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Nokia: Boykottieren und Verhandeln statt kämpfen wie bei Opel?

Die "WAZ" fasst den aktuellen Stand zusammen: So lange die Verhandlungen mit der Konzernspitze laufen, werde es keine Arbeitsniederlegungen geben, sagte Ulrike Kleinebrahm von der IG Metall Bochum. "Aber wir brauchen die Belegschaft bloß antippen, dann steht sie." Betriebsrat und IG Metall rufen für Dienstag zu einem Aktionstag mit Demonstration und Großkundgebung in Bochum auf, in die möglicherweise auch die europäischen Nokia-Standorte eingebunden werden sollen.

Wenn "in Bochum das gleiche Kostenniveau wie in Ungarn" (MP Rüttgers in WDR) erreicht wird, soll nochmals über die Verlagerung nachedacht werden. Konkurrenz statt Solidarität lautet also die Ansage. Obwohl Nokia in Bochum als eines der durchoptimiertesten Werke gilt, soll noch mehr an der Ausbeutungsschraube gedreht, damit die Löhne gesenkt werden. Das würde natürlich dem Nokia Vorstand reinlaufen. Bei keinem einzigen Fall hatte dieses Konzept außer vollen Kassen für die Unternehmer und Aktionäre für die Belegschaften etwas gebracht. Eines der letzten Beispiele in dem Zusammenhang war der Fall Siemens / BenQ, wo Siemens nach Optimierung des Werkes den Laden an BenQ verscherbelte und vorher noch die Belegschaft zu Lohnverzicht und unbezahlter Verlängerung der Arbeitszeit von 35 auf 40 Stunden bewegte.
Zahlen sollen die Beschäftigten und so den Nokia Aktionären noch einen Extraprofit einbringen?

Die durch die bürgerlichen Medien und Politiker zur Zeit meistfavorisierte "Möglichkeit" es Nokia zu "zeigen" ist der Vorschlag, Nokia Handys zu boykottieren. Was aber bringt ein Boykott? Sich wirksam für die Arbeitsplätze bei Nokia einsetzen wollen viele Menschen. Darin unterscheiden sie sich deutlich von vielen Politikern, die - angeblich aus Protest - ihre Nokia-Handys zurückgeben wollen. "Was Nokia in Bochum vorhat, ist eine Riesensauerei", sagte beispielsweise der als Arbeiterführer bekannte SPD-Fraktionschef Peter Struck der "Bild"-Zeitung, der bekannten Antistreikzeitung des Monopolkapitals.

Was sind eigentlich die Alternativen zu Nokia? rf-news listet sie auf:
&bull Samsung (mit 14,5 Prozent auf dem zweiten Platz bei den weltweiten Marktanteilen der Handy-Produzenten - nach Nokia mit 38,1 Prozent), hat allein im dritten Quartal 2007 im Konzernbereich "Electronics" 2.379 Arbeitsplätze vernichtet, während der Umsatz bei der Handy-Produktion um 11 Prozent auf 12,55 Milliarden Euro stieg.

&bull Motorola, mit 13,1 Prozent Weltmarktanteil drittgrößter Hersteller, hat seine Belegschaft im letzten Jahr sogar um 3.500 Stellen bzw. 11,4 Prozent verringert. Durch die Vernichtung von weiteren 4.000 Arbeitsplätzen bis Ende 2008 sollen 600 Millionen US-Dollar "eingespart" werden.

&bull Sony Ericsson (gegenwärtig 9 Prozent Weltmarktanteil), im Oktober 2001 aus der Fusion der schwedischen Firma Ericsson mit der Handy-Sparte des japanischen Sony-Konzerns entstanden, steigerte seinen Umsatz im letzten Jahr von 10,959 auf 12,916 Milliarden Euro, während die Beschäftigtenzahl weltweit von 7.500 auf 7.000 reduziert wurde. Bereits im Zuge der Fusion waren bei Ericsson über 20.000 Arbeitsplätze vernichtet worden.
Man hat also die Wahl zwischen Teufel und Belzebub. Klar, daß "BILD" & Co. damit keine Probleme haben. Wie sich die bürgerlichen Medien und Politiker bei Streiks, gerade auch bei "selbständigen" verhalten, ist hinreichend bekannt.

