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Ostermarsch Baden-Württemberg 2019 in Stuttgart: Abrüsten statt aufrüsten! Für eine friedliche und solidarische Welt - ohne Militär, Rüstungsindustrie und Abschiebungen!

Seit Jahren erleben wir eine aggressiver werdende internationale Politik. Sie ist gekennzeichnet durch die Androhung und Verhängung von Sanktionen gegen sich missliebig verhaltende Länder, durch offen betriebenen und unterstützten „regime change“, durch mehr oder weniger offene Bewaffnung und militärische Unterstützung von Söldnermilizen.

In Syrien, im Irak, in Afghanistan, in Mali, im Sudan, im Jemen und anderswo werden derzeit militärische Konflikte ausgetragen und grausame Kriege geführt mit Beteiligung der Bundeswehr und mit deutschen Waffenexporten. Insgesamt ist die Bundeswehr an über 15 Auslandseinsätzen beteiligt.

Diese Politik verursacht ein unbeschreibliches Leiden der betroffenen Zivilbevölkerung und führt zu immer größeren Fluchtbewegungen.

Gleichzeitig erleben wir mitten in Europa einen gewaltigen Truppenaufmarsch der NATO in Richtung der russischen Grenze. Die NATO hat seit dem Ende des Kalten Krieges insgesamt 13 osteuropäische Länder aufgenommen.

Eine spezielle schnelle Eingreiftruppe für Osteuropa wurde aufgestellt, deren offiziell sogenannte „Speerspitze“ von der Bundeswehr befehligt wird. Ein neu eingerichtetes Logistikkommando in Ulm soll schnelle Truppentransporte an die russische Grenze ermöglichen.

Verbunden ist diese Politik mit einer dramatischen Erhöhung der Rüstungsausgaben und einem milliardenschweren militärischen Beschaffungsprogramm.

Einen Höhepunkt dieser Konfrontationspolitik bildet die Kündigung des INF-Vertrages. Damit droht wie 1983 wieder die Stationierung von atomaren Mittelstreckenraketen in Europa und der Irrsinn eines vermeintlich auf Europa begrenzbaren atomaren Krieges.

Nein zu PESCO!

Währenddessen werden die Rufe aus Deutschland und Frankreich nach einer Weltmacht EU, die global –“ auch militärisch –“ auf Augenhöhe mit anderen Großmächten agieren soll, immer lauter. Bedeutendster Ausdruck der EU-Militarisierung ist die 2017 ins Leben gerufene „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ (englisch abgekürzt: PESCO). Im Rahmen der PESCO können Militärprojekte aller Art gemeinsam vorangetrieben und finanziert werden. Die ersten 34 dieser Projekte sind bereits angelaufen. Zur Finanzierung der gemeinsamen Rüstungsprojekte wird momentan ein EU-Verteidigungsfonds (EVF) eingerichtet. Im Rahmen der PESCO verpflichteten sich die 25 teilnehmenden EU-Staaten zudem, eine „regelmäßige reale Aufstockung der Verteidigungshaushalte“ vorzunehmen.

Sozialstaat statt Aufrüstung!

Der deutsche Militärhaushalt erfährt eine drastische Aufstockung nach der anderen: Während die Ausgaben im Jahr 2000 noch bei rund 24 Mrd. Euro lagen, werden sie im Jahr 2019 einen Spitzenwert von 43,2 Mrd. Euro erreichen, also täglich 120 Millionen Euro. Die Bundesregierung plant bis 2025 1,5% des BIPs für die Bundeswehr auszugeben –“ nach internen Bundeswehrberechnungen wären das ganze 60 Mrd. Euro. Das sind 60 Mrd. Euro, die u.a. dem Bildungs- und Gesundheitssektor fehlen. Während der aktuelle Rüstungshaushalt um 12,1 % erhöht wurde, ist der Gesundheitsetat lediglich um 0,4 % gestiegen.

Kein NATO-Logistikkommando in Ulm!

Baden-Württemberg weist mit den US Kommandozentralen EUCOM und AFRICOM in Stuttgart, dem Standort des Kommando Spezialkräfte (KSK), der aggressivsten und geheimsten Einheit der Bundeswehr in Calw, mit dem Stab der Deutsch-französischen Brigade in Müllheim und anderen militärischen Einrichtungen eine besondere Dichte an militärischer Infrastruktur auf, die es nicht nur zum Ausgangspunkt von Kriegen, sondern auch zur Zielscheibe macht.

Aktuellstes Beispiel ist das „Joint Support and Enabling Command“ (JSEC) in Ulm, eine Art Logistikkommando der NATO. Die wesentlichen Aufgaben des JSEC werden Planung und Koordination alliierter Truppenbewegungen in Europa, sowie deren Unterstützung und Schutz sein. Damit würde es eine zentrale Funktion in einem möglichen Krieg gegen Russland, aber auch für Übungen und Auslandseinsätze, einnehmen. Deutschland will seine Stellung als „strategische Drehscheibe in Europa“ stärken.

Atomwaffen abschaffen!

Seit 2018 steht die sogenannte Atomkriegsuhr auf zwei Minuten vor zwölf. Auch die Bundesrepublik ist am atomaren Wettrüsten beteiligt. Im Rahmen der sogenannten nuklearen Teilhabe sind auf dem Luftwaffenstützpunkt Büchel in Deutschland zwanzig atomare Sprengköpfe der USA stationiert, die nun auch noch modernisiert werden sollen, um ihre bereits jetzt katastrophale Schlagkraft auszubauen. Sie sollen smart werden: lenkbar, leichter und in ihrer Schlagkraft unterschiedlich skalierbar.

Nur Abrüstung und ein konsequenter Atomwaffenverbotsvertrag können diese Entwicklung aufhalten. Jede Atombombe, die existiert, ist eine zu viel.

Rüstungsunternehmen –“ nicht mit uns!

Baden-Württemberg ist mit rund 120 Firmen an etwa 70 Standorten Produktionsstätte zahlreicher Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall in Stockach, Heckler & Koch in Oberndorf, Thales und Atos in Ditzingen.

Mit der Umsetzung der Pläne zum Cyber Valley soll im Neckartal das Herz der europäischen Forschung zu Künstlicher Intelligenz entstehen –“ vorne mit dabei Amazon und ZF Friedrichshafen. Es droht hier ein militärisch-forschungsindustrieller Komplex zu entstehen, der weitere Rüstungsunternehmen und deren Zulieferer anziehen wird.

Rechte Netzwerke im Militär aufdecken!

Kaum ein Monat vergeht ohne weitere rechtsradikale Skandale bei der Bundeswehr: Im November 2018 tauchten Berichte über ein 200 Personen umfassendes rechtes Netzwerk innerhalb der Bundeswehr auf, das Waffenlager anlegt und sich auf die Ermordung politischer GegnerInnen vorbereitet. Zahlreiche Angehörige dieses Netzwerks sind Elitesoldaten des Kommando Spezialkräfte (KSK). Die Bundesregierung und ihre Geheimdienste leugnen und verharmlosen diese Gefahr.

Militarismus fördert Nationalismus, Rassismus und Sexismus –“ es handelt sich um keine skandalösen Einzelfälle, sondern um das Ergebnis angewandter Militärkultur.

Kein Werben fürs Sterben!

Im Jahr 2017 hat die Bundeswehr mindestens eine halbe Million jugendliche SchülerInnen durch Vorträge, Podiumsdiskussionen, Seminare, Projekttage und Jobmessen erreicht. Mittlerweile ist die Bundeswehr sogar an Kindergärten aktiv und beteiligt sich u.a. an Lampionumzügen durch Kasernen. So dringen Uniformen von klein an als normaler Bestandteil in den kindlichen Alltag ein. Allein letztes Jahr hat die Bundeswehr rund 1679 minderjährige SoldatInnen eingestellt.

Um die Bevölkerung für sich zu gewinnen, werden Millionenbeträge für Werbekampagnen der Bundeswehr ausgegeben. Die Bundeswehr versucht, sich als normaler Arbeitgeber darzustellen. Dieser Einzug des Militärs in Form von realitätsfremder Rekrutierungspropaganda auf YouTube, auf Plakatwänden in unseren Städten und in Bildungseinrichtungen muss unterbunden werden.

Krieg beginnt hier und hier können wir ihn beenden. Wir fordern

  • Abrüsten für den Frieden, statt Rüsten für den Krieg: Statt Rüstungsausgaben Investitionen in Soziales!

