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IMI Kongress am 6./7. November 2010: EUropas Staatsbildungskriege: Zerschlagen - Umbauen - Dirigieren

Foto:
Ort: Schlatterhaus, Österbergstr. 2, 72072 Tübingen

Im Juli 2010 erklärte der Internationale Gerichtshof die Unabhängigkeitserklärung (nicht aber deren Anerkennung) der unter EU-Verwaltung stehenden serbischen Provinz Kosovo für rechtmäßig. Auch im Sudan wird sich im Januar 2011 der ölreiche Süden des Landes aller Voraussicht nach vom Norden abspalten –“ wiederum mit tatkräftiger Unterstützung der EU. Andere Regierungen werden von der Europäischen Union zugleich massiv gegen Rebellengruppen, Protestbewegungen und Sezessionsbestrebungen aufgerüstet. Richtschnur für diese Politik ist nicht das Völkerrecht, sondern die jeweilige Interessenslage, die eben im einen Fall Zerschlagung und Umbau, im anderen die "territoriale Integrität" eines Landes erfordert.

Generell stellen heutzutage Kriege nur eines von vielen –“ zudem kostspieliges –“ Mittel zur Durchsetzung wirtschaftlicher und strategischer Interessen dar. Der Auf- und Umbau von Staaten und deren dauerhafte Gängelung unter der Androhung von Zerschlagung gewinnt an Bedeutung. Die Europäische Union hat sich hierfür wie kein anderer weltpolitischer Akteur ein breites Instrumentarium zugelegt. Es reicht von der Nachbarschafts- und Beitrittspolitik, über Finanzinstrumente, Polizei- und Rechtsstaatsmissionen sowie Sicherheitssektorreformen bis hin zu "harten" Gewaltmittel wie EU-Battlegroups, schneller Eingreiftruppe und umfassenden Interventionen im Verband mit der NATO. Die meisten dieser Instrumente werden derzeit im „Europäischen Auswärtigen Dienst“ zusammengefasst.

Hiermit will die EU eine weltweit führende Rolle beim Umbau von Staaten, der dauerhaften Verwaltung nicht lebensfähiger Protektorate und notfalls auch der gewaltsamen Zerschlagung von Staaten und Regimen einnehmen. Das europäische Instrumentarium für „ferngesteuerte Bürgerkriege“ und die doppelten Standards im Umgang mit instabilen Regionen sowie die dahinterstehenden Interessen möchten wir beim diesjährigen IMI-Kongress herausarbeiten und Gegenstrategien diskutieren.


PROGRAMM

Samstag 6. November: 12h: Begrüßung

12h15-13h45
Tobias Pflüger:
The European Way of War: Staatsbildungskriege, doppelte Standards und die Abwicklung des Völkerrechts

14h00-15h45
Staatenbau mit "sanfter" Gewalt

-- Malte Lühmann: Ziele und Instrumente neoliberaler Außenpolitik
-- Martin Hantke: Die (Finanz-)Instrumente des Empire Europa
-- Jürgen Wagner: Eurosphere: Nachbarschafts- und Beitrittspolitik im "Großraum Europa"

16h15-18h00
Und bist du nicht willig... Europas militärischer Kontrollapparat

-- Arno Neuber: Eingreiftruppe - Battlegroups - Gendarmerie Force: Europas Militärapparat und seine multilaterale Einbettung
-- Claudia Haydt: "Robuste" Bevölkerungskontrolle: Repressionsinstrumente vom Drohneneinsatz bis zur gezielten Tötung
-- Jonna Schürkes: Sicherheitssektorreformen als Kontroll- und Besatzungstechnik

19h30-21h00
Martin Hantke:
Der Europäische Auswärtige Dienst: Ein State-Building-Instrument für eine imperiale Machtpolitik aus einem Guss


Sonntag 7. November

Staaten zerschlagen –“ Staaten bauen: Ein Projekt der Europäischen Union

9h30-10h30
Jürgen Wagner:
Völkerrechtlicher Amoklauf auf dem Balkan: Mit dem IGH-Gutachten in eine neue Ära der Sezessionskriege?

