Der US geführte Angriff auf Syrien wird den IS stärken, den demokratischen und den revolutionären Widerstand innerhalb Syriens schwächen, weil Positionen einer Burgfriedenspolitik gegen den äußeren Feind gestärkt werden und letztlich die Kriegsgefahr zwischen der USA und Russland drastisch erhöhen. Von den Folgen für gesellschaftlich fortschrittliche Projekte wie Rojava ganz zu schweigen, da nach wie vor die Türkei in der Hinsicht ihr ganz eigenes Süppchen kocht. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wann und nicht ob nach dem Irren in Washington auch der in Moskau auf den Knopf drückt. Neben den sich rasant zuspitzenden Widersprüchen in der Region ist damit auch die Gefahr eines Weltkrieges sprunghaft gestiegen.
Je weiter das alles aufgedröselt wird, desto deutlicher wird die Perspektivelosigkeit der vorherrschenden gesellschaftlichen Systeme. In Britannien hat Premierministerin May, das dortige parlamentarische System gleich miterledigt, indem sie Medienberichten zu Folge nicht einmal das Parlament um Zustimmung für die aktive Beteiligung britischer Streitkräfte ersuchte.
In Deutschland knirscht es ebenfalls deutlich. Da bekanntlich der Hauptfeind im eigenen Land steht, muss der Fokus hierzulande auf der einen Seite darauf gelegt werden, jegliche Beteiligung deutschen Militärs, die in Form diverser Unterstützungsdienste faktisch schon längst stattfindet, mit allen Mitteln zu unterbinden. Auf parlamentarische Mehrheiten ist dabei kein Verlass, wie London zeigt, gleichzeitig gilt es, sich deutlich von AfD Positionen abzugrenzen.
Wenn in den vergangenen Jahrzehnten die Beteiligung an den Protesten gegen Kriege kontinuierlich zurückgegangen ist, war dies auf der anderen Seite auch eine praktische Antwort auf die zunehmend wirkungslosen, weil zahnlose Bewegungsformen. Gleichzeitig wird in der weitgehend sedierten deutschen Gesellschaft von der notwendigen Höherentwicklung der inhaltlichen Positionen zu den diversen kriegerischen Auseinandersetzungen als auch der Weiterentwicklung der Verbindung massenkompatibler und notwendiger massenmilitanter Protestformen nicht zuletzt auch durch linke Kräfte weitestgehend verzichtet. Latschdemos reichen eben nicht mehr aus. Diese Erkenntnis darf allerdings nicht zur Rechtfertigung dafür dienen, dass man eben nichts machen kann - und daher nichts machen muss und deshalb mehr oder weniger im tagtäglichen Einerlei und Belanglosigkeit untergeht.
Wenn in der Praxis das Kriterium der Wahrheit besteht, wie einige Leute behaupten, dann zeigt sich in den nächsten Tagen, wie es damit hierzulande aussieht, ob es einem breiten gesellschaftlichen Protest gelingt, sich zu entwickeln, zu organisieren und Bahn zu brechen.
Ich habe da jedoch so meine Zweifel.
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Todenhöfer gleitet durch die Schleier

Es soll nun gar nicht der Versuch unternommen werden, ein umfassendes Bild all der Reisen in die umkämpften Länder des nahen Ostens herauszuarbeiten. Afghanistan, Irak, Jordanien, Ägypten. Sondern nur der gegenwärtig interessante Anblick von Syrien hervorgehoben werden.
Syrien nämlich, wie es die vereinigten Medien des Westens sehen: Ein Land beherrscht von einem unbarmherzigen Diktator, der aufs erbittertste sein "eigenes Volk" bekämpft - auf der anderen Seite die zwar gemischten, aber doch allzeit tugendhaften Widerstandskämpfer, die zwar im Augenblick etwas im Rückstand befindlich sind, sich aber trotzdem sicher eines Tages durchsetzen werden.
Todenhöfer selbst fand sich auf persönliche Einladung des Staatschefs zweimal auf dem Flughafen vor. Und wurde zweimal von der unteren Bürokratie festgehalten und erbittert befragt. Bis es ihm nach mannigfachen Umwegen gelang, einen Blitzruf aus den oberen Rängen um den Präsidenten selbst zu erlangen - und mit süßen Reden entlassen zu werden. Ebenso schildert Todenhöfer die komplizierten Wege, die ihn endgültig zum Ort des Treffens führten. Keineswegs in den Präsidentenpalast. Was zeigt uns das, auch wenn es Todenhöfer nicht deutlich genug ausspricht? Dass die Herrschaft über Syrien auch im eigentlich unerschütterten Bereich keineswegs so sicher scheint, wie es uns die westliche Berichterstattung vorführt.
