf einen Strich durch die Rechnung machen.

Urteil: Auch in Bahnhöfen, Häfen und kommunalen Einkaufszentren darf künftig demonstriert werden. Der Grund: Auch Unternehmen sind an die Grundrechte gebunden. Ach so. Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes.

Integration: "Nicht nur der Zuspruch für Thilo Sarrazin zeigt: Ausländer- und Islamfeindlichkeit in Deutschland greifen immer weiter um sich. Diese Variante eines im Kern uralten Rassismus beschränkt sich längst nicht mehr auf den rechten Rand der Gesellschaft. Darüber spricht der Journalist Kay Sokolowsky am Dienstag, 15. März 2011, um 20 Uhr im Löwenkeller des Club Alpha 60 in der Stuttgarter Straße in Schwäbisch Hall." Mehr bei "Hohenlohe ungefiltert". Siehe auch die Besprechung des Buches durch Sebastian Friedrich sowie das Gespräch mit Kay Sokolowsky: "Der alte Rassismus in neuem Gewand".

Bewegung: Im Baskenland gingen am Samstag, den 19. Februar 2011, etwa 40.000 Menschen unter dem Motto „Hin zum Frieden –“ Legalisierung“ auf die Straße. Sie forderten damit die Zulassung der vor einigen Tagen neu gegründeten Partei Sortu (entstehen, geboren werden, wachsen) durch die spanische Regierung und die spanischen Gerichte. Mehr bei den "Freunden des Baskenlandes".

Lächerlich: Nach wochenlangem Tauziehen haben sich Regierungskoalition und SPD darauf geeinigt, Erwerbslose abermals zu verraten, so das Resümee der bundesweiten Erwerbslosennetzwerke. Das Erwerbslosenforum zur höhnischen Posse von Regierungskoalition und SPD um Hartz IV Regelsätze.

Unvermindert: "Der Aufstand für die Freiheit in der arabischen Welt geht weiter. Nach zahlreichen Massenprotesten in Libyen in den letzten Tagen beschoss al-Gaddafis Luftwaffe am 21. Februar einen Demonstrationszug. Die Protestes haben die Hauptstadt Tripolis erfasst und in der zweitgrössten libyschen Stadt Benghazi hat das Regime bereits die Kontrolle verloren, nachdem auch Massaker mit mindestens 300 Toten und 2.000 Verletzten verübt wurden." (Quelle) Siehe auch: „Gestern Tunis und dann Kairo, heute Bahrain und Banghazi ... und morgen?“

Index / Traub: Vorentscheidung?

Bei Index in Esslingen droht die Vernichtung von 500 Arbeitsplätzen. Mittlerweile gab es einige Gespräche zwischen Geschäftsleitung, IG Metall Ortsverwaltung und Betriebsrat. Die Positionen könnten unterschiedlicher nicht sein. Die Geschäftsleitung setzte als Termin für Sozialplanverhandlungen den 4./5. März an, drückt also gewaltig aufs Tempo. Montag früh ist Betriebsratssitzung, nachmittags Sitzung der Vertrauenskörper von INDEX und Traub. Es ist sehr zu hoffen, dass sich da die Position, gegen die Entlassungen zu kämpfen, durchsetzen wird.

Die Ergebnisse werden beim Metallertreff am Dienstag, den 3.3. um 18.00 in der Kellerschenke im DGB Haus Stuttgart, Willi-Bleicher-Str. 20, Thema sein.

Esslingen: Index / Traub wirft 500 KollegInnen auf die Straße

Auf Beschäftigungs"sicherung" durch Überstundenabbau und Kurzarbeit, Entlassungen von Leiharbeitern und Befristeten folgt die Vernichtung von Arbeitsplätzen. Diese Erfahrung müssen - sofern sich die Geschäftsleitung mit ihren Plänen durchsetzt - die KollegInnen bei der Drehmaschinenhersteller Index -  Werke GmbH & Co. KG in Esslingen am Neckar und der Tochter Traub machen. Es geht um 500 Arbeitsplätze, die von den 1700 KollegInnen zählenden Belegschaft "abgebaut" d.h. vernichtet werden sollen. Anlass für die Pläne seien nach einer Meldung der "Esslinger Zeitung" "ein längerfristig deutlich niedrigeres Umsatzniveau".


Weitere Entlassungen stellt die Erwartung der Geschäftsleitung, dass es erst Mitte 2010 zu einer Besserung der Situation kommen werde, in Aussicht. Woher diese Weitsicht kommt, darüber schweigen sich die Manager jedoch aus. Sie hatten Teile der Belegschaft bis vor 3 Monaten Überstunden kruppen lassen, die Kollegen dann laut örtlicher IG Metall direkt nach Überstunden und Freizeitkontoabbau in die Kurzarbeit geschickt. So ist der Auftragseingang von 1000 Drehmaschinen in 2007 auf 960 im vergangenen Jahr eingebrochen, für 2009 wird nur noch mit 360 zu produzierenden Maschinen gerechnet. Nach den Rekordumsätzen von 500 Millionen Euro in 2008 schreibt das Unternehmen schwarze Zahlen. Gerade weil durch Rationalisierung die Durchlaufzeiten für die hoch komplexen und bis zu 2 Millionen Euro kostenden Maschinen teilweise auf ein Drittel reduziert wurden, schlagen Auftragschwankungen sofort durch. Die Erhöhung der "Konkurrenzfähigkeit" durch "Kostenreduzierung" und Maßnahmen dazu wie der "kontinuierliche Verbesserungsprozess" erweisen sich einmal mehr als Bumerang für die Arbeitsplätze.