10h45-11h45
Claudia Haydt:
Sezession und (Nicht-)Anerkennung: Pulverfass Kaukasus

12h00-13h00
Christoph Marischka:
Von Desertec bis zum Golf von Aden –“ europäische Interessen, Sezession, Putsch und Anerkennung in West- und Ostafrika


13h15-14h30
Zusammenfassung und Ausblick: Internationalismus von unten statt Staatsbildung von oben

Aktuelle Informationen

Was mir heute wichtig erscheint #147

Abbruchstaat: "Wer nur wenig hat, dem wird auch das noch genommen." Lesenswerter Beitrag von Christoph Butterwegge bei den Nachdenkseiten, zu dem Kahlschlag bei den restlichen sozialen und politischen Errungenschaften, der in diesem Land bevorsteht.

Intern: Wie die Atomlobby den Wahlkampf manipulierte, berichtete der Spiegel. Via Netzpolitik findet sich der Link auf das von Greenpeace veröffentlichte Stategiepapier.

Notstand: Die Arbeiter von Daimler in Mettingen sollten am 16. September die Wagen des Aktionszugs „Klassenkampf statt Wahlkampf –“ Gegen den Notstand der Republik“ nicht zu sehen bekommen und schon gar nicht mit den Teilnehmern reden. Dazu organisierte der Werksschutz von Daimler sich die örtliche Polizei. Auf sein Geheiß versuchte diese, die Zufahrt zum angemeldeten Kundgebung des Zuges vor dem Werkstor zu sperren. "Arbeitern frei gegeben und Polizei geholt"

Kontakte: NPD-Blog.Info wie auch die "taz" berichten darüber, dass der mutmaßliche JN-Bombenbauer von Lörrach offenbar Kontakte zu Elitesoldaten der Bundeswehr hatte.

Autonom: Anlässlich der Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der Besetzung der Roten Flora findet in Hamburg ein Autonomer-Kongress am 26.09.2009 statt. Dabei dreht es sich unter anderem um die Frage: "Sind die Autonomen zu einer selbstbezogenen und selbstgenügsamen Sekte geworden, die von Außen nicht mehr greifbar und kritisierbar ist und sich deshalb der gesellschaftlichen Auseinandersetzung entzieht und somit auch in diese nicht mehr verändernd eingreifen kann. Ist der Begriff „Autonomie“ für die heutige politische/kulturelle Situation noch hilfreich? Wie setzten verschiedene politische Schwerpunkte (wie anti-Ra, anti-Fa, anti-Sexismus, anti-AKW, ...) diesen Begriff in ihren praktischen Kämpfen um?" (via)

Folgenlos: Ohne Folgen bleibt der Aufruf zu bestimmten Flashmobs. "Gib uns deine Handy-Nummer, und dann lass uns zu dem per SMS gesendeten Zeitpunkt zusammen in einer bestreikten Filiale, in der Streikbrecher arbeiten, gezielt einkaufen gehen“, hieß es in einem Aufruf der Dienstleistungsgewerkschaft verdi während des Einzelhandelsstreiks im Jahr 2007. Damals wurde um einen neuen Tarifvertrag im Niedriglohnsektor Einzelhandel gekämpft und die Gewerkschaft probierte neue Aktionsformen mit Bündnispartnern aus der sozialen Bewegung aus.
Der Aufruf hatte Folgen. So füllten im Dezember 2007 ca. 50 Personen in einem Supermarkt ihre Einkaufswagen, um dann bei der Kasse festzustellen, dass sie weder Geld noch Kreditkarte dabei haben.
Das Bundesarbeitsgericht hat am 22. September entschieden, dass solche Flashmobs Teil des Arbeitskampfs und damit erlaubt sind. Damit lehnte das BAG wie schon die Vorinstanzen eine Klage des Handelsverband Berlin-Brandenburg ab, der der Gewerkschaft den Aufruf zu Flashmobs verbieten lassen wollte. Telepolis
via redblog

Leermittelfreiheit: Zehn Cent für einmal Pinkeln: Weil Schultoiletten so verdreckt sind, bitten immer mehr Direktoren die Schüler zur Kasse. Wer mal muss, muss zahlen.

