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Dietrich Schulze (1940-2019)

Dietrich Schulze
Foto: Michael Schulze von Glaßer
Zu Stattweb-Zeiten hatten wir viel miteinander zu tun. Ich weiß noch genau: Wenn ich nicht sofort seinen Artikel online gestellt oder die neueste Version seiner Dokumentation zur Rüstungsforschung aktualisiert habe, bekam ich direkt einen Anruf. So ungeduldig er war, so energisch und heißblütig setzte er sich gegen Militarismus, gegen Faschismus, gegen die Ungerechtigkeit der Welt und für eine sozialere und friedlichere Gesellschaft ein.

Unnachgiebig, trotzig, kämpferisch war er etwa im November 2000 in Leipzig, wo er sich beim ÖTV-Gewerkschaftstag an einer Aktion gegen Kanzler Schröder beteiligte. Schröder verteidigte dort auf großer Bühne den Riester-Rentenplan, dieser sei "notwendig". Dietrich wollte das nicht so stehen lassen und rief wütend: "Das ist nicht notwendig!" Schröder konterte: "Es ist notwendig und wir werden es machen. BASTA!" Der Gewerkschaftstag beschloss daraufhin: "Diesem BASTA setzen wir ein AVANTI entgegen und gehen auf die Straße."

Sein Leben lang kämpfte der Physiker Dietrich außerdem gegen Rüstungsforschung an deutschen Universitäten und Forschungseinrichtungen –“ vor allem am Kernforschungszentrum in Karlsruhe (KIT), wo er ab 1966 arbeitete. Dort war er auch Betriebsrat. Als er 2005 in Rente ging, war sein Kampf für eine friedliche Forschung lange nicht beendet: Dietrich gründete 2008 die "Initiative gegen Militärforschung an Universitäten" und unterstützte 24/7 die Zivilklausel-Bewegung in ganz Deutschland.

Und schließlich war Dietrich ein leidenschaftlicher Antifaschist und seit 1974 Mitglied der VVN-BdA. Geprägt hatte ihn wesentlich der Kommunist Karl Wagner, der zwischen 1933 und 45 in diversen Konzentrationslagern und Gefängnissen saß.

Die vergangenen Jahre hatten wir uns aus den Augen verloren. Das letzte Mal sah ich Dietrich vor zwei Jahren bei der Trauerfeier für Fritz Güde in Karlsruhe. Dort findet heute auch die Trauerfeier für Dietrich statt. Ich bin sehr froh, dass ich ihn kennenlernen durfte.

Der Gewerkschafter, Friedensaktivist und Antifaschist Dietrich Schulze ist am 19. Dezember in Karlsruhe gestorben.

KIT: Atomare Militärstiefel ausziehen. Solare Turnschuhe fester anziehen

In den Europäischen Kulturtagen “2014 - 1914. Frieden + Krieg“ in Karlsruhe gibt es ein Symposium „Immer noch: KRIEG! Vom Giftgas zur Drohne“ vom 16.–“18. Mai 2014 und in diesem Rahmen ein Podium zur Thematik der Zivilklausel „Ethik der Wissenschaften und militärische Forschung“ am 18. Mai.

Aufgrund der Ankündigungen dazu mit den Stichworten Rüstungsforschung und Zivilklausel kommen vermutlich nur wenige auf die Idee, dass das etwas mit der KIT-Atomreaktorforschung zu tun haben könnte. Hinzu kommt, dass die kritische Auseinandersetzung damit medial stark vernachlässigt ist. Die Atomforschung sollte friedlichen Zwecken dienen und mit dem Atomausstieg eigentlich erledigt sein. Das ist leider nicht der Fall. Diese Forschung wird mit Bundes- und EU-Förderung unter Rückendeckung der Grün-Roten Landesregierung fleißig fortgeführt. Wie erst am 7. Mai bekannt wurde, forciert das KIT im Interesse der alten Atomlobby die neue Forschung für vielseitig einsetzbare „Kleine Modulare Reaktoren" (SMR) sowie eine neuartige geräuschlose Flüssigmetallkühlung für große Atomreaktoren. Die letztere ist besonders für Atom-U-Boote geeignet, weil damit eine Erkennung durch den „Feind“ erschwert würde. So ist es nicht verwunderlich, dass militärische Großmächte schon Interesse gezeigt haben.

Wie Dietrich Schulze von der Initiative gegen Militärforschung an Universitäten erklärt, ist die benannte Forschung ein eindeutiger Verstoß gegen das KIT-Gesetz.In Absatz 2 „Aufgaben“ heißt es wörtlich: "Zur Wahrnehmung der Großforschungsaufgabe betreibt das KIT im Interesse der Allgemeinheit Forschung und Entwicklung zu friedlichen Zwecken vorwiegend auf dem Gebiet der Technik und ihrer Grundlagen."

Die Initiative fordert, die KIT-Atomreaktorforschung unverzüglich zu beenden. Das KIT-Präsidium, die grün-rote Landesregierung und die schwarz-rote Bundesregierung sind in Umsetzung des Atomausstiegs gefordert, endlich einen Schlussstrich unter die KIT-Atomreaktorforschung zu ziehen und die betroffenen Beschäftigten für zukunftsfähige Forschungsprojekte zu gewinnen. Die Studierendenvertretung, der Personalrat, die Gewerkschaften, die Stadtratsfraktionen, OB Dr. Frank Mentrup und die zuständigen Bürgerinitiativen werden gebeten, die Forderung nach dieser längst überfälligen KIT-Umstrukturierung zu unterstützen.

Diese Forderung ist mehrfach ohne Erfolg öffentlich erhoben worden, z.B. am Antikriegstag 2011. Die Initiative verspricht, dass sie im Interesse der Umwelt und des Friedens nicht locker lassen wird. Und die Initiative erinnert erneut daran: Die Studierenden der Uni Karlsruhe (KIT) hatten Anfang 2009 für die Zivilklausel „Das KIT verfolgt nur friedliche Zwecke.“ votiert. Die KIT-Leitung hat sich von Beginn an gegen die Übertragung der Zivilklausel auf die Universität ausgesprochen. Sie wurde lediglich für die sog. Großforschungsaufgaben übernommen. Selbst dagegen wird jetzt verstoßen. Die einheitliche KIT-Zivilklausel bleibt auf der Tagesordnung. Das gilt auch für das obige Podium. Mehr in der Web-Doku der Initiative.

kritisch-lesen.de Nr. 32: Deutschland im Krieg

Dass militärisches Handeln von deutschem Boden aus wieder denkbar ist, zeigte sich nicht erst in der Antrittsrede von Bundespräsident Gauck im Jahr 2012, in der er die Bundeswehr als „Armee des Volkes“ bezeichnete. Bereits in den vorangegangenen Jahren –“ nicht zuletzt durch Joschka Fischers Plädoyer für einen militärischen Einsatz Deutschlands im Kosovo –“ fand eine Militarisierung der Außen- und Innenpolitik zunehmende Zustimmung in der Politik. Diese Normalisierung wurde begleitet von Forderungen nach der Wahrung universalistischer Menschenrechte und –“ im Falle des Kosovo –“ begründet mit einer historischen Verantwortung Deutschlands, ein neues Auschwitz zu verhindern. Weitgehend ausgeblendet bleiben in der öffentlichen Debatte das aufpolierte geschichtspolitische Selbstverständnis des „Demokratieweltmeisters“, die humanitären Auswirkungen der Kriege und die ökonomischen und geopolitischen Interessen, die mit militärischen Mitteln durchgesetzt werden.

