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»Die bringen nur die Verbrecher weg« / »They only take away the criminals«

»Die bringen nur die Verbrecher weg«, hat Zilli Schmidts Vater gesagt, als die Nationalsozialisten die ersten Sinti und Roma verhafteten. Er irrte sich: Die gesamte Familie –“ eine »glückliche Familie«, wie Zilli sagt –“ wurde nach Auschwitz-Birkenau verschleppt. Die 96-jährige Sintiza berichtet in dem erschütternden und zugleich berührenden animierten Kurzfilm von der Ermordung ihres Töchterchens und eines Großteils ihrer Familie in den Gaskammern, von ihrem Überlebenskampf, dem Weg zurück ins Leben und ihrem Glauben nach dem Völkermord.

Der durch den RomaTrial und die StiftungDenkmal - FoundationMemorial produzierte Kurzfilm wird anlässlich des 16. Dezember zum ersten Mal online präsentiert. Am 16. Dezember 1942 ordnete der Reichsführer SS Heinrich Himmler den Auschwitz-Erlass an, nach dem Anfang 1943 die »familienweise« Deportation von Sinti und Roma aus dem Deutschen Reich nach Auschwitz-Birkenau begann.

40. Jahrestag des Hungerstreiks von 12 deutschen Sinti in Dachau

Am Karfreitag 1980, dem 4. April, traten zwölf Sinti, unter ihnen die Überlebenden des Holocaust Jakob Bamberger, Hans Braun, Ranco Brandtner und Franz Wirbel, in der Evangelischen Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau in den Hungerstreik. Zentrale Forderungen waren die Anerkennung des NS-Völkermords an den Sinti und Roma durch die Bundesregierung, die sofortige Beendigung der polizeilichen Sondererfassung von Sinti und Roma sowie die Herausgabe der NS-Akten aus dem ehemaligen Reichssicherheitshauptamt, die im Bayerischen Landeskriminalamt weiterhin verwendet worden waren. Der Protest löste eine breite internationale Solidaritätswelle aus und markierte einen Wendepunkt in der öffentlichen Wahrnehmung der Minderheit.

„Die Anerkennung des Völkermords an den Sinti und Roma am 17. März 1982 durch Bundeskanzler Helmut Schmidt stellte die Erfüllung einer zentralen Forderung des Hungerstreiks dar.

Diese völkerrechtliche Anerkennung bedeutete einen Neubeginn im Verhältnis der Bundesregierung zu den deutschen Sinti und Roma“, erklärte Romani Rose heute.

Die polizeiliche Sondererfassung in der Bundesrepublik erfolgte durch bayerische Kriminalpolizisten in der „Landfahrerzentrale“, die bis in die 1970er Jahre Namen, Fingerabdrucke und persönliche Daten von Sinti und Roma aus dem gesamten Bundesgebiet in Akten erfasste.

Diese Erfassung setzte direkt die NS-Erfassung fort, und zwar auf der Grundlage der NS-Akten und mit dem Personal aus dem ehemaligen RSHA, die im Bayerischen LKA wieder verbeamtet worden waren –“ und die regelmäßig in Entschädigungsanträgen von Sinti und Roma als Gutachter fungierten. Das bayrische Innenministerium verweigerte die öffentliche Distanzierung von diesen Praktiken und sprach von einer bis 1970 rechtmäßigen Kriminalarbeit.

„Wir konnten schon ein Jahr nach dem Hungerstreik NS-Akten an der Universität Tübingen sicherstellen. Dieses Material mit Vermessungen, Auswertungen und Befragungen haben wir ins Bundesarchiv in Koblenz überstellen können. Wir sind sicher, dass bis heute noch NS-Rassegutachten irgendwo im bayerischen Landeskriminalamt existieren, die aus diesen Akten erstellt wurden“, so Rose zu weiteren Aktionen nach dem Hungerstreik.

Die Unterstützung durch eine breite öffentliche Wahrnehmung des Hungerstreiks in der Presse, Solidaritätsbekundungen u.a. durch Annemarie und Heinrich Böll und der Besuch des damaligen Bundesjustizministers Hans-Jochen Vogel in Dachau am 12. April 1980, brachte eine bis dahin nicht vorhandene Aufmerksamkeit für die Situation der Sinti und Roma in Deutschland und beeinflusste maßgeblich die spätere Bürgerrechtsarbeit.