Zunahme:
Die Zahl der abgehörten Telefonanschlüsse und angezapften Privatcomputer ist erneut angestiegen. Klar, wenn es die entsprechenden Gesetze gibt, werden die auch genutzt. Natürlich nur bei den Buhmännern & Frauen wie Drogenhändlern und anderen Banditen. Dann ist das ja nicht so schlimm. Oder fehlt was? Ach so, die "genannten Zahlen beziehen sich allerdings nur auf die Abhörmaßnahmen auf Basis der Strafprozessordnung, also im Rahmen laufender Ermittlungs- und Strafverfahren wegen eines konkreten Verdachts auf eine Straftat. Abhöraktionen und Lauschangriffe der Polizei zu präventiven Zwecken sind hier nicht enthalten." Und: "Ebenso wenig enthalten sind die Eingriffe der Geheimdienste in das Fernmeldegeheimnis. Letztere werden auch nicht von der Justiz kontrolliert, sondern von der sogenannten G-10-Kommission des Parlaments (benannt nach Artikel 10 Grundgesetz, der das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis schützt)." Na dann...

Parallelen:
Ähnlich wie Opel will Russlands größter Autokonzern AvtoVAZ bis zu 27.600 Menschen entlassen. Darauf habe man sich mit der Gewerkschaft geeinigt, teilte der Lada-Hersteller am Donnerstag mit. Derzeit beschäftigt der Hersteller etwa 102.000 Mitarbeiter. Entwickeln sich dort gegen die Spaltung die entsprechenden notwendigen Kämpfe?

Solidarität: Zu einer Solidundgebung mit den Gegnern des Putsches in Honduras heute um 18:30h an der Hauptwache in Frankfurt/Main ruft die Gruppe Lateinamerika Popular auf. Von dort soll zum brasilianischen Generalkonsulat marschiert werden. ¡EL PUEBLO UNIDO JAMÁS SERÁ VENCIDO!

Ergänzung:
Zum meinem Beitrag "Zum Tod von Eduard Zimmermann" hier noch ein Verweis auf einen ergänzenden Beitrag in der "jungen Welt": "Kurzer Prozess - Wo sind die Denunzianten? Die Akte Eduard Zimmermann"

Wahlhilfe: Die "junge Welt" hat Frank Pott von der Anarchosyndikalistischen Jugend Berlin und Mitorganisator der Kampagne »Wir haben keine Wahl« zur selbigen befragt.

IMI-Kongress 2009: Krisenmanagement! "Sicherheitsarchitektur" im globalen Ausnahmezustand

Alles steckt in der Krise, auch die globalen Machtverhältnisse! In der Krise ist keine Zeit für Kontroversen, es muss schnell und entschieden gehandelt werden, es muss ein Management von Risiken stattfinden, Frühwarnsysteme und Krisenreaktionskräfte werden eingerichtet. Es wird Sicherheitsforschung betrieben, um gegen mögliche Bedrohungen von Morgen gewappnet zu sein und es werden "scheiternde" Staaten durch Ausbildung und Ausrüstung ihrer Sicherheitsorgane stabilisiert. Nicht zuletzt machen zukünftige Aufstände und Katastrophen es notwendig, die Bundeswehr im Innern einzusetzen, Polizei und Katastrophenschutz zu militarisieren. So stellen es zumindest die Herrschenden dar, die das Krisenmanagement als Regierungsform für sich entdeckt haben. Die Informationsstelle Militarisierung möchte diese Tendenzen auf ihrem Kongress im November 2009 analysieren und hinterfragen.

IMI-Kongress 2009: Krisenmanagement! "Sicherheitsarchitektur" im globalen Ausnahmezustand.
21./22. November 2009 in Tübingen.