Innerhalb der Linken bildet das Thema Antimilitarismus ein Feld für grundsätzliche theoretische Kontroversen. Praktisch agiert wird dort, wo die Bundeswehr zunehmend präsent ist und Akzeptanz erfährt. An vielen Orten finden zahlreiche kreative Proteste gegen Auslandseinsätze, die Rekrutierung von potenziellen SoldatInnen an Schulen und Universitäten und die Militarisierung des Inneren statt.

Mit dieser Ausgabe wollen wir uns mit der Militarisierung der Gesellschaft befassen und Impulse für linke Auseinandersetzungen mit dem Thema liefern. Dafür bespricht Christin Bernhold zunächst das Buch „Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen“ von Norman Paech und Gerhard Stuby und diskutiert die Bedeutung des Völkerrechts für die Legitimierung von Bundeswehreinsätzen im Ausland. Völkerrecht, so stellt sie heraus, wird hier zum Feigenblatt für Machtpolitik in internationalen Beziehungen. Mit solcherlei Legitimationsstrategien beschäftigen sich die folgenden Besprechungen. In der Rezension „–šWir–˜ über –šuns–˜ und –šdie Anderen–˜“ zum Buch „Heimatdiskurs“ zeigt Rita Werth auf, wie im Namen der Modernisierung und der Emanzipation Militäreinsätze von Deutschland aus für notwendig erklärt werden. Dem Humanismus als Begründung für Kriegseinsätze widmet sich auch Christian Baron in „Sehnsucht nach dem Stahlbad“, einer bissigen Rezension von Bernd Ulrichs „Warum Deutschland Krieg führen darf. Und muss“. Heinz-Jürgen Voß geht es in der Besprechung des Buchs „Gendering 9/11. Medien, Macht und Geschlecht im Kontext des –šWar on Terror'“ von Andrea Nachtigall speziell um die Legitimation des Afghanistaneinsatzes.

Mit der Bedeutung von Militarisierung für die kapitalistische Staatenkonkurrenz befasst sich Ruldoph Bauer in der Rezension des Buches „Geopolitik“ von Tobias ten Brink. Der Frage nach Waffenproduktion in Deutschland und deren Export in andere Länder geht Sophia Hoffmann nach, die das Buch „Bombengeschäfte –“ Tod made in Germany“ von Hauke Friedrichs bespricht. Adi Quarti widmet sich in seiner Rezension „Die neue Dimension“, die mit dem Buch „Drohnenkrieg. Tod aus heiterem Himmel - Morden per Fernbedienung“ die neuesten technischen Entwicklungen in der unbemannten Kriegsführung aus den USA vorstellt. Neben der fachwissenschaftlichen Diskussion um den Afghanistaneinsatz haben aktuell auch Romane, die Einfluss auf Militärdiskurse in Deutschland haben, Konjunktur. Stephanie Bremerich diskutiert mit „Fiktion als Alibi“ den Antikriegsroman „Jenseits von Deutschland“, der mit seinem Anliegen jedoch das Genre verfehlt hat. Einen tatsächlichen Erlebnisbericht hinterfragt in „Wir fühlten uns bereits wie Kriegshelden“ Fabian Virchow. Das Buch „Vier Tage im November. Mein Kriegseinsatz in Afghanistan“ von Johannes Clair offenbart das Selbstbild eines ehemaligen Fallschirmjägers.

Mit dem Konzept der Nachwuchsrekrutierung der Bundewehr an Schulen und Universitäten befassen sich drei Rezensionen. Elke Michauk bespricht in „Im neuen Gewandt: Offensive Bundeswehr an Schulen" den Einfluss des Militärs auf Bildungseinrichtungen und betont dabei die vielfältigen Aktivitäten gegen die Rekrutierung an Schulen. Ebenfalls mit dem Wirken der Bundeswehr an Schulen und der Gegenwehr beschäftigt sich Ismail Küpeli in seiner Rezension des Buches „Soldaten im Klassenzimmer“. Christoph Golasch widmet sich dem Buch „Zivilklauseln für Forschung, Lehre und Studium“, das die zunehmende Bereitschaft der Universitäten, Drittmittel aus der Rüstungsforschung einzuwerben, zum Thema hat.

Abschließend werfen wir einen Blick auf die außenpolitische Debatte der Partei DIE LINKE. Christian Stache war selbst langjähriges Mitglied der Partei und des ihr nahestehenden Jugendverbandes ['solid]. Er kritisiert in seiner Rezension „Zu den Waffen, Genossen!“ das Buch „Linke Außenpolitik“ und damit den aktuellen Versuch einer Neukonzeption der außenpolitischen Ausrichtung der Partei.

Den Anfang bei den Rezensionen außerhalb des Schwerpunkts macht Jens Zimmermann, der die aktuelle Publikation zu „Obamas Krisen-Empire“ von Ingar Solty empfiehlt. Andrea Strübe widmet sich in ihrer Rezension „Was sich nicht bewährt“ der umfangreichen Studie „Bewährungsproben für die Unterschicht? Soziale Folgen aktivierender Arbeitsmarktpolitik“ um das Team des Jenaer Soziologen Klaus Dörre, in der die Arbeitsmarktreformen der letzten Jahre alles andere als gut wegkommen. Der Tod eines Anti-AKW-Aktivisten ist Aufhänger von „XXX“, einem überraschenden „Atomkraft-Krimi“ von Martin Sudermann, den Alice Freitag gelesen hat. An den Dimensionen des Themas scheitert Robert Claus zufolge eine Arbeit zu „Rechtsextremen Strategien im Sport“. Der Sammelband „Migration und Arbeit in Europa“ fokussiert laut der Rezensentin Hannah Schultes zwar ein wichtiges Thema, dennoch kommt sie in ihrer Rezension „Gäste, die arbeiten“ zu einem gemischten Fazit. Schließlich beschäftigt sich Moritz Altenried anhand des Buches „Die Prekarisierungsgesellschaft“ von Oliver Marchart mit der Frage, wie Proteste gegen Prekarisierung gesellschaftstheoretisch gefasst werden können.

