Die japanische Regierung erteilte am 15. Juni dem Energiekonzern Kansai Electric Power die Genehmigung, die Reaktoren 3 und 4 der Atomanlage Ohi wieder anzufahren - obwohl offfenbar noch einige Sicherheitsmaßnahmen noch nicht umgesetzt wurden, mit denen die Meiler angeblich besser gegen äußere Einwirkungen wie Tsunamis geschützt werden sollen. Von der prinzipiellen Unsicherheit der Kernenergie war bereits keine Rede mehr. Die Anlage war auch vor der Katastrophe von Fukushima von Störfällen betroffen.
Gegen die geplante Wiederinbetriebnahme regte sich Protest - international, vor allem aber in Japan selbst. Während hierzulande immer wieder behauptet wird, in Japan gäbe es lediglich marginale Proteste gegen die Nutzung der Kernenergie, sprechen sowohl die sinkende Zustimmung - 44 % der befragten Bevölkerung sind für den Ausstieg - als auch die Beteiligung an Protesten eine andere Sprache. Offensichtlich gerät im Bewußstsein von immer mehr Menschen in Japan, dass die Wiederinbetriebnahme nur den Profiten der Energiekonzerne dient.
Das passt jedoch nicht ins Bild einer Medienberichterstattung, die Proteste weitgehend ausblenden und meist eine Berichterstattung fährt, die dem Wunsch bundesdeutscher Energiekonzerne entspricht. "Die Energieversorger Eon, RWE und Vattenfall wollen rund 15 Milliarden Euro Schadenersatz für den Atomausstieg einklagen. Durch die zwangsweise Stilllegung der Atomkraftwerke nach Fukushima sei dieser Schaden für die Atomkonzerne entstanden." (atom-aktuell.de)
So gab es in den bürgerlichen deutschen Medien lediglich Berichte über 200 AKW GegnerInnen, die mit einer Blockade gegen die Wiederinbetriebnahme des Atommeilers Ohi protestierten. Gänzlich unter den Tisch der Berichterstattung hierzulande fielen vor allem die 200.000 Menschen, die in Tokyo gegen die Wiederinbetriebnahme des Kernkraftwerks demonstrierten. Über die Entwicklung der Proteste berichtet der japanische TV Sender Asahi in der Sendung "Morning Bird" vom 2.Juli 2012. (Mit deutschen Untertiteln)
Am 16. Juli plant die japanische Anti-Atom Bewegung erneut eine Großdemonstration. Angesichts der Tatsache, dass die Katastrophe von Fukushima vielleicht aus den Medien, ihre Folgen jedoch in der Realität auf unabsehbare Zeit drastische Folgen für einen wachsenden Teil der Bevölkerung weltweit haben, kann davon ausgegangen werden, dass es der japanischen Regierung nicht gelingen wird, die Proteste zu befrieden. Dafür gibt es zuviele offene Rechnungen. Hinzu kommt für viele JapanerInnen der 67. Jahrestag der Bombardierung Hiroshimas und Nagasakis. Dies ist traditionell der Tag, an dem weltweit, vor allem aber in Japan für die Ächtung aller Atomwaffen auf die Strasse gegangen wird.
Auch jetzt noch sind 75 Prozent der Präfektur Fukushima stark radioaktiv verstrahlt: Ein Gebiet, in dem etwa 360.000 Kinder leben und täglich draußen spielen. Von den knapp 100.00 Menschen, die ihre Häuser ohne Chance, jemals wieder zurückkommen zu können, verlassen mussten oder den mehr als 60000 Menschen, die den Versprechungen der Regierung nicht trauten und auf eigene Faust aus der Region flüchteten ganz abgesehen. Während die Regierung den Energiekonzernen auch noch Tipps dafür gab, wie wie Atomanlagen eine erneute Genehmigung erhalten können, wurden den evakuierten Opfern lediglich umgerechnet 8000 € Entschädigung zugestanden. Die Halbwertszeit der genauso leeren wie inflationären Versprechungen zum Beispiel über die angebliche Möglichkeit einer "Entseuchung des Erdreichs durch Umgraben" oder "durch Abtragen von 5 Zentimeter des Erdreiches" ist indes das einzige, was sich verringert.
Die für viele Menschen noch nicht absehbaren weltweiten Folgen - gerade auch in Zusammenhang mit dem Flop in Rio - fordern dazu heraus, weltweit für die konsequente Abschaltung aller Atomanlagen aktiv zu werden. Auf die Regierungen kann dabei nicht gesetzt werden.
Siehe auch:
• Demonstration of 200,000 people occupied official residence (Fotos)
• 200,000 demonstration from sky. Noda “It’s a big sound.” (Video)
• Hinweis auf das Video mit den Untertiteln von Tomoko bei Energiewende Heilbronn
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Atomausstieg und KIT Atomforschung: Warum die Atomlobby einen massiven Strompreisanstieg vorhersagt

Schlagzeile „Strompreise steigen bis 2025 um 70 Prozent“. Düstere Aussichten für Verbraucher, für Privathaushalte wahrscheinlich noch stärker, sagen Energieforscher des KIT voraus. „Durch die erneuerbaren Energien werden wir komplexe Systeme bekommen“, sagt KIT-Vizepräsident für Forschung und Innovation und Kerntechniker Peter Fritz.