  • INF-Vertrag erhalten, Atomaffenverbot durchsetzen! Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag! Abzug aller Atomwaffen aus der BRD!

  • Konversion von Rüstungsunternehmen und militärischen Liegenschaften! Keine Kriegsvorbereitungen in unserer Nachbarschaft!

  • US-Kommandozentralen EUCOM und AFRICOM schließen!

  • Sofortige Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr!

  • Austritt aus der NATO mit dem Ziel ihrer Auflösung! Kein NATO-Logistikkommando in Ulm! Keine Beteiligung am eskalativen Wettrüsten mit Russland!

  • Kein weiterer Ausbau der EU zur Militärunion, PESCO stoppen

  • Keine Bundeswehr in Bildungseinrichtungen, auf Ausbildungsmessen und in unserem Stadtbild. Kein Werben fürs Sterben –“ keine Normalisierung des Militärs!

  • Rechte Netzwerke in der Bundeswehr aufdecken! Rassismus und Nationalismus ächten!

  • Recht auf Bewegungsfreiheit: Keine Abschiebungen –“ erst recht nicht in Einsatzgebiete der Bundeswehr.


Quelle: Aufruf zum landesweiten Ostermarsch 2019 in Stuttgart. Flyerdownload (PDF)

Kriegs- und Fluchtursachen bekämpfen!

Das Stuttgarter Offene Treffen gegen Krieg und Militarisierung (OTKM) hat vor kurzem einen neuen Flyer zur Kampagne Kriegs- und Fluchtursachen bekämpfen! veröffentlicht, den wir an dieser Stelle dokumentieren:

Der Krieg in Afghanistan hat rund 70.000 Tote verursacht Kleinbauern in Kenia werden mit der Überschwemmung von Billig-EU-Importen in die endgültige Verarmung getrieben. Das Nigerdelta ist stark mit Shells Erdöl verseucht.

Das Problem heißt Kapitalismus
Scheinbar zusammenhangslos stehen diese Tragödien nebeneinander. Eines ist ihnen jedoch gemeinsam: Kriege, Armut, Klima- und Umweltkatastrophen treiben Menschen in die Flucht. Oft verstärken sich die Faktoren gegenseitig, wie in Syrien: Die von der EU erzwungene menschenverachtende Wirtschafts- und Sozialpolitik, eine extreme 5-jährige Dürre, die Flüchtlinge des westlichen Irakkriegs und der seit 2011 andauernde Krieg in Syrien selbst haben das Land so destabilisiert, dass den Menschen jegliche Lebensgrundlage entzogen wurde.
Auf den zweiten Blick wird klar, dass diese Dynamiken eine weitere Gemeinsamkeit haben: Sie sind Symptome des kapitalistischen Systems. Die immer heftigere Ausbeutung von Mensch und Natur, die Unterdrückung der lohnabhängigen Bevölkerung und geostrategisch motivierte Kriege offenbaren den erbitterten Kampf der herrschenden Klasse, dieses unmenschliche System aufrecht zu erhalten.

Deutschlands Großmachtambitionen
Gerade Deutschland verfolgt auf all diesen Ebenen den Ausbau der eigenen Macht und ist Profiteur dieser Verhältnisse. Im alltäglichen Politikbetrieb jedoch präsentiert sich die Bundesregierung als „globaler Helfer“. Doch der deutsche Staat, seine Außenpolitik und Großunternehmen sind alles andere als barmherzige Samariter:

Die BRD verfolgt ökonomische und geostrategische Interessen, die militärisch oder politisch durchgesetzt werden.
Rheinmetall, Heckler&Koch und andere deutsche Rüstungsunternehmen beliefern weltweit Kriegsparteien mit Waffen, Drohnen und Panzern.
Deutschland ist derzeit in 16 Ländern im Kriegseinsatz.

Flucht: Der einzige Ausweg
Das Handeln der kapitalistischen und insbesondere der westlichen Länder hinterlässt Spuren bei Mensch und Umwelt. Ein Ausweg aus den geschilderten mörderischen Lebensbedingungen ist oft nur noch die Flucht. Wie ein Bumerang drängen die Folgen des imperialistischen Wütens so in die kapitalistischen Zentren zurück, gebremst nur durch zynische Flüchtlingsdeals und tödliche Abwehrmechanismen wie Frontex im Fall Europas.

Flucht entsteht unter Zwang.

  • Diese Zwänge werden von Deutschland mitverursacht.
  • Deshalb wollen wir unsere Wut auf der Straße hörbar machen.
  • Gemeinsam gegen Krieg, Ausbeutung und Kapitalismus!

Schulfrei für die Bundeswehr und Semesterferien im ganzen Jahr! Rettungsfond für die Bildung statt Rüstungsmilliarden für den Krieg!


Unter diesem Leitgedanken wird es im Januar auf Einladung der Kampagne „Schulfrei für die Bundeswehr“ eine Aktionskonferenz geben, in der eine landesweite Protestaktion beraten werden soll. Wichtigster Grund ist die fortgesetzte Verschleppung der versprochenen Kündigung der Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr durch die Grün-Rote Landesregierung.

In der Tagung „Lernen für den Frieden“ am gestrigen Samstag im Bonhoeffer-Haus Karlsruhe wurde bekannt gemacht, dass die seit 4. Dezember 2009 bestehende Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr mit kosmetischen Korrekturen durch eine neue ersetzt und den Friedensorga­nisa­tionen ebenfalls eine Kooperationsvereinbarung angeboten werden soll.

Das wurde von den TagungsteilnehmerInnen einhellig zurück gewiesen. Um zu dieser Zurück­weisung ein öffentliches Zeichen zu setzen, wird in Anknüpfung an die Demonstration am 20. Oktober 2012 in Stuttgart und an Aktionstage „Militärfreie Schulen und Hochschulen“ an eine weitere demonstrative Aktion in der Landeshauptstadt gedacht.

Die Tagung war der gemeinsamen Überzeugung, dass dabei die Mitwirkung der Gewerkschaften und der Kirchen von großer Bedeutung ist. Zum Glück hatten an der Tagung in Karlsruhe eine Reihe von VertreterInnen der Gewerkschaften und der Kirchen teilgenommen, die das direkt mit den entsprechenden Gremien kommuniziere können.

Der Tagung lag ein Reader des Autors mit einem ausführlich begründeten Antrag für eine Demo für Anfang 2014 vor, verbunden mit aktuellen Informa­tionen zur Zivilklausel an Hochschulen und zum DGB-Workshop an 30. Oktober in Berlin.

Über den Antrag wurde ausführlich in der Arbeitsgruppe c (Lena Sachs/Roland Blach: Lernen für den Frieden und militärfreie Schulen. Ein langer Weg beginnt mit dem ersten Schritt) und im Tagungsplenum diskutiert mit dem eingangs genannten Ergebnis.

Es ist davon auszugehen, dass der IMI-Kongress am 15./16. November in Tübingen die geplante Aktionskonferenz und die demonstrative Aktion unterstützen wird.
Mehr Informationen zur Tagung in der heutigen Presseerklärung „“Kooperationsvereinbarung ist ein roter Teppich für die Bundeswehr“ - Bildungssystem muss zivil ausgerichtet sein“ der DFG-VK Baden-Württemberg.

Kontakt: Dietrich Schulze dietrich.schulze@gmx.de 0160 9911 3131

“Freiheit der Wissenschaft„ und Kriegsforschung

Seit mehr als vier Jahren gibt es eine stetig intensiver werdende Auseinandersetzung an den Hochschulen um die bewusst vorangetriebene Militarisierung durch Indienstnahme für Rüstungsforschung und Kriegswissenschaft. Studierende, Gewerkschaften und Friedensorganisationen streiten mehr oder weniger erfolgreich für die Befreiung der Alma Mater aus dem Griff von Wirtschaft und Militär.

Als probates Mittel, das die Verantwortung der Wissenschaften für eine Welt ohne Krieg, für ausschließliche Gewaltfreiheit für alle Arten von Konfliktlösungen, für die Rettung des Planeten durch nachhaltigen Umweltschutz und für die Bekämpfung von weltweiter Armut und Ungerechtigkeit gut zusammenfasst, hat sich die Forderung nach Selbstverpflichtung der Hochschulen durch Zivilklauseln herausgestellt.