Und nun noch zum Schluss: Kritisch-lesen.de ist nun seit drei Jahren online! Nach 32 Ausgaben mit 340 Rezensionen, interessanten Diskussionen und vielen Höhen und Tiefen blicken wir zurück auf drei wunderbare, arbeitsintensive, nervenaufreibende und ereignisreiche Jahre. Wir danken allen Leser_innen, Autor_innen und Freund_innen, die uns in dieser Zeit so tatkräftig unterstützt haben! Nach der nächsten Ausgabe, die mit dem Schwerpunkt Kritische Soziale Arbeit am 1. Juli erscheint, werden wir eine Pause einlegen, um ein bisschen durchzuatmen und über kritisch-lesen.de nachzudenken. Wir würden uns freuen, wenn ihr uns eure Eindrücke an info@kritisch-lesen.de schicken würdet: Was gefällt euch an kritisch-lesen.de, was nicht, welche Ausgaben fandet ihr besonders gut, welche Themen interessieren euch, was können wir besser machen?

Rezensionen zum Schwerpunkt

Schulfrei für die Bundeswehr und Semesterferien im ganzen Jahr! Rettungsfond für die Bildung statt Rüstungsmilliarden für den Krieg!


Unter diesem Leitgedanken wird es im Januar auf Einladung der Kampagne „Schulfrei für die Bundeswehr“ eine Aktionskonferenz geben, in der eine landesweite Protestaktion beraten werden soll. Wichtigster Grund ist die fortgesetzte Verschleppung der versprochenen Kündigung der Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr durch die Grün-Rote Landesregierung.

In der Tagung „Lernen für den Frieden“ am gestrigen Samstag im Bonhoeffer-Haus Karlsruhe wurde bekannt gemacht, dass die seit 4. Dezember 2009 bestehende Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr mit kosmetischen Korrekturen durch eine neue ersetzt und den Friedensorga­nisa­tionen ebenfalls eine Kooperationsvereinbarung angeboten werden soll.

Das wurde von den TagungsteilnehmerInnen einhellig zurück gewiesen. Um zu dieser Zurück­weisung ein öffentliches Zeichen zu setzen, wird in Anknüpfung an die Demonstration am 20. Oktober 2012 in Stuttgart und an Aktionstage „Militärfreie Schulen und Hochschulen“ an eine weitere demonstrative Aktion in der Landeshauptstadt gedacht.

Die Tagung war der gemeinsamen Überzeugung, dass dabei die Mitwirkung der Gewerkschaften und der Kirchen von großer Bedeutung ist. Zum Glück hatten an der Tagung in Karlsruhe eine Reihe von VertreterInnen der Gewerkschaften und der Kirchen teilgenommen, die das direkt mit den entsprechenden Gremien kommuniziere können.

Der Tagung lag ein Reader des Autors mit einem ausführlich begründeten Antrag für eine Demo für Anfang 2014 vor, verbunden mit aktuellen Informa­tionen zur Zivilklausel an Hochschulen und zum DGB-Workshop an 30. Oktober in Berlin.

Über den Antrag wurde ausführlich in der Arbeitsgruppe c (Lena Sachs/Roland Blach: Lernen für den Frieden und militärfreie Schulen. Ein langer Weg beginnt mit dem ersten Schritt) und im Tagungsplenum diskutiert mit dem eingangs genannten Ergebnis.

Es ist davon auszugehen, dass der IMI-Kongress am 15./16. November in Tübingen die geplante Aktionskonferenz und die demonstrative Aktion unterstützen wird.
Mehr Informationen zur Tagung in der heutigen Presseerklärung „“Kooperationsvereinbarung ist ein roter Teppich für die Bundeswehr“ - Bildungssystem muss zivil ausgerichtet sein“ der DFG-VK Baden-Württemberg.

Kontakt: Dietrich Schulze dietrich.schulze@gmx.de 0160 9911 3131

Was mir heute wichtig erscheint #329

Unvergessen: Endgültig tot ist nur, wer auch vergessen ist. Von 1990 bis 2013 gab es in der Bundesrepublik mindestens 184 Todesopfer rechter Gewalt. 184 Menschen mit einer eigenen Geschichte, deren Leben ausgelöscht wurden. An einige von ihnen wird erinnert, andere scheinen vergessen. Doch Neonazis morden nicht erst seit 1990, auch davor gab es bereits Todesopfer rechter Gewalt. Das Blog des Projektes „Unvergessen –“ Opfer rechter Gewalt in Baden-Württemberg“ widmet sich den nachgewiesenen und mutmaßlichen Mordfällen durch rechte Gewalt in Baden-Württemberg.

Uneinheitlich: Die Antikapitalistische Demo in Stuttgart gegen die "Deutschlandfeier" unter dem Motto "Ihre Einheit heißt Krise, Krieg und Armut!" wurde von mehr als 500 Teilnehmern erfolgreich und kämpferisch mit mehreren, auch spontanen Zwischenkundgebungen bis zum Abschluss um 17 Uhr durchgeführt. Dabei musste sich die Demo gegen teils massive Polizeirepression durchsetzen, mit der die Demonstration offenbar gestoppt werden sollte. Der Entschlossenheit und Durchsetzungskraft der DemonstrantInnen ist es zu verdanken, dass die Polizei dabei nicht erfolgreich war. Einige meiner Fotos, die bei dieser Demo entstanden sind wurden jetzt beim Umbruch Bildarchiv veröffentlicht.

Ultimativ: In Anschluss an eine Vollversammlung in der Roten Flora fand bereits am Sonntagabend eine Demonstration mit 1000 Menschen gegen die Polizeigewalt gegen Unterstützer_innen nach der Besetzung des Rathausmarktes und die rassistischen Kontrollen statt. Auf dieser wurde das Bleiberrecht für alle Flüchtlinge gefordert. Es war ein starker Demonstrationszug, der ohne Anmeldung mit Bengalos und Feuerwerk startete, nach der späteren Anmeldung wurde nach St. Pauli und zurück ins Schanzenviertel gegangen. Nun wurde ein Ultimatum an den Senat gestellt, die rassistischen Kontrollen und polizeiliche Verfolgung von Flüchtlingen einzustellen. Sollte dies nicht bis Dienstag um 20 Uhr erfolgen, wollen Autonome und Aktivist_innen der Roten Flora und Menschen aus dem Umfeld von Recht auf Stadt sich mit allen, die nicht mehr tatenlos zuschauen wollen auf dem Achidi-John-Platz an der Roten Flora versammeln...

Unfriedlich: Zivilklausel an Hochschulen? Anregungen zu einen friedenspolitischen Dialog an Universitäten und Hochschulen. Prof. Dr. Kreowksi(Uni Bremen), Prof. Dr. Wolf (Hochschule Koblenz) und Guido Groß (KHG Koblenz) im Interview, via friedliche Uni Augsburg.