Das Programm:

Auftaktveranstaltung am 20.11.2009 ab 19:00 VoKü, ab 20:30 Vortrag, danach Kneipe
Söldner, Lager, Bürgerkrieg: Krisenmanagement in Afrika
Kevin Gurka, Jonna Schürkes, Christoph Marischka
Ort: Hausbar der Schellingstrasse 6
http://www2.schellingstrasse.de/schelling/index.php?id=58


SAMSTAG, 21.11.2009 AB 12:00 Uhr
Ort: Deutsch-Amerikanisches Institut (D.A.I.), Karlstrasse 3
http://www.dai-tuebingen.de/de/index.php?sec=kont&cat=anfahrt

Begrüßung

12:30-14:00 Uhr
Ökonomie, Krise und Krieg
Elmar Altvater

14:30-16:00 Uhr
Neue Mächte –“ neue Kriege? Globale Machtverschiebungen im Kontext der Krise
Jürgen Wagner

16:30-18:00 Uhr
Boots on the Ground: Ausbildung und Ausrüstung von Soldaten in Drittstaaten
Jonna Schürkes

Pause & Imbiss

19:30-21:00 Uhr
Risikobevölkerungen, Lagebilder und Prävention - Krisenmanagement als Regierungstechnik
Christoph Marischka


SONNTAG, 22.11.2009 AB 10:00 Uhr
Ort: Deutsch-Amerikanisches Institut (D.A.I.), Karlstrasse 3
http://www.dai-tuebingen.de/de/index.php?sec=kont&cat=anfahrt

10:00-11:30 Uhr
Militarisierung von Forschung und Lehre
Mechthild Exo, Sarah Nagel (angefragt)

11:45-13:15 Uhr
Militärischer Heimatschutz: Neue Sicherheitsarchitektur für den alltäglichen Ausnahmezustand?
Rolf Gössner

13:30-15:00
Repression gegen soziale Bewegungen in Zeiten der Krise
Tobias Pflüger, Rolf Gössner, Hedwig Krimmer u.a.

Der Kongress endet am Sonntag am frühen Nachmittag.


Die Teilnahme am IMI-Kongress ist wie immer kostenlos, Spenden sind jedoch willkommen. Für Snacks und Getränke ist gesorgt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, die IMI kann Übernachtungsmöglichkeiten in begrenztem Umfang vermitteln und freut sich auf Ihr/Euer Kommen.

Mehr Informationen: www.imi-online.de
Für Rückfragen, Übernachtungsmöglichkeiten etc.:
Email: imi@imi-online.de
Tel.: 07071 49154

Wer gewinnt die letzte Schlacht? Wir!

Von Freitag bis Sonntag luden der Studieren- und der Jugendverband der Linkspartei, Die Linke.SDS und linksjugend ['solid], nach Berlin zum 68er Kongress, um die Debatte über 40 Jahre 1968 "von links zu besetzen und neue Perspektiven einzubringen". Der Kongress stand unter dem Motto "Die letzte Schlacht gewinnen wir" (taz: "Zitat aus dem plattesten Agitprop-Stück, das die Band Ton Steine Scherben jemals fabriziert hat").



Zwei Stunden vor Veranstaltungsbeginn, und nicht während der Veranstaltung, wie die FR behauptete, kam es zu einer kleinen Protestaktion einiger junger Rechter aus dem Umfeld der Jungen Freiheit und des Instituts für Staatspolitik. Da zu diesem Zeitpunkt noch kaum einer der 1600 Konferenzteilnehmer an der Humboldt-Uni war, verlief sich dieser Protest. Trotzdem versuchte die JF, die man nach einem Gerichtsbeschluss nicht als rechtsextrem bezeichnen darf, diese Aktion als Erfolg zu verkaufen.







In knapp 70 Veranstaltungen, von Diskussionen über Textseminare bis Workshops und Aktionstraining, wurden nicht nur historische Aspekte der Proteste von 1968 thematisiert und den "guten alten Zeiten" nachgetrauert.