Die erste große Auseinandersetzung um die Zivilklausel (keine Forschung und Lehre für militärische Zwecke) in jüngerer Zeit hat sich ausgerechnet an zwei äußerst konservativen Bildungs- und Forschungsinstitutionen entzündet,

  • an der Universität Karlsruhe, die seit 40 Jahren kontinuierlich und meist verdeckt Rüstungsforschung betrieben hat und weiter betreibt und
  • am Forschungszentrum Karlsruhe, das vom damaligen Bundesminister für Atomfragen Franz-Josef Strauß 1956 als Kernreaktorbau- und Betriebsgesellschaft gegründet wurde und nicht zufällig als personelle Erstausstattung vier mit strammer Nazi-Vergangenheit belastete Führungskader (Greifeld, Schnurr, Ritter, Brandl) erhalten hatte. Gleichzeitig aber musste die völkerrechtlich unumgängliche Eintrittskarte für deutsche Atomforschung in Form der Satzungsbestimmung "Die Gesellschaft verfolgt nur friedliche Zwecke." (Zivilklausel) akzeptiert werden. Die wäre bei erstbester Gelegenheit mit dem damals propagierten Erwerb eigener Atomwaffen ad acta gelegt worden.


Ironie der Geschichte

Warum Karlsruhe? Das muss wie eine Ironie der Geschichte erscheinen. Seit 2007 ist der Zusammenschluss beider Institutionen zum Karlsruher Institut für Technologie (KIT) organisiert worden, der 2009 mit einem eigenen Landesgesetz und einer Grundsatzung gemäß Grundordnung einer Universität besiegelt wurde. Die Komplettierung des KIT als zivilmilitärischer Forschungskomplex durch Einbeziehung aller regionalen Fraunhofer-Institute (FhG, einige mit z.T. erheblichen Anteilen an Rüstungsaufträgen) ist wegen zu großer Komplexität (vorerst) zurückgestellt worden. Die Integration wird in einem Fall des Frauenhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (FhG IOSB) durch Personalunion von Uni- und FhG-Institutsleitung praktiziert.

Worin bestand der Konflikt bei der Fusion nun genau? Das Forschungszentrum (jetzt KIT Campus Nord) hatte eine Zivilklausel, die Universität (jetzt KIT Campus Süd) nicht. Für die angestrebte komplette Verschmelzung konnte es demnach nur zwei Alternativen geben: Einfügung der Zivilklausel in die Grundsatzung oder ihre komplette Abschaffung. Das letztere wagte nicht einmal die Bundesregierung unter Schavan, die seit Amtsantritt die bewusste Vermengung von zivilen und militärischen Zwecken betreibt. Für die vom Campus Nord betriebene sog. Großforschung, darunter die trotz Ausstiegsbeschluss massiv fortgesetzte Atomreaktorforschung, gilt die Zivilklausel als Teilklausel weiter. Diese wurde von der früheren SPD-Landtagsopposition mit Recht als Witz bezeichnet. Gegen die Einführung der Zivilklausel in die Grundsatzung widersetzten sich die KIT-Leitung und die damals schwarz-gelbe Landesregierung Baden-Württemberg Arm in Arm von Beginn an.

KIT-Gesetz und kein Ende

Weil diese Auseinandersetzung viele typische Elemente enthält, die auch an anderen Hochschulen zur Geltung gekommen sind, sollen die Vorgänge am KIT und in Baden-Württemberg etwas genauer nachgezeichnet werden.

Wir beginnen mit der guten Nachricht. Nachdem die Gewerkschaft ver.di bereits im Herbst 2008 eine einheitliche Zivilklausel gefordert hatte, votierten die Studierenden der Universität im Januar 2009 in einer bundesweit erstmaligen Urabstimmung zu einer Fragestellung mit derartiger gesellschaftspolitischer Tragweite für die KIT-einheitliche Zivilklausel "KIT verfolgt nur friedliche Zwecke" mit 63% JA-Stimmen. Das war ein selbst von Optimisten nicht erwarteter Paukenschlag für eine gesetzliche Friedensbindung. Kurz davor war aufgrund einer Bundestagsanfrage der LINKEN unter Mithilfe der Informationsstelle Militarisierung (IMI e.V.) Tübingen aufgedeckt worden, dass das Nachrichtentechnische Institut an der Uni an einem Breitband-Datenübertragungssystem für die Bundeswehr forscht, das besonders für multinationale Auslandseinsätze gebraucht wird. Die Zivilklausel war demzufolge für Uni und KIT keine möglicherweise überflüssige oder symbolische Vorsichtsmaßnahme, sondern hatte vor dem Hintergrund dieser Enthüllung direkte praktische Bedeutung. Der Erfolg ist von den Studierenden hart erkämpft worden. Dazu gab es Aufklärungsveranstaltungen, Flyer, Werbezettel, Infotafeln und vor allem eine massive Unterschriftenkampagne für die beiden Abstimmungsfragen: "Zustimmung zur Zivilklausel? Bei Auslegungsstreitigkeiten einstimmiger Senatsbeschluss erforderlich?" Listen wurden nach kurzen Einführungsworten von AktivistInnen in den großen Grundlagenvorlesungen in Umlauf gegeben. Eine integrierende und mobilisierende Rolle bezüglich der unterstützenden Hochschulgruppen spielte die Gewerkschaftliche Studierendengruppe Karlsruhe (GSKa).

Und jetzt die schlechte Nachricht. Geschlagene vier Jahre nach diesem Erfolg gibt es trotz Regierungswechsel und Wahlversprechen von GRÜNEN und SPD keinerlei Fortschritte. Im Gegenteil: Mit Rückendeckung der Grün-Roten Landesregierung (Ministerpräsident Kretschmann, Wissenschaftsministerin Bauer) vertuscht die KIT-Leitung reale Rüstungsforschung unter einem Dach mit Atomreaktorforschung (was zuvor als Tabu galt), verkauft die beschlossenen Ethik-Leitlinien in lächerlicher Weise als Ersatz für die heftig abgelehnte Zivilklausel und propagiert jetzt Arm in Arm mit der Grün-Roten Landesregierung die ›Freiheit der Wissenschaft.‹ Da kann sich KIT-Aufsichtsratsmitglied Zetsche (Daimler Benz) nur die Hände reiben. Viel besser konnte es in der 58-jährigen CDU-Herrschaft auch nicht laufen. Dass Aufmucken z.B. an der grünen Basis unverzüglich und unmissverständlich in die Schranken gewiesen wird, dafür sorgt nun der olivgrün gewendete Landesvater.

Zivilklausel-Bewegung wächst

Dennoch gibt es ein positives Pfund, das bei allem berechtigten Frust über die neue alte Landespolitik und die kriegsfördernde Bundespolitik nicht unterschätzt werden darf. Die Bereitschaft, für Frieden und Gerechtigkeit zu streiten, breitet sich aus in Karlsruhe, in Baden-Württemberg, bundesweit und sogar international. Die Zivilklausel ("civil clause") ist zum Inbegriff für verantwortliches Handeln an den Hochschulen geworden. Es ist ein bundesweites Bündnis "Hochschulen für den Frieden - Ja zur Zivilklausel" entstanden, das sich etwa vierteljährlich zwecks Erfahrungsaustausch und Organisierung von Kongressen und Aktionen trifft. Es hat weitere Urabstimmungen pro Zivilklausel an den Unis Köln und Frankfurt a.M. sowie an der FU Berlin gegeben. An etwa 40 Hochschulen gibt es Arbeitskreise pro Zivilklausel.

Allein in den letzten beiden Jahren sind sieben Zivilklauseln an Hochschulen zu den früheren fünf hinzugekommen, Ende Januar für die Goethe-Universität Frankfurt (Stiftungsuniversität!). In Bremen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Berlin/Brandenburg, Bayern und anderswo werden derzeit gesetzliche Regelungen mit Zivilklauseln für Landeshochschulgesetze gefordert. Niedersachsen hatte in den 90er Jahren schon mal eine. Im neuen DGB-"Programm für eine demokratische und soziale Hochschule" wird in Ziff. 10 "Kooperation, Verantwortung und Transparenz in der Forschung" u.a. eine Zivilklausel für ein Bundeshochschulgesetz gefordert.