Quelle: Pressemitteilung

Bundestag: "Die Sprache ist dem Menschen gegeben, um seine Gedanken(losigkeit) zu verbergen" -Talleyrand mühelos überboten

Talleyrand, der aus Prinzip Treulose, hatte aus eigenster Erfahrung erklärt, dass die Sprache nicht zum Ausdruck, sondern zum Verbergen der Gedanken da sei. Gutherzig setzte der Kritiker voraus, dass immerhin welche vorhanden seien hinter der Stirn. Mehrere Geräuscherzeuger gestern und vorgestern im Bundestag haben ihn mühelos überboten: Sie hatten garantiert nichts an der betreffenden Stelle. Aber sie deckten gerade diesen Umstand mit Wörtern zu, so gut es ging.

Da war am Dienstag unser Innenminister. Man machte ihn von links her an, wegen seiner Asylverhinderungspolitik. Er darauf, großartig: Wenn er Personen aus Rumänien und anderen einschlägigen Ländern abweise, dann einzig und allein, um die kostbaren Plätze im deutschen Paradiese den andrängenden Flüchtlingen frei zu halten, die es wirklich verdient hätten. Die nämlich - ganz anders als die "rumänischen Bürger" - tatsächlich politisch verfolgt würden. Politische Verfolgung setzt für den burotechnisch versierten Mann immer staatliche Maßnahmen voraus. Verhungernlassen, Wohnungsentzug, Verprügeln durch freischaffenden Mob, dürfen nicht als Unterdrückung gelten.

Dass er die betreffenden Rumänen niemals Sinti und Roma nannte, war seine erste Hüllaktion. Die zweite - entscheidende - : Wo stecken denn die von uns so reichhaltig aufgenommenen Asylbewerber? Am Grund des Mittelmeers im Sande? Hat Friedrich vergessen, dass gerade er und seine Gesinnungsgenossen das Asylrecht abgeschafft haben, als die Gelegenheit sich bot?

Endgültiger Salto unseres Innenministers, womit er Talleyrand um Längen schlug: er hätte die Botschafter der betreffenden Länder einbestellt, und diese herb angehalten, gefälligst bei sich daheim für andere Lebensverhältnisse zu sorgen.

Das war genial. Das sollte unbedingt ausgeweitet werden. Warum werden nicht alle Machthaber - oder die als solche abgestempelt werden - einmal im Jahr in Berlin einbestellt? Zur kollektiven Verwarnung. Nein: zur Besserung. Damit wäre das lästige Asylwesen endgültig überflüssig geworden.

Dem Innenminister nahe kam unser Westerwelle am Tag darauf. Beim Verhandeln zwischen Jerusalem und Kairo hat er sich verdienstvoll abgezappelt, wenn auch nichts erreicht. Im Bundestag aber erzeugte er neue unbekannte Welten. Zunächst stellte er die Hamas-Bewegung in Merkels Sinn als die einzige Ursache der "Todesfälle" in Palästina hin. Als die Abgeordnete Heike Hänsel ihn daran erinnerte, dass alle moralischen Schuldzuweisungen das Gesamtproblem der blockierten und faktisch immer noch besetzten Gebiete einfach ausblendeten, kam er erst richtig in Fahrt. Er kennt nämlich durchaus Palästinenser, denen seine wilde Sympathie gehört. Die freigewählten in der Westbank. Mit welchen Methoden zum Zeitpunkt der damaligen Wahl sich die Hamasbewegung zur Anerkennung im Gaza-Streifen gebracht hat, durfte den Staatsmann nicht bekümmern. Irgend etwas müssen sie den Wählern doch wohl geboten haben.

Zum Höhepunkt kam der Beredte aber erst in der Antwort auf Hänsels Anregung, zu Jahresende in der Vollversammlung der Vereinten Nationen der von ihm so geschätzten palästinensischen Vertretung zu einer Besserstellung zu verhelfen. Durch Abstimmung.

Westerwelle drauf: wenn noch nichts Schriftliches vorliegt, darf ein Diplomat kein Wort über bloße Vorhaben verlieren. Was ihn keineswegs hinderte, sich Minuten später freudig dazu zu bekennen, den Türken deutsche Patriots auszuleihen. Deren Antrag zu diesem Zeitpunkt keineswegs vorlag. Aber da ging es um Deutschland.

Und so verbrachten sie die Zeit, die ihnen auf Erden gegeben war mit ausgedehntem Eigenlob und zwischendurch ein wenig Schädelknacken, wenn die Opposition die Kiefer mal nicht schonte. Nur für Pensionisten als dauerhafte Erinnerung an Talleyrand auszuhalten. Als Hintergrundbrummen...