Ausgerechnet die NRW SPD hat denn auch eine Onlineunterschriftensammlung gestartet unter der alten Leier: "Wir wollen nicht Marktwirtschaft pur, sondern soziale Marktwirtschaft." Wieviele Arbeitsplätze bei Kohle und Stahl wurden eigentlich unter der SPD Regierung vernichtet?

Auch die Linkspartei in NRW hat mit einer Sammlung begonnen, in der unter anderem auch Nokia aufgefordert wird, "seine soziale Verantwortung wahrzunehmen und die mit 88 Millionen Euro geförderten Arbeitsplätze zu erhalten" und "soziale Gerechtigkeit" gefordert wird. Welche soziale Gerechtigkeit soll ausgerechnet von den Verursachern der Arbeitsplatzvernichtung gefordert werden? Die der knapp 1,3 Millionen Hartz IV Empfänger? Diese "soziale Gerechtigkeit" wird ein Großteil der KollegInnen in einem Jahr erfahren, wenn es nicht gelingt, die Arbeisplätze zu erhalten. Nichts gegen eine vernünftige Unterschriftensammlung, wenn sie nicht den Blick verstellt auf die Ursachen und hilft, eine tatsächliche Solidarität zu entwickeln und zu verbreiten.

Der vielversprechendste Weg ist der des Kampfes um jeden Arbeitsplatz, mit dem beispielsweise die Bochumer Opel Kollegen 2004 die Schließung des Standortes verhinderten. Möglichkeiten über diesen Weg mit anderen Belegschaften zu beraten gibt es mit der morgigen Kundgebung. Hierzu ruft die IG Metall Bochum zur Demonstration und Großkundgebung auf. Die Demonstration wird um 5 vor 12 ab dem Nokia-Werk in Bochum, Meesmannstraße 103 beginnen.

Darüber hinaus muß die Frage einer gesellschaftlichen Perspektive abseits von Ausbeutung und Unterdrückung gestellt werden. Hier und heute bleibt den Belegschaften dieser Welt ansonsten immer nur der ständig neue Kampf gegen ganz normale kapitalistische Auswirkungen.

Bei Nokia steht der Mensch im Mittelpunkt

Das Zitat des Monats:
Teamgeist, Respekt vor dem Einzelnen, Fairness und offene Kommunikation sind bei Nokia gelebte Werte. Unsere Mitarbeiter haben diese Einstellung in ihrer täglichen Arbeit in höchstem Maße verinnerlicht.
Quelle

Dokumentiert: Solidaritätserklärung mit der Bochumer Nokia Belegschaft

Aus aktuellem Anlass:

IG Metall Vertrauensleute Festo AG & Co Esslingen 18.01.2008

Solidaritätserklärung mit der Bochumer Nokia Belegschaft

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir haben von der beabsichtigten Schließung Eures Werkes in Bochum gehört. Dadurch sollen bei Euch über 2300 Arbeitsplätze und bei Zulieferern nochmals 2000 Arbeitsplätze vernichtet werden. Ein großer Teil der Betroffenen sind Frauen. Für Bochum sind diese Pläne eine Katastrophe.

Noch um die Weihnachtszeit herum musstet Ihr Sonderschichten fahren, jetzt kommt für Euch unvermittelt die Ankündigung, das Werk zu schließen und die Fertigung nach nach Cluj in Rumänien und Komárom in Ungarn zu verlagern. Mit dem fadenscheinigen "Argument" der "Sicherung von Arbeitsplätzen" wurden Euch in den letzten Jahren in erster Linie Zugeständnisse abgepresst. Auch bei uns soll die Belegschaft mit der Begründung: "Investitionen im Ausland sichern Arbeitsplätze im Inland" gespalten und vom Kampf um ihre Arbeitsplätze abgehalten werden. Wie bei Euch geht es auch bei uns den Vorständen nur um höhere Profite, der Mensch zählt nichts.

Führende Politiker heucheln jetzt ihre "Empörung" angesichts des "Mißbrauchs" von weit über 60 Millionen Euro Fördergeldern durch den Konzern - dabei wurde diese Abzocke ja gerade durch die herrschenden Parteien erst möglich gemacht.