Man braucht nicht viel Phantasie, um zu erkennen, was die KIT-Atomlobby mit der Studie bezweckt. Es soll zu einem Stimmungswandel in der Bevölkerung beigetragen werden, dass man um die Atomkraft als längerfristige Übergangslösung leider doch nicht herum kommt. Wenn der Übergang zu den Regenerativen so teuer zu stehen kommt, muss wohl oder übel dafür auch die Atomforschung für neue Reaktoren am KIT fortgesetzt werden.
Minister Untersteller (GRÜNE) hat die Studie umgehend zurück gewiesen und mit dem „Orakel von Delphi“ verglichen. Mit dieser harschen Kritik erweckt er den Eindruck, als sei er der Sachwalter des beschlossenen Atomausstiegs. Das geht jedoch haarscharf an der Wirklichkeit vorbei.
Zwar hat er erklärt, dass nur noch für die Sicherheit des Rückbaus der Anlagen und der Endlagerung und nicht für neue Reaktoren geforscht werden soll, aber er schweigt wie seine Grüne Kollegin Wissenschaftsministerin Theresia Bauer über die Fortsetzung genau jener KIT-Forschung an Reaktoren der IV. Generation (Transmutation), die viel Personal und erhebliche Mittel bindet.
Das kann belegt werden mit der bewußten Ausklammerung dieser Reaktorforschung aus einem Mediationsverfahren, das Ende 2011 abgeschlossen wurde. Es ging um die atomrechtliche Genehmigung für den Umgang mit großen Mengen an spaltbarem Material im Europäischen Institut für Transurane ITU, das auf dem Gelände des ehemaligen Forschungszentrum (jetzt KIT Campus Nord) liegt und mit dem Atomforschungsprogramm des KIT verflochten ist. Die Vertreter des BUND in der Mediation und der Autor hatten vergeblich versucht, den Zusammenhang zum Gegenstand der Mediation zu machen. Selbst das Angebot eines einstündigen (!) Expertengesprächs wurde ignoriert. Zitat aus dem Email des Autors vom 20. Juli 2011 an die beiden Minister:
„Wenn sich herausstellen sollte, dass das Transmutationsforschungsprogramm ("Atomreaktoren der 4. Generation") als unvereinbar mit dem Atomausstieg eingestellt werden muss (das jedenfalls ist Beschlusslage der NRW-Landesregierung) und damit der vermutete Hauptgrund für den Umgang mit den großen Mengen an spaltbarem Material entfällt, geht es um ein grundsätzlich anderes Verfahren. Meinem Dafürhalten nach ist es eine unwissenschaftliche Herangehensweise, nur die Eindämmung der Folgen zu diskutieren, ohne die Ursachen in den Blick zu nehmen.“
Die KIT-Führung weiß seit der in ihrem Sinne erfolgreich verlaufenen Mediation nach dem Muster von „Stuttgart 21“, dass von dieser Landesregierung nichts zu befürchten ist. Nun gehen die KIT-Atomlobbyisten zum Gegenangriff über.
Über solch plakative Minister-Kritik („Orakel von Delphi“) brauchen sie sich keine Sorgen machen und können diese plump zurückweisen: „Wer die Erneuerbaren Energien liebt, begleitet sie kritisch.“ Die CDU-Opposition wittert nach ihrem NRW-Debakel Morgenluft und spielt sich als Verteidiger der Geschmähten auf: „Schließlich handelt es sich beim international renommierten KIT um eine politisch neutrale Forschungseinrichtung.“
Und alle Seiten schweigen ganz neutral und einträchtig weiter über die gegen den Atomaussteig gerichtete Fortsetzung der KIT-Atomreaktorforschung. Eine politische Komödie, die am Kern der Sache vorbei geht und über den die Öffentlichkeit aufgeklärt werden müsste.
Die Atomreaktorforschung am KIT muss unverzüglich beendet werden. Das frei werdende Personal kann problemlos für zukunftsfähige Forschung gewonnen werden.
Bei der vom „Deutschen Atomforum“ in Stuttgart ausgetragenen „Jahrestagung Kerntechnik“ vom 22.-24. Mai wird es sicherlich nicht darum gehen, sondern um das genaue Gegenteil. Das großspurige Schlagwort der Atomlobby heißt wie seit Jahren Kompetenzerhalt. Kompetenzerhalt wofür? Und gewiss wird über die „Pakistan-Connection“ (Wochenzeitung KONTEXT) des KIT-Vorlaufers Forschungszentrum kein Wort verloren werden. Eine vorurteilsfreie Geschichtsaufarbeitung des KIT-Vorläufers muss endlich auf die Tagesordnung gesetzt werden, um des Friedens, der Umwelt und der Demokratie willen.