Unnachgiebig: Die Demonstration von 250 Ford-Arbeitern aus dem belgischen Genk im November vergangenen Jahres in Köln hat ein juristisches Nachspiel. Gegen 15 Gewerkschafter aus Belgien und einen mit ihnen solidarischen Aktivisten aus Köln wurden Ermittlungsverfahren wegen »besonders schweren Landfriedensbruchs« eingeleitet. Der Mitteilung eines Solidaritätskreises zufolge drohen den Betroffenen bei einer Verurteilung Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Mehr im Beitrag: "Deutsche Justiz gegen belgische Ford-Arbeiter" von Daniel Beruzi in der jungen Welt von heute oder auch im Blog des Solidaritätskreises 07 November.

Urabstimmung: Mit dem Einsatz einer privaten Wachmannschaft von 15 bis 20 Personen der Firma "correct-control" aus Chemnitz - für ein Werk mit knapp 100 Beschäftigten! - geht die Geschäftsleitung von Norgren gegen die um ihre Arbeitsplätze kämpfenden KollegInnen vor. Seit der Bekanntgabe des Schließungsbeschlusses am 30.08. wird das Werk von der privaten Wachmannschaft „besetzt“ gehalten. Von diesen "Sicherheitsfachkräften" fühlen sich Norgren-KollegInnen bereits bedroht. Nachdem mittels Urabstimmung 97% der Beschäftigten - außer drei "Führungskräften" für Streik gestimmt hatten stehen die KollegInnen seit gestern im Streik für die Durchsetzung eines Sozialtarifvertrags für den Fall, dass das Werk in Großbettlingen mit seinen rund 100 Arbeitsplätzen, wie geplant, geschlossen wird. Am kommenden Mittwoch, den 16. Oktober von 15.30 Uhr bis 16 Uhr findet auf dem Nürtinger Schillerplatz eine Kundgebung mit anschließender Demonstration statt. Mehr Information bei der IG Metall Esslingen.

Unterstützung: In den vergangenen Wochen berichtete die junge Welt mehrfach über die Klagen wegen der Kesselung der Blockupy-Demo am 1. Juni 2013. In diesem Zusammenhang wurde auch berichtet, dass die Polizei gegen 943 im Kessel festgestellte und videografierte Demonstrant/innen Strafverfahren vorbereitet. Die AG Antirepression hat auf linksunten eine ausführliche Zusammenfassung und Einschätzung der Lage veröffentlicht.

Unbezahlbar: "Tausenden Griechen ist der Strom abgestellt worden, weil sie ihn nicht mehr bezahlen können. Landesweit sind Rechnungen in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro offen. Aktivisten schließen nun wenigstens die Ärmsten der Armen wieder an die Leitung an - obwohl sie sich damit strafbar machen." Die Süddeutsche mit einem lesenswerten Beitrag über die "Strompiraten von Athen"

Zivilcourage

Dietrich Schulze
Foto: Michael Schulze von Glaßer
Das Magazin antifa der VVN-BdA für antifaschistische Politik und Kultur führte in der in Kürze erscheinenden Juli / August Ausgabe 2013 ein Gespräch mit Dietrich Schulze, Initiative gegen Militärforschung an Universitäten.

antifa: Wie sieht es in der Bundesrepublik aus in Bezug auf die Zusammenarbeit von Hochschulen und Militär?

Dietrich Schulze: Militärforschung im natur- und geisteswissenschaftlichen Bereich ist eine flächendeckende Erscheinung. Nur zwei aktuell heiß diskutierte Beispiele. In München entsteht auf dem Gelände einer ehemaligen militärischen NS-Versuchsanstalt der zivilmilitärisch-industrielle Forschungskomplex BICAS für die Entwicklung von autonom agierenden Kampfdrohnen. In Kiel haben Uni und Institut für Sicherheitspolitik (ISPK) ein Konzept zur Aufstandsbekämpfung in den Ländern des globalen Südens entwickelt. Aus Feldforschungen in Afghanistan wird die „Enthauptung aufständischer Gruppen durch Ausschaltung von  bedeutenden Führern" als wirksames Instrument abgeleitet.

antifa: Die Kooperationen haben doch sicher auch mit Geld zu tun?

Dietrich Schulze: Bleiben wir bei Kiel. Die Uni hat in den letzten Jahren 2,7 Mio. Euro von BMVg und NATO eingenommen. Die Not der gezielten Unterfinanzierung der Hochschulen machen immer mehr Uni- Verantwortliche zur Tugend der Fremdfinanzierung und Fremdsteuerung durch Wirtschaft und Rüstung.

antifa: Seit einigen Jahren formiert sich dagegen eine so genannte Zivilklauselbewegung. Was ist darunter zu verstehen?

Dietrich Schulze: Eine Zivilklausel ist die Selbstverpflichtung der Uni bzw. die Bestimmung im Landeshochschulgesetz, nur für friedliche, zivile, nicht-militärische Zwecke zu forschen und zu lehren. Ausgehend von einer erfolgreichen Urabstimmung im Januar 2009 an der Uni Karlsruhe ist in nur vier Jahren eine beachtliche Bewegung entstanden. Inzwischen gibt es fünf weitere Abstimmungen der Studierenden in Köln, Frankfurt a.M., FU Berlin, Kassel und Kiel. Zu den vor 2009 bestehenden fünf Zivilklauseln sind mindestens sieben Neue dazu gekommen.

antifa: Gab es zu den Aktionstagen im Juni auch Aktionen an Hochschulen?

Dietrich Schulze: Die Aktionstage für militärfreie Schulen und Hochschulen waren aus vielerlei Gründen nicht so kräftig unterstützt wie noch im Herbst 2012, wo es z.B. eine Demo in Stuttgaıt vor dem Kultusministerium (Kündigung des Kooperationsabkommens Schule/Bundeswehr) und dem Wissenschaftsministerium (landesgesetzliche Zivilklausel) gab. Dennoch innovative Aktionen wie die Kundgebung in Stuttgart gegen die geplante Bundeswehr-Briefmarke.

antifa: Wie kann man als Student oder Lehrender in dieser Bewegung aktiv werden?

Dietrich Schulze: An vielen Unis gibt es Zivilklausel-Arbeitskreise bei den ASten. Es gibt auch über die Uni hinausreichende Bündnisse an den Hochschulorten. Wichtig ist es, selber tätig zu werden, bei allen Problemen, die das bei dem heutigen verschulten Studium persönlich mit sich bringt. Bei den Lehrenden herrscht die urdeutsche oft intelligent verbrämte Anpassung vor. ISPK-Direktor Joachim Krause geht soweit, den studentischen Vorwurf der Kriegsforschung als paranoid zu bezeichnen.

antifa: Der Direktor hat Dich Anfang Juli in einer Veröffentlichung persönlich angegriffen

Dietrich Schulze: Ja, er schimpft: „Diese Kampagne wird bundesweit von Gruppen und Personen koordiniert, die aus dem linken (oft linksextremen), antimilitaristischen Spektrum stammen ( wie das „imi " ın Tübingen oder Dr. Dietrich Schulze aus Karlsruhe, der ansonsten auch noch für den VVN-Bund der Antifaschisten auftritt; einer Organisation, die der Verfassungsschutz in Baden- Württemberg wohl nicht zu Unrecht als „linksextremistisch beeinflusst" qualifiziert)." Das kann ich nur als Ermutigung begreifen.