Mit diesen Politikern kann es keine Gemeinsamkeit geben - mit anderen Belegschaften schon! 2004 hat mit den Opel Kollegen schon einmal eine Bochumer Belegschaft ein Signal gesetzt und den Plänen des Opel Vorstandes einen Strich durch die Rechnung gemacht. Für den damaligen Opelstreik konnten wir Vertrauensleute bei Festo über 1000 Euro unter unseren Kollegen sammeln und in die Solidaritätskasse überweisen. An dieses Beispiel gilt es anzuknüpfen, unsere Solidarität ist Euch sicher!

Kampf um jeden Arbeitsplatz auf Kosten der Nokia-Profite!

Mit solidarischen Grüßen,
Im Auftrag der IG Metall Vertrauensleute bei der Festo AG & Co Esslingen:
Heidi Lange
Andreas Loistl
Thomas Trüten


Für Dienstag, den 22. Januar 2008, ruft die IG Metall Bochum zur Demonstration und Großkundgebung auf. Die Demonstration wird um 5 vor 12 ab dem Nokia-Werk in Bochum, Meesmannstraße 103 beginnen. Weitere Hinweise zur Kundgebungsplanung folgen in den kommenden Tagen.

Nokia: Künstliche Entrüstung

In regelmäßiger Unregelmäßigkeit "erschüttern" uns die Medien mit der immer gleichlautenden Hiobsbotschaft, wonach ein renommiertes Unternehmen schließt, Teile der Produktion verlagert oder sich der Automatisierung bedient. Arbeitsplätze, so heißt es dann, fallen weg oder werden rationalisiert. (Ratio: Vernunft also. So gibt man dieser unliebsamen Tat einen Anstrich vernünftigen Handelns.) Beileibe sind die Firmennamen, die solche Aufmacher zieren, Schall und Rauch; austausch- und ersetzbar - heute ist es Nokia -, lediglich die Größenordnung der wegfallenden Arbeitsplätze variiert. Gleichfalls ist das Verhalten, mit dem die Öffentlichkeit diesem Zirkus begegnet, eine ebenso regelmäßige Institution geworden: Man verurteilt, erhebt den moralischen Zeigefinger und ruft nach dem "Heilsbringer Politik".

Und da stampfen sie dann auf, die politischen Herrschaften, sprechen von Verantwortung - je nach Parteicoleur von nationaler oder gesellschaftlicher Verantwortung -, erdichten sich Trugbilder, wonach ein Unternehmen auch mal großzügig sein muß, und den Profit nicht zum alldominierenden Leitsatz der Firmenpolitik machen darf; ermahnen den "vaterlandslosen" Unternehmer, er solle sich an die Segnungen erinnern, die ihm der Bund, die Länder oder Kommunen haben zukommen lassen; und natürlich sollen auch die fleißigen Mitarbeiter nicht vergessen werden, die man jetzt so schimpflich im Stich läßt.

Freilich klingt dies vernünftig und für einen kurzen Moment könnte man an das edle Motiv solcher Zeitgenossen glauben, wenn sie versucht sind, den Erwerb so vieler Menschen zu retten. Und doch darf man nicht vergessen, daß es eben genau diese Herrschaften sind, die ihr unumstößliches Ja zum freien Markt geben, die sich gerne - dem Kapitalismus treu wie sie sind - um Reformen bemühen, die die Zügellosigkeiten der Arbeitsgeber beflügeln. Nein, konkrete Schuld läßt sich nicht zuschieben. Im aktuellen Falle - Nokia - ist die Ursache der Verlagerung nicht in der Reformiererei zugunsten eines radikal-freien Marktes zu suchen, aber zu geistigen Vätern, die die Unersättlichkeit der kapitalistischen Produktionsweise immer wieder bejahen, machten - und werden sich weiterhin machen - sich diese Zeitgenossen schon.

