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Die vielköpfige Hydra. Die verborgene Geschichte des revolutionären Atlantiks

Buchcover
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Endlich wieder verfügbar: Die amerikanischen Historiker Peter Linebaugh und Marcus Rediker beleuchten in ihrem international gefeierten Standardwerk die Ursprünge und den atemberaubenden Aufstieg des frühen globalen Kapitalismus im Gebiet des englisch dominierten Atlantiks vom Ende des 16. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, ohne den die Welt, wie sie heute ist, nicht zu verstehen ist.

Im Gegensatz zur gängigen Geschichtsschreibung stellen die Autoren die Perspektive der multi-ethnischen Proletarier, die der erlittenen Gewalt etwas entgegenzusetzen versuchten, in den Mittelpunkt ihrer Untersuchung. Es ist dies die Geschichte der verarmten Massen, der Seeleute und Sklaven, der Schuldknechte, der einfachen Frauen, der marginalisierten Arbeiter und Bauern. Sie treten hier als politische Subjekte in Erscheinung, anstatt als unberechenbare und politisch naive Masse abgetan zu werden, die den Gang der Geschichte durch plan- und hoffnungslose Revolten vorübergehend aufhielten.

Aus einer Fülle historischer Überlieferungen rekonstruieren die Autoren Aufstände, Streiks und Meutereien gegen das gewaltige Kolonialisierungs- und Siedlungsprojekt des Empire.

Landlose, Sklaven und Entrechtete entwickelten Formen kooperativer Widerständigkeit, ohne dass dabei Fragen von nationaler Herkunft, Hautfarbe oder Geschlecht eine bestimmende Rolle spielten. Die Deklassierten entwarfen durchaus eigene Entwürfe eines besseren Lebens.

In den Augen der Obrigkeit handelte es sich bei dieser unberechenbaren amorphen Unterschicht um eine »vielköpfige Hydra«, der für jeden abgeschlagenen Kopf zwei neue wuchsen.

Dieses außergewöhnliche und glänzend geschriebene Werk zeichnet die untergründige Geschichte des transatlantischen Empires nach und rückt die revoltierenden Heerscharen afrikanischer Sklaven, städtischer Proletarier, der Piraten und Ureinwohner der Karibik in den Mittelpunkt. Im angelsächsischen Raum gilt es als Klassiker der neueren Labor History. Im Jahr 2001 wurde es mit dem International Labor History Award ausgezeichnet.

Peter Linebaugh & Marcus Rediker

Die vielköpfige Hydra. Die verborgene Geschichte des revolutionären Atlantiks

Aus dem Englischen von Sabine Bartel

ISBN 978-3-86241-489-5 | 432 Seiten | Paperback | 24,00 €



Was mir heute wichtig erscheint #377

Verdoppelt: "Reicher Mann und armer Mann // standen da und sahn sich an. // Und der Arme sagte bleich: // »wär ich nicht arm, wärst du nicht reich«." Wie Recht Bertold Brecht damit hatte, zeigt eine Studie des Berliner Wirtschaftsforschungsinstituts DIW, welche die Einkommen von Beschäftigten unterschiedlicher Generationen untersucht. Die SZ hat das mal zusammengefasst. Kennt man alles mehr oder weniger, die Frage, was tun wird dann halt mit der ominösen "Erhöhung der Chancengleicheit" umschrieben. Wie denn in einer Klassengesellschaft?

Fortlaufend: "Geschichte wird gemacht. Und Geschichte wird auch ganz schön schnell wieder vergessen." Lena Herrnann bei kleinerdrei.org mit einem kurzen Abriß über einen Teil der Geschichte der Globalisierungsbewegung. Leider ohne perspektivischen Ausblick...

Verschlechterung: Die Bunderegierung brachte gestern einen Gesetzentwurf zur „zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ ein. "(...) die angekündigte Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete wird so gut wie keinem der Betroffenen zugute kommen. Stattdessen stellt dieses Gesetz die umfassendste Verschärfung des Asylrechts seit 1993 dar. Alle Flüchtlinge im Dublin-Verfahren, die in einem anderen EU-Land registriert sind, sollen in Abschiebungshaft gesperrt werden. Das betrifft gut ein Drittel aller Flüchtlinge.(...)" Dagegen ruft das Berliner Bündnis gegen Lager unter dem Motto "Stoppt die drohende Verschärfung des Asylrechts!" zu einer Demonstration am Freitag, 5. Dezember 2014, 14 Uhr, Potsdamer Platz in Berlin auf.

Unspektakulär: "Am Freitag ist Schluss. Dann läuft im Bochumer Opel-Werk das letzte Automobil vom Band, nach 52 Jahren Serienfertigung. 3.000 Beschäftigte machen einen Umweg über eine zweijährige »Transfergesellschaft« und stehen dann höchstwahrscheinlich auf der Straße. Damit hat wohl niemand gerechnet, dass die traditionsreiche Fabrik so sang- und klanglos abgewickelt würde. Auch das Management des Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM) hat stets so agiert, als würde es Krawalle fürchten. Zu Recht. Schließlich hat die Belegschaft in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder mit spektakulären Aktionen für Aufsehen gesorgt. Warum ausgerechnet dieses Mal nicht, obwohl sie nichts mehr zu verlieren hatte? (...)" Ein Erklärungsversuch von Daniel Behruzi in der Tageszeitung junge Welt.

