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Marx über nationale Borniertheit

Karl Marx als Student in Bonn 1836, Ausschnitt aus der Lithographie von D. Levy
„Wenn die nationale Borniertheit überall widerlich ist, so wird sie namentlich in Deutschland ekelhaft, weil sie hier mit der Illusion, über die Nationalität und über alle wirklichen Interessen erhaben zu sein, denjenigen Nationalitäten entgegengehalten wird, die ihre nationale Borniertheit und ihr Beruhen auf wirklichen Interessen offen eingestehen."

Karl Marx - Die deutsche Ideologie

Was mir heute wichtig erscheint #319

Lebenszeichen: Während weltweit esoterischem Unfug zum 21.12.2012 nachgehangen wurde, landeten die Zapatistas am ersten Tag im neuen Zyklus der Mayas einen Überaschungscoup "(...) Nach einer ungewöhnlich kalten und regnerischen Nacht näherten sich im Morgengrauen tausende Indigene den Städten Ocosingo, Comitán, Las Margaritas, Altamirano, Palenque und San Cristóbal de Las Casas. Viele von diesen vorwiegend jungen Frauen und Männern waren die ganze Nacht unterwegs. Allein aus La Garrucha, einem der fünf Versammlungsorte der Bewegung, marschierten 6.000 Zapatistas über sechs Stunden nach Ocosingo. Nach Berichten der mexikanischen Presse sollen insgesamt mehr als 20.000 Zapatisten an den Märschen beteiligt sein. Der Großaufmarsch der unbewaffneten aber vermummten Mitglieder der Maya-Ethnie überrascht die mexikanische Öffentlichkeit, da die EZLN durch ihr langes Schweigen aus der Medienlandschaft verschwunden war. (...)" Quelle: amerika21.de, siehe auch die Ergänzungen auf linksunten, Videos und Beiträge bei chiapas.eu sowie das Communique von Subcomandante Marcos.

Igitt: Steinbrück hatte vor ein paar Tagen Hausbesuche angekündigt. Dauni hat sich überlegt, wie das aussehen könnte.

Vervollständigt: Der Verlag Olga Benario und Herbert Baum haben die Werke von Marx und Engels („MEW“) nun digitalisiert als PDF-Dateien vorgelegt. Bei neoprene wird in einem Kommentar darauf hingewiesen, dass für kopierfähige und quellenkorrete Zitate "man immer erst bei Marxist.org oder bei MLWerke.de nachschauen" sollte. (via entdinglichung.)

Shoppingunlust: Regelmäßig erschrecken Meldungen und Bilder von Katastrophen in Bekleidungsfabriken wie kürzlich in der Nähe von Dhaka, um genau so schnell wieder in Vergessenheit zu geraten. Fast 700 Menschen sind in den vergangenen Jahren bei Fabrikbränden allein in Pakistan und Bangladesch ums Leben gekommen. Bei Konsumpf ist ein Beitrag veröffentlicht, der sich damit beschäftigt, warum sich an diesen bekannten Zuständen praktisch nichts ändert. Zu ergänzen ist, dass die Kritik an den Discountern auch immer mit der Kritik an der sozialen Frage verbunden sein muss. Neben der Entfremdung vom Produkt und seiner Herstellung ist es für viele KundInnen auch soziale Not, die zum Kaufen bei Discountern zwingt. Angesagt ist neben dem Aufdecken der Zustände die Solidarisierung mit den Protesten für bessere Arbeitsbedingungen und verschärfte Sicherheitsmaßnahmen in den Herstellerländern.

Rechtfertigung: Die "FAZ" über „Zero Dark Thirty“, Kathryn Bigelows für 4 golden Globes und den Oscar nominierten Film über die Jagd auf Usama Bin Ladin, der mit einer 45 minütigen Folterszene - inclusive Waterboarding - beginnt und mit dessen Ermordung endet. Die Botschaft des CIA Propaganda Streifens: Folter war nötig um Usama Bin Ladin zu finden. Ob das den Filmemachern oder dem Publikum gefällt oder nicht. Der Zweck heiligt eben die Mittel.

