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"... der Tod ist ein Meister aus Deutschland"

Zum heutigen 79. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee: Die Todesfuge von Paul Celan, gelesen von ihm selbst:



Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends
wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts
wir trinken und trinken
wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng
Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete
er schreibt es und tritt vor das Haus und es blitzen die Sterne er pfeift seine Rüden herbei
er pfeift seine Juden hervor läßt schaufeln ein Grab in der Erde
er befiehlt uns spielt auf nun zum Tanz

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich morgens und mittags wir trinken dich abends
wir trinken und trinken
Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete
Dein aschenes Haar Sulamith wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng

Er ruft stecht tiefer ins Erdreich ihr einen ihr andern singet und spielt
er greift nach dem Eisen im Gurt er schwingts seine Augen sind blau
stecht tiefer die Spaten ihr einen ihr andern spielt weiter zum Tanz auf

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich mittags und morgens wir trinken dich abends
wir trinken und trinken
ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith er spielt mit den Schlangen
Er ruft spielt süßer den Tod der Tod ist ein Meister aus Deutschland
er ruft streicht dunkler die Geigen dann steigt ihr als Rauch in die Luft
dann habt ihr ein Grab in den Wolken da liegt man nicht eng

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich mittags der Tod ist ein Meister aus Deutschland
wir trinken dich abends und morgens wir trinken und trinken
der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau
er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau
ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
er hetzt seine Rüden auf uns er schenkt uns ein Grab in der Luft
er spielt mit den Schlangen und träumet der Tod ist ein Meister aus Deutschland

dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith

Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erinnert an den Widerstand von Sinti und Roma in Auschwitz-Birkenau vor 77 Jahren, am 16. Mai 1944

Blick auf die Holzbaracken im Lagerabschnitt B II in Birkenau
Quelle: Archiv des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau
Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erinnert an den Widerstand von Sinti und Roma im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau am 16. Mai 1944. An diesem Tag sollte der Lagerabschnitt B IIe, das sogenannte „Zigeunerlager“, in dem tausende von Sinti und Roma inhaftiert waren, aufgelöst und sämtliche Häftlinge in den Gaskammern ermordet werden. „An diesem Tag jedoch leisteten die dort inhaftierten Menschen Widerstand gegen die Aktion der SS. Dieser Widerstand gegen die Vernichtung ist in der Geschichte von Auschwitz wie in der Geschichte der NSVerbrechen und des Widerstands bislang nicht hinreichend gewürdigt worden, obwohl eine Vielzahl von Zeitzeugenaussagen vorliegen, die diesen Widerstand dokumentieren und die eindeutig diesen verzweifelten Akt des Widerstands in Auschwitz-Birkenau, im Zentrum des Holocaust, belegen“, so Romani Rose.

Die SS brach die Vernichtungsaktion am 16. Mai 1944 wegen des Widerstands der Sinti und Roma ab; wohl auch, um zu verhindern, dass der Widerstand auf andere Lagerabschnitte übergreifen konnte. In der Folge deportierte die SS die arbeitsfähigen und widerstandsfähigen jungen Männer und Frauen mit ihren Familien in andere Konzentrationslager. Viele von ihnen waren kampferfahrene ehemalige Soldaten, die oftmals direkt von der Front nach Auschwitz-Birkenau verbracht wurden. In der Nacht vom 2. zum 3. August 1944 wurden dann die letzten 4.300 im Lagerabschnitt BII e noch lebenden Menschen in den Gaskammern ermordet, die meisten waren Frauen, Kinder, Alte und Kranke. Dieser Tag ist heute der internationale Gedenktag an die Opfer des Holocaust an den Sinti und Roma Europas.