Filmtipp: "Willkommen Zuhause"

Sinti und Roma wurden und werden lebenslang verfolgt. Das Romanes-Wort Porajmos (auch Porrajmos, deutsch: „das Verschlingen“) bezeichnet den Völkermord an den europäischen Roma in der NS-Zeit und ist Höhepunkt einer langen Geschichte von Diskriminierung und Verfolgung.



• Aktuell, mitten in Europa, werden auch heute noch Roma verfolgt, gedemütigt, verletzt, vertrieben, diskriminiert, nicht zuletzt von Behörden. Im Frankreich des Sarkozy, in Italien leben sie in Isolation, Unsicherheit und Angst vor Abschiebung, in Ungarn, Rumänien, Tschechien und im Kosovo fehlt ihnen der Schutz der Behörden und der demokratischen Öffentlichkeit.

• Aktuell, im März 2012, beschloss der Stuttgarter Landtag die Wiederaufnahme der Abschiebungen von Roma in den Kosovo - denn dort gäbe es keine Diskriminierung von Roma - und somit auch keine Abschiebehindernisse.

• Aktuell, heute also, können Menschen in Baden-Württemberg nicht mehr ruhig schlafen, weil sie Angst haben, abgeschoben zu werden, weil sie wissen, daß es im Kosovo keinen Schutz vor rassistischen Übergriffen, vor Verfolgung gibt.

"Willkommen Zuhause" zeigt, wie „abgeschobene“ Roma im Kosovo leben, wie verunsichert jene sind, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind - und wie sie jetzt, in der neuen Fremde, in Verzweiflung leben...

Mi, 30. Mai 2012, 19 h, Landesmedienzentrum Rotenbergstraße 111 Stuttgart-Ost

"Willkommen Zuhause" Ein Dokumentarfilm von Eliza Petkova


Eintritt frei - Unkostenbeitrag erwünscht.

Was mir heute wichtig erscheint #277

Freiheit: Am 26. Juni jähren sich die Ereignisse von 1975, für die Leonard Peltier, Angehöriger des Stammes der Lakota und Aktivist des American Indian Movement, zu zweimal lebenslanger Haft verurteilt wurde. Er verbüßt die Strafe in US-Hochsicherheitsgefängnissen. Über den Schußwechsel am 26. Juni 1975 in der Pine-Ridge-Reservation, die Anklage gegen Leonard Peltier und den Kampf um seine Befreiung: »Das ist langsamer Tod durch Isolationshaft« Jürgen Heiser im Gespräch mit Leonard Peltier's Anwalt, Robert R. Bryan.

Illegal: "Die sächsische Polizei hat uns mit ihrer „elektronischen Fall-Analyse“ gezeigt, dass Kolonnen fremdgespeicherter Daten uns zu potentiellen Verdächtigen machen können. Man erzeugt Profile, wie sie sonst nur in Diktaturen missbraucht werden." Die F.A.Z. über die Faschisierung (Entschuldigung, es war nur ein "Fehler") kleine Pannen bei der Datenauswertung des Staatsapparates: "Polizeiliche Datengier - Teheran, Damaskus, Minsk –“ Dresden". Siehe auch: Sachsen-Gate weitet sich aus eine Zusammenstellung von Anne Roth.

Gemeinsam: Der mit massiven Polizeikräften durchgesetzte Naziaufmarsch am 1. Mai in Heilbronn hatte stundenlange Kesselungen und andere Repressionen gegen AntifaschistInnen zur Folge. Nun gibt es ein Treffen für die Betroffenen. (Via VVN-BdA Esslingen)

Überweisung: Auch wenn das nur Peanuts sein mögen - auch "Wir bitten euch, einen Solibeitrag zwischen 1 Cent und 1 Euro erstmals bis zum 31. Juli an die Staatsanwaltschaft Stuttgart zu überweisen."

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick über die Entwicklung in Lateinamerika.

Bedrohung: Während hierzulande fröhlich abgeschoben wird, erleiden deportierte Roma und Ashkali in Südserbien/Kosovo soziale Ausgrenzung, rassistische Diskriminierung, schwere Körperverletzungen, Mordversuche und Morddrohungen. Dazu das mehrteilige Interview bei bermudafunk. (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6) Siehe auch die Austellungsreihe: gedultet und abgeschoben - Roma in Deutschland, Serbien und Kosovo in Münster - container.no-culture.org

Kooperation: "“Wenn du nicht mit uns kooperierst, brechen wir dir den Arm oder machen dir die Hoden ab–, sei ihm auf der Wache gedroht worden. Unter Zwang habe man ihm die Kleidung entrissen, ihn nackt fixiert und ihm eine Blutprobe abgenommen, sagt Schmidt." Mehr zum Thema Polizeiwillkür in Braunschweig: Einfach mal die Bude gefilzt bei der taz. (Via Lahnix)

Verstorben: Peter Falk, besser bekannt als "Columbo" ist tot. Und tamagothi stellt sich die Frage, warum gut gemachte Krimis immer wieder fesseln. Frage ich mich auch. Obwohl mensch sonst immer gegen Bullen ist, tun sich nicht wenige die idealisierte Form auch noch in der Freizeit an.