Grüngürtel: Zur Demonstration "There is no Alternative. Kapitalismus überwinden", zu dem unter anderem das anarchistische Netzwerk Süd aufgerufen hatte gab es bereits im Vorfeld eine Diskussion, die das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit auf eine Stufe mit der Freiheit einzukaufen stellte. "Das Demonstrationsrecht sei ein hohes Gut, sagt Stadtsprecher Schuhmann. Aber auch das Recht vieler anderer Menschen, am Samstag in der Innenstadt einzukaufen, sei von Bedeutung, genauso wie etwa die öffentliche Sicherheit. Hier müsse die Stadt abwägen." ("Mannheimer Morgen") Was bei der Demo stattfand, schildern verschiedene Berichte. Eingekauft werden durfte, wer demonstrieren wollte konnte das nicht so einfach. Obligatorisch: Ein Bombenfund. "Der Tag begann schon mit einer skurillen Meldung. Ein allein gelassenes Päckchen am Bahnhofsvorplatz. Ein möglicher Bombenfund am Demostartpunkt der “There-is-no-Alternative–-Demo, die für 15 Uhr angesetzt war. Noch war ich ja in Stuttgart und konnte mir überlegen, ob ich nach Mannheim fahre oder ob die Bombe die AnarchistInnen zum umdisponieren zwingen würde." Weiterlesen im Poesiealbum. Siehe auch: "von helis, der polizei und vernetzten menschen"

Relaunch: Die InfoOffensive gegen Stuttgart 21 hat eine neue Webseite zum Rosensteinpark.

Archiviert: Mehr als 200 Archive in der Bundesrepublik archivieren soziale Bewegungsgeschichte. Wir haben einige selbstorganisierte Archive zu ihrer Arbeit befragt. Alle von ihnen verstehen sich als politische Akteur_innen. Der Großteil ihrer Arbeit läuft selbstorganisiert und ohne Bezahlung. Die arranca! über "Unabhängige Archive und Bewegungsgeschichtsschreibung".

Prozesskostenhilfe: "Ein Gesetzesentwurf des FDP-geführten Justizministeriums sieht vor, den Zugang zur Beratungs- und Prozesskostenhilfe für Menschen mit geringem Einkommen einzuschränken. Die von der Bundesregierung überarbeitete Fassung liegt mittlerweile im Bundesrat und im Bundestag vor. (...)" Mehr darüber bei telepolis.

Revision: "Der Prozeß um den Feuertod von Oury Jalloh im Polizeirevier Dessau geht in eine neue Runde. Nach der Staatsanwaltschaft haben zu Wochenbeginn auch Verteidigung und Nebenklage Revision eingelegt. Die Magdeburger Strafkammer hatte den früheren Dienstgruppenleiter Andreas Schubert wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 10800 Euro verurteilt. Schubert habe den Flüchtling zu Unrecht und ohne einen Richter anzurufen eingesperrt, trotz eines Blutalkoholwertes von drei Promille nicht genügend überwacht und den Feueralarm ignoriert. Das Gericht war weiter von der unbewiesenen Theorie ausgegangen, Jalloh habe das Feuer, gefesselt an Händen und Füßen und auf einer feuerfesten Matratze liegend, selbst gezündet. (...)" Mehr im junge Welt Artikel: "Verteidigung sieht Opfer als Täter". Hinweis: Am 7.1.2013, dem 8 Todestag von Oury Jallo, findet in Dessau eine Demonstration statt.

Aufarbeitung: In Empörung über den Umgang der Stuttgarter Justiz mit den Kriegsverbrechen von Sant’ Anna di Stazzema ergriffen "Die AnStifter" und die "Initiative 10. Mai" die Initiative zu einer Fahrt in das italienische Dorf zur Überbringung einer Spende sowie einer Unterschriftenliste, um so die Solidarität mit den Menschen dort zum Ausdruck zu bringen. Im Blog zu dieser Fahrt ist inzischen neben anderem Material der Bericht der Deutsch-Italienischen Historikerkommission, der am 19.12.2012 erschien, verlinkt. Siehe auch: “Brutale Stille". Am 6. Januar 2013 soll es von 15 bis 17:30 Uhr im Bischof-Moser-Haus, Wagnerstrae 45, 70182 Stuttgart ein Nachtreffen geben, bei dem über die Fortführung der Solidaritätskampagne beraten wird.

Freilassung: Die politische Aktivistin Aurore Martin aus dem Nordbaskenland wurde gegen Zahlung einer Kaution aus dem Madrider Gefängnis Soto del Real entlassen. Die Batasuna Politikerin wird wegen ihrer legalen politischen Arbeit im französischen Teil des Baskenlands von Spanien als Terroristin verfolgt und wurde per internationalem Haftbefehl gesucht. Mehr bei den Freunden des Baskenlandes.