Vor und nach der Wahl

Allesamt verfassungswidrige Beschlüsse bzw. Bestrebungen gegen die Freiheit der Wissenschaft, wenn man der heutigen Auslegung von Ministerin Bauer folgt. Frau Bauer hatte 2010 zusammen mit Herrn Kretschmann für die GRÜNEN in der Opposition die Zivilklausel für das KIT-Gesetz beantragt. Auf Nachfrage in einer Versammlung in der Uni Karlsruhe, dass sie demnach gegen die Verfassung gehandelt hat, erklärte sie das als "Jugendsünde". Eine durchaus beachtliche Leistung, diese "Jugendsünde" im Alter von 45 Jahren. Da fragt man sich unwillkürlich, wann Frau Bauer erwachsen werden wird.

Kabarettreif hatte Bauers Amtsvorgänger Minister Frankenberg (CDU) im Juli 2009 im Landtag zum KIT-Gesetz erklärt: "Über die Zivilklausel haben wir uns ausgetauscht. Sie bleibt beim Forschungsteil. Ich persönlich - das betone ich auch hier noch einmal - bin der festen Überzeugung, dass unsere Hochschulen eigentlich für die Armee eines demokratischen Staates und die beste Ausrüstung ihrer Soldaten auch forschen dürfen. Ich halte dies übrigens auch für eine Zivilklausel. Denn wir haben eine zivile Armee, für die man forschen können soll. Insofern akzeptiere ich die Zivilklausel für den Forschungsteil. Ich akzeptiere aber im Prinzip die Idee der Zivilklausel für unsere Bundeswehr nicht."

Am Rande ihres Antrittsbesuchs an der Universität Tübingen hatte sich die jetzige Wissenschaftsministerin Bauer wie folgt geäußert: "Ich begrüße und unterstütze es, wenn Hochschulen in ihren Grundordnungen klarstellen, dass Forschung und Lehre friedlichen Zwecken dienen". Laut Schwäbischem Tagblatt (05.11.11) betonte sie aber zugleich, dass sie eine gesetzliche Beschränkung von Forschungsaktivitäten ablehne. Dem fügte sie hinzu, dass sie persönlich es für "legitim und richtig" ansehe, wenn Hochschulen "Forschung zu sicherheitsrelevanten Fragen betreiben, die sich im Rahmen demokratisch legitimierter Bundeswehreinsätze stellen."

Ähnlich MP Kretschmann bei einem Bürgerempfang im Karlsruher Rathaus kurz darauf. Eine KIT-Studentin erinnerte ihn an die grüne Position vor der Wahl und fragte, warum die Zivilklausel nicht ins KIT-Gesetz geschrieben wurde. Die knappe MP-Antwort: "Forschung und Lehre sind nach dem Grundgesetz frei." Nach Verweis der Studentin darauf, dass MP das doch vor der Wahl gewusst habe, sowie auf die Praxis des Forschungszentrums und die Tübinger und Bremer Zivilklausel, wechselte der MP die Pferde. Es gehe gar nicht um verfassungsrechtliche Bedenken, sondern darum, dass die Institute das selber entscheiden sollen. Außerdem müsse beachtet werden, dass wir eine Bundeswehr haben, die für ihre Friedenseinsätze Unterstützung brauche.

"Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke". Eine Zivilklausel, die Militärforschung ermöglicht, sollen die Hochschulen also gerne beschließen. Nun versteht man jedenfalls besser, was Frau Bauer meinte, als sie zwei Monate nach ihrem Amtsantritt erklärte: "In der Hochschulpolitik waren wir Grünen meist näher an den Schwarzen als an der SPD." (Badische Zeitung 21.05.11)

Kritische Diskussion unerwünscht

In allen drei Fällen gibt es allerdings einen ins Auge fallenden Widerspruch in der eigenen Argumentation. Wenn die Bestimmung "friedliche Zwecke" so interpretiert werden kann, dass damit Forschung für die Bundeswehr in einem gewissen Umfang vereinbar ist, dann kann sie doch ins KIT-Gesetz geschrieben werden, ohne dass z.B. die Forschung für das zitierte Breitband-Datenübertragungssystem für die Bundeswehr eingestellt werden müsste. Warum wehren sich die Minister und Ministerpräsidenten vehement gegen diese gesetzliche KIT-Zivilklausel? Es bliebe doch alles wie gewünscht beim Bestehenden.

Mit einem wesentlichen Unterschied. Der "friedliche Zweck" kann von "Naiven" auch anders ausgelegt werden, nämlich als nicht-militärischer Zweck. Zu diesen "Naiven" gehörten übrigens die WissenschaftlerInnen und sogar die Administration des ehemaligen Forschungszentrums, die die Zivilklausel in diesem Sinne erfolgreich praktiziert und gegen mehrere Aufweichungsversuche verteidigt hatten. Jetzt wird aber offensichtlich allein die mögliche Auslegungsdiskussion über die gesellschaftlichen Zwecke von Forschung als unerwünscht angesehen. Ja, das allerschlimmste an der Zivilklausel ist aus herrschender Sicht, dass an den Hochschulen überhaupt eine kritische Diskussion entbrannt ist. Das wird vom Vorwärtsverteidigungsminister persönlich bestätigt.

Der oberste "Pflichtverteidiger"

Anfang 2012 beklagte dieser in der Süddeutschen Zeitung vom 27.02.2012 unter dem Titel "Ungeliebte Kriegsforschung" aufgrund eines Interviews nach der Münchener Sicherheitskonferenz, er erkenne "keinen großen intellektuellen Beitrag der deutschen Universitäten zur Frage von Krieg und Frieden." Die SZ meinte dazu: "De Maizière wünscht sich nun Antworten auf aktuelle Fragen. Zum Beispiel: Dürfen Armeen Drohnen im Kampf einsetzen? Dürfen sie private Sicherheitsfirmen einspannen? Wie sollten Staaten auf einen Cyberangriff reagieren?"

Am Buß- und Bettag 2012 wurde er in Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau  deutlicher: "Als Verteidigungsminister frage ich: Warum diskutieren wir nicht über deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik - an Schulen, Universitäten, Kirchen und überall, wo öffentlich diskutiert wird? Leidenschaftlich diskutiert wird zumindest teilweise über die Bundeswehr an Schulen oder über Zivilklauseln an Universitäten. Warum können diese Diskussionen kein Anknüpfungspunkt sein, um in eine etwas grundlegendere Diskussion über die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik einzusteigen?"

In der Dezember-Ausgabe 2012 des Campus Magazins UNICUM geht der oberste "Pflichtverteidiger" zum offenen Angriff über. Nachdem er die angeblich geringfügigen militärischen Finanzierungsbeiträge für die Hochschulen im Interview geschildert hat, wörtlich: "Sie sehen daran, dass die Diskussion über die Zivilklausel von der Bedeutung völlig übertrieben wird. Zweitens halte ich die Einführung einer Zivilklausel für einen Verstoß gegen die Wissenschaftsfreiheit des einzelnen Wissenschaftlers. Drittens führt sie zu einer Zweck- und Zielprüfung der Forschung, was auch nicht in Ordnung ist."

Wessen Freiheit wofür?

Freiheitsrechte sind Bürgerrechte gegen staatliche Gängelung und Willkür. Die Unterfinanzierung der Hochschulen und die dadurch entstehende Drittmittelabhängigkeit verursacht Unfreiheit. Das sieht selbst der konservative Deutsche Hochschulverband, die Standesvertretung der Universitätsprofessoren, so. Auf seinem Jahrestreffen am 20.3.2012 in Hannover beschloss er eine Resolution, in der es u.a. heißt: "Die Unabhängigkeit der Wissenschaft setzt eine ausreichende Grundfinanzierung von Forschung und Lehre voraus. Daran mangelt es aber: Neun von zehn Wissenschaftlern haben in den letzten fünf Jahren Drittmittel beantragt, weil sie nur auf diese Weise Projektmitarbeiter beschäftigen können. Solange Einwerbungserfolge bei Drittmitteln reputations- bzw. karrierefördernd wirken, finanziell belohnt werden und sich immer mehr zum Fetisch und zur Währung des Wissenschaftsbetriebs entwickeln, wächst die Gefahr sachfremder Einflüsse auf die Wissenschaft." Die Zivilklausel entfaltet eine Bremswirkung gegen derartige Fremdbeeinflussungen. In seinem verfassungsrechtlichen Gutachten von Anfang 2009 stellte Erhard Denninger fest, dass die KIT-Zivilklausel nicht nur zulässig ist, sondern der Friedensfinalität des (ursprünglichen) Grundgesetzes entspricht. Wenn sich Minister und gewisse Hochschul-Leitungen wegen einer Zivilklausel Sorgen um die Freiheit machen, so ist das nichts anderes als Pervertierung der Freiheitsrechte und urdeutsches Anpassertum.