Ebenso wie Faschismus und Krieg gehören Antimilitarismus und Antifaschismus zusammen. Und weiter schreibt er: „Diese Art von Kooperations- und Kontaktverboten (mit dem Ziel der gesellschaftlichen Ausgrenzung bestimmter Institutionen und Personen) erinnert fatal an Zeiten, in denen Universitäten in Deutschland nicht mit Menschen oder Institutionen kooperieren durften, weil diese jüdisch waren."

Eine unglaubliche Gleichsetzung, die von ihm selbst inzwischen zwecks Vermeidung von Konsequenzen klammheimlich gelöscht worden ist.

antifa: Gibt es denn auch Beispiele für Zivilcourage?

Dietrich Schulze: Alle Welt spricht über den Mut der Whistleblower Assange, Manning und Snowden. Es gibt auch im Wissenschaftsbereich der Bundesrepublik Whistleblower. Am 17. Juni trat die Ethnologin Irma Kreiten im Rahmen der Eröffnung einer Whistleblower-Ausstellung der Linken im ver.di-Haus Karlsruhe erstmals an die Offentlichkeit. Verantwortliche der Universität Tübingen hatten mit schmutzigen Mitteln versucht, sie in Kriegsforschung einzuspannen. Dagegen hat sie sich gewehrt. Unter der Diskriminierung, auch wegen mangelnder Unterstützung, hat sie jahrelang gelitten und sich jetzt durchgerungen, reinen Tisch zu machen. Eine mutige und bescheidene Persönlichkeit, von deren „Weltpremiere“ alle sehr bewegt waren.

Die Fragen stellte Regina Girod

Zur Person: Dr.-Ing. Dietrich Schulze war von 1966-2005 im Kernforschungszentrum Karlsruhe (jetzt KIT Campus Nord) tätig, anfangs als wiss. Mitarbeiter in Hochenergiephysik-Projekten und später als Betriebsratsvorsitzender. Er ist Mitbegründer der Initiative gegen Militärforschung an Universitäten, Beiratsmitglied der Naturwissenschaftlerlnnen-Friedensinitiative sowie DFG-VK- und BdWi-Mitglied.

Seit der Offnung der VVN zur WN-BdA ist er als Antifaschist aktiv, zurzeit als Kreisvorstandsmitglied in Karlsruhe.

Mehr Informationen:
Aktueller Reader zum Fall
Web-Dokumentation der Initiative
Whistleblowerin Irma Kreiten
• Das Papier Krause-ISPK-Kiel (Synopse)
• Darauf eine Parodie Zivilklausel-“Rädelsführer" für NRhZ
Pressespiegel beim AStA.
• Ein Beitrag dazu im Freitag.

Reinwaschung des kriegsbereiten Honorarprofessors der Uni Tübingen: Zivilklausel-Bewegung als Hemmschuh der Hochschul-Militarisierung

"Antimilitaristen machen mobil gegen die Bundeswehr - In Berlin wird ein Minister niedergebrüllt, die Bundeswehr bekommt Hausverbote."

Diese Original-Schlagzeile und der Einführungstext der "Welt" vom 18. Mai 2013 wurden offenbar von Rüstungsfreunden als missverständlich kritisiert. Deswegen die Änderung in der Internetfassung wie hier im Korrekturmodus dokumentiert. Bei dieser Gelegenheit wurden noch Bilder aus der Druckfassung (hier weggelassen) und Zwischenüberschriften eingefügt.

Bemerkenswert auch die Korrektur des wohl von Militärexperten monierten Geheimhaltungsstatus der Verhandlungen zum Dayton-Abkommen. Die korrigierte Meldung wurde schleunigst von „Bundeswehr News“ und „Seefahrer Blog“ übernommen.

Was sagt uns dieser umfängliche Versuch einer Reinwaschung des Kriegstrommlers Ischinger? Zweierlei.

Erstens: Die seit vier Jahren intensiv geführte Auseinandersetzung an den Hochschulen gegen die Vereinnahmung für Bundeswehr, Kriegspolitik und Rüstungsindustrie, für eine verantwortungsbewusste Wissenschaft und für die Bindung dafür mittels Zivilklauseln zeitigt immer mehr Wirkung auf die herrschende Politik und ihre medialen Helfer. Früher konnte das als selbstverständlicher Gang der Dinge ignoriert werden. Heute müssen ellenlange Rechtfertigungs-Artikel für das Militärische geschrieben werden.

Zweitens: Die anfänglichen Proteste in Tübingen sind abgeflaut. Deswegen kann in der Zwischenüberschrift mit Genugtuung verkündet werden „Ischinger bleibt Honorarprofessor“.

Hier ist die Friedens- und Zivilklausel-Bewegung vor Ort und darüber hinaus dringend aufgerufen, an ihren früheren Protest anzuknüpfen und diesen energisch fortzuführen.

Mehr Informationen, siehe auch: Dokumentation "Zivilklausel oder Militärforschung"

“Freiheit der Wissenschaft„ und Kriegsforschung

Seit mehr als vier Jahren gibt es eine stetig intensiver werdende Auseinandersetzung an den Hochschulen um die bewusst vorangetriebene Militarisierung durch Indienstnahme für Rüstungsforschung und Kriegswissenschaft. Studierende, Gewerkschaften und Friedensorganisationen streiten mehr oder weniger erfolgreich für die Befreiung der Alma Mater aus dem Griff von Wirtschaft und Militär.

Als probates Mittel, das die Verantwortung der Wissenschaften für eine Welt ohne Krieg, für ausschließliche Gewaltfreiheit für alle Arten von Konfliktlösungen, für die Rettung des Planeten durch nachhaltigen Umweltschutz und für die Bekämpfung von weltweiter Armut und Ungerechtigkeit gut zusammenfasst, hat sich die Forderung nach Selbstverpflichtung der Hochschulen durch Zivilklauseln herausgestellt.

Die erste große Auseinandersetzung um die Zivilklausel (keine Forschung und Lehre für militärische Zwecke) in jüngerer Zeit hat sich ausgerechnet an zwei äußerst konservativen Bildungs- und Forschungsinstitutionen entzündet,

  • an der Universität Karlsruhe, die seit 40 Jahren kontinuierlich und meist verdeckt Rüstungsforschung betrieben hat und weiter betreibt und
  • am Forschungszentrum Karlsruhe, das vom damaligen Bundesminister für Atomfragen Franz-Josef Strauß 1956 als Kernreaktorbau- und Betriebsgesellschaft gegründet wurde und nicht zufällig als personelle Erstausstattung vier mit strammer Nazi-Vergangenheit belastete Führungskader (Greifeld, Schnurr, Ritter, Brandl) erhalten hatte. Gleichzeitig aber musste die völkerrechtlich unumgängliche Eintrittskarte für deutsche Atomforschung in Form der Satzungsbestimmung "Die Gesellschaft verfolgt nur friedliche Zwecke." (Zivilklausel) akzeptiert werden. Die wäre bei erstbester Gelegenheit mit dem damals propagierten Erwerb eigener Atomwaffen ad acta gelegt worden.