Als Hintergrund-Information sei auf die nachfolgende Sammlung von Beiträgen zur Thematik „KIT und Atomforschung“ hingewiesen, die mit der Friedensbindung des KIT und der eingeforderten Zivilklausel für das KIT-Gesetz in einem direkten Zusammenhang stehen:
18.05.2012 german foreign policy: Nuklearer Kompetenzcluster Über die „Jahrestagung Kerntechnik" des „Deutschen Atomforums“ vom 22.-24. Mai in Stuttgart. Kompetenzerhalt wofür?
16.05.2012 AntiAtom Neckarwestheim: Atomforschung in Karlsruhe: Von Ausstieg keine Spur! Videomitschnitt der Veranstaltung "Die Lüge vom Atomausstieg - Atomforschung in Karlsruhe“ in Stuttgart
13.05.2012 KONTEXT: Die Pakistan-Connection Rolle KIT-Vorläufer beim atomtechnologischen Wissenstransfer nach Pakistan
02.05.2012 Neue Rheinische Zeitung „Atom- und Waffenforschung“ unterbinden! Zivilklausel: KIT zivil statt militärisch weiter entwickeln!
23.03.2012 trueten.de: Material zur Tagung 15./16. Juni Karlsruhe mit Geschichte der Podiums „Nutzen und Gefahren des Brennstoffkreislaufs“ 1989 mit Klaus Traube. Mit „Zerbrecht die Plutonium-Tritium-Diktatur!“ Neue Rheinische Zeitung Teil1:4.5.11 Teil2:16.5.11 *Teil3:25.5.11
30.12.2011 AG Friedensforschung: Glaubwürdigkeits-Stresstest für Grün-Rot: Zivilklausel KIT und Hochschulen Baden-Württembergs, siehe auch WebDoku Ini
10.12.2011 blog Jörg Rupp: Forschung u.a. KIT Atomforschung und Minister Untersteller
09.12.2011 INES global: Grün-Rot stellt Verzicht auf deutsche Atomwaffenforschung in Frage Landesregierung Baden-Württemberg gegen Zivilklausel für KIT
21.11.2011 BUND BaWü: BUND zum Abschluss des ITU-Mediationsverfahrens Harry Block: Atomforschung ist Anachronismus
12.10.2011 Solarzeitalter: Transmutation des Atomausstiegs KIT Atomreaktorforschung von Grün auf Rot schalten. S. auch Neue Rheinische Zeitung
07.09.2011 KONTEXT: Der strahlende Nachbar Ausstieg aus der Kernenergie – wozu sie noch erforschen?
05.09.2011 contrAtom: Transmutation: Schavan's Hintertür für Wiedereinstieg s. auch Interview Gerhard Schmidt Öko-Institut: technische Katastrophe und extrem teuer Audio
02.09.2011 BNN, WebDoku Ini: Kundgebung internationaler Antikriegstag Redebeiträge Jürgen Ziegler, Harry Block
01.09.2011 Zeitung gegen den Krieg: „Beispiel KIT Karlsruhe“ „Kern- und Waffenforschung unter einem Dach“ beenden! Kein Atomausstieg ohne Stopp der Atomreaktorforschung. Keine Militärforschung an Hochschulen!
31.07.2011 taz: Der Traum vom Stein der Weisen Transmutation von Atommüll
27.07.2009 Wissenschaft & Frieden: Hochschulen und Militärforschung Friedenswerkstätten oder zivilmilitärische Forschungskomplexe
24.07.2011 KONTEXT: Kritische Masse Trotz Atomausstiegs KIT-Forschung an Atomreaktoren VI. Generation
18.06.2011 contrAtom: Trotz Atomausstieg mehr Geld für Atomforschung Quelle vdi-nachrichten
31.05.2011 Ossietzky: Atomkraftkultur – nein danke!
27.04.2011 Neue Rheinische Zeitung: Atomforschungsprogramm in Karlsruhe bleibt strittig Aber KIT öffnet sich
23.04.2011 junge Welt: Atomkraft und Atombombe Hiroshima, Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima
21.04.2011 junge Welt: Forschungsinstitut setzt weiter auf Kernenergie Karlsruhe: Friedensklausel für KIT gefordert. Podiumsdiskussion an der Uni
15.04.2011 Neues Deutschland: Atomforschung und Energiewende Bildungsseite
30.03.2012 Neue Rheinische Zeitung: Zweimal Wende eingeleitet AUS für CDU-Herrschaft - BaWü-Bildungsreform und Uni-Zivilklausel JETZT
29.03.2011 SWR: KIT Präsident Umbach Kernenergie unverzichtbar als Übergang zu Regenerativen
12.03.2011.ka-news: Atomexperimente in Karlsruhe: Verbände verlangen Transparenz
25.05.2009 INES global: KIT - Internationaler Appell fordert den Verzicht auf Militärforschung und eine Zivilklausel. Deutsche Nuklearforschung und Waffenforschung unter einem Dach. s. INES appeal
30.01.2009 unsere zeit: Karlsruhe auf dem Weg zum zivil-militärischen Großforschungskomplex?
20. Mai 2012, dietrich.schulze@gmx.de Tel.: 0160-99113131 WebDoku Ini