Das Gespräch selbst hat Todenhöfer in der letzten Sendung von "Anne Will" ja vorgeführt. Er schildert den Herrscher als wesentlich umgänglicher als andere Potentaten, die er kennengelernt hat. Durchaus sogar zur Neuwahlen bereit, wenn nur die Aufständischen niedergerungen wären. Nur dass keiner der westlichen Diplomaten sich einmal um diese eigene Meinung gekümmert hätte.
Umgekehrt schildert Todenhöfer seine Fahrt nach Homs, damals nach westlicher Meinung einer der allerumkämpftesten Orte. Zur allgemeinen Überraschung trifft der Beobachter völlig friedliches Leben, reiche Marktstände und relativ überlegte Leute. Die zwar gegen die gegenwärtige Regierung Syriens sich wenden, aber keineswegs zum Sturz des Herrschers selbst entschlossen sind.
Tatsächlich gelingt es Todenhöfer, auch mit den Rebellen der verschiedensten Art Kontakt aufzugreifen. Das wichtigste Interview findet mit einem alten Kommunisten statt, der insgesamt über ein Jahrzehnt in den Gefängnissen von Vater und Sohn verbracht hat - und trotzdem im Land geblieben ist, um weiterhin den Frieden vorzubereiten. Denn - so der Kommunist - man muss,um ausgleichende Bedingungen zu erhalten, auch mit den Mächtigen verhandeln. Nicht bloß mit den Elenden und Verarmten.
Die oppositionellen Gruppen teilt dieser Gewährsmann in drei Sektionen auf. Einmal die offiziell genehmigte westorientierte Gruppe mit Sitz in der Türkei. Sie wird in den europäischen Medien am meisten zitiert, spielt allerdings in Syrien selbst die allergeringste Rolle. Dann die vielen unter sich oft uneinigen Widerstandsgruppen, die nach Kräften wirklich kämpfen, ohne sich zusammenschließen zu können. Und schließlich die diversen Dschihadgruppen, die von Katar und Saudi-Arabien kräftig mit Waffen unterstützt werden.
Auch diese hat Todenhöfer über Umwege erreicht. Gibt allerdings nur ihre Unerbittlichkeit zum Besten und ihre altertümliche Todfeindschaft gegenüber dem Herrscher. Dem werden viele Morde und Totschläge zugeschrieben. Das wird wohl stimmen. Nur verhehlen gerade diese Gruppen kaum, dass sie den Krieg mitbegonnen haben und dass die beklagten Todesfolgen oft auch einfach Folgen ihrer eigenen Angriffe waren.
Sicher kann man Todenhöfers Interviews in Syrien oft angreifen. Er selbst befragt sich mehrfach, ob die diversen Augenzeugen immer redlich waren.
Nur ein Verdienst hat sein Buch: Im Gegensatz zu vielen anderen ist er überall hingegangen und hat unter Lebensgefahr selbst die Augen aufgemacht. Im Vergleich zu vielen westlichen Pressevertretern ist das immerhin viel.
Und zum Schluß: Im Presseclub letzten Sonntag hat selbst Zumach der allgemeinen Meinung zugestimmt, dass nach allgemeinen Wahlen die Herrschaft der syrischen Diktatoren-Familie beendet sein werde. Nach den Schilderungen Todenhöfers über eine Demonstration zugunsten der bestehenden Herrschaft ließe sich das doch bezweifeln. Er schildert da eine Demo für Assad, die mehr ausmachte als alles, was er in Kairo gesehen hatte. Und von der kein westlicher Sender berichtete. Insofern könnten sich noch einige Überraschungen enthüllen, wenn es mal soweit wäre. Todenhöfer jedenfalls hat die Schleier der gewöhnlichen staatstragenden Berichterstattung über Syrien und andere Kampfgebiete siegreich durchdrungen.
Mögen andere es ihm nachtun!
EUR 19,99, 448 Seiten, C. Bertelsmann Verlag, ISBN-10: 3570101827, ISBN-13: 978-3570101827