Eine Vielzahl von Zeugenaussagen, die den Aufstand vom 16. Mai 1944 dokumentieren, brachte der Prozess am Landgericht in Siegen gegen den SS-Rottenführer in Auschwitz Ernst August König hervor. Die Zeugen hielten hier unabhängig voneinander fest, dass die Sinti und Roma im Lager wussten, wie der Prozess der Vernichtung organisiert war –“ anders als Neuankömmlinge in Auschwitz-Birkenau,die direkt in die Gaskammern gebracht wurden. So berichtete Walter Winter:

„Wir wussten genau, wie die SS vorging. Erst rufen sie, dass alle raustreten sollen, dann reißen sie die Blocktore auf, stürmen herein und brüllen: –šRaus, raus, raus!–˜ Wir haben verabredet: –šWenn sie bei uns anfangen, gehen wir nicht aus dem Block. Und zwar alle nicht. Wir rühren uns einfach nicht. Wir müssen uns aber mit irgendetwas bewaffnen, mit Latten oder sonst etwas, und damit stehen wir dann hinter der Tür. Wir lassen sie reinstürmen, greifen uns die SS-Leute und versuchen, an ihre Maschinengewehre zu kommen.–˜ Wir wären alle bereit gewesen zu schießen, denn wir hatten sowieso nichts zu verlieren. Ich glaube, sogar ich hätte geschossen. In der Überzahl waren wir immer, aber wir waren immer unbewaffnet, deshalb konnten wir nie etwas gegen unsere Peiniger ausrichten.“

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma war in dem Prozess gegen König als Nebenkläger vertreten, 1991 verurteilte ihn das Landgericht Siegen wegen mehrfachen Mordes zu einer lebenslänglichen Haftstrafte. Im Urteil des Gerichts von 1991 wurde der Widerstand der Sinti und Roma im Lagerabschnitt BIIe ausdrücklich gewürdigt: das Gericht stellte fest, dass der Versuch, die Insassen des Lagerabschnitts BIIe im Mai 1944 zu ermorden, gescheitert sei, „weil die Zigeunerhäftlinge von dem damaligen Rapportführer [Bonigut] gewarnt worden waren, sich daraufhin mit Werkzeugen und ähnlichem bewaffnet hatten und Widerstand leisteten.“ Vor allen Dingen aber waren unter den Sinti und Roma in Auschwitz-Birkenau auch viele ehemalige Soldaten, die teilweise direkt von der Front in das Vernichtungslager deportiert worden waren. Sie konnten daher nicht nur mit Waffen umgehen, sondern waren auch in der Lage, ihre Widerstandsaktion wirksam zu organisieren. Zilli Schmidt, die als Häftling das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau überlebte, beschrieb den Widerstand in ihren 2020 erschienenen Erinnerungen:

„Sie wollten uns eigentlich schon vorher alle umbringen. Schon vor dem 2. August 1944 wollte die SS das. Irgendwann wollten sie das gesamte »Zigeunerlager« auflösen. Aber da machten die Häftlinge einen Aufstand; das waren die Deutschen, die Sinti. Die Blockältesten und die, die da das Sagen hatten, die wollten das nicht, die haben irgendwie Wind davon bekommen. Sie wussten, was die planten von der SS. Da haben sie Gewehre gesammelt und Gegenstände, die man als Waffen benutzen konnte. Um sich zu wehren. Aber so weit ist es nicht gekommen, es kam nicht zum Kampf. Die SS hat erst einmal abgelassen, als sie merkten, dass die Sinti sich wehren würden. Dann haben sie sie alle abgeschoben, die ganzen Blockältesten, die, die sich wehren konnten, alle. Auch die Lagerältesten, die ihnen geholfen hatten, die sind dann alle abgezogen worden.“

Der Holocaust an den Sinti und Roma wurde über viele Jahrzehnte von der Geschichtswissenschaft wie von der Politik verharmlost oder lediglich als Anhängsel der Shoah, der Ermordung von 6 Millionen Jüdinnen und Juden durch die Nationalsozialisten und ihre Helfer, angesehen. Erst 1982 wurde der Holocaust an den Sinti und Roma von Bundeskanzler Helmut Schmidt völkerrechtlich anerkannt. Davor fanden die Aussagen der überlebenden Sinti und Roma keinerlei Gehör in der deutschen Öffentlichkeit. Die Bürgerrechtsarbeit des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma machte dann in den 1980 und 1990er Jahren die Publikation einer Vielzahl von Zeitzeugenberichten und Biographien möglich.