Bestanden: Anscheinendgeblich hat die Bahn den Stresstest für das umstrittene Bahnprojekt erfolgreich absolviert. Was vom baden-württembergischen Verkehrsministerium gleich demeniert wurde.

Spaltungsversuch: Die Dramatisierung einer angeblichen Attacke auf einen Polizisten kennt keine Grenzen. Es geht um die Delegitimierung der Proteste gegen den Bahnhofsneubau. Dazu Jennifer Stange für den "Freitag", siehe auch: "Aktivisten bedauern Gewalt". Robert de Breeze stellt sich in dem Beitrag S21: Mediale Desinformationskampagne feiert fröhliche Urstände die Frage: "Wie auch immer - ich war nicht dabei. Was jedoch gerade abläuft ist ein klassisches und mit ziemlicher Sicheheit konstruiertes Spaltungsspektakel entlang der Frage: "wieviel Militanz ist denn in der politischen Auseinandersetzung erlaubt?""

Schwächeanfall: "(...) Bei dem extrem starken Erdbeben und der anschließenden Flutwelle am 11. März wurden nicht nur Menschen getötet, verletzt oder obdachlos und beträchtliche Produktionskapazitäten verwüstet. Auch Japans Infrastruktur wurde in Mitleidenschaft gezogen und vor allem die Lieferketten in vielen Industriesektoren massiv gestört. Dieser Riß im Gewebe ist hauptsächlich für die andauernde Schwächephase der weltweit drittstärksten Wirtschaftsmacht verantwortlich. (...)" Nach der Katastrophe ist die drittstärkste globale Wirtschaftsmacht faktisch k. o. Vor allem BRD-Wirtschaft profitiert. Beitrag von Tomasz Konicz in der Tageszeitung "junge Welt". Während dessen ist in Wien die internationale Konferenz der Uno-Atombehörde über nukleare Sicherheit mit Absichtserklärungen, aber ohne konkrete Resultate zu Ende gegangen.

Beweisnot: Für die angeblichen, von Soldaten Gaddafis durchgeführten Massenvergewaltigungen und Genozid würden Beweise fehlen, so namhafte Vertreter von Menschenrechtsorganisationen wie Donatella Rovera, Krisenbeauftragte von Amnesty International. "Massenvergewaltigungen und Genozid und die erneute Frage nach der Wahrheit im Krieg".

Klarstellung: "Ein Gutteil der gegen uns gerichteten Angriffe und Polemiken scheinen uns sowohl inhaltlich als auch gemessen an ihrer potentiellen Wirkung keiner öffentlichen Replik oder sonstigen Richtigstellung zu bedürfen. Wir gedenken nicht, in Zukunft noch weiter Zeit und Energie in die Auseinandersetzung mit diesem ex-linken Phänomen und seinen letzten Anhänger_innen zu investieren. Es gibt für antikapitalistische Linke in der Region (und auf der ganzen Welt) zur Zeit mehr als genug wichtigere Kampffelder. Das mag enttäuschend sein für diverse Tübinger Blogger_innen und Internetaktivist_innen, aber wir sind damit fertig mit den „Antideutschen–." Ausführlicher Text der "Marxistischen Aktion Tübingen" zur Entwicklung der „Antideutschen–: Good bye, Lenin!

Ungeübt: Wenn die Bayernpartei mal Mails verschickt.

Aktionswochen gegen Antiziganismus

Vom 21.2. bis zum 12.3.2011 werden in Mainz und Wiesbaden die Aktionswochen gegen Antiziganismus stattfinden.

Antiziganismus, also die Verfolgung und Abwertung von Menschen die als „Zigeuner“ gesehen werden, ist nach wie vor weit verbreitet und traurige Realität. Deswegen soll sich nicht nur mit der historischen Verfolgung von Roma und Sinti beschäftigt werden, sondern auch mit den gegenwärtigen Lebensrealitäten der größten europäische Minderheit.

Durchgeführt von einem Bündnis lokaler Gruppen wird es deshalb in dieser Zeit vielfältige und interessante Veranstaltungen zu diesem Thema geben.

