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Kolleg-SchülerInnen verteidigen Zweiten Bildungsweg

Dienstag fand in Stuttgart eine Demonstration gegen das 22. Bafög-Änderungsgesetz statt.

Nach der Einführung von Studiengebühren und der verschärften Selektion an den Gymnasien durch das 8-jährige Gymnasium soll jetzt der sogenannte Zweite Bildungsweg blockiert werden. Der vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf des 22. Bafög-Änderungsgesetzes sieht verschärfte Zugangsbedingungen für Abendgymnasien und Kollegs vor.
Entgegen der früheren Zugangsbestimmung, die für eine elternunabhängige Förderung eine mindestens dreijährige Berufstätigkeit, die ganz oder teilweise durch eine abgeschlossene Berufsausbildung ersetzt werden konnte, vorsah, soll jetzt nur noch elternunabhängig gefördert werden, wer 5 Jahre einen Beruf ausgeübt oder nach 3 Jahren Berufsausbildung 3 weitere Jahre gearbeitet hat. Neben dem Einkommen und Vermögen der Eltern wird z. B. auch Einkommen und Vermögen des Ehegatten in die Berechnung miteinbezogen.

Für viele Schülerinnen des Zweiten Bildungswegs wäre diese Gesetzesänderung das Aus für ihre Zukunftspläne. Und deshalb sind am 26. Juni in Stuttgart SchülerInnen mehrerer Einrichtungen des Zweiten Bildungswegs aus Baden Württemberg auf die Straße gegangen, um ihren Unmut darüber zum Ausdruck zu bringen. Unterstützt wurden sie dabei von einigen LehrerInnen. „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut“ skandierten die ca. 150 Demonstranten als sie während der Schulzeit durch die Stuttgarter Innenstadt zogen. Bei der anschließendenden Kundgebung in der Nähe des Landtags wurde Tacheles geredet über die Politiker, die keine Ahnung haben, was es bedeutet, unter den heutigen Bedingungen das Abi nachzuholen. Für die meisten bedeutet es ein Leben unterhalb des Hartz IV-Niveaus. Mit 350 bis 500 Euro im Monat müssen sie über die Runden kommen. Davon gehen noch 60 Euro Schulgeld für den privaten Träger ab. Ein Lehrer-Kollege wies darauf hin, dass es für die Schüler nicht der zweite Bildungsweg sei, sondern der erste. Es gab bisher keinen anderen für sie. Besonders betroffen sind dabei auch ImmigrantInnen. Im dreigliedrigen Schulsystem wurden sie ausselektiert und nutzen deshalb relativ häufig die Kollegs als ihre einzige Chance für den Zugang zur höheren Bildung. Viele Azubis, die nach der Lehre nicht übernommen werden, entscheiden sich ebenfalls für das Nachholen des Abis anstatt für die Arbeitslosigkeit. Durch die Zugangsbedingung von fünf Jahren Berufstätigkeit werden die Ausgelernten von den Türen der Bildungseinrichtungen ab- und Hartz IV zugewiesen. „Das Bafög soll ein Ausbildungsförderungsgesetz sein. Aber wenn die Änderung durchkommt, ist es ein Ausbildungsverhinderungsgesetz“, empörte sich ein Lehrer bei der Kundgebung. Solidarische Unterstützung bekamen die Kolleg-SchülerInnen von der linken Hochschulgruppe der Uni Stuttgart. Eine Studentin wies in ihrem Grußwort darauf hin, dass der Kampf gegen Studiengebühren und um das Bafög der gleiche Kampf ist und gemeinsam geführt werden sollte. Sie verwies darauf, dass dieser gemeinsame Kampf im nächsten Semester eine reale Perspektive ist.
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