Wie untauglich die Flexibilisierung der Arbeitszeit als Mittel zum Erhalt von Arbeitsplätzen ist, zeigt die Erklärung, dass "alle Flexibilisierungsinstrumente ausgeschöpft" seien. Nun soll nach dem Willen der Geschäftsführung mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan verhandelt werden. Angeblich, "um die Substanz der Firma nicht zu gefährden und das Unternehmen langfristig zu sichern."

Die Betriebsratsvorsitzenden zeigten sich "geschockt und zeigten aber auch Verständnis angesichts des massiven Auftragseinbruchs". Die Kollegen, zugleich auch Mitglieder des Ortsvorstandes der IG Metall Esslingen, forderten für das Unternehmen den von der Esslinger IG Metall ins Gespräch gebrachten "regionalen Schutzschirm". (Siehe auch "Beschäftigte brauchen Schutzschirm")

Am selben Tag fand auch die Delegiertenversammlung der regionalen IG Metall statt. Geladen waren 135 Delegierte der Betriebe der Verwaltungsstelle. Thema der Versammlung war die Entwicklung und die Auswirkungen der Krise auf die Betriebe in der Region, die Vorstellung des Vorschlags der Ortsverwaltung der IG Metall für den "regionalen Schutzschirm" sowie eine Resolution an den Beirat der IG Metall zur gewerkschaftlichen Politik in der Krise. Warum diese hervorragende Gelegenheit, sämtliche Betriebe unverzüglich über die Situation zu informieren und über die Einleitung von kämpferischen Aktionen zum Erhalt der Arbeitsplätze durch offensive Forderungen, die Organisierung einer breiten Solidarität durch Kundgebungen, Demonstrationen usw. zu beraten nicht genutzt wurde, ist nicht bekannt. So wurden die Delegierten der Betriebe nicht über die Pläne der Index Geschäftsführung informiert.

Gerade die gewerkschaftlich hoch organisierte Belegschaft von Index war in der Vergangenheit immer diejenige, die vorne mit dabei war, wenn es um die Durchsetzung von gewerkschaftlichen Forderungen und mehr ging. Der bei Traub in Reichenbach beschäftgte Teil der Belegschaft machte vor Jahren bereits wichtige Erfahrungen mit Arbeitsplatzvernichtung. Es ist kaum vorstellbar, dass die KollegInnen eines der größten Betriebe in Esslingen jetzt keine Solidariät von anderen Belegschaften erfahren sollten, wenn sie den Kampf für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze aufnehmen sollten.

An offensiven Forderungen zum Erhalt von Arbeitsplätzen mangelt es in der IG Metall nicht. So ist beispielsweise die 30 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich eine der Forderungen, mit der rechnerisch allein bei Index und Traub statt der momentan 1700 Arbeitsplätze sogar knapp 2000 Arbeitsplätze bestehen könnten. Das Problem sind jedoch weniger die geeigneten Forderungen als die Klärung der Frage, ob in der Krise gekämpft werden kann oder ob "alle in einem Boot sitzen" und vor allem die Frage, ob es überhaupt erlaubt ist, Forderungen, die auf Kosten der Profite vor allem der Monopolkonzerne und Banken gehen, aufzustellen.

Wann aber, wenn nicht gerade in der Krise muss gekämpft werden? Was, wenn nicht der Profit und die Milliardenboni der Manager gegenüber der steigenden Armut von immer mehr Menschen und Lohnverlusten sind das eigentlich schreiende Unrecht? Zeigt sich in dieser Krise nicht auch die Unfähigkeit der kapitalistischen Gesellschaftsordnung zur Befriedigung der elementarsten Bedürfnisse der Menschen?

Von allen Seiten prasselt auf die Menschen ein, dass nur der allseitige Verzicht auf Lohn, Arbeitsplätze von Leiharbeitern, Befristeten, weniger Qualifizierten, Frauen, Auslernern usw. eine eventuelle Aussicht auf Rettung der verbleibenden Arbeitsplätze bietet. Mit ähnlichen Methoden wurden in der Region über Jahre hinweg die Belegschaften von Panasonic, Hirschmann und anderen "reduziert". Dieses äußerst beliebte Spaltungsmanöver, das Egoismus fördert, statt gemeinsames solidarisches Handeln , zu durchschauen ist Voraussetzung, den Blick auf den Kampf um die Arbeitsplätze auf Kosten der Profite zu öffnen.

Statt auf die trügerische Hoffnung eines "regionalen Schutzschirms", der letztlich von den Betroffenen selbst finanziert wird, zu hoffen, wäre den Index und Traub KollegInnen und auch allen anderen Belegschaften Vertrauen in die eigene Kraft zu wünschen.

Zuerst veröffentlicht bei StattWeb

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