Den Abschluss findet die Aktionswoche mit einer Gedenkdemo in Wiesbaden am 12.3.

Fünf Tage zuvor, am 8.03. jährt sich die Deportation dutzender Sinti & Roma aus Wiesbaden durch die Faschisten zum 68. Mal.


Mehr Information.

Rheinland-Pfalz: Behäbiges Mümmeln beim Verwaltungsgericht nach dem Tod einer Abgeschobenen

Der Fall selbst ist einfach erzählt und für sich selbst abscheuerregend genug. Vater, Mutter, Sohn werden nach dem bekannten Verfahren frühmorgens geweckt - zur Abschiebung nach Kosovo. Der Sohn ist einer der  besten in seiner Schule - also dem Ekelwort nach "vollintegriert". Die Mutter schwer krank. Sie stirbt kurz nach der Ankunft im - laut Verwaltungsgericht durchaus gastlichen Kosovo.

Danach stellt sich heraus, dass  laut  einem Ministerbeschluss der Länder solche Kinder gar nicht abgeschoben werden dürften - und solange das Kind minderjährig - die Eltern dadurch mitgeschützt blieben. Weiter  zeigte sich, dass die Ehefrau als krank bekannt gewesen war.

Nur ein Fall unter vielen. Hunderte sind vorausgeplant. Schlimmer als das amtlich zu verantwortende Verbrechen selbst ist das ungerührte Mümmeln aller Verantwortlichen. Bleiberecht für "Integrierte". (Wochen vorher festgelegt) - Das konnten wir doch beim Beschluss noch nicht wissen. Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo? Laut Außenministerium durchaus gegeben. Lebensmöglichkeiten in einer extrem fremdenfeindlichen Umgebung? Sinngemäß: Darum können wir uns - bei unserer vielen Arbeit - nicht auch noch kümmern.

Vorliegt - ohne Übertreibung - ein Fall von fahrlässiger Beihilfe zum Tod eines anvertrauten Menschen durch Amtspersonen.

Entschuldigungen der Mittäter entfallen. Der Staat und seine Zulanger können nicht fehlerhaft handeln. Immer noch nicht. Nach allem, was über Gerichte und ihre Entscheidungen - sehr wohl auch nach 1945- bekannt geworden ist.

Wer auch nur als Zeitungsleser aufgetreten ist, und dadurch mitbekommen hat, was der Regierung Kosovos vorgeworfen wird, handelt vorwerfbar leichtgläubig, wenn er sich auf Informationen des Außenministeriums verlässt. Schon wenn nur berechtigte Zweifel  am menschenwürdigen Überleben der Abgeschobenen auftreten  müssen, ist Abschiebung verantwortungslos.

Aber es wird keinem der Abschieber auch nur das geringste passieren.

Soviel über die primär Schuldigen. Es gab lebhaften Protest gegen die staatliche Abschiebeindustrie und ihre Kärrner.

Wie aber steht es mit allen, die inzwischen von dem Fall erfahren haben? Während des Vietnam - Kriegs kümmerten sich Organisationen etwa um den Transport von US-Soldaten nach Schweden, die  sich am Völkermord nicht mehr beteiligen wollten. Kann es nicht etwas Entsprechendes geben, um solchen staatlich Verfolgten und Abgeschobenen zu Hilfe zu kommen? Zweifellos gibt es Unterstützergruppen in Deutschland selbst, die Schutz garantieren wollen, auch Unterschlupf erleichtern. Müsste es aber nicht organisierte Ketten geben, die sich staatlichem Unrecht unter Berufung auf höheres Recht aktiv widersetzen, um Abgeschobene wieder zurückzuholen? Um der grauenhaften Schubmaschine, die sich sicher fühlt, die Unwirksamkeit ihrer verwerflichen Zugriffe immer neu vor Augen zu führen?

Gewiss: Leicht gefordert, schwer in die Gänge gebracht. Ich selber könnte außer Geldspenden auch wenig dazu beitragen. Trotzdem: Die Forderung stellt sich zwingend auch angesichts  scheinbarer Unerfüllbarkeit.