So konstatierten der Berliner Stadtsoziologe Andrej Holm und der Psychologieprofessor Morus Markardt einen Rückgang der Mittel für die kritische Lehre an deutschen Hochschulen. Vielfach wurde auf die Notwendigkeit des außerparlamentarischen Kampfes hingewiesen. Als beispielhaft gelten hier die Studierendenproteste in Hessen. Erst sie machten es möglich, dass Anfang Juni der hessische Landtag die Abschaffung von Studiengebühren beschließen wird. Sybille Stamm von ver.di Baden-Württemberg verwies ebenfalls auf diese Notwendigkeit hin. Auch die Gewerkschaften müssten sich mit neuen Protestformen beschäftigen. Dabei verwies sie auf eine erfolgreiche Flashmob-Aktion in Stuttgart im Zuge der Tarifauseinandersetzungen im Einzelhandel.



Katharina Volk, Geschäftsführerin von Linke.SDS: "Eine neue Generation, die gegen den G8-Gipfel protestiert oder wie in Hessen die Autobahnen blockiert hat, um Studiengebühren zu verhindern, sind auf der Suche nach dem notwendigen theoretischen Werkzeug, um die Gesellschaft zu verändern. Ab nächstem Semester starten wir bundesweit eine Kapital-Lesebewegung. Überall wird kritische Theorie abgebaut –“ wir wollen dagegenhalten und Marx an jede Hochschule bringen".



Bei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein bot der Innenhof einen weiteren Ort zum Diskutieren und Entspannen. Dort fand auch die Versorgung durch die Volxküche “Food for Action– statt, die Einnahmen fließen in die §129a-Solikampagne.



Im Anschluss an die Konferenz zog am Sonntag Nachmittag eine kleine Spontandemo von der HU zum Brandenburger Tor und zurück. Dabei wurde die ehemalige kaiserliche Paradestrecke „Unter den Linden“ symbolisch in „Rudi-Dutschke-Straße“ umbenannt, getreu dem Motto „Schafft zwei, drei, viele Rudi-Dutschke-Straßen“.













Neben spannenden Diskussionen bot die Konferenz wichtige Impulse für eine kritische Auseinandersetzung von links und dem vor einem Jahr gegründeten Studierendenverband die Möglichkeit zur Vernetzung seiner Mitglieder beizutragen. Von einer abgeschlossenen Debatte kann noch lange nicht gesprochen werden, jedoch von einem interessanten Debattenbeginn. Wie nötig dies ist, zeigt die mediale Aufarbeitung von 1968, ihre Reduzierung als „Kulturrevolution“ und die kruden Theorien eines Götz Aly.

Überlegungen zu einem Arbeitskongress gegen Privatisierung

Das LabourNet schlägt einen Arbeitskongress gegen Privatisierung vor:
Weltweit wehren sich Millionen von Menschen dagegen, dass immer mehr Bestandteile der menschlichen Grundbedürfnisse zur Ware gemacht, privaten Unternehmen zur Versorgung übergeben werden. Diese Privatisierung geschieht nicht aus „Schlechtigkeit“, sondern –“ unter anderem - weil dringendst nach profitablen Anlagebereichen gesucht wird, ganz wie es das System verlangt.

In diesen Widerstandsbewegungen hat es eine ganze Reihe von Erfolgen gegeben, bei denen durch breite Mobilisierung Geschäftspläne zunichte gemacht wurden, wie es auch Niederlagen gab: vor allem, weil viele Menschen sich von einer Privatisierung eine Entbürokratisierung versprachen, und nicht wenige davon sich später wundern mussten, dass sie nur eine weitere Entdemokratisierung bekamen.

Wer muß in diesem Zusammenhang eigentlich noch daran erinnert werden, welche Auseinandersetzungen um Privatisierungen es in der BRD (und überall) gab und gibt? Von der Müllentsorgung bis zu Krankenhäusern, die gesamte soziale Infrastruktur soll vermarktet werden, von der aktuellen Auseinandersetzung um die Bahn ganz zu schweigen... Und gerade hier: Eine Bürgerbahn müsste auch eine nicht privatisierte Bahn erst noch werden, nicht etwa bleiben.

Daraus folgt die erste These, die wir bearbeiten möchten: Wer den Kampf gegen Privatisierung darauf beschränkt, das Bestehende zu verteidigen, den Istzustand als Ziel ausgibt, riskiert die (schlechten) Erfahrungen der Menschen damit beiseite zu lassen –“ und überlässt den Bertelsmännern dieser Welt das Aufgreifen solcher Erfahrungen.