Nochmal zu KIT und Baden-Württemberg. Die früheren Landtagsoppositionsparteien GRÜNE und SPD hatten nicht nur die Zivilklausel für KIT beantragt, sondern auch Bekenntnisse für friedliche und zivile Hochschulforschung in ihre Wahlprogramme zur Landtagswahl aufgenommen. Noch kurz vor der Wahl unterzeichneten die damaligen Abgeordneten Kretschmann (GRÜNE), Bauer (GRÜNE), Schmid (SPD) zusammen mit 450 zum Teil internationalen Persönlichkeiten einen Appell an KIT, die Zivilklausel einzuführen. Nichts von alledem wollen sie heute in Regierungsverantwortung wissen.

In dasselbe Horn bläst KIT-Präsident Prof. Umbach: "Eine solche Klausel steht im Widerspruch zur Freiheit von Forschung und Lehre, die im Grundgesetz Artikel 5 verankert ist. [...] Außerdem ist Forschung für die Bundeswehr auch im Grundgesetz abgesegnet. [...] Wir müssen doch interessiert sein, dass unsere Soldaten im Auslandseinsatz die bestmögliche Ausrüstung bekommen." (dpa-Dossier Bildung Forschung Nr. 31/2012)

Die gleiche Ignoranz von KIT-Leitung und Grün-Roter Landesregierung gilt gegenüber der bereits erwähnten Fortsetzung der Atomforschung für Reaktoren der IV. Generation (Transmutation). Gründe genug für eine Konferenz unter dem Titel "Zivilklausel statt Rüstungsforschung - Verantwortung der Wissenschaft für Frieden und Zukunftsfähigkeit" am 15/16. Juni 2012 am KIT.

Tagung gegen Kriegsforschung

Angeknüpft werden konnte dabei an eine andere Vergangenheit der Universität Karlsruhe. 25 Jahre zuvor gab es dort fast auf den Tag genau eine beachtete Konferenz gegen Rüstungsforschung, inspiriert von Werner Buckel (1920 - 2003), dem langjährigen Direktor des Physikalischen Instituts der Fridericiana, ein begnadeter Grundlagenforscher, Friedenswissenschaftler und früher Atomkraftkritiker. Von ihm stammt der schöne Gedanke über das vorbehaltlose Zusammenstehen aller Hochschulangehörigen in der sogenannten Nachrüstungsdebatte 1983: "Das Plenum vermittelte das Erlebnis einer wahren Universität." Die Studierenden und die ProfessorInnen waren zuvor gemeinsam gegen die Stationierung von Atomraketen auf die Marktplätze gezogen.

Die wichtigsten Ergebnisse, Vorträge und Arbeitskreisberichte gegen Rüstungs- und Atomforschung sowie über ein Abschlusspodium sind in einer 48-seitigen Broschüre zusammen getragen worden. Die Podiumsvertreter aus Studierendenschaft, Friedenswissenschaft, Gewerkschaft und Politik (GRÜNE, SPD, LINKE) waren sich mit dem Plenum einig, dass die Zivilklausel in das Landeshochschulgesetz und in das KIT-Gesetz gehört.

Streitschrift "Entrüstet Euch"1

Die Dokumentation enthält zwei interessante Vorworte von Heribert Prantl (Süddeutsche Zeitung München) und Wolfram Wette (Friedensforscher Freiburg, ehemals Militärgeschichtliches Forschungsamt der Bundeswehr).

Prantl schrieb zu den "Naiven": "Die Initiative ›Jetzt Entrüsten!‹ wirbt für ein ziviles Gemeinwesen - also für eine Zivilklausel an den Hochschulen und Universitäten, für die satzungsmäßige Bindung und die Verantwortung aller Hochschulangehörigen, ihre Forschung und ihre Lehre nur friedlichen Zwecken zu widmen. Die sogenannten, die angeblichen Realpolitiker nennen das Naivität. Damit haben sie vielleicht sogar recht. Ohne diese Naivität hat man nicht die Kraft, gegen den Jahrtausend-Mainstream anzutreten. Aber diese angeblich Naiven sind die wahren Realpolitiker, weil sie die richtigen Konsequenzen aus der Jahrtausend-Realität ziehen: ›Jetzt Entrüsten!‹."

"Mit den Waffen des  Geistes - Gegen den Geist der Waffen"

Die Karlsruher Tagung stand unter diesem Leitmotiv. Es stammt von dem 87-jährigen antifaschistischen Widerstandskämpfer und Holocaust-Überlebenden Martin Löwenberg aus München. Aus seinem bewegenden Grußwort zur Tübinger Zivilklausel-Konferenz im Oktober 2011, das der Autor dieses Beitrages vortragen durfte, ein Schlüsselzitat: "Ich habe nie aufgehört, über Militarismus, Rassismus und Neofaschismus aufzuklären und dagegen tätig zu werden. Zum Aufruf ›Nicht in unserem Namen‹ zur NATO-Sicherheitskonferenz im letzten Jahr hatte ich folgendes aufgeschrieben: ›Die erste politische Veranstaltung, auf der ich nach unserer Befreiung am 7. Mai 1945 aus dem KZ-Außenlager Leitmeritz gesprochen habe, stand unter dem Motto ›mit den Waffen des Geistes - gegen den Geist der Waffen‹. Dieser Leitsatz hat mich mein ganzes Leben begleitet. Denn ohne die aktive Unterstützung durch die Deutsche Wehrmacht hätte es keinen Holocaust gegeben. Darum bekämpfe ich auch heute noch den verfluchten deutschen Militarismus bei Gelöbnissen, Sicherheitskonferenzen und im Alltag.‹ "

An Martin Löwenberg können sich die Studierenden und wir alle ein Vorbild nehmen. Streiten wir weiter für eine verantwortliche Wissenschaft. Das sind wir der deutschen Geschichte schuldig. Vernetzen wir uns mit anderen Initiativen, z.B. der Aktion "Aufschrei" gegen Rüstungsexporte und mit der Kampagne "Schulfrei für die Bundeswehr". Zusammen mit letzterer ist für das erste Halbjahr 2013 eine weitere Aktionswoche "Militärfreie Schulen und Hochschulen" in Planung.

Anmerkung

1) Die Broschüre ist im Stuttgarter AnStifter-Verlag Peter Grohmann erschienen und kann dort für einen fairen Preis erworben werden. Seit Ende 2012 kann sie im Volltext online unter www.stattweb.de/files/civil/Doku20121230.pdf studiert werden.



Erstveröffentlichung im FORUM Wissenschaft

Was mir heute wichtig erscheint #321

Unerträglich: "Ein Hamburger filmt, wie ein älterer Mann am Hamburger Hauptbahnhof von Sicherheitsmitarbeitern der Deutschen Bahn abgedrängt wird. Breitbeinig und über ihm aufragend zwingen sie ihn, das Gebäude zu verlassen. So etwas will sich eine Gruppe engagierter Hamburger nicht gefallen lassen. Zuletzt am Samstag demonstrierten 200 Personen gegen die Vertreibungspraxis." Beitrag beim Hamburger Strassenmagazin Hinz & Kunzt.

Beziehungskiste: 50 Jahre Elysée-Vertrage und die "Legende von der 'Versöhnung'" im Beitrag "Versöhnung und Kollaboration" bei german-foreigpolicy - Informationen zur deutschen Außenpolitik.

Führungsposition: Deutschland ist Weltmeister. Im Lohndumping. Und im Niedriglohnsektor in Westeuropa führend. Siehe dazu das Netzwerkinfo der Gewerkschaftslinken zu den Tarifrunden 2013 sowie die Infos der Hans-Böckler Stiftung: WSI [Powerpoint-Datei - 2.2 MB] und die WSI [PDF-Datei - 1 MB].

Auftritt: "Die Öffentlichkeit staunte nicht schlecht: Am 21. Dezember 2012 – dem Tag, der von den Mainstreammedien fälschlicherweise als von den Maya prophezeiter »Weltuntergang« seit Monaten kommerziell ausgeschlachtet worden war – besetzten rund 40000 Zapatistas friedlich die Hauptplätze der fünf Städte San Cristóbal, Ocosingo, Altamirano, Las Margaritas und Palenque im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas." Ausführlicher Artikel von Luz Kerkeling bei der jungen Welt.