Jahresrückblick: Radikale Straßenparolen und braune Ideologie zwischen Buchdeckeln: 2012 in Baden-Württemberg

Basiswissen: Einführung in den Kapitalismus

Wer die Wirtschafts- und Finanzkrise und ihre Auswirkungen verstehen will, kann dies nicht, ohne sich auch mit dem Kapitalismus zu beschäftigen, da die Krise eine Folge kapitalistischen Wirtschaftens ist.
Dazu wird man jedoch weder etwas in den Tagesthemen, in der Frankfurter Rundschau und schon gar nicht in der Stuttgarter Zeitung finden. Die wohl ausführlichste Analyse des Kapitalismus dürfte man in den Schriften von Karl Marx finden. Doch nicht jeder, der sich erstmals mit dem Kapitalismus beschäftigen möchte, wird zu den blauen Büchern greifen.
Eine gute Einführung liefert hier Georg Fülberths „Kapitalismus“, da vor kurzem in der neuen Reihe Basiswissen beim PapyRossa Verlag erschienen ist.
Auf 112 Seiten gibt der Autor eine Einführung in die Theorie des Kapitalismus und stellt die geschichtliche Entwicklung vom Feudalismus bis hin zur gegenwärtigen Wirtschaftskrise in einem knappen aber prägnanten Überblick dar.
Fülberth lehrte zwischen 1974 und 2004 als Professor für Politikwissenschaft an der Universität Marburg. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der Theorie und Geschichte des Kapitalismus und der Geschichte der Arbeiterbewegung. Mit "G Strich - Kleine Geschichte des Kapitalismus" lieferte Fühlbert bereits eine umfangreiche geschichtliche Analyse, die ebenfalls im Kölner PapyRossa Verlag erschienen ist und mittlerweile in der vierten Auflage vorliegt.

Georg Fülberth: Kapitalismus
Taschenbuch, 118 Seiten
PapyRossa Verlag
EUR 9,90 [D] / EUR 10,20 [A] / SFR 18,90
ISBN 978-3-89438-429-6

Ebenfalls in der Reihe »Basiswissen« erschienen von Fülberth ein einführendes Buch zum Sozialismus.

Das ganze religiöse Elend...

Passend zum hochheiligen Feiertag muss ich dann auch mal was loswerden:
Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.

Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über einen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist.


Karl Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung. In: Karl Marx/ Friedrich Engels -Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 1. Berlin 1976, Seiten 378-385

Ein Trip nach Wien

Wir waren für ein paar Tage in Wien, deshalb gab es Beiträge aus der Konserve und war auch sonst hier nicht viel los im Blog. Die Anreise gestaltete sich reichlich heftig, wir gerieten mit dem Flieger in die Ausläufer des Orkans Emma, worüber ich mich bei Daniel schon ausgelassen hatte. Auch der Rückflug über die Alpen gestaltete sich alles andere als ruhig, der Kotztütenverbrauch in der Kabine stieg deutlich an, woran wir uns nicht beteiligt hatten.

Der Besuch dort hat allerdings auch so Folgen, und zwar persönliche. Nachdem ich zwar nicht als Hungerhaken in den wohlverdienten Kurzurlaub gegangen bin, musste ich nach meiner Rückkehr doch feststellen, daß die hinterhältige österreichische Schmankerl - Taktik voll hingehauen hat. Auf deutsch: Ab sofort morgen ist Schmalhans Küchenmeister.

Bedanken dafür will ich mich bei Lokalen & Cafe's wie "Müllers Cafe" (Hausmannskost, nettes Eckbeisl in der Yppengasse 2), dem Lokal "Zum Basilisken" (Schwer zu finden und kaum zu toppen), dem Gulaschmuseum, sowie dem Palatschinkenpfandl, dem "Kellergewölb" sowie (Auszugsweise) den Café Central, dem Café Putz in der Brunnengasse 49 und dem Café Zartl. In letzterem haben wir zwar nicht den Alfred Hrdlicka getroffen, sein eindrucksvolles Mahnmal gegen Krieg und Faschismus haben wir uns trotzdem eingehend angesehen:

Bildserie: Mahnmal gegen Krieg und Faschismus

Historisch gesehen gerät man in Wien leicht in die Gefahr, sich in der schier unendlichen Zahl von Museen, Gedenkstätten usw. zu verlieren. Es empfiehlt sich daher vor einem Besuch eine entsprechende Planung. Da im Ergebnis von Emma sich das Wetter in den paar Tagen nicht gerade von seiner freundlichsten Seite zeigte (2 erledigte Schirme) haben wir einige unserer Aktivitäten in Gebäude verlegt.