Quelle: Pressemitteilung, 14. Mai 2021

Veranstaltung: Das vergessene Konzentrationslager am Tempelhofer Feld

Vor fast genau 66 Jahren, am 28. April 1945, trafen die sowjetischen Truppen in Neukölln ein und befreiten die noch lebenden Verfolgten und ZwangsarbeiterInnen von den Nazis. Nur wenige Tage später erzwangen die Alliierten die bedingungslose Kapitulation Nazi-Deutschlands. Anlässlich dessen laden wir zu einer Informationsveranstaltung über das auf dem Tempelhofer Feld gelegene ehemalige Konzentrationslager "Columbia-Haus".

1934 wurde das Gestapo-Gefängnis "Columbia-Haus" zum einzigen Konzentrationslager Berlins erklärt, in welchem insgesamt zwischen 8.000-10.0000 Menschen inhaftiert wurden. Der größte Teil davon waren politischen Häftlinge, ab 1935 wurden zunehmend auch schwule Männer inhaftiert. Mit dem geplanten Großprojekt des Flughafen Tempelhof wurde die Auflösung des KZ Columbia-Haus beschlossen. Die Häftlinge wurden ins KZ Sachsenhausen verlegt, dessen Baupläne im Columbia-Haus ausgearbeitet wurden. Die Häftlinge selbst mussten dieses neue Konzentrationslager errichten, bevor sie dorthin verlegt und das Columbiahaus abgerissen wurde. Am Ort des Konzentrationslagers entstanden ZwangsarbeiterInnenbaracken, in welchen vor allem aus Osteuropa deportierte Menschen den heute zwar stillgelegten, aber noch immer nicht zu übersehenden Nazi-Bau errichten und in den Montagehallen des Flughafen Tempelhof für die Rüstungsproduktion arbeiten mussten. Aufgrund der unmenschlichen Bedingungen, der Misshandlungen und Vergewaltigungen starben vor den Augen der Bevölkerung zahllose Menschen. Nur das Eintreffen der Roten Armee hat den noch lebenden ZwangsarbeiterInnen das Leben bewahrt.

Der "Förderverein zur Erinnerung an die Naziverbrechen THF Tempelhof" stellt sich deshalb den Plänen des Berliner Senats in den Weg und lehnt jede Bebauung des Tempelhofer Feldes am Columbiadamm ab, um die Erinnerung an das Konzentrationslager Columbia-Haus und der Zwangsarbeiter_innenlager zu bewahren. Wir laden den Verein ein, von seiner Arbeit zu berichten, die Geschichte des Tempelhofer Feldes anhand historischer Fundstücke nachzuerzählen und den aktuellen Stand der Auseinandersetzungen mit dem Berliner Senat über ein würdiges Gedenken am Tempelhofer Feld mitzuteilen.

Referent_innen vom Förderverein zur Erinnerung an die Naziverbrechen THF Tempelhof

Mittwoch, 20.04.2011, 20:00 Uhr - Tristeza, Pannierstr. 5, Neukölln

Organisiert von der Veranstaltungs-AG der Tristeza

Ein Besuch im KZ Auschwitz-Birkenau

Lagerstraße in Auschwitz-Birkenau Foto: © redblog
Das Konzentrationslager Auschwitz wurde weltweit zum Symbol für den Völkermord des deutschen Faschismus. Ab Mitte 1940 wurden in das KZ, das drei große Lager und mehrere Nebenlager umfasste, Menschen deportiert. Es befindet sich am Rande der polnischen Kleinstadt OÅ›wiÄ™cim, ungefähr 60 Kilometer entfernt von Krakau.