Es gibt eben aus verschiedenen Ländern auch Erfahrungen mit Kampagnen, die über den Status Quo hinausgingen: seien es japanische Gewerkschaften von Wasserarbeitern, die Anwohnerkomitees eben nicht nur zur Verteidigung, sondern auch zum künftigen gemeinsamen Betrieb organisierten oder die Kampagne in Mali für eine Wiedervergesellschaftung der Eisenbahn –“ und eben nicht Wiederverstaatlichung –“ eine Haltung, die auch in Brasilien bei der Kampagne zur Rücknahme der Privatisierung des Erzunternehmens Vale do Rio Doce stark vertreten ist.

Diese und einige Andere –“ nicht allzu viele –“ sind eben Bewegungen, die auf neue Herausforderungen versuchen, mit neuen statt alten Antworten zu reagieren.

Zu neuen Antworten gehört auch jener Teil der Antiprivatisierungsbewegung, der auch andere Teile der Grundversorgung menschlicher Notwendigkeiten in den Fokus nimmt, solche, bei denen die meisten Menschen dieser Welt daran gewöhnt sind, dass sie ihre Versorgung über Privatunternehmen regeln müssen: so wie es beispielsweise von der Bewegung zur Nahrungssouveränität, die in vielen Ländern Millionen von Menschen mobilisiert, auf verschiedene Weise aufgeworfen wird. Nur so, meinen die AktivistInnen dieser Bewegungen, lassen sich sowohl Erscheinungen wie sie auch in der BRD (in Form endloser angeblicher Skandale der Lebensmittelindustrie) zutage treten, wirksam bekämpfen, wie auch das neue Geschäftsprinzip der gentechnisch bearbeiteten Lebensmittel durchkreuzen.

Die zweite These, die wir bearbeiten wollen lautet also, dass der Kampf gegen die Privatisierung auf allen Feldern der Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse geführt werden muss, und nicht nur als Reaktion auf je neue Geschäftsprojekte.

Das betrifft auch etwa die Wohnungsfrage und weitere wesentliche Bestandteile der Grundversorgung: beispielsweise Squatter sind eine weltweite Massenerscheinung mit ganz unterschiedlichen politischen Strömungen, wie es auch die Bewegungen (sei es im Gesundheitsbereich –“ etwa HIV-Medikamente –“ im Computerbereich oder generell gegen die „Medienwirtschaft“) gegen das zu Geschäftszwecken propagierte „geistige Eigentum“ und Patente sind.

Gerade am Beispiel Medikamente wird auch deutlich, dass die Vorstellung von „Erweiterung“ auch eng verbunden ist mit einer inhaltlichen Auffassung von „guter Arbeit“. Medikamentenversuche an Unwissenden sind die Spitze eines Eisbergs der Maximalprofit heisst, als schädlich qualifizierte Medikamente weiter verkaufen ist ein Verbrechen: da kann es dann auch nicht darum gehen, solcherart Arbeit zu guten Bedingungen zu machen. (So wenig es progressiven Sinn macht, hoffentlich gestressten Hartz IV - Durchpeitschern mehr Urlaub zu verschaffen).

Deswegen ist es die dritte These zur Bearbeitung auf diesem geplanten Treffen, dass es darauf ankommt, auch die Inhalte der Tätigkeit in nicht privaten Betrieben in der Öffentlichkeit zu diskutieren.

Die so entworfene Skizze ist durchaus absichtlich nicht mehr. Denn wir können uns kaum vorstellen, dass eine solche Tagung nutzbringend organisiert werden kann, wenn ihre Vorbereitung in der Hand einer, wie auch immer zustande gekommenen kleinen Gruppe liegt.