Trip X: Abschiebungen am 7. und 9. 12. in den Kosovo geplant

Die Lage wird ernst! Über 10 000 Roma sollen bis 2013 Abgeschoben werden und die zuständigen Behörden leiten verstärkt die vorbereitenden Schritte ein. Abschiebeflieger sollen am 7. und 9. Dezember von Düsseldorf nach Kosovo bzw. Serbien fliegen. Zwar hat das Bundesland NRW Abschiebungen von Minderheiten nach Kosovo bis zum 31. März ausgesetzt, aber andere Bundesländer planen weiterhin, trotz des Winters und der dort ohnehin schon katastrophalen Situation, Abschiebungen durchzuführen. Insbesondere aus Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen sollen für diese Flüge Roma angemeldet worden sein. Die Betroffenen erwartet Armut, Ausgrenzung, knapper Wohnraum und Mangel an Heizmaterialien. Im Falle von Krankheit können sie keine Hilfen in Anspruch nehmen. Auch in NRW können weiterhin Roma trotz Erlass abgeschoben werden, wenn sie straffällig geworden sind. Nähere Informationen gibt es hier.

Bilder und Interviews aus Kosovo, die Anfang dieses Jahres entstanden sind.

Letzter Weihnachtswunsch: Ausräumung aller Talks von den Resten des Professor Baring

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Er ist überall dabei. Er dringt überall ein. Er stellt den idealen Widerpart dar, den finsteren Widersprecher. Den Barrikadenhüter für die letzten Bürger. Den verbohrten Graukopf mit der Felsenstirn. Und dem ewigen Nein.

Vermutlich wird er den Talkmastern - und der Talkmistress durch eines lieb: Er dient als Quirl. Zum Umrühren des meist trägen Redekreises. Gegen einen Baring Partei ergreifen, das schafft noch die traurigste Ente aus dem Teich der CSU.

So letzten Sonntag bei Anne Will. Es sollte gehen um die Behandlung der deutschen "Sans-Papiers", die sich - mehr oder weniger still und unerkannt - in Deutschland nicht viel seltener vorfinden als in Frankreich.

Die Sitzung begann nicht schlecht mit den Aussagen einer Ärztin aus Berlin, die die Schwierigkeiten und Mühen der Behandlung von Personen ohne Ausweis schilderte, wenn deren Namen und Adresse nicht den "Behörden" bekannt werden dürfen. Macht sich nicht jede und jeder schuldig, wenn er nicht meldet? Polizeilich gedacht.

Bekanntlich wird auch von Lehrerinnen und Lehrern verlangt, Schulpflichtige zu verpfeifen, die nicht sofort mit Heimadresse und Namen beider Eltern zum Eintrag ins Klassenbuch erscheinen. Wird zwar nicht immer scharf durchgesetzt, aber wabert als Drohung durch sämtliche Korridore.

Katrin Göring-Eckardt, die Vertreterin der GRÜNEN wie auch Frau Will selbst wiesen auf die Fälle von Personen hin, die per Gerichtsbeschluss in Länder abgeschoben werden sollten, wo ihnen alles drohte - bis hin zur Steinigung im Iran.

Uwe Schünemann, Innenminister Niedersachsens, erfand gegenüber allen Versuchungen zur Herzerweichung die "befriedende Natur des Rechts". Gemeint damit: Wenn Gerichte etwas beschlossen haben und die Instanzen sind sämtlich durchlaufen, dann gibt es für den mitleidigsten Mitmenschen nichts mehr zu meckern. Mitgedacht: Sonst gibt es ja nie ein Ende. Und keine Ordnung. Und man hackt immer weiter aufeinander herum. Rührenderweise nahm der Minister an, in ganz Deutschland würde jeder solche Richterspruch unterwürfig akzeptiert: Nur gerade bei der Behandlung von Ausweisungen nicht. Er hat von Stuttgart noch gar nichts gehört.

Derselbe Innenminister (CDU) rückte gegen Ende mit einem Vorschlag heraus, der sich zunächst nicht schlecht anhörte.

Bei minderjährigen Kindern mit "sehr guten schulischen" Leistungen ließe sich ja ein Auge zudrücken. Sie dürften weiter lernen, bis sie volljährig wären. Und - man muss das dann wohl in Kauf nehmen - die eigentlich abzuschiebenden Eltern könnten eben so lange bleiben.

Transformiert man aber das Beispiel herunter auf den konkreten Einzelfall, stellt sich sofort heraus, wem das Verfahren zum Beispiel kaum nützen wird: Den Kindern der Sinti und Roma aus dem Kosovo nämlich. Da die zwar durchaus neugierig sein können, aber nicht so aufs Buchwissen aus wie andere, spricht zehn zu eins, wer da wieder durchs Netz fallen wird.

