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Erinnerung an Cemal Kemal Altun

Fotos: Manfred Kraft © Umbruch Bildarchiv, Berlin
Am 30. August 1983 starb Cemal Kemal Altun. Der türkische Student und Sozialdemokrat war bereits als politischer Flüchtling anerkannt. Dennoch befand er sich seit 13 Monaten in der JVA Moabit in Auslieferungshaft, weil der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten gegen die Anerkennung geklagt und die Türkei ein Auslieferungsbegehren an die BRD gestellt hatte. Am 30. August 1983, dem zweiten Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Berlin, rannte Kemal Altun zum Fenster und stürzte sich aus dem 6. Stock in die Tiefe. Er wurde 23 Jahre alt. Die Erschütterung und Empörung über den Umgang mit Cemal Kemal Altun war groß. Tausende Menschen demonstrierten noch am gleichen Abend in einem Schweigemarsch durch Berlin und begleiteten den Trauerzug anläßlich der Beerdigung von Kemal Altun am 4. September 1983. Sie forderten uneingeschränktes Asylrecht für politisch Verfolgte und menschenwürdigen Umgang mit Asylsuchenden. Bildgalerie ansehen (20 Fotos)
Seit Juni 1996 erinnert ein Denkmal vor dem Gebäude des damaligen Verwaltungsgerichts an die Tragödie des Cemal Kemal Altun. Es ist aus hartem Granitstein und zeigt einen kopfüber herunterstürzenden Menschen mit ausgestreckten Armen. Es erinnert auch an 25 Menschen, die sich seit der Änderung des Grundgesetzes (faktische Abschaffung des Asylrechts) im Jahre 1993 aus Angst vor der Abschiebung umbrachten.1

Zum Gedenken an Kemal Altun fand am 30. August 2013 eine Kundgebung am Denkmal in der Hardenbergstraße 21 statt. WegbegleiterInnen und UnterstützerInnen von damals beschrieben noch einmal die mörderische Maschinerie, in die Altun geraten war und forderten menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen und Asylsuchenden ein. MusikerInnen der Gruppe "Lebenslaute" begleiteten die Veranstaltung mit klassischen Instumentalstücken und kritischen Gesängen ("Was ist der Mensch ohne einen Pass"; "Slogans for Rights"). Zu der Kundgebung hatten der Berliner Flüchtlingsrat, Rassismus tötet, die Initiative gegen Abschiebehaft, Allmende, Pro Asyl und die Internationale Liga für Menschenrechte aufgerufen. Hier einige Bilder der Veranstaltung.


1 10 Jahre nach Kemal Altuns Tod verlieren die meisten Flüchtlinge die Chance, überhaupt einen Asylantrag in Deutschland zu stellen. Am 1. Juli 1993 führte der Bundestag die sog. „Drittstaatenregelung“ und das Konzept der „sicheren Herkunftsländer“ ein. Seitdem können Menschen, die in ihrem Herkunftsland zwar politisch verfolgt werden, aber über einen "sicheren" Drittstaat einreisen, ihr Recht auf Asyl nicht mehr geltend machen. Sie werden in das angeblich „sichere“ Land zurückgewiesen.




Zu den Fotos von Manfred Kraft, Umbruch Bildarchiv Berlin



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