Die meisten Bewohner von Oświęcim und der umliegenden Gemeinden wurden im Rahmen der Einrichtung des KZ umgesiedelt.

Unter den Deportierten fanden sich zum größten Teil Juden, aber auch Kommunisten, polnische Intellektuelle, sowjetische Kriegsgefangene, Sozialisten, Sinti, Roma, Homosexuelle, sogenannte „Asoziale“ und Mitglieder anderer Gruppen, die nicht ins Weltbild der Faschisten passte.

Vor 70 Jahren, am 14. Juni, erreichte der erste Transport mit 728 polnischen politischen Häftlingen Auschwitz. Genaue Zahlen über Deportierte und Toten gibt es nicht. Die anfänglich akribische Registrierung der Deportierten wurde auf Grund des Umfangs und der Kosten wieder eingestellt. Aktuelle Schätzungen gehen von 1,3 Millionen Deportierten und 1,1 Millionen aus. Allein im KZ Auschwitz-Birkenau wurden eine Million Juden systematisch vernichtet.
Die Häftlinge, die die Selektion überlebten, mussten in den ans Lager angrenzenden Industriebetrieben Zwangsarbeit leisten.

Etwa 900.000 der Deportierten wurden direkt nach ihrer Ankunft in den Gaskammern ermordet oder erschossen. Weitere 200.000 Menschen wurden von der SS durch Krankheit, Unterernährung, Misshandlungen, medizinische Versuche oder die spätere Vergasung ermordet.

Die Häftlinge, die noch in der Lage waren, wurden zwischen dem 17. und dem 21. Januar 1945 auf einen Marsch in Richtung Westen geschickt. Am 27. Januar erreichte die Rote Armee das verlassene Lager und traf auf 7.000 Häftlinge, die nicht mehr in der Lage waren, auf den Todesmarsch geschickt zu werden.

Die erste Gedenkstätte wurde im Jahre 1947 eingerichtet und ist heute ganzjährig geöffnet.

Links:
Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau
Internationales Auschwitzkomitee
Auschwitz: Fotografische Fragmente
Hessische Rundfunk: Der Frankfurter Auschwitz-Prozess 1963 –“ 65

Kurt-Julius-Goldstein-Park eingeweiht

Kurt Julius Goldstein spricht zu den Delegierten der VVN-BdA Bundesversammlung, Mai 2004
Foto: Kuweliba
Lizenz: CC-BY-SA-2.0-DE
Im Berliner Stadtbezirk Marzahn-Hellersdorf wurde am heutigen 65. Jahrestag der Selbstbefreiung des Konzentrationslagers Buchenwald der zweite Bauabschnitt des Stadtparkes Helle Mitte eröffnet und nach 2007 verstorbenen Juden und Kommunisten Kurt Julius Goldstein benannt. Kurt Julius Goldstein, über viele Jahre Bewohner des Bezirkes, als Jude und Kommunist aktiv und während der Nazi-Zeit verfolgt, zu Zwangsarbeit verurteilt und in Konzentrationslagern inhaftiert, war Träger des Verdienstkreuzes 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und Ehrenpräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees.