Es ist einfach zu kurz gedacht, in den Rüttgers' und Strucks die Retter der Arbeitnehmer zu sehen. Dem Wesen des Kapitalismus entsprechen die Aktionen und Reaktionen der Unternehmen, die uns mit Hiobsbotschaften traktieren. Der Profit ist das Maß und wenn man billiger, schneller und in höheren Stückzahlen fertigen kann, dann ist es systemgemäß, sich dahingehend unternehmerisch zu bewegen. So haben die Reformen - die den bedauernswerten Namen Hartz-Reformen tragen - erst ermöglicht, daß Unternehmen Hungerlöhne bezahlen, die dann von der Allgemeinheit aufgestockt werden. Und dann stellen sich die Befürworter dieser Gesetze vor die Werkshallen und predigen einen generösen, sanftmütigen, ja geradezu romantischen Kapitalismus. Erst füttern sie die Bestie - mal materiell mit Gesetzen, mal ideologisch mit der unumstößlichen Bejahung des freien Marktes - und dann wundern sie sich, wenn sie einem gefährlich wird.

Nein, hier vollziehe ich keine Abkehr von meinem Denken. All dies soll nicht den Kapitalismus rechtfertigen. Aber diese ethische Diskussion ist sinnlos, weil sie innerhalb des kapitalistischen Systems geführt wird. Da versucht man also, indem man die Romantik des freien Marktes anstachelt - den Unternehmer zu verantwortungsvoller Großzügigkeit und Standorttreue drängt -, an den Symptomen des Systems herumzumurksen. Dem System selbst begegnet man aber mit Nibelungentreue, daran ist keine Kritik festzumachen. Innerhalb des freien Marktes ist kein Platz für Ethik, daher ist auch jede ethische Diskussion seitens der Apologeten des Marktes nichts anderes als ein Ablenkungsversuch. Gerade so, als gäbe es innerhalb der "einzigen Alternative" - so sieht sich der Kapitalismus selbst - doch eine edle, reumütige, verantwortungsvolle Konzernleitung. Die künstliche Entrüstung will den Unternehmer in die Verantwortung nehmen, damit die globale Politik aus dem Schneider ist. Und wenn man nur oft genug wiederholt, daß der Unternehmer Verantwortung hat, dann wird er zwar nichts am seinem Verhalten ändern, aber die Menschen innerhalb des freien Marktes glauben weiterhin daran, daß es edlere Motive als den Profit und den Shareholder Value gibt.

Auch hieran läßt sich messen, wie weit sich sogenannte "sozialistische Parteien" hierzulande mit dem Kapitalismus arrangiert haben. Auch DIE LINKE äußert sich in diesem engen Rahmen eines "alternativlosen" Systems und träumt - so scheint es - von der Möglichkeit, einen romantischen Kapitalismus zu schaffen, den man dann den neosozialistischen Stempel aufdrücken kann. Alternativen zum System scheinen auch die "Sozialisten" nicht mehr zu kennen; sie wollen ein wenig an der Sache herummodeln, abändern. Aber wirkliche Veränderung, neue Strukturen: Davon wollen auch sie nichts wissen.

Geschrieben von Roberto J. De Lapuente am 17.1.2008, Erstveröffentlichung unter Links rum!

Nokia: Die Furcht vor der Solidarität...

Abseits der von führenden Politikern geheuchelten "Empörung" angesichts der Abzocke durch Nokia - diese wurden ja gerade durch die herrschenden Parteien erst möglich gemacht - zeigt sich immer mehr die eigentliche Angst vor der Solidarität gegenüber der Bochumer Nokia Belegschaft, deren Arbeitsplätze vernichtet werden sollen:

Solidarität hat eine Heimat, aller Internationalisierung zum Trotz: Wo sonst als im Ruhrgebiet ist es denkbar, dass sich Opelaner (Autobau), Mitarbeiter von Thyssen-Krupp (Stahl), Steilmann (Textil) oder Hoesch Spundwand mit Macht an die Seite der von Entlassung bedrohten Handybauer stellen? Nokia bläst der Wind mächtig ins Gesicht, und man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen: Das ist erst der Anfang.
Zitat: WAZ via juraforum

Der Furcht vor Solidaritätsstreiks, wie laut "junge Welt" vom Opel Betriebsrat für den Fall der Schließung von Nokia beschlossen wurden, folgt natürlich gleich die Drohung:

Ob alles klug und durchdacht ist, was manche nun in der ersten Empörung über die finnische Verlagerungsaktion sagen und ankündigen, ist freilich fraglich. Sollten die Opelaner in Bochum tatsächlich aus Solidarität die Bänder stoppen, entstehen Kollateralschäden, die wiederum Arbeitsplätze bedrohen.
Zitat: WAZ via juraforum