Deswegen haben wir uns die Vorbereitung folgendermaßen vorgestellt –“ was aber natürlich ebenfalls zur Debatte steht:

1. Verfassen wir diese Arbeitsskizze und publizieren sie und verschicken sie auch gezielt an alle, die es unserer Meinung nach interessieren könnte –“ bei wem das dann wirklich der Fall ist melde sich mit Meinung dazu, Alternativvorschlägen oder Ähnlichem. (Bis Anfang Februar –“ unsere Vorstellung).

2. Auf Grundlage der Ergebnisse dieser „Publikumsdebatte“ verfassen wir (und/oder Andere, oder zusammen oder wie auch immer) ein ausführlicheres Papier, das im wesentlichen dazu dienen soll, all das, was hier skizziert wurde, näher auszuführen und eine Grundlage für die Kongressarbeit sein soll. (Anfang März).

3. Aufgrund der Diskussion über dieses (und eben eventuell andere) Papier/e (bis nach den Osterferien) wird zum einen festgehalten, ob noch weitere Vordiskussionen (April und Mai) nötig sind, und ab Mai die konkrete Vorbereitung für das Treffen (ob nun größer oder kleiner) begonnen.

4. Das Treffen selbst würden wir meinen, wäre gut im Oktober 2008 durchzuführen.

Dabei würde es nach bisherigem Stand darum gehen, relativ ausführlich bislang vorliegende Erfahrungen zu diskutieren (etwa im Stile von Arbeitsgruppen) wobei wir natürlich auch die unterschiedlichsten Formen zur Anwendung bringen können. Ebenso käme es uns auf eine Diskussion der„Erweiterungen“ und des „Inhalts“ an –“ sprich, Diskussionen entlang der drei Komplexe, die hier ultra kurz als Thesen präsentiert wurden.
Ebenso fänden wir es aber wichtig, auch über die in dem jeweiligen Zusammenhang benutzten Organisationsformen usw zu sprechen und sich auszutauschen.

Neben den Debattenergebnissen würden wir als positive Ergebnisse eines solchen Arbeitstreffens, in welcher Form es auch immer stattfinden sollte, darin sehen, gemeinsam ein kleines Praxishandbuch zu publizieren (muss kein Buch sein), das neben Texten auch diverse Handreichungen zur Praxis bietet und die ohnehin ebenfalls beabsichtigte Vernetzung der TeilnehmerInnen und InteressentInnen –“ auch durch Fortschreibung –“ konkret werden lässt.

Im Januar 2008 für die Redaktion LabourNet Germany
Helmut Weiss
Mag Wompel
Ralf Pandorf

Innen, außen, mittendrin: Die Transformation der Bundeswehr und Perspektiven des Widerstands

Unter dem Motto: Innen, außen, mittendrin: Die Transformation der Bundeswehr und Perspektiven des Widerstands findet der 10. IMI-Kongress am 10. und 11. November 2007 in Tübingen, Schlatterhaus, Österbergstraße 2 (Tübingen Zentrum, beim Lustnauer Tor) im großer Saal statt. Dazu heißt es in einer Information der Informationsstelle Militarisierung (IMI):

Im Jahr 2002 hat sich die Informationsstelle Militarisierung das letzte Mal auf ihrem Kongress intensiv mit der Bundeswehr beschäftigt. Seit dem ist deren Transformation zur "Armee im Einsatz" in Windeseile vorangeschritten. Ihr Aktionsradius hat sich vergrößert, immer neue Einsätze kommen hinzu und diese werden zunehmend als das bezeichnet, was sie sind: "Kampfeinsätze". Deshalb versuchen Politiker, die Bevölkerung auf steigende Opferzahlen einzustimmen und die Heeresleitung verkündet: "Wir brauchen den archaischen Kämpfer". Gleichzeitig rumort es in der Truppe selbst. Ihr Leben für deutsche Wirtschaftsinteressen oder einen Sitz im Weltsicherheitsrat zu opfern, sind immer weniger junge Menschen bereit und deshalb wird zunehmend in benachteiligten Schichten mit Schlagworten wie "Arbeitsplatzsicherheit" um Rekruten geworben.