Ironie der Geschichte

Warum Karlsruhe? Das muss wie eine Ironie der Geschichte erscheinen. Seit 2007 ist der Zusammenschluss beider Institutionen zum Karlsruher Institut für Technologie (KIT) organisiert worden, der 2009 mit einem eigenen Landesgesetz und einer Grundsatzung gemäß Grundordnung einer Universität besiegelt wurde. Die Komplettierung des KIT als zivilmilitärischer Forschungskomplex durch Einbeziehung aller regionalen Fraunhofer-Institute (FhG, einige mit z.T. erheblichen Anteilen an Rüstungsaufträgen) ist wegen zu großer Komplexität (vorerst) zurückgestellt worden. Die Integration wird in einem Fall des Frauenhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (FhG IOSB) durch Personalunion von Uni- und FhG-Institutsleitung praktiziert.

Worin bestand der Konflikt bei der Fusion nun genau? Das Forschungszentrum (jetzt KIT Campus Nord) hatte eine Zivilklausel, die Universität (jetzt KIT Campus Süd) nicht. Für die angestrebte komplette Verschmelzung konnte es demnach nur zwei Alternativen geben: Einfügung der Zivilklausel in die Grundsatzung oder ihre komplette Abschaffung. Das letztere wagte nicht einmal die Bundesregierung unter Schavan, die seit Amtsantritt die bewusste Vermengung von zivilen und militärischen Zwecken betreibt. Für die vom Campus Nord betriebene sog. Großforschung, darunter die trotz Ausstiegsbeschluss massiv fortgesetzte Atomreaktorforschung, gilt die Zivilklausel als Teilklausel weiter. Diese wurde von der früheren SPD-Landtagsopposition mit Recht als Witz bezeichnet. Gegen die Einführung der Zivilklausel in die Grundsatzung widersetzten sich die KIT-Leitung und die damals schwarz-gelbe Landesregierung Baden-Württemberg Arm in Arm von Beginn an.

KIT-Gesetz und kein Ende

Weil diese Auseinandersetzung viele typische Elemente enthält, die auch an anderen Hochschulen zur Geltung gekommen sind, sollen die Vorgänge am KIT und in Baden-Württemberg etwas genauer nachgezeichnet werden.

Wir beginnen mit der guten Nachricht. Nachdem die Gewerkschaft ver.di bereits im Herbst 2008 eine einheitliche Zivilklausel gefordert hatte, votierten die Studierenden der Universität im Januar 2009 in einer bundesweit erstmaligen Urabstimmung zu einer Fragestellung mit derartiger gesellschaftspolitischer Tragweite für die KIT-einheitliche Zivilklausel "KIT verfolgt nur friedliche Zwecke" mit 63% JA-Stimmen. Das war ein selbst von Optimisten nicht erwarteter Paukenschlag für eine gesetzliche Friedensbindung. Kurz davor war aufgrund einer Bundestagsanfrage der LINKEN unter Mithilfe der Informationsstelle Militarisierung (IMI e.V.) Tübingen aufgedeckt worden, dass das Nachrichtentechnische Institut an der Uni an einem Breitband-Datenübertragungssystem für die Bundeswehr forscht, das besonders für multinationale Auslandseinsätze gebraucht wird. Die Zivilklausel war demzufolge für Uni und KIT keine möglicherweise überflüssige oder symbolische Vorsichtsmaßnahme, sondern hatte vor dem Hintergrund dieser Enthüllung direkte praktische Bedeutung. Der Erfolg ist von den Studierenden hart erkämpft worden. Dazu gab es Aufklärungsveranstaltungen, Flyer, Werbezettel, Infotafeln und vor allem eine massive Unterschriftenkampagne für die beiden Abstimmungsfragen: "Zustimmung zur Zivilklausel? Bei Auslegungsstreitigkeiten einstimmiger Senatsbeschluss erforderlich?" Listen wurden nach kurzen Einführungsworten von AktivistInnen in den großen Grundlagenvorlesungen in Umlauf gegeben. Eine integrierende und mobilisierende Rolle bezüglich der unterstützenden Hochschulgruppen spielte die Gewerkschaftliche Studierendengruppe Karlsruhe (GSKa).

Und jetzt die schlechte Nachricht. Geschlagene vier Jahre nach diesem Erfolg gibt es trotz Regierungswechsel und Wahlversprechen von GRÜNEN und SPD keinerlei Fortschritte. Im Gegenteil: Mit Rückendeckung der Grün-Roten Landesregierung (Ministerpräsident Kretschmann, Wissenschaftsministerin Bauer) vertuscht die KIT-Leitung reale Rüstungsforschung unter einem Dach mit Atomreaktorforschung (was zuvor als Tabu galt), verkauft die beschlossenen Ethik-Leitlinien in lächerlicher Weise als Ersatz für die heftig abgelehnte Zivilklausel und propagiert jetzt Arm in Arm mit der Grün-Roten Landesregierung die ›Freiheit der Wissenschaft.‹ Da kann sich KIT-Aufsichtsratsmitglied Zetsche (Daimler Benz) nur die Hände reiben. Viel besser konnte es in der 58-jährigen CDU-Herrschaft auch nicht laufen. Dass Aufmucken z.B. an der grünen Basis unverzüglich und unmissverständlich in die Schranken gewiesen wird, dafür sorgt nun der olivgrün gewendete Landesvater.

Zivilklausel-Bewegung wächst

Dennoch gibt es ein positives Pfund, das bei allem berechtigten Frust über die neue alte Landespolitik und die kriegsfördernde Bundespolitik nicht unterschätzt werden darf. Die Bereitschaft, für Frieden und Gerechtigkeit zu streiten, breitet sich aus in Karlsruhe, in Baden-Württemberg, bundesweit und sogar international. Die Zivilklausel ("civil clause") ist zum Inbegriff für verantwortliches Handeln an den Hochschulen geworden. Es ist ein bundesweites Bündnis "Hochschulen für den Frieden - Ja zur Zivilklausel" entstanden, das sich etwa vierteljährlich zwecks Erfahrungsaustausch und Organisierung von Kongressen und Aktionen trifft. Es hat weitere Urabstimmungen pro Zivilklausel an den Unis Köln und Frankfurt a.M. sowie an der FU Berlin gegeben. An etwa 40 Hochschulen gibt es Arbeitskreise pro Zivilklausel.