Den Betriebsräten sind rein rechtlich in Sachen Aufruf zu Streiks in Deutschland sehr enge Grenzen gesetzt. Diese zeigten sich beispielsweise bei Panasonic in Esslingen. Betriebsräte sind nach dem Betriebsverfassungsgesetz grundsätzlich verpflichtet, „Betätigungen zu unterlassen, die den Arbeitsablauf oder den Betriebsfrieden beeinträchtigen“. Auch Arbeitskampfmaßnahmen sind den Räten nach Paragraph 74 Abs. 2 des Gesetzes ausdrücklich untersagt.
Die Verbote beziehen sich auf den Betriebsrat als Institution und Betriebsratsmitglieder als Amtsträger. Gewerkschaftlich organisierte Mitglieder eines Betriebsrats dürfen sich aber als Gewerkschaftsmitglieder an der Organisation eines von der Gewerkschaft einberufenen Streiks beteiligen. Ein Streikaufruf des Betriebsrats als solcher ist jedoch –“ nach dem Gesetz –“ rechtswidrig.

Hinzu kommt: In der BRD gibt es kein vollständiges, allseitiges und gesetzliches Streikrecht:
In Deutschland gibt es im Gegensatz zu anderen Ländern kein eindeutiges 'Gesetz über Arbeitsverhältnisse' oder ähnliches, in dem das Streik- oder Arbeitskampfrecht geregelt ist. Auch gibt es kein "Streikgesetzbuch".

Das Streikrecht wird vielmehr aus Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz abgeleitet.

Die darin verfasste sogenannte "Koalitionsfreiheit" beinhaltet auch das Recht der Koalitionen (Arbeitgeberverbände oder Gewerkschaften), ihre Ziele mit den Mitteln des Arbeitskampfes durchzusetzen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht so schon immer entschieden. Aufgrund der weiteren Rechtssprechung und verschiedener Rechtsgrundsätze hat sich das deutsche Arbeitskampfrecht als reines Richterrecht weiterentwickelt.

Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern ist der sog. 'politische Streik' in Deutschland jedoch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verboten. Somit sind Arbeitskämpfe gegen Gesetze oder politische Entscheidungen in Deutschland - im Gegensatz zu Frankreich - nicht möglich.

So ist in der Europäischen Sozialcharta (Art.6 Ziff. 4) eine umfassende Streikgarantie festgelegt. Bereits im Februar 1998 hat das Ministerkomittee des Europarechts festgestellt, dass die Beschränkung von Streiks auf tarifliche Ziele nicht mit der europäischen Sozialcharte zu vereinbaren ist. Deutschland wurde wegen dieser Beschränkung gerügt.

Die Forderung nach einem „vollständigen, allseitigen und gesetzlichen Streikrecht“ zielt darauf ab, das Streikrecht abschließend gesetzlich zu regeln und auch politische oder andere Streiks zu ermöglichen.
(Zitat aus einem Antrag zum 21. Gewerkschaftstag der IG Metall)

Betroffene Belegschaften können und werden wohl kaum darauf warten, bis dieses Recht auf dem Papier durchgesetzt ist. Ein Kampf um die Arbeitsplätze bei Nokia und eventuelle Solidaritätsstreiks wären daher von Anfang an politisch und müsste gerade deshalb auf die Solidarität anderer Belegschaften aufbauen. Daß solche Kämpfe möglich sind zeigten nicht zuletzt die Belegschaften bei Opel oder auch die breite Solidarität, die zuletzt der Kampf der Lokführer erfuhr.

Dazu beitragen, daß sich eine solche Solidarität entwickelt kann dagegen jeder in seinem Umfeld, Nachbarschaft, Familie, an seinem Arbeitsplatz und seiner Gewerkschaft. Ein Aufruf zum Boykott von Nokia Handys ist dagegen wohl nur für Neukäufer eine Möglichkeit.