Ulla Jelpke hat in einer neueren Notiz - wie schon oft - an die immer schlechter werdende Lage dieser Gruppe aus dem Kosovo erinnert. Freitag, 22.10.2010:
"Ungeachtet aller Warnungen vor Diskriminierungen und Rechtsverletzungen wird die Bundesregierung in diesem Jahr voraussichtlich doppelt so viele Roma in den Kosovo abschieben wie im Vorjahr", fasst Ulla Jelpke innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (17/2857) zusammen. Ulla Jelpke weiter:
"Bis Ende September hat die Bundesregierung 113 Roma abgeschoben. Aufs ganze Jahr hochgerechnet wären das 151 Abschiebungen, nach 76 Abschiebungen im Jahr 2009. (...) Unmittelbar davon betroffen sind nach Angaben der Bundesregierung 10.041 Personen (8.489 Roma und 1.552 Ashkali sowie Balkan-Ägypter). Diese gelten als "vollziehbar zur Ausreise verpflichtet". Außerdem dürften unter den rund 17.000 weiteren Personen aus dem Kosovo und aus Serbien, die derzeit nur geduldet sind, ebenfalls mehrere Tausend Minderheitenangehörige sein, die langfristig mit ihrer Abschiebung rechnen müssen."

Bei all dem runzelte Baring schweigend die Stirn. Bis er endlich loslegen konnte. Die Vertreterin der GRÜNEN machte er direkt an: Vertreterin der Sentimentalisierung der ganzen Welt. Später schärfer: "Wovon redet die Frau?"

Barings Bekenntnis für jetzt und immerdar: Wir haben uns um die deutschen Interessen zu kümmern, nicht um den traurigen Rest der Welt. Dann noch etwas Rosinenpickerei: Ein paar ganz tolle Tänzer könnte man sich ja leisten, und sonst aus dem Warenkorb das, was "wir Deutschen" etwa noch brauchen können.

Als ins Herz Getroffener gab sich der Historiker, als ihm "ein Feindbild" nachgesagt wurde. Feindbild bedeutet Beleidigung. So was hat er nicht nötig.

Das Erbärmliche seiner ganzen Deduktion: Ob er es nun gern hat oder nicht - die "Sans Papiers" dringen über die vielen Grenzen bei uns ein. Sie sind zu zehntausenden einfach vorhanden Ob es ihm nun gefällt oder nicht.

Da auch er sich nicht traut, bis jetzt, massenhafte Abschiebungen vorzuschlagen - auf einmal, ohne Verfahren - bleibt sein bitteres Aufbellen einfach Geräusch. Leeres folgenloses Geräusch. Damit auch dieser Abend wieder überstanden wird.

Talkshows haben allesamt einen geringen Erkenntniswert. Normalerweise dienen die Runden bei Maischberger oder Will oder sonstwem von vornherein nicht zum Erkenntnisgewinn, sondern zum sorgfältigen Abschreiten des gerade noch zum Denken Zugelassenen, ohne gleich als extrem markiert zu werden. Immerhin kommen normalerweise immer mal wieder ein paar echte Gedankenfetzen auf die Wäscheleine. Von Baring dagegen, so oft ich ihn bis jetzt leidvoll zur Kenntnis nahm: Nichts. Außer dem flatternden Fähnchen der Geltungssucht. Das hat er jetzt oft genug entfaltet. Und könnte jetzt endlich Ruhe geben. Und uns welche gewähren - für den Rest der gegebenen Zeit.

Sinti: In Frankreich sammelabgeschoben, in Deutschland liebevoll einzelbehandelt!

Die traurigen Absichten Sarkozys bei seiner Sinti-Verfolgung liegen offen zu Tage. Wie in allen bürgerlichen Umgebungen herrscht auch in Frankreich eine anerzogene Angst vor den Nomaden, den Nicht-Ansässigen. Wenn man den Leuten sonst nichts zu bieten hat und sie um zwei Pensionsjahre betrügen will, heißt es: Was bieten fürs Gemüt! Burka-Frauen lassen sich polizeilich nicht sofort registrieren! Öffentlich entkleiden - oder gleich raus mit denen! Dass es so wenig Burka-Frauen gibt in Frankreich, dass Empörungsfahrten im Bus organisiert werden müssen - darf nicht daran hindern, das Zivile per Staatsgewalt herzustellen.

Genau so Roma und Sinti! Dass sie als EU-Bürger nicht einfach eingesperrt werden dürfen, ist leider klar. Also jedem ein paar Euro in die Tasche gesteckt - und ab mit denen in ihre - vermuteten - Heimatländer.

Dass die alle nicht sofort wieder zurückreisen, werden sie im legalistischen Frankreich auch noch zu verhindern wissen.

