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Solidaritätserklärung des Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit mit dem Kollegen Orhan Akman

Dokumentiert: Die Solidaritätserklärung des Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit mit dem Kollegen Orhan Akman:
Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit                                       6.2.2009
Mail: versammlungsgesetz[@]gmx.net
http://www.versammlungsrecht2009.tk

An
Orhan Akman
zur Kenntnis

verdi München
verdi Bezirk Stuttgart

An die Presse

Solidaritätserklärung mit Orhan Akman




Beim Treffen des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit am 4. Februar 2009 haben wir vom Fall Orhan Akmans erfahren. Der Funktionär der Gewerkschaft ver.di wurde am Montag, den 26. Januar 2009 vom Münchner Amtsgericht zu einer Strafe von 1600 Euro verurteilt. Begründet wurde dieses Urteil mit dem bayerischen Versammlungsrecht. Was war geschehen?

Am 30. Mai 2008 hatte ver.di die Beschäftigten von drei Filialen der Modekette ZARA zum Streik aufgerufen. Mit dem Streik, der im Rahmen der Tarifrunde im Einzelhandel stattfand, sollte das Unternehmen zu einem Anerkennungstarifvertrag bewegt werden. Dazu wurden vor der Filiale in der Münchner Fußgängerzone mit den Streikenden Flugblätter verteilt, und auch mit Transparenten und Schildern auf die Forderungen aufmerksam gemacht. Insgesamt nahmen 20 bis 25 Personen, davon 15 als Streikposten kenntlich, an der Aktion teil. Wegen dieser für Tarifauseinandersetzungen im Einzelhandel üblichen Aktion wurde gegen den verantwortlichen Funktionär von ver.di ein Ermittlungsverfahren wegen Durchführung einer nicht angemeldeten Versammlung gemäß § 26 Nr.2 Versammlungsgesetz eingeleitet. Weil diese Aktion eine anmeldepflichtige Kundgebung im Sinne des Versammlungsgesetzes gewesen sein soll, verurteilte der Amtsrichter den Kollegen.

Wir sind empört über dieses Urteil und erklären uns solidarisch mit Orhan Akman! In unserem Bündnis sind über 100 Organisationen und Einzelpersonen zusammengeschlossen. Wir werden den Fall im Rahmen unserer Arbeit bekannt machen.

Der Fall zeigt: Trotz anders lautender Aussagen beispielsweise vom baden–“württembergischen Innenminister Rech richtet sich das neue bayerische Versammlungsgesetz ebenso wie die geplante baden –“ württembergische Variante sehr wohl auch gegen gewerkschaftliche Aktionen.

Daher fordern wir:
  • Sofortige Rücknahme des Urteils!
  • Ja zur Versammlungsfreiheit –“ Nein zur Verschärfung des Versammlungsgesetzes!
Am 4. Februar 2009 von den 44 anwesenden Bündnisteilnehmern einstimmig beschlossen.

1600 Euro Strafe für Warnstreik?

Nach einem Bericht der "Süddeutschen" wurde Orhan Akman gestern vom Amtsgericht München wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz zu 1600 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Nach Überzeugung des Richters war er für einen unangemeldeten Warnstreik am 30. Mai 2008 verantwortlich. Die Aktion mit 15 Teilnehmern vor einem Modegeschäft in der Fußgängerzone sei eine anmeldepflichtige Kundgebung im Sinne des Versammlungsgesetzes gewesen, urteilte der Amtsrichter. Mit dem Urteil entpuppt sich der eigentliche Kern des Versammlungsgesetzes: Es ist - wie der Fall Landsberg zeigt - nicht gegen faschistische Aufmärsche gerichtet, sondern im Kern gegen soziale und gewerkschaftliche Proteste. Das Urteil könnte für gewerkschaftliche Kämpfe weitreichende Folgen haben: Welcher Warnstreik wird denn entsprechend dem Versammlungsgesetz vorher angemeldet? Wer wird. wenn das Urteil Bestand haben sollte, dann noch spontane Warnstreiks organisieren? Der Anwalt von Orhan Akman will Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.

Der Fall ist bereits aktenkundig durch die Verfassungsbeschwerde gegen das bayerische Versammlungsgesetz: "In einem großen Münchner Geschäft der Modekette ZARA in der Fußgängerzone kam es im Mai 2008 zu einem Arbeitskampf. Die bei ver.di organisierten Angestellten wollten bessere Arbeitsbedingungendurchsetzen und traten dafür in einen Streik. Um auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen, wurden vor dem Geschäft sog. Streikposten aufgestellt, die in Flugblättern und mit selbst gefertigten Transparenten die Passanten über ihr Anliegen informierten. Nach den Feststellungen der Polizei, die vor Ort ermittelte und Fotos fertigte, nahmen ca. 15 Personen an der von ver.di organisierten Aktion teil. Zu Zwischenfällen kam es nicht. Der anwesende Staatsschutz bewertete die Streikposten als Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes. Gegen den verantwortlichen Funktionär von ver.di wurde ein Ermittlungsverfahrenwegen Durchführung einer nicht angemeldeten Versammlung gem. § 26 Nr.2 Versammlungsgesetz eingeleitet (113 Js 11159/08)."

Über das geplante neue Versammlungsgesetz in Baden - Württemberg informiert heute Frank Zach, DGB-Landesbezirk Baden-Württemberg im DGB Haus Stuttgart, Raum 245 ab 18 Uhr.
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