Verlassen müssen sich die Nokia Kollegen vor allem auf die eigene Kraft: Die nordrhein-westfälische Landesregierung will zusammen mit dem Betriebsrat, der Bochumer Oberbürgermeisterin und Vertretern der Landtagsparteien in den kommenden Tagen darüber beraten, wie die Herstellungskosten in Bochum auf das in Ungarn übliche Maß gesenkt werden könnten. Dafür seien Veränderungen im Betrieb, bei der Produktion und bei der Arbeitsweise der Mitarbeiter notwendig, meldet das "Handelsblatt". Sich darauf einzulassen, wer zu den niedrigsten Lohnkosten fertigt, führt in die Sackgasse und schützt die Profite.

Angesichts dessen, was bereits heute aus der Arbeit der Belegschaft an Profiten herausgezogen wird - der Lohnanteil an den Handykosten liegt bei unter fünf Prozent - ist eigentlich klar, daß der Kampf um die Arbeitsplätze auf Kosten dieser Profite geführt werden muss und nicht darum, Nokia neue steuerlich finanzierten Subventionen ins Gesäß zu blasen.

Nokia: Abkassieren und dann entlassen?

Die Vorgänge um die Vernichtung mehrerer tausend Arbeitsplätze bei Nokia zeigen, daß die Fördergelder für die "Ansiedlung" bzw. "Sicherstellung" von Arbeitsplätzen nichts anderes sind als ein Selbstbedienungsladen für die "notleidenden" Großkonzerne. Nach Informationen aus dem IG Metall ExtraNet stellt Nokia aus "Kostengründen" die Handyproduktion in Deutschland ein. Bis Mitte des Jahres soll das Bochumer Werk mit ca. 2.300 Beschäftigten geschlossen werden. Von der Werksschließung seien auch bis zu 1.000 Leiharbeiter betroffen, meldet die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung".
Der NRW Bezirksleiter der IG Metall Oliver Burkhard dazu in einer Presseerklärung:
"Das Werk in Bochum soll nicht geschlossen werden, weil es defizitär ist, sondern weil es der Gewinnsucht des Nokia-Managements nicht genügt: Das ist eine bodenlose Sauerei! Die Ankündigung des Nokia-Konzerns ist ein Schlag ins Gesicht der Menschen, die tagtäglich gute Arbeit am Standort Bochum machen. Die IG Metall wird sich diesen Plänen entgegenstellen und die Arbeitsplätze nicht kampflos aufgeben.“

Noch in diesem Quartal soll die Produktion in einem neuen Werk im rumänischen Cluj aufgenommen, ein Teil der bisherigen Massenfertigung in Bochum auf das Werk Komárom in Ungarn verlagert werden. Für Spitzenprodukte mit Bedarf an hoch qualifizierter Arbeitskraft ist die Verlagerung in das finnische Nokia-Werk in Salo geplant.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung will laut Handelsblatt prüfen, ob Nokia zu Rückzahlung von Fördergeld gezwungen werden kann. So habe Nokia 1999 Subventionen in Höhe von 17 Millionen Euro erhalten mit der Auflage, mindestens 2.856 Arbeitsplätze in Bochum sicherzustellen. Die Verpflichtung lief am 15. September 2006 aus. Das Ministerium schließe nicht aus, dass vor Ablauf der Frist die Zahl der Stellen darunter gelegen habe. Dann hätte das Unternehmen gegen die Förderbedingungen verstoßen. Dagegen führt der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete der Linken, Hüseyin Aydin im Artikel "Global Player bricht Zelte ab" aus, daß "Nokias Profitrate vor Steuern bei über 20 Prozent liegt. Nach Ablauf der vereinbarten Rückforderfristen mache die Firma »nun den Laden dicht«.Nokia begründet die Werksschließung damit, dass die Kosten in NRW zu hoch seien. Im WDR-Fernsehen nannte das Ministerpräsident Jürgen Rüttgers "Unsinn, nichts als Unsinn" und "unverständlich, unangemessen und nicht in Ordnung", meldet "tagesschau.de". Nokia-Vorstand Veli Sundbäck sagte, dass die Arbeitskosten in Bochum knapp zehnmal höher lägen als in Rumänien, räumte aber gleichzeitig ein, dass Arbeitskosten nicht einmal fünf Prozent vom Handy-Verkaufspreis ausmachen.
"Es ist überhaupt nicht nachzuvollziehen, dass ein Unternehmen, das hier so viel Geld verdient hat, den Standort schließt", so Ulrike Kleinebrahm von der IG Metall Bochum in der "Frankfurter Rundschau". Tja, warum eigentlich nicht? In Rumänien gibt es bestimmt auch Fördergelder...