Zeitfrage: "Nach Ansicht von Eugene Kaspersky ist es nur eine Frage der Zeit, wann ein Staat Opfer einer ernsten Cyber-Attacke wird, die kritische Infrastrukturen zerstört. Auf der DLD-Konferenz in München erzählte Kaspersky von seinem düsteren Zukunftszenario im Gefolge von Stuxnet und Roter Oktober.(...)" weiter bei heise online.

Existenzberechtigung: "Die Genfer Abrüstungskonferenz tagt wieder. Am Montag begann die diesjährige Sitzungsperiode. Die 65 Delegationen im Ratssaal des Palastes der Nationen sehen sich jedoch im Vergleich zu vergangenen Jahren einer neuen Situation gegenüber." Beitrag von Wolfgang Kötter beim Lebenshaus Alb.

Rechtswidrig: Beim LKA Thüringen verschwand auf unerklärliche Weise Toilettenpapier. Die Suche nach dem Dieb mittels versteckter Kamera war illegal und hat nun Folgen.

Jahrestag: Am 27. Januar wird weltweit der Befreiung des faschistischen Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee 1945 gedacht. In diesem Jahr erinnert die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten an ein weiteres Datum: Am 2. Februar 2013 jährt sich zum 70. Mal der welthistorische Sieg der Roten Armee bei Stalingrad. An diesem Tag kapitulierten die deutsche 6. Armee unter Generalfeldmarschall Paulus und ihre Verbündeten vor den Verbänden der 62. und 64. Roten Armee unter General Schukow. Dieser Sieg war ohne Zweifel die militärische Wende im Zweiten Weltkrieg. Die Erklärung im Wortlaut bei der VVN-BdA Esslingen.

Konditionierung: "(...) Rassisten haben mit anderen Gewalttätern gemeinsam, dass sie sich zuerst als Opfer konstruieren bevor sie menschenfeindlich und brutal vorgehen. Das lässt sich in der aktuellen Presselandschaft gerade gut nachvollziehen. Allenorten wird das Recht auf sprachliche Gewalt so aufgeregt verteidigt als seien weiße Deutsche Opfer von Völkermord, Unterdrückung und anhaltender Entmenschlichungstraditionen. (,,,)" Beitrag von Noah Sow zur aktuellen N-Wort Debatte: Stimmen der Vernunft…

Erweiterung: Neben dem traditionellen "Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz" treten inzwischen auch andere Bündnisse und eigenständige Blöcke in den Vordergrund. "SiKo": Fliehkräfte im Aktionbündnis?

Inszenierung: Am 19. Dezember 2012 schloss sich die Bundespolizei am Frankfurter Flughafen der sogenannten Initiative „Respekt! Kein Platz für Rassismus“ an. Dazu wurde mit viel Tamtam und Medienzirkus am Gebäude der Bundespolizei am Frankfurter Flughafen, einem der bedeutendsten Dreh- und Angelpunkte in der innereuropäischen Abschottungs- und Asylpolitik symbolisch ein Blechschild der fragwürdigen Initiative aufgehängt. Die Bundespolizei schmückt sich seit dem mit dem Label „antirassistisch“. Allerdings waren auch kritische Stimmen zu vernehmen. Beitrag bei IndyMedia.

Erniedrigung: "(...) Unter dem Label „Perspektive 50plus“ starten allerorts Jobcenter zweifelhafte Aktionen, um angeblich älteren Hartz IV Beziehern eine (Re-)Integration auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. So werden beispielsweise Erwerbslose in Berlin zu speziellen Bauchtanz-Kursen eingeladen, in Brandenburg mit Schrittzählern ausgestattet oder in Nienburg zu sogenannten Rauchentwöhungskursen verdonnert. Nicht selten werden derlei Einladungen auch gleich mit Androhungen von Sanktionen verschickt. (...)" Weiterlesen bei gegen-hartz.de. (via synsikalismus)

Was mir heute wichtig erscheint #280

Leitfaden: Der neue Leitfaden ALG II / Sozialhilfe vom Tachelesautorenteam Frank Jäger und Harald Thomé ist nun fertig und erhältlich. Der Leitfaden ist für Betroffene und deren Berater ein fundierter Ratgeber –“ er soll zur rechtlichen Gegenwehr befähigen und ermutigen und er soll ermutigen sich gegen Sozialabbau und Lohndumping zur Wehr zu setzen. Der Leitfaden enthält 536 Seiten und ist zum Preis von 11 EUR incl. Versand erhältlich. Nähere Infos zum Leitfaden, ein Stichwörter zum Probelesen gibt es hier.

Reader: Mittlerweile gibt es zahlreiche Aktivitäten, Aktionen und Auseinandersetzungen rund um die Zivilklausel in Tübingen (und anderswo). Aus diesem Grund hat die Informationsstelle Militarisierung (IMI)  einen Reader erstellt, in dem das wichtigste Material zusammengetragen ist und der hier heruntergeladen werden kann. 

Merkbefreit: Die Volkszählung 2011 ist in die zweite Runde gegangen - und macht vor neuen Pannen keinen Halt. 400.000 Haushalte wurden erneut angeschrieben, Datenschützer kritisieren eklatante Sicherheitsmängel. Ein Beitrag aus dem SHZ "Pleiten, Pech und Pannen beim Zensus".

Neuerscheinung: Die Ausgabe 51 des Apabiz-Rundbrief "Monitor" ist erschienen und steht zum Download bereit. "Immer öfter werden Neonazi-Aufmärsche erfolgreich blockiert. Die rechte Szene reagiert mit halbkonspirativer Planung, Geheimhaltung von Routen und mit scheinspontanen Ersatzevents. Welche Auswirkungen diese Entwicklungen auf die Neonazi-Szene und auf die antifaschistische Praxis haben, analysiert der Aufmacher dieser Monitorausgabe. Weitere Texte beschäftigen sich unter anderem mit den anstehenden Wahlen in Berlin, einem neuen Buch über militanten Antifaschismus in Großbritannien sowie unserem Online-Bibliothekssystem."

Erleichterung: Über das Scheitern Münchens bei der Olympiabewerbung gibt es nicht nur das mediale Geheule, sondern auch Freude.

Krisengewinnler: Deutschlands sogenannte "Topmanager" verdienen wieder so gut, als hätte es keine Krise gegeben. Eine Übersicht.

Zählung: Der Verfassungsschutz hat wieder mal die »Extremisten« gezählt. Ergebnis: Die Linken sind schlimmer –“ auch wenn sie Wert darauf legen, keine Unbeteiligten zu schädigen. "Delikt Antikapitalismus" bei der Tageszeitung "junge Welt" via weltendenzwischen.

Undurchsichtig: Heute ist namentliche Abstimmung über einen Antrag der Linsfraktion im Bundestag zum Panzerdeal. Die "Süddeutsche" zu Angela Merkel's Schweigen zum Rüstungsdeal.

Abgelehnt: Am Montag den 4. Juli entschied der Wittenberger Kreistag über die zukünftige Unterbringung der im Landkreis lebenden Flüchtlinge. Fast alles bleibt beim Alten –“ Das Lager Möhlau wird nicht geschlossen. Pressemitteilung von No Lager Halle vom 7.7.11

Glanzlichter: Nummer 73 bei Opalkatze - Panzer, Pfeifen und misstrauische Steckdosen.

nachschLAg:
Ein unvollständiger Wochenrückblick über die Entwicklung in Lateinamerika.

Deutsche Waffen / deutsches Geld / morden mit / in aller Welt! Die Gewerkschaften auch?

Liebe Kollegen Huber und Stiedl,
befremdet und sehr verärgert las ich die Äußerungen des Kollegen Stiedl auf http://www.tagesschau.de/wirtschaft/igmetallruestung100.html.

und glaubte, meinen Augen nicht zu trauen:

"Die IG Metall hat Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg vor einer massiven Kürzung des Rüstungsetats gewarnt. Mit den jetzt geplanten Einsparungen würden 30.000 Arbeitsplätze in Deutschland vernichtet und die "militärische Luftfahrtindustrie kaputt gemacht", sagten EADS-Gesamtbetriebsratschef Thomas Pretzl und IG-Metall-Konzernbetreuer Bernhard Stiedl. Sie kündigten den Widerstand der Gewerkschaft an."


Ich wäre als jahrzehntelanger IG Metall Aktivist, Mitglied der Delegiertenversammlung und der Vertrauenskörperleitung bei Festo in Esslingen der Letzte, der für die Sorgen der KollegInnen um Arbeitsplätze und Löhne kein Verständnis hätte. Im Gegenteil. Wir versuchen hier unter schwierigen Bedingungen die Kollegen für die Gewerkschaften zu gewinnen und dafür, dass sie selber aktiv werden.