Betrogen: "»Mall of Shame. Erbaut auf Ausbeutung«, steht auf einem großen Transparent vor dem neuen Einkaufstempel »Mall of Berlin«. Passanten bleiben stehen, lesen aufmerksam das Banner, einige nehmen Flugblätter entgegen, die von einer Gruppe Menschen verteilt wird. »FAU im Arbeitskampf« steht auf einer gelben Weste, die Bogdan Droma über seinen Anorak gezogen hat. Seit einer Woche steht er hier jeden Tag sechs Stunden in der Kälte und protestiert. Zusammen mit weiteren Protestanten und der Basisgewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU), die 20 rumänische Bauarbeiter bei ihrem Protest unterstützt, will Droma seinen ausstehenden Lohn einfordern. Er und die anderen Arbeiter haben monatelang auf der Baustelle geschuftet, wurden aber um einen Teil ihres Lohns betrogen. (...)" Mehr beim "Neuen Deutschland". oder auch bei der Berliner Zeitung. Undvor allem bei der FAU Berlin, die zu Kundgebungen aufruft, die Montag bis Freitag von 12-18 Uhr in der Voßstraße 10 stattfinden. Am Samstag den 6.12. soll es dann ab 14 Uhr am Leipziger Platz Berlin eine Protestdemo geben.

Geknackt: Die selbstorganisierte, europäische Bürgerinitiative „Stop TTIP“ erreichte letzte Nacht eine Million Unterschriften aus der gesamten EU. Dies entspricht der regulär erforderlichen Unterschriftenanzahl um eine europäische Bürgerinitiative (EBI) vor die EU-Kommission zu bringen. Die Unterschriften wurden selbstständig von über 300 vernetzten europäischen Organisationen gesammelt, da die Kommission zuvor das Einbringen einer offiziellen EBI abgelehnt hat. (Nach Presseinformationen der Priatenpartei Österreich)

Traumatisiert: "Wenn Brüste in Kirchen Traumata auslösen, gehört die Kirche vor Gericht, nicht die Besitzerin der Brüste". Beitrag von Marinelli zum Prozess gegen die Femen Aktivistin, die im Kölner Dom blank gezogen hatte. Wenig geschockt zeigte sich indessen Kardinal Meisner: "Ich habe so viel erlebt: erst die Nazizeit, dann die ganze kommunistische Zeit - da kann mich so was doch nicht schrecken." Kein Wunder, das tun andere: Das Verfahren gegen den Gottestdienstbesucher, der die Aktivistin nach ihrem Auftritt ins Gesicht geschlagen hatte, wurde derweil gegen eine Geldauflage von 500 Euro eingestellt.

Ungesühnt: "Wieder bleibt in den USA die Tötung eines Menschen durch Polizisten straffrei. Am Mittwoch (Ortszeit) entschied eine Geschworenenjury in New York, dass sich der Beamte, der im Sommer einen Unbewaffneten zu Tode gewürgt hatte, nicht vor Gericht verantworten muss. Daraufhin gingen in der Metropole Hunderte Menschen auf die Straße und skandierten »No justice, no peace« –“ Keine Gerechtigkeit, kein Frieden. Einige hielten Schilder mit der Aufschrift »Ich kriege keine Luft« in die Höhe. In einem Video des Vorfalls aus dem Juli soll Medienberichten zufolge zu hören sein, wie der im Schwitzkasten des Polizisten zu Boden gerissene 43jährige diese Worte rief. Der sechsfache Vater, der an Asthma erkrankt war, starb wenig später. Die Beamten hatten den Afroamerikaner gestoppt, weil sie vermuteten, er verkaufe illegal Zigaretten. (...)" »Ich kriege keine Luft« (junge Welt)

Entdeckt: "Zwei Journalisten der spanischen Tageszeitung El Mundo geben an, den Mörder des argentinisch-kubanischen Revolutionärs Ernesto Che Guevara ausfindig gemacht zu haben. Nach Angaben der Autoren Ildefonso Olmedo und Juan José Toro hatte der ehemalige bolivianische Militär Mario Terán Salazar Guevara hingerichtet, nachdem er im Oktober 1967 in einer gemeinsamen Aktion von US-Geheimdienstlern und bolivianischen Militärs festgenommen wurde. (...)" Mehr bei amerika21.de