Für mehr Sozialproteste!

Trotz der Übergabe von 67 000 Unterschriften für einen Bürgerentscheid gegen das Milliarden-Projekt "Stuttgart21", hält die Stadt an ihrer Linie fest, das Projekt um jeden Preis, ohne Mitspracherecht der BürgerInnen, durchzusetzen. Nicht nur das sorgte in Stuttgart in den letzten Wochen und Monaten für Proteste: Auch die Angestellten im Öffentlichen Dienst gingen gegen die, mit der Haushaltsplanung der Stadt einhergehenden, Kürzungen auf die Straße. Desweiteren waren in den vergangenen Wochen hunderte Beschäftigte aus dem Einzelhandel, sowie aus Kindergärten in Stuttgart aktiv. Das gerade begonnene Jahr verspricht bereits eine Reihe weiterer sozialer Proteste gegen weitere Umstrukturierungen und Kürzungen.

Zu diesem Thema ist hier ein Flugblatt der Stuttgarter "Initiative Sozialproteste" dokumentiert

"Wut und Entsetzen..."

Mit der Tarifeinigung beim Telekom Service der Deutschen Telekom AG und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vom 20. Juni 2007 sowie den (auch moralischen) Folgen für die BEschäftigten in anderen Branchen beschäftigt sich das "Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di"

Dafür haben wir nicht gekämpft - Stimmt mit NEIN!
„Wut und Entsetzen stand vielerorts den KollegInnen im Gesicht als ver.di-Funktionäre den Abschluss bei Versammlungen als annehmbaren „Kompromiss“ verkauften. „Ver.räter“ stand auf einem Transparent in Berlin bei der Bekanntgabe des „Ergebnisses“. Wenn dieses Ergebnis durchkommt, hat der Telekom-Vorstand sein Ziel erreicht, 500 bis 900 Mio. Euro einzusparen. Und das Ergebnis hat Signalwirkung für alle KollegInnen bei der Telekom, die noch mehr verdienen, für Arcor-Monteure und alle anderen Beschäftigten. Andere Konzerne werden dem Beispiel der Telekom folgen. Tarifdumping geht weiter (...) Wenn wir bei der Telekom bei einem Gewinn von über 3 Milliarden Euro für viel weniger Geld viel länger arbeiten sollen, was will ver.di dann erst den Beschäftigten von Betrieben, die Verluste ausweisen, zumuten?...“
Ausgabe Nr. 12 vom 26.06.2007

Siehe auch:
Zur Tarifeinigung bei der Telekom

"Verkommene Führung" von Daniel Behruzi, Junge Welt vom 25.06.2007

"Ver.di in Erklärungsnot" von Daniel Behruzi, Junge Welt vom 22.06.2007

Telekom-Seite im Labournet

8. bundesweiter Kongress der Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken

Gegen Entlassungen - für den Erhalt tariflicher und sozialer Standards!
Perspektiven und Kampfformen

Samstag 30.September 2006 von 11:00 bis 20:00 Uhr
Sonntag, 1.Oktober 2006 von 9:00 bis 13:00 Uhr

in Frankfurt/Main, DGB-Haus
Wilhelm Leuschnerstr. 69-77

Die Gewerkschaftsbewegung hat in diesem Jahr wichtige Erfahrungen gemacht:
Es gab einige lang andauernde Abwehrkämpfe in Metallbetrieben und
hartnäckige Streiks im Öffentlichen Dienst - sowohl gegen Verlagerungen und
Arbeitsplatzvernichtung, als auch gegen Arbeitszeitverlängerung und für den
Erhalt von tariflichen und sozialen Standards.
Trotz vielfach beispielhafter Aktions- und Streikführung und starker
Beteiligung der jeweiligen Belegschaften sowohl im Metall- als auch im
ver.di-Bereich konnten weder die Kämpfe um Sozialtarifverträge
Betriebsverlagerungen und Arbeitsplatzabbau verhindern noch konnten
Arbeitszeitverlängerungen und Aufweichung der Flächentarifverträge
vollständig abgewehrt werden.