Der Kampf um den Erhalt von Arbeitsplätzen kann jedoch garantiert nicht mit Forderungen nach Erhöhung von Rüstungsausgaben geführt werden. Wer nimmt uns denn noch ab, wenn wir auf Friedensdemonstrationen mit IG Metall Fahnen auftauchen? Die Teilnehmer dort jagen uns doch weg! Zu Recht.

Die Sorgen der Kolleginnen und Kollegen werden meiner Ansicht nach ganz übel missbraucht. Sonst würden Forderungen, den Kampf um Arbeitsplätze auf Kosten der Profite der Konzerne und darüber hinaus am besten mit der Perspektive auf eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung zu organisieren nicht ständig derartig torpediert werden.

What next - erklärt die IG Metall demnächst irgendeinem Land den Krieg, um Arbeitsplätze in Deutschland zu schaffen, wie es einige der Kommentatoren in dem Beitrag scharfsinnig erkannt haben? Vertreten wir dann die Interessen der Kolleginnen und Kollegen am Hindukusch?

Wohl eher nicht, statt dessen der übliche Standortnationalismus: "Wir finden es nicht gut, wenn mit deutschen Steuergeldern ausländische Rüstungsgüter gekauft werden. Wir hätten die Wertschöpfung lieber in Deutschland", so der Kollege Stiedl. Kennen wir schon von Nokia, von Opel usw. usf. Das lässt wenige Tage vor dem Europäischen Aktionstag der Gewerkschaften in Brüssel nichts Gutes erwarten.

Denn da wäre eigentlich ein gemeinsamer, solidarischer und vor allem länderübergreifender Kampf der Belegschaften für ihre Interessen nötig.



Update: Die Antwort folgte umgehend:

Sehr geehrter Herr Trueten,–¬
–ª –¬
–ªvielen Dank für Ihre Position zu meinen Äußerungen zu den Kürzungen im Wehretats. Auf der heutigen Pressekonferenz habe ich genau die Punkte der notwendigen Konversion angesprochen, leider wurden meine Aussagen dazu aber nicht aufgegriffen. Zu Ihrer Information habe ich der Mail ein aktuelles Papier der IG Metall zur Wehrtechnik angefügt.–¬


Mit freundlichen Grüßen


Anhang: http://ul.to/n5o4d8


Worauf ich nochmal nachhakte:

Lieber Kollege,
Danke für Deine umgehende Antwort. Da es eine Standardantwort ist, gehe ich von einer persönlichen Mail in den nächsten Tagen aus.

Das Papier werde ich jetzt nicht durcharbeiten. Ich hatte eine ganz konkrete Kritik und erwarte dazu eine konkrete Antwort und kein 22 seitiges Dokument.

Zur Frage der Rüstungskonversion haben wir zudem mit Sicherheit widersprüchliche Standpunkte.

Entscheidend jedoch ist, dass Du eine Posiition vertreten hast, die jetzt öffentlich diskutiert wird und auf unsere Gewerkschaft ein schlechtes Licht wirft.

Ich wage nicht daran zu denken, was solche Positionen bei den Menschen in den Ländern, gegen die Deutschland Krieg führt, für Gedankengänge verursachen...


Protestmails bitte an: Bernhard.Stiedl@igmetall.de und an: Berthold.Huber@igmetall.de

IMI Kongress am 6./7. November 2010: EUropas Staatsbildungskriege: Zerschlagen - Umbauen - Dirigieren

Foto:
Ort: Schlatterhaus, Österbergstr. 2, 72072 Tübingen

Im Juli 2010 erklärte der Internationale Gerichtshof die Unabhängigkeitserklärung (nicht aber deren Anerkennung) der unter EU-Verwaltung stehenden serbischen Provinz Kosovo für rechtmäßig. Auch im Sudan wird sich im Januar 2011 der ölreiche Süden des Landes aller Voraussicht nach vom Norden abspalten –“ wiederum mit tatkräftiger Unterstützung der EU. Andere Regierungen werden von der Europäischen Union zugleich massiv gegen Rebellengruppen, Protestbewegungen und Sezessionsbestrebungen aufgerüstet. Richtschnur für diese Politik ist nicht das Völkerrecht, sondern die jeweilige Interessenslage, die eben im einen Fall Zerschlagung und Umbau, im anderen die "territoriale Integrität" eines Landes erfordert.

Generell stellen heutzutage Kriege nur eines von vielen –“ zudem kostspieliges –“ Mittel zur Durchsetzung wirtschaftlicher und strategischer Interessen dar. Der Auf- und Umbau von Staaten und deren dauerhafte Gängelung unter der Androhung von Zerschlagung gewinnt an Bedeutung. Die Europäische Union hat sich hierfür wie kein anderer weltpolitischer Akteur ein breites Instrumentarium zugelegt. Es reicht von der Nachbarschafts- und Beitrittspolitik, über Finanzinstrumente, Polizei- und Rechtsstaatsmissionen sowie Sicherheitssektorreformen bis hin zu "harten" Gewaltmittel wie EU-Battlegroups, schneller Eingreiftruppe und umfassenden Interventionen im Verband mit der NATO. Die meisten dieser Instrumente werden derzeit im „Europäischen Auswärtigen Dienst“ zusammengefasst.

Hiermit will die EU eine weltweit führende Rolle beim Umbau von Staaten, der dauerhaften Verwaltung nicht lebensfähiger Protektorate und notfalls auch der gewaltsamen Zerschlagung von Staaten und Regimen einnehmen. Das europäische Instrumentarium für „ferngesteuerte Bürgerkriege“ und die doppelten Standards im Umgang mit instabilen Regionen sowie die dahinterstehenden Interessen möchten wir beim diesjährigen IMI-Kongress herausarbeiten und Gegenstrategien diskutieren.


PROGRAMM

Samstag 6. November: 12h: Begrüßung

12h15-13h45
Tobias Pflüger:
The European Way of War: Staatsbildungskriege, doppelte Standards und die Abwicklung des Völkerrechts

14h00-15h45
Staatenbau mit "sanfter" Gewalt

-- Malte Lühmann: Ziele und Instrumente neoliberaler Außenpolitik
-- Martin Hantke: Die (Finanz-)Instrumente des Empire Europa
-- Jürgen Wagner: Eurosphere: Nachbarschafts- und Beitrittspolitik im "Großraum Europa"

16h15-18h00
Und bist du nicht willig... Europas militärischer Kontrollapparat

-- Arno Neuber: Eingreiftruppe - Battlegroups - Gendarmerie Force: Europas Militärapparat und seine multilaterale Einbettung
-- Claudia Haydt: "Robuste" Bevölkerungskontrolle: Repressionsinstrumente vom Drohneneinsatz bis zur gezielten Tötung
-- Jonna Schürkes: Sicherheitssektorreformen als Kontroll- und Besatzungstechnik

19h30-21h00
Martin Hantke:
Der Europäische Auswärtige Dienst: Ein State-Building-Instrument für eine imperiale Machtpolitik aus einem Guss


Sonntag 7. November

Staaten zerschlagen –“ Staaten bauen: Ein Projekt der Europäischen Union

9h30-10h30
Jürgen Wagner:
Völkerrechtlicher Amoklauf auf dem Balkan: Mit dem IGH-Gutachten in eine neue Ära der Sezessionskriege?

10h45-11h45
Claudia Haydt:
Sezession und (Nicht-)Anerkennung: Pulverfass Kaukasus

12h00-13h00
Christoph Marischka:
Von Desertec bis zum Golf von Aden –“ europäische Interessen, Sezession, Putsch und Anerkennung in West- und Ostafrika


13h15-14h30
Zusammenfassung und Ausblick: Internationalismus von unten statt Staatsbildung von oben

Aktuelle Informationen

Was mir heute wichtg erscheint #217

Jubiläumsausgabe: Die 200. Ausgabe der "Direkten Aktion" berichtet über den Prozess um Gewerkschaftsfreiheit, Emmely und einer "klauenden" Kellnerin, die unheilige Allianz von DGB und Arbeitgeberverband, Arbeitskämpfe während der WM in Südafrika, Streiks in Griechenland, Situation der Gewerkschaften in Frankreich und vielem mehr.