Also Ablenkungschauvinismus in Reinkultur! Abgeguckt hat das Sarkozy beim großen Vorbild Napoleon III. Je mehr seine Soldatenherrschaft wackelte, desto umfangreicher spendierte er Aktionen im Ausland.

Die sahen am Anfang noch ganz antimperialistisch aus: Wie der Einmarsch in Mexiko mit dem hereingelegten Habsburger Prinzen, der den Kaiser machen musste. Nach kurzer Zeit zeigte sich die reaktionäre Komponente. Es ging um Unterwerfung der Mexikaner. Als Benito Juarez den Eindringling kriegsgerichtlich verurteilen ließ und die Vollstreckung befahl, war die imperiale Ablenkung wieder vorbei. Napoleon III. musste was Neues suchen. Das gegen Bismarck 1870 brach Napoleon III. dann allerdings das Genick. Kleiner Wink für seinen gelehrigen Schüler Sarkozy.

Viel Grund zu tugendhaften Wallungen im Nachbarland. Von den untersten bis zu den oberen die kerndeutsche Entrüstung gegen Sarkozys Verleumdungen, auch wir in Deutschland hätten schon Auslagerungspläne für die “Lager“ bei uns.

In dieser Form handelte es sich um eine Verzweiflungslüge Sarkozys. Unsere Polizei verhindert selbstverständlich das Entstehen von Lagern im ersten Augenblick.

Was es freilich gibt, ist die angedrohte Ausweisung von Sinti und Roma - mit Vorzug in den zu diesem Zweck mit Souveränität ausgestattete Container für angeblich Überflüssige und Unerwünschte - Kosovo.

Von Ausweisung aus Deutschland bedroht sind nach einem Artikel von Ulla Jelpke vom April 2010 mehrere tausend Personen:
„Nach über einem halben Jahr Stillstand haben die Innenminister Deutschlands und der „Republik Kosovo“ nun ein lange ausgehandeltes Rückübernahmeabkommen unterzeichnet. Damit erhalten die Abschiebungen in das vom NATO-Krieg 1999 vollkommen zerrüttete Land eine rechtlich verbindliche Grundlage. Die kosovarischen Behörden können die „Rücknahme“ von Personen, die aus dem Kosovo stammen und sich illegalisiert in Deutschland aufhalten nicht mehr ablehnen, wenn bestimmte formale Voraussetzungen gegeben sind.
Auch ohne das Abkommen finden bereits Abschiebungen statt, von Karlsruhe und Düsseldorf gehen regelmäßig die Flieger nach Pristina. Im vergangenen Jahr stellten die deutschen Behörden allein von Januar bis August 1580 Übernahmeersuchen, die bis auf wenige Ausnahmen alle von der kosovarischen Seite akzeptiert wurden. Im gleichen Zeitraum fanden 322 Abschiebungen statt, und 168 Menschen kehrten „freiwillig“ (also um der drohenden Abschiebung zu entgehen) zurück. Es ist zu erwarten, dass diese Zahlen nun deutlich ansteigen werden. Mit der kosovarischen Seite ist abgesprochen, dass jährlich bis zu 2500 Menschen „zurückgenommen“ werden sollen. Insgesamt leben 14000 Menschen aus dem Kosovo in Deutschland, die ausreisen müssen und derzeit nur geduldet sind. 10000 davon gehören der Minderheit der Roma an. (...)“
Quelle: "junge Welt" 27. April 2010: Abschiebung ins Nichts

Ganz legal! In strengster Einzelbehandlung. Unter Umständen sogar mit einer Einspruchsfrist. Bis hin zur vorgesehenen Ablehnung.

Wirklich erwischt hat es vielleicht noch nicht die genaue Zahl der in Frankreich ins Flugzeug gestopften. Dafür aber vermutlich mit mehr Sicherheitsgarantien gegen die nicht erwünschte Rückkehr.
Wie Karl Liebknecht immer wieder meinte: Es ist sehr leicht in imperialistischen Ländern, moralischen Zorn und Entrüstung gegen die Untaten des Nachbarn hochzuputschen. Damit allein wäre keinerlei Erkenntnis des Imperialismus verbunden. Zur Erkenntnis stoßen wir erst dann vor, wenn wir zugeben müssen, dass alle imperialistischen Staaten - und wir müssen vor allem den unseren dazurechnen - Rassismus verschärft entwickeln, um die eigenen Leute so lange abzulenken, bis sie selber dran sind.

Es gibt keine Heiligen mehr an den Spitzen Europas.

(Falls es in den letzten zweihundert Jahren dort jemals welche gegeben haben sollte)
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