Die Benennung beschloss das Bezirksamt im Dezember 2009 auf Ersuchen der Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorfs. Die feierliche Einweihung fand im Beisein der Söhne und Enkel, sowie Freunden, Genossen und Einwohnern des Stadtbezirkes statt. Der Tag der Einweihung wurde bewusst gewählt. Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (LINKE) verwies in ihrer Rede auf die Aktualität des "Schwurs von Buchenwald", den auch Goldstein am 19.4.1945 ablegte und dem er sich zeit seines Lebens verpflichtet sah, und seine Aktualität in der heutigen Auseinandersetzung mit faschistischem Gedankengut. Harald Wittstock, Vorsitzender des Vereins der Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936–“1939 e. V. (KFSR) erklärte, er freue sich besonders, da erstmals sei 20 Jahren wieder ein öffentlicher Ort nach einem Spanienkämpfer benannt wurde. In Ländern wie Frankreich oder Großbritannien sei dies schon seit langer Zeit keine mehr.
Im Anschluss zeigte Antifaschistische Bündnis Marzahn-Hellersdorf in die nahe gelegenen Alice-Salomon-Hochschule den Film Vorwärts und nicht vergessen. Kurt Julius Goldstein. Ein Porträt.

Der Kurt-Julius-Goldstein-Park wurde aus Mitteln der DB AG im Zuge von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen finanziert und verfügt über barrierefreie Zugänge, er liegt direkt am U-Bahnhof Hellersdorf (U5, Richtung Hönow).

Literatur:


- Kurt Julius Goldstein: Wir sind die letzten –“ fragt uns. Reden und Schriften 1974–“2004.Hrsg. von Friedrich-Martin Balzer. 2. Aufl. Pahl-Rugenstein, Bonn 2005, ISBN 3-89144-362-5.


- Rosemarie Schuder, Rudolf Hirsch: Nr. 58866: „Judenkönig“. Das Leben des Kurt Julius Goldstein. Überarbeitete und erweiterte Neuauflage, mit einem Geleitwort von Hans Coppi. Vbb, Berlin 2009, ISBN 978-3-86650-781-4.

Besuch der KZ-Gedenkstätte „Oberer Kuhberg“ in Ulm

„Es gibt jetzt kein Erbarmen; wer sich uns in den Weg stellt, wird niedergemacht. Das deutsche Volk wird für Milde kein Verständnis haben. Jeder kommunistische Funktionär wird erschossen, wo er angetroffen wird. Die kommunistischen Abgeordneten müssen noch in dieser Nacht aufgehängt werden. Alles ist festzusetzen, was mit den Kommunisten im Bunde steht. Auch gegen Sozialdemokraten und Reichsbanner gibt es jetzt keine Schonung mehr.“ (Adolf Hitler nach dem Brand im Reichstag am 27. Februar 1933)

Für den Reichstagsbrand machten die Nazis die KommunistInnen verantwortlich und nahmen den „Terroranschlag“ als Anlass, um die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ zu erlassen. So wurden wichtige Grundrechte der Weimarer Republik ausser Kraft gesetzt und die formale Grundlage geschaffen, um mit massiver Repression gegen politische Gegner vorzugehen. Bis zu 100 000 Menschen wurden 1933 in „Schutzhaft“ genommen. An über 60 Orten im Deutschen Reich entstanden „Schutzhaftlager“, die ersten Konzentrationslager, die Häftlinge waren hauptsächlich politisch Aktive aus KPD und SPD. Für Württemberg-Hohenzollern entstand im März 1933 das KZ Heuberg bei Stetten am Kalten Markt, im November wurde es ersetzt durch das "Württembergische Schutzhaftlager Oberer Kuhberg, Ulm/Donau". Bis Juli 1935 waren hier 600 bis 800 Männer im Alter von 17 bis 71 Jahren in der Militärfestung „Fort Oberer Kuhberg“ unterirdisch eingekerkert.

Wichtige Repräsentanten der ArbeiterInnenbewegung wie der KPD-Landtagsabgeordnete Alfred Haag aus Schwäbisch Gmünd oder der SPD-Reichstagsabgeordnete Kurt Schumacher aus Stuttgart wurden isoliert gefangen gehalten.

Das Ulmer KZ war kein Vernichtungslager. Hier ist (noch) keiner der Gefangenen erschlagen, vergast oder verbrannt worden. Aber das Ulmer KZ und die anderen „Schutzhaftlager“ waren der Anfang einer Entwicklung, die in Auschwitz endete. Hier in Ulm wurden die Gegner des Regimes ihrer Würde beraubt.