Zuspruch: Mehr Zuspruch als erwartet fand am Wochenende eine Konferenz in Frankfurt am Main, die knapp zwei Jahre nach Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise spürbare Taten zur Lähmung des Finanzsektors besprach. Statt der von der Frankfurter »Aktionsgruppe Georg Büchner« erwarteten 30 Teilnehmer aus dem Rhein-Main-Gebiet kamen über 50 Menschen aus insgesamt 29 Organisationen zu der Konferenz.

Mundtot: "Linke AktivistInnen werden schon lange vom Staat bespitzelt, verfolgt, verurteilt, nicht ernst genommen und als  Demokratiefeinde verteufelt. Jetzt will Bundesfamilienministerin Kristina Schröder einen Schritt weitergehen: Zwei Millionen Euro sollen in Programme gegen „Linksextremismus“ und Islamismus fließen. Solche Programme wurden bisher in erster Linie gegen „Rechtsextremismus“ verwendet. Grundlage für diese Maßnahmen bilden die Extremismustheorie sowie das Konzept der „wehrhaften Demokratie“. "Wie mit dem Extremismusbegriff und der „wehrhaften Demokratie“ Linke mundtot gemacht werden." Beitrag in der Jugendzeitschrift "Utopia"

Emfehlung: Die Antifa empfiehlt: Mandi –“ Comic gegen den Extremismusbegriff. Via Empfehlung vom Herrn Preislbauer. Ebenfalls empfehlenswert: Das Interview beim Pantoffelpunk zum Thema. Oder annalist. Die passende Grafik gab's bei uns.

Faktensammlung: Die Informationsstelle Militarisierung (IMI) hat bereits zahlreiche Studien veröffentlicht, in denen beschrieben wird, wie die Bundeswehr einerseits mit Hilfe von Jugendoffizieren und den Unterrichtsmaterialien „Frieden und Sicherheit“ an Schulen die Militärpolitik der Regierung zu legitimieren sucht und andererseits Jugendliche direkt an Schulen rekrutiert (siehe http://www.imi-online.de/2006.php?id=2139). Nun hat die IMI die Argumente zusammengefasst und ein „Factsheet“ erstellt, auf dem die wichtigsten Informationen zu dem Thema sowie Recherchetipps und Literaturangaben zusammengestellt sind. Das Factsheet kann als Vorlage für eigene Flugblätter dienen, eignet sich aber auch zum direkt auslegen. Die Fact-Sheets können in gedruckter Form im IMI-Büro bestellt werden (imi@imi-online.de). Um Spenden wird gebeten.

Wochenrückblick: "redblog" und "einfach übel" haben wieder einen "unvollständigen Wochenrückblick" über Lateinamerika zusammengestellt.

Asche: Die Refinanzierung des Journalismus ist momentan ein Brennpunkt. Dienste wie Flattr und Kachingle wollen Lösungen anbieten. Schnell und einfach soll das Bezahlen werden. Eine kritische Auseinandersetzung mit einem Phänomen, das den Blick auf die Tatsachen verschleiert bei Gulli.

Chaostage: "Der Auftakt für Stuttgart 21 beschert der Bahn ein massives Problem. Weil im Zug der Arbeiten am Hauptbahnhof eine Rampe gesperrt worden ist, erlosch eine Ausnahmegenehmigung, die seit 1978 einen weitgehend reibungslosen Betrieb ermöglicht hat. Die Folge: Lokführer dürfen nicht mehr auf Sicht fahren, wenn sie sich von hinten anderen Zügen nähern. Aus diesem Grund treten Engpässe auf, die seit zehn Tagen teilweise zu erheblichen Störungen führen. Die Probleme haben der Bahn, die im Vorfeld die Risiken ausgeblendet hatte, heftige Kritik eingetragen. (...)" Artikel von Hermann Dorn in der "Esslinger Zeitung"

Kostenfrage: Der elektronische Entgeltnachweis ("Elena") wird wegen Bedenken ausgesetzt. Wirtschaftsminister Brüderle will die Kosten überprüfen.

Peanuts: "Bis Ende Juni musste der Freistaat Sachsen mehr als 24 Millionen Euro für Verluste der ehemaligen Sächsischen Landesbank (Sachsen LB) aufbringen. Zu den bereits gezahlten 34 Millionen könnten in den kommenden Monaten und Jahren dreistellige Millionenbeträge hinzukommen. Allein für 2010 rechnet der sächsische Finanzminister Georg Unland (CDU) mit bis zu 250 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die angekündigten Kürzungen bei der Jugendpauschale belaufen sich für dieses Jahr auf knapp 4,7 Millionen Euro." Sachsen LB Desaster kostete bereits 34 Millionen Euro

Geisterfahrer: "... Doch er bewundert Lenin. Und er hält Elogen auf Fidel und Che. Unter Galeanos Händen verwandelt sich Diktator Castro in einen Ritter, »der immer auf Seiten der Verlierer kämpfte«. Und Guevara, der Henker von Havanna, erhält gar Züge des Messias: »Je mehr man ihn verfälscht, je mehr man ihn verrät, um so mehr wird er wiedergeboren.« ..." Beitrag von Redblog bei amerika21.de

Exekution: Der Berliner LKA-Wachtmeister Reinhard R., der in der Neujahrsnacht auf 2009 Dennis J. in Berlin Schönfließ mit acht Schüssen exekutierte, wurde am 3. Juli vom Neuruppiner Landgericht zu nur zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Im Gericht kam es zu Handgemengen und Festnahmen. Eine Spontandemo von rund 250 solidarischen Menschen in Berlin-Neukölln wurde am Abend massiv von den Bullen angegriffen. Dabei gab es Festnahmen und Verletzte. Audiobericht bei www.freie-radios.net. Via Autonome Antifa Freiburg.

Gestört: Am 30.Juni verabschiedete sich das Lufttransportkommando der Bundeswehr aus Münster, die feierliche Abschiedszeremonie wurde von „Vuvuzelas für den Frieden“ übertönt. Bei den Protesten gegen die Bundeswehr kam es zu Polizeiübergriffen.

Schlimm: Täglich bleiben rund 100.000 Ladendiebstähle unentdeckt

Strafverlängerung: In Zornotza, der Heimatort von Jose Mari Sagardui, haben am Samstag, den 03. Juli mehr als 1000 Menschen für die Freilassung des am längsten inhaftierten politischen Gefangenen Europas demonstriert. Der 52- jährige Sagardui sitzt seit 30 Jahren im Gefängnis. Ginge es nach normalem spanischem Recht, müsste Sagardui seit 2005 wieder in Freiheit sein, doch die nachträgliche Strafverlängerung, die als Parrot-Doktrin bekannt wurde, ermöglicht dem Spanischen Staat die Inhaftierung der politischen Gefangenen auf 40 Jahre willkürlich zu verlängern. Via Freunde des Baskenlandes

Abenteuerlich: "Noch gibt es keine Neuigkeiten, wann und wie das 3. Bundesberufungsgericht sich mit der Frage der Todesstrafe gegen Mumia auseinandersetzt. Allerdings läuft die Propaganda der rechten Polizeibruderschaft "Fraternal Order of Police" (FOP) in Mumias Geburtsstadt Philaldelphia bereits wieder an. Die FOP ist die maßgebliche Kraft in den USA, die gegen Mumia eine staatliche Ermordung in Form der Giftspritzenhinrichtung fordert. In reißerischen Ankündigungen wird derzeit ein "Dokumentarfilm" des afroamerikanischen Filmemachers Tigre Hill beworben. Hill vertritt dort die abenteuerliche These, Mumia habe aus einer frei konstruierten Black Panther Ideologie heraus angeblich das Töten von Polizisten favorisiert. Zusammen mit seinem Bruder soll er laut Hill so eine Tat geplant und durchgeführt haben, so die Hetze. Als "Zeugen" dafür führt er ausgerechnet den Staatsanwalt McGill aus Mumias ursprünglichen Verfahren auf. McGills Rechtsbrüche gegen Mumia, seine bewußt herbeigeführten Falschaussagen und sein Belügen der Jury hatten Mumias Verurteilung 1982 erst öglich gemacht. Nun fielen ihm angeblich Zusammenhänge auf, die er "damals gar nicht bemerkt" habe.(...)" Mehr aus dem Rundbrief Juli 2010 "Freiheit für Mumia Abu-Jamal". Siehe dazu auch den Beitrag von Joachim Kübler: "Mumia Abu-Jamal und die Bewegung gegen die Todesstrafe"
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