Allein in den letzten beiden Jahren sind sieben Zivilklauseln an Hochschulen zu den früheren fünf hinzugekommen, Ende Januar für die Goethe-Universität Frankfurt (Stiftungsuniversität!). In Bremen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Berlin/Brandenburg, Bayern und anderswo werden derzeit gesetzliche Regelungen mit Zivilklauseln für Landeshochschulgesetze gefordert. Niedersachsen hatte in den 90er Jahren schon mal eine. Im neuen DGB-"Programm für eine demokratische und soziale Hochschule" wird in Ziff. 10 "Kooperation, Verantwortung und Transparenz in der Forschung" u.a. eine Zivilklausel für ein Bundeshochschulgesetz gefordert.

Vor und nach der Wahl

Allesamt verfassungswidrige Beschlüsse bzw. Bestrebungen gegen die Freiheit der Wissenschaft, wenn man der heutigen Auslegung von Ministerin Bauer folgt. Frau Bauer hatte 2010 zusammen mit Herrn Kretschmann für die GRÜNEN in der Opposition die Zivilklausel für das KIT-Gesetz beantragt. Auf Nachfrage in einer Versammlung in der Uni Karlsruhe, dass sie demnach gegen die Verfassung gehandelt hat, erklärte sie das als "Jugendsünde". Eine durchaus beachtliche Leistung, diese "Jugendsünde" im Alter von 45 Jahren. Da fragt man sich unwillkürlich, wann Frau Bauer erwachsen werden wird.

Kabarettreif hatte Bauers Amtsvorgänger Minister Frankenberg (CDU) im Juli 2009 im Landtag zum KIT-Gesetz erklärt: "Über die Zivilklausel haben wir uns ausgetauscht. Sie bleibt beim Forschungsteil. Ich persönlich - das betone ich auch hier noch einmal - bin der festen Überzeugung, dass unsere Hochschulen eigentlich für die Armee eines demokratischen Staates und die beste Ausrüstung ihrer Soldaten auch forschen dürfen. Ich halte dies übrigens auch für eine Zivilklausel. Denn wir haben eine zivile Armee, für die man forschen können soll. Insofern akzeptiere ich die Zivilklausel für den Forschungsteil. Ich akzeptiere aber im Prinzip die Idee der Zivilklausel für unsere Bundeswehr nicht."

Am Rande ihres Antrittsbesuchs an der Universität Tübingen hatte sich die jetzige Wissenschaftsministerin Bauer wie folgt geäußert: "Ich begrüße und unterstütze es, wenn Hochschulen in ihren Grundordnungen klarstellen, dass Forschung und Lehre friedlichen Zwecken dienen". Laut Schwäbischem Tagblatt (05.11.11) betonte sie aber zugleich, dass sie eine gesetzliche Beschränkung von Forschungsaktivitäten ablehne. Dem fügte sie hinzu, dass sie persönlich es für "legitim und richtig" ansehe, wenn Hochschulen "Forschung zu sicherheitsrelevanten Fragen betreiben, die sich im Rahmen demokratisch legitimierter Bundeswehreinsätze stellen."

Ähnlich MP Kretschmann bei einem Bürgerempfang im Karlsruher Rathaus kurz darauf. Eine KIT-Studentin erinnerte ihn an die grüne Position vor der Wahl und fragte, warum die Zivilklausel nicht ins KIT-Gesetz geschrieben wurde. Die knappe MP-Antwort: "Forschung und Lehre sind nach dem Grundgesetz frei." Nach Verweis der Studentin darauf, dass MP das doch vor der Wahl gewusst habe, sowie auf die Praxis des Forschungszentrums und die Tübinger und Bremer Zivilklausel, wechselte der MP die Pferde. Es gehe gar nicht um verfassungsrechtliche Bedenken, sondern darum, dass die Institute das selber entscheiden sollen. Außerdem müsse beachtet werden, dass wir eine Bundeswehr haben, die für ihre Friedenseinsätze Unterstützung brauche.

"Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke". Eine Zivilklausel, die Militärforschung ermöglicht, sollen die Hochschulen also gerne beschließen. Nun versteht man jedenfalls besser, was Frau Bauer meinte, als sie zwei Monate nach ihrem Amtsantritt erklärte: "In der Hochschulpolitik waren wir Grünen meist näher an den Schwarzen als an der SPD." (Badische Zeitung 21.05.11)

Kritische Diskussion unerwünscht

In allen drei Fällen gibt es allerdings einen ins Auge fallenden Widerspruch in der eigenen Argumentation. Wenn die Bestimmung "friedliche Zwecke" so interpretiert werden kann, dass damit Forschung für die Bundeswehr in einem gewissen Umfang vereinbar ist, dann kann sie doch ins KIT-Gesetz geschrieben werden, ohne dass z.B. die Forschung für das zitierte Breitband-Datenübertragungssystem für die Bundeswehr eingestellt werden müsste. Warum wehren sich die Minister und Ministerpräsidenten vehement gegen diese gesetzliche KIT-Zivilklausel? Es bliebe doch alles wie gewünscht beim Bestehenden.

Mit einem wesentlichen Unterschied. Der "friedliche Zweck" kann von "Naiven" auch anders ausgelegt werden, nämlich als nicht-militärischer Zweck. Zu diesen "Naiven" gehörten übrigens die WissenschaftlerInnen und sogar die Administration des ehemaligen Forschungszentrums, die die Zivilklausel in diesem Sinne erfolgreich praktiziert und gegen mehrere Aufweichungsversuche verteidigt hatten. Jetzt wird aber offensichtlich allein die mögliche Auslegungsdiskussion über die gesellschaftlichen Zwecke von Forschung als unerwünscht angesehen. Ja, das allerschlimmste an der Zivilklausel ist aus herrschender Sicht, dass an den Hochschulen überhaupt eine kritische Diskussion entbrannt ist. Das wird vom Vorwärtsverteidigungsminister persönlich bestätigt.

Der oberste "Pflichtverteidiger"

Anfang 2012 beklagte dieser in der Süddeutschen Zeitung vom 27.02.2012 unter dem Titel "Ungeliebte Kriegsforschung" aufgrund eines Interviews nach der Münchener Sicherheitskonferenz, er erkenne "keinen großen intellektuellen Beitrag der deutschen Universitäten zur Frage von Krieg und Frieden." Die SZ meinte dazu: "De Maizière wünscht sich nun Antworten auf aktuelle Fragen. Zum Beispiel: Dürfen Armeen Drohnen im Kampf einsetzen? Dürfen sie private Sicherheitsfirmen einspannen? Wie sollten Staaten auf einen Cyberangriff reagieren?"

Am Buß- und Bettag 2012 wurde er in Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau  deutlicher: "Als Verteidigungsminister frage ich: Warum diskutieren wir nicht über deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik - an Schulen, Universitäten, Kirchen und überall, wo öffentlich diskutiert wird? Leidenschaftlich diskutiert wird zumindest teilweise über die Bundeswehr an Schulen oder über Zivilklauseln an Universitäten. Warum können diese Diskussionen kein Anknüpfungspunkt sein, um in eine etwas grundlegendere Diskussion über die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik einzusteigen?"