Demaskiert: "Die "Spaziergänge" der "Patriotischen Europäer gegen Islamisierung des Abendlandes" wachsen weiter, wenn auch langsamer. Am 01.12.2014 waren es laut Polizeiangaben rund 7.500 Teilnehmer_innen. Allerdings gelang es erstmals auch, den Marsch mit Gegenprotesten zu stoppen und damit klar zu machen: Die rufen nur so oft "Wir sind das Volk", bis ihnen die demokratische Zivilgesellschaft vor Augen führt, dass sie eben doch nur eine möglicherweise verängstigte, aber für den sozialen Frieden gefährliche Minderheit sind. Interessant sind auch Details, die die Sächsiche Zeitung über Initiator Lutz Bachmann herausgefunden hat. (...)" Mehr beim Netz gegen Nazis

Repressionsinstrument: "(...) Hartz IV war das bisher erfolgreichste Mittel im Klassenkampf von Staat und Kapital gegen die Lohnabhängigen, um in großem Umfang Einkommensverteilungen durchzusetzen.
Die Jobcenter waren und sind die Repressionsorgane des Staates. Millionenfach haben die Jobcenter Sanktionen verhängt, den Lebensunterhalt und die Mietkosten gestrichen. Zigtausende sind dadurch obdachlos geworden. Hunderttausende wurden mit Strafanzeigen bedacht. Menschen wurde in den Jobcentern der aufrechte Gang gebrochen, zigtausende bekamen Depressionen, ja und viele haben sich umgebracht. (...)" Weiter beim Bremer Erwerbslosenverband (BEV): 10 Jahre Hartz IV –“ 10 Jahre Jobcenter via Syndikalismus

Warum die BRD noch immer ein Klassenstaat ist?

Ein im Jahre 1911 in einer IWW Zeitung veröffentlichtes Bild, das die bürgerliche Klassengesellschaft illustriert. Es basiert auf einem Flyer der "Union der russischen Sozialisten", der ca. 1901 erschien. Heute ist natürlich alles anders...
Im Presseklub am 26.5. kam es an den Tag: unser Staat bleibt immer noch ein Klassenstaat.

Zu Beginn schien alles so einig: Klar, so etwas wie Kohls Absage an den "Beileids" Kurs in Solingen kann es nie mehr geben. Wie hat sich doch Frau Merkel da ganz anders verhalten? Zur Eröffnung der NSU-Prozesse ein Beileid an alle Angehörigen. Sowas gehört sich doch auch.

Doch im Lauf des Gesprächs entfaltete sich eine noch viel größere Gemeinschafts-Gesinnung. Die Lage hat sich wirklich verändert seit der Zeit vor zwanzig Jahren. Aber warum? Weil die deutsche Wirtschaft inzwischen einige -!- Ausländer mehr braucht als vor zwanzig Jahren. Nur damit das neue Problem: Wie auslesen?

Griffig brachte jemand den Unterschied auf zwischen den Ausländern, die wir brauchen - und denen, die uns brauchen. Dass zwischen beiden angemessen und ausgemessen werden muss - das sollte doch klar sein. Die einen ins Kröpfchen, die anderen raus aus dem Töpfchen.Und damit das ganz Entscheidende: Maßstab für das Ganze bleibt nach wie vor der Ertrag. Um es noch deutlicher zu sagen: Die Fähigkeit Mehrwert zu schaffen.Und gerade darin zeigt sich, dass der deutsche Staat nach wie vor auf dieser Eintrittskarte beharrt. Und dass weiterhin - wie vor zwanzig Jahren - der Mehrwert zählt.

Erschütternd, dass diese Mehrwert-Kategorie inzwischen so eingebürgert, so selbstverständlich erscheint, dass sie mit keinem Wort erwähnt wurde. Insofern muss gesagt werden: der deutsche Staatsverband ist ein solcher, in dem die Wertkategorie nicht einfach als drückende Not aufgepflanzt worden ist, sondern sich als selbstverständliche Hürde einem jeden aufzwingt.

Und hier muss man den vier Versammelten - darunter Leyendecker von der SZ - einen Vorwurf machen. Das Schwert der Abwehr Unerwünschter wurde mit keinem Wort erwähnt. Das Schwert der willkürlichen Ausweisungen. Das Schwert der Lagerhaltung mit all seinen Konsequenzen. Das Schwert der Zweitklassierung auch gegen die lang schon Eingewanderten. Einfach weil sie erst seit zwanzig oder dreißig Jahren bei uns wohnen.

Gegengelesen zeigte sich: In der Behandlung der Einwanderer zeigt sich nur ein besonders abschreckender Teil der Gesamtlage. Es wird weiterhin jeder Proletarier nach seiner Chance des Mehrwertgewinns bewertet. Nur - leider - die meisten inländischen Proletarier erkennen diese Gemeinsamkeit nicht. Die ihre. Dass das Problem der Flüchtlinge sich nur lösen läßt, wenn sie selbst den Maßstab der Verwertungsmöglichkeit abwerfen können. Für sich und alle anderen.

Ein Presseklub jedenfalls, der dieser Erkenntnis sich am eindeutigsten widersetzte.
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