Im wachsenden Widerstand gegen die neuen Kriege aber auch gegen die wachsende soziale Ungleichheit ist neben einer global stattfindenden Entdemokratisierung auch ein Grund zu sehen, weshalb die Bundeswehr unter Schlagwörtern wie "vernetzter Sicherheit" auch zunehmend für Anti-Terrormaßnahmen, Katastrophenhilfe und Aufstandsbekämpfung im In- und Ausland mobilisiert wird. Die Allgegenwart des deutschen Militärs möchten wir beim diesjährigen IMI-Kongress intensiv aufarbeiten. Die Präsenz deutscher Soldaten am Hindukusch, in Heiligendamm und den Arbeitsagenturen bringt jedoch auch neue Protestformen gegen den deutschen Militarismus in der Bevölkerung hervor. Auch diese sollen dargestellt und erörtert werden.

Vorveranstaltung:

Auch dieses Jahr gibt es am Freitagabend eine multimediale Vorveranstaltung mit der anschließenden Möglichkeit, sich bei Essen und Trinken schon einmal zu begrüßen und kennen zu lernen:

Auftaktveranstaltung: Freitag 9. November 19:00-21:00
Planet der Slums - Planet des Bürgerkriegs
Referent: Christoph Marischka
Ort: Tübingen, Schellingstraße 6


Kongress-Programm:


Samstag 10. November: Der neue deutsche Militarismus...

12:00 Begrüßung

12:15-13:45 Das Weißbuch und die Transformation der Bundeswehr
Referent: Tobias Pflüger

14:00-15:30 Milliarden für den Krieg: Rüstung und Sicherheitsforschung
Referent/inn/en: Martin Hantke und Claudia Haydt

15:45-17:15 "Vernetzte Sicherheit" - Bundeswehr Innen, Außen und überall
Referent: Frank Brendle

17:30-19:00 Deutschlands Kampf um die letzten Tropfen... Militärische Rohstoffsicherung
Referent: Jürgen Wagner

20:15 Podium: Mit der Bundeswehr um die ganze Welt: Hintergründe zu den aktuellen Kriegseinsätzen der deutschen Armee


Sonntag 11. November: ... und seine Achillesversen

09:30-10:30 Jenseits von Recht und Moral: Die Einsätze des Kommando Spezialkräfte
Referentin: Claudia Haydt

10:45-11:45 Der Kampf gegen (deutsche) Militärstandorte
Referentin: Hannelore Tölke

12:00-13:30 Die Armen in den Krieg? Sozialabbau als Rekrutierungshilfe der Bundeswehr
Referent/inn/en: Jonna Schürkes und Heiko Humburg (angefragt)

Ab 13:30 Podium: Antimilitarismus muss praktisch werden! Strategien gegen den neuen deutschen Militarismus.
Mit: Markus Gross (Bundeswehr wegtreten), Hannelore Tölke (Netzwerk gegen Militärstandorte und deren Auswirkungen, NEMA), Tobias Pflüger (IMI)


Organisatorisches

Für Verpflegung zwischen den Pausen wird gesorgt. Auf Wunsch versuchen wir private Übernachtungsmöglichkeiten zu organisieren (Schlafsack erforderlich). Übernachtungsmöglichkeiten in Tübingen finden sich u.a. hier

Eine Kongressgebühr wird nicht erhoben, über Spenden zur Finanzierung des Kongresses freuen wir uns natürlich. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Teilnahme an einzelnen Vorträgen und Veranstaltungen ist selbstverständlich möglich.

Anfahrt mit dem Zug:
Über Stuttgart oder Horb. In Tübingen zu Fuß vom Bahnhof über die Neckarbrücke geradeaus die Mühlstrasse hinauf bis zur KSK/Deutschen Bank, dort scharf rechts (ca. 10 Minuten).

Anfahrt mit dem Auto:
Über die B 27 (Stuttgart bzw. Hechingen) oder die B 28 (Reutlingen bzw. A 81). In Tübingen dann am Besten in einem der Parkhäuser in der Innenstadt (sind ausgeschildert) oder etwas außerhalb der Innenstadt parken.



Wer weitere Informationen zum Kongress haben möchte, kann sich gerne im IMI-Büro melden: 07071-49154
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