Gleichzeitig hat der vom Kapital diktierte neoliberale Sozialstaatsabbau
neue Dimensionen erreicht:

Die Mehrwertsteuer wurde von 16 auf 19 % erhöht, das Hartz IV
Optimierungsgesetz bringt erhebliche negative Auswirkungen und
Verschärfungen für die Arbeitslosengeld II BezieherInnen. Weitere
eingreifende Veränderungen stehen in diesem Herbst in der Gesundheits- und
Rentenpolitik bevor.

Die gesellschaftliche Diskussion um einen Mindestlohn ist in Gang gekommen,
die Vorstellungen hierzu sind jedoch sehr unterschiedlich.
Die Regierung könnte sich einen Mindestlohn um 3,50 bzw. 5 EURO vorstellen!
Die Gewerkschaftsspitzen bringen es auf 7,50 Euro, die soziale Bewegung und
die Gewerkschaftslinken fordern mindestens 10 Euro.

All dies zeigt, dass trotz verstärkter Gegenwehr in den Betrieben und auf
der Strasse das allgemeine Kräfteverhältnis zwischen Lohnarbeit und
Kapital/Regierung bisher noch zu ungünstig ist, um den sozialen Kahlschlag
zu stoppen, geschweige denn wesentliche Verbesserungen für ArbeitnehmerInnen
durchzusetzen. Alles deutet darauf hin, dass die sozialen
Auseinandersetzungen im Rahmen der Globalisierung weiter an Schärfe zunehmen
werden. Denn tagtäglich werden von Regierung und Kapital neue Angriffe
vorbereitet!

Der Kongress setzt sich zum Ziel, einen Beitrag zur Stärkung der
gewerkschaftlichen Gegenwehr zu leisten.

Am Samstag stehen die Erfahrungen, Widersprüche und Schwierigkeiten aus den
jüngsten betrieblichen und tariflichen Auseinandersetzungen und die
Bedeutung dieser Kämpfe für die Gewerkschaftsbewegung im Mittelpunkt des
Kongresses.

Dazu sind KollegInnen aus folgenden Betrieben eingeladen und werden von
ihren Kämpfen berichten:

. Infineon München
. AEG Nürnberg
. CNH und JVC Berlin
. Uni-Klinik Essen / Duisburg
. Alstom-Power Mannheim
. Gate Gourmet Düsseldorf
. DaimlerChrysler Mettingen
. LTG Mailänder Stuttgart
. Hamburger Hafenbetriebe
. ver.di Stuttgart

Am Sonntagmorgen wollen wir versuchen, die Menschen, die aus der gleichen
Stadt oder der gleichen Region auf der Konferenz vertreten sind, zu
vernetzen. Sie sollen Gelegenheit bekommen, sich kennen zu lernen, um sich
über eine gemeinsame Arbeit vor Ort zu beraten. In einer Reihe von Städten
sind örtliche Foren der Gewerkschaftslinken aktiv. Wir wollen Beispiele und
Anregungen geben für die Arbeit von Foren der Gewerkschaftslinken.

Im Anschluss daran soll der Kampf gegen den sozialen Kahlschlag im
Vordergrund stehen: Der DGB hat Aktionen "zur Begleitung" der
"Reform"vorhaben der Regierung in diesem Herbst angekündigt.
In mehreren Großstädten sollen Demos stattfinden. Wir wollen diskutieren,
wie unser Beitrag aussehen kann, damit der DGB eben nicht nur die "Reformen"
begleitet und die Kollegen mal Dampf ablassen können. Wir wollen
diskutieren, wie Sozialabbau verhindert werden kann.
Mit welchen Zielen und Forderungen können wir eine breite einheitliche
soziale und gewerkschaftliche Bewegung herstellen?
Was brauchen wir für Aktionen und Kampfformen, um diese Ziele durchzusetzen?

Anmeldung bis 15. September

Anmeldungen und Rückfragen bitte an:
Hans Kroha
Telefon: 069/2569-1400
FAX: 069/2569-1419
e-mail: HKroha@t-online.de
Post: Max-Planck-Straße 64a, 63500 Seligenstadt


Weitere Infos unter:
LabourNet

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