So haben wir ausführlich im Dokumentationsarchiv österreichischer Widerstand herumgestöbert und ein paar Ausstellungen, zum Beispiel das Museum in der Judengasse oder eine Ausstellung von "Amnesty International" zum Thema Folter im "Foltermuseum" besucht. Interessant an letzterer Ausstellung ist der Kontext zur aktuellen Situation, der in der Ausstellung hergestellt wird.

Die Schönwetterphasen nutzten wir für ein paar der in Wien zahlreich vorhandenen Bauwerken - für deren Besichtigung man alleine schon Wochen zubringen kann interessierte uns weniger die Wohnorte der Reichen & Schönen als vielmehr die der sogenannten "Normalbevölkerung".

Vor allem der Karl-Marx Hof in Heiligenstadt ist ein Abstecher wert. Bei WikiPedia heißt es:

Bekannt wurde der Karl-Marx-Hof während des Februaraufstands, der sich 1934 gegen den austrofaschistischen Ständestaat richtete. Die aufständischen Arbeiter und der Republikanische Schutzbund verschanzten sich im Karl-Marx-Hof und gaben erst nach Artillerie-Beschuss durch das Bundesheer und die Heimwehr auf. Als Kommanandant einer Kompanie des Freiwilligen Schutzkorps war der spätere Widerstandskämpfer Karl Biedermann führend an der Eroberung des Gebäudes beteiligt. Während des Ständestaates wurde der Karl-Marx-Hof in Heiligenstädter Hof unbenannt, 1945 erhielt er seinen ursprünglichen Namen zurück. Die schweren Bombenschäden wurden in den 50ern behoben.

Bildserie: Karl - Marx Hof

Der Wind in Wien-Simmering pfiff uns heftig um die Ohren, als wir die vier ehemaligen Gasometer aus dem Jahre 1896, die in einem umfangreichen Umbau von 1999 bis 2001 unter anderem zu Wohnungen umgebaut wurden, besichtigten.

Bildserie: Gasometer

Eine weitere Wohnform kann man sich mit dem Hundertwasserhaus ansehen.

Bildserie: Hundertwasserhaus

In die Gegend in Josefstadt rund um den Brunnenmarkt wo seit Anfang März mit der Sanierung begonnen werden soll finden sich zahlreiche Läden und Internetcafe's. Einen Besuch wert ist der Straßenmarkt in der Brunnengasse hin zum Yppenmarkt, wo es nichts gibt, was man nicht kaufen oder probieren oder ansehen kann. Der Markt ist mit 163 transportablen Ständen der größte Straßendetailmarkt Europas.

Bildserie: Wien

Habe ich angesichts dieses Anblicks eigentlich schon erwähnt, daß es auch mehrere hundert anziehende Würstelbuden in Wien gibt?

Übernachtet hatten wir in der Jugendherberge am Friedrich Engels Platz im Bezirk Brigittenau. Im Vergleich zu anderen Jugendherbergen ist das Frühstück dort weniger erwähnenswert. Es ist halt im Übernachtungspreis enthalten. Für ein paar Euro kann man ein paar Schritte entfernt über den im Vergleich zur Region Stuttgart hervorragend ausgebauten und günstigen öffentlichen Nahverkehr (vor der Juhe gibt es eine Tram mit Direktverbindung ins Zentrum, zum Prater usw.) allerdings genügend günstigen Frühstücksmöglichkeiten erreichen. Überhaupt ist die Straßenbahn, zum Beispiel die um den Stadtkern im Abstand weniger Minuten herumfahrenden Linien 1 & 2, geeignet, um einen stressfreien Überblick zu bekommen, vor allem für Leute, die sich die scheißteuren Fiaker (50 Euro aufwärts!!) nicht leisten wollen oder können.

Die Linien fahren unter anderem am Parlament vorbei. Als wir versuchten, uns diesem zu nähern, überkam uns wieder dieses eigenartige Gefühl, beobachtet zu werden.

Bildserie: Wien

Überhaupt ist Wien eine Stadt, die von sehr aufmerksamen und freundlichen Menschen besiedelt ist, die orientierungslosen Besuchern weiterhelfen. Abgesehen davon hatten wir den Eindruck, daß Städte auch ohne die in unserer Region so oft hochgehaltene und von anderen belächelte Kehrwochenromantik sauber gehalten werden können.

Ein empfehlenswerter Ausgangspunkt für eine Suche nach politischen Aktivitäten ist unter anderem die Linkseiten der rosa Antifa Wien oder der Freiraumgruppe Wien.

Unter dem Strich: Sehr sehenswert, auch wenn hier nur ein kleiner Teil unserer Aktivitäten erwähnt ist, werden wir diese mit Sicherheit nochmal vertiefen.

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