„Das verwilderte Fort mit seinem dicken Kommandoturm, den Mauern mit den schmalen Schießscharten wirkte düster und verhieß neues Unheil. Hier sollten Menschen überwintern?(...) Mit dem üblichen Geschrei und mit Fußtritten wurden die Häftlinge in den düsteren Wehrgang hinunter getrieben. Was sich hier auftat, lässt sich nicht mit Worten schildern.(...) Die Häftlinge waren sich einig: Hier werden wir lebendig begraben.(...)“ (aus „Stationen zur Hölle“ (Röderberg Verlag) von Julius Schätzle, ehemaliger Häftling im KZ Oberer Kuhberg)

Der Besuch der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers „Oberer Kuhberg“ soll zur Auseinandersetzung mit den ersten Jahren des Nazifaschismus anregen. Und er ist in weiten Teilen auch ein tieferer Blick in die Regionalgeschichte, denn die politischen Gegnerinnen und Gegner, die in diesem Konzentrationslager gequält wurden, waren nicht nur die ersten Opfer des Faschismus, sondern sie kamen aus Stuttgart, Esslingen, Backnang, Ludwigsburg, Bietigheim...

Die VVN/BdA Stuttgart lädt zu einem gemeinsamen Besuch der KZ-Gedenkstätte „Oberer Kuhberg“ ein. Wir fahren gemeinsam mit Baden-Württemberg-Tickets nach Ulm und sind gegen 18 Uhr wieder in Stuttgart.

Termin und Treffpunkt: So. 09.08.09, 09.45 Uhr, Hauptbahnhof Stuttgart, Gleis 13 Kosten: 10,- € (Fahrkarte, Eintritt und Führung)

Informationen zur Gedenkstätte gibt es unter www.dzokulm.telebus.de

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der AntifaschistInnen Stuttgart Böblingerstr. 195, 70199 Stuttgart, vvn-bda-stuttgart@web.de

Ein Besuch in Neuengamme

Im Sommerurlaub besuchten wir unter anderem das ehemalige Konzentrationslager Neuengamme.

Ende 1938 errichtete die SS in einer stillgelegten Ziegelei in Hamburg-Neuengamme ein Außenlager des KZ Sachsenhausen, das im Frühsommer 1940 zum eigenständigen Konzentrationslager erklärt wurde. Im Verlauf des Krieges deportierten die Gestapo und der Sicherheitsdienst der SS Zehntausende aus allen besetzten Ländern Europas als KZ-Häftlinge nach Neuengamme. Dort und in über 80 Außenlagern, die ab 1942 - und vor allem 1944 - bei Rüstungsfirmen in ganz Norddeutschland eingerichtet wurden, mußten die Häftlinge Schwerstarbeiten für die Kriegswirtschaft leisten. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen waren mörderisch. Insgesamt kamen mehr als die Hälfte der 100 000 Häftlinge des KZ Neuengamme ums Leben; körperlich ausgezehrt starben sie an Krankheiten und Hunger oder wurden Opfer von Mißhandlungen und Mordaktionen.

Nach dem Krieg wurden die ehemaligen KZ-Gebäude zunächst als Internierungslager für SS-Angehörige, für Funktionsträger der NSDAP, der Wehrmacht und des NS-Staates genutzt. 1948 übergaben die britischen Besatzungsbehörden das Lager an die Freie und Hansestadt Hamburg, die in den Gebäuden eine Justizvollzugsanstalt einrichtete. Ende der sechziger Jahre errichtete die Justizbehörde ein weiteres Gefängnis auf dem einstigen KZ-Gelände. Es entstand dort, wo sich während des Konzentrationslagers die Tongruben und -halden befanden.


Bilderserie: KZ Gedenkstätte Neuengamme
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