In der Dezember-Ausgabe 2012 des Campus Magazins UNICUM geht der oberste "Pflichtverteidiger" zum offenen Angriff über. Nachdem er die angeblich geringfügigen militärischen Finanzierungsbeiträge für die Hochschulen im Interview geschildert hat, wörtlich: "Sie sehen daran, dass die Diskussion über die Zivilklausel von der Bedeutung völlig übertrieben wird. Zweitens halte ich die Einführung einer Zivilklausel für einen Verstoß gegen die Wissenschaftsfreiheit des einzelnen Wissenschaftlers. Drittens führt sie zu einer Zweck- und Zielprüfung der Forschung, was auch nicht in Ordnung ist."

Wessen Freiheit wofür?

Freiheitsrechte sind Bürgerrechte gegen staatliche Gängelung und Willkür. Die Unterfinanzierung der Hochschulen und die dadurch entstehende Drittmittelabhängigkeit verursacht Unfreiheit. Das sieht selbst der konservative Deutsche Hochschulverband, die Standesvertretung der Universitätsprofessoren, so. Auf seinem Jahrestreffen am 20.3.2012 in Hannover beschloss er eine Resolution, in der es u.a. heißt: "Die Unabhängigkeit der Wissenschaft setzt eine ausreichende Grundfinanzierung von Forschung und Lehre voraus. Daran mangelt es aber: Neun von zehn Wissenschaftlern haben in den letzten fünf Jahren Drittmittel beantragt, weil sie nur auf diese Weise Projektmitarbeiter beschäftigen können. Solange Einwerbungserfolge bei Drittmitteln reputations- bzw. karrierefördernd wirken, finanziell belohnt werden und sich immer mehr zum Fetisch und zur Währung des Wissenschaftsbetriebs entwickeln, wächst die Gefahr sachfremder Einflüsse auf die Wissenschaft." Die Zivilklausel entfaltet eine Bremswirkung gegen derartige Fremdbeeinflussungen. In seinem verfassungsrechtlichen Gutachten von Anfang 2009 stellte Erhard Denninger fest, dass die KIT-Zivilklausel nicht nur zulässig ist, sondern der Friedensfinalität des (ursprünglichen) Grundgesetzes entspricht. Wenn sich Minister und gewisse Hochschul-Leitungen wegen einer Zivilklausel Sorgen um die Freiheit machen, so ist das nichts anderes als Pervertierung der Freiheitsrechte und urdeutsches Anpassertum.

Nochmal zu KIT und Baden-Württemberg. Die früheren Landtagsoppositionsparteien GRÜNE und SPD hatten nicht nur die Zivilklausel für KIT beantragt, sondern auch Bekenntnisse für friedliche und zivile Hochschulforschung in ihre Wahlprogramme zur Landtagswahl aufgenommen. Noch kurz vor der Wahl unterzeichneten die damaligen Abgeordneten Kretschmann (GRÜNE), Bauer (GRÜNE), Schmid (SPD) zusammen mit 450 zum Teil internationalen Persönlichkeiten einen Appell an KIT, die Zivilklausel einzuführen. Nichts von alledem wollen sie heute in Regierungsverantwortung wissen.

In dasselbe Horn bläst KIT-Präsident Prof. Umbach: "Eine solche Klausel steht im Widerspruch zur Freiheit von Forschung und Lehre, die im Grundgesetz Artikel 5 verankert ist. [...] Außerdem ist Forschung für die Bundeswehr auch im Grundgesetz abgesegnet. [...] Wir müssen doch interessiert sein, dass unsere Soldaten im Auslandseinsatz die bestmögliche Ausrüstung bekommen." (dpa-Dossier Bildung Forschung Nr. 31/2012)

Die gleiche Ignoranz von KIT-Leitung und Grün-Roter Landesregierung gilt gegenüber der bereits erwähnten Fortsetzung der Atomforschung für Reaktoren der IV. Generation (Transmutation). Gründe genug für eine Konferenz unter dem Titel "Zivilklausel statt Rüstungsforschung - Verantwortung der Wissenschaft für Frieden und Zukunftsfähigkeit" am 15/16. Juni 2012 am KIT.

Tagung gegen Kriegsforschung

Angeknüpft werden konnte dabei an eine andere Vergangenheit der Universität Karlsruhe. 25 Jahre zuvor gab es dort fast auf den Tag genau eine beachtete Konferenz gegen Rüstungsforschung, inspiriert von Werner Buckel (1920 - 2003), dem langjährigen Direktor des Physikalischen Instituts der Fridericiana, ein begnadeter Grundlagenforscher, Friedenswissenschaftler und früher Atomkraftkritiker. Von ihm stammt der schöne Gedanke über das vorbehaltlose Zusammenstehen aller Hochschulangehörigen in der sogenannten Nachrüstungsdebatte 1983: "Das Plenum vermittelte das Erlebnis einer wahren Universität." Die Studierenden und die ProfessorInnen waren zuvor gemeinsam gegen die Stationierung von Atomraketen auf die Marktplätze gezogen.

Die wichtigsten Ergebnisse, Vorträge und Arbeitskreisberichte gegen Rüstungs- und Atomforschung sowie über ein Abschlusspodium sind in einer 48-seitigen Broschüre zusammen getragen worden. Die Podiumsvertreter aus Studierendenschaft, Friedenswissenschaft, Gewerkschaft und Politik (GRÜNE, SPD, LINKE) waren sich mit dem Plenum einig, dass die Zivilklausel in das Landeshochschulgesetz und in das KIT-Gesetz gehört.

Streitschrift "Entrüstet Euch"1

Die Dokumentation enthält zwei interessante Vorworte von Heribert Prantl (Süddeutsche Zeitung München) und Wolfram Wette (Friedensforscher Freiburg, ehemals Militärgeschichtliches Forschungsamt der Bundeswehr).

Prantl schrieb zu den "Naiven": "Die Initiative ›Jetzt Entrüsten!‹ wirbt für ein ziviles Gemeinwesen - also für eine Zivilklausel an den Hochschulen und Universitäten, für die satzungsmäßige Bindung und die Verantwortung aller Hochschulangehörigen, ihre Forschung und ihre Lehre nur friedlichen Zwecken zu widmen. Die sogenannten, die angeblichen Realpolitiker nennen das Naivität. Damit haben sie vielleicht sogar recht. Ohne diese Naivität hat man nicht die Kraft, gegen den Jahrtausend-Mainstream anzutreten. Aber diese angeblich Naiven sind die wahren Realpolitiker, weil sie die richtigen Konsequenzen aus der Jahrtausend-Realität ziehen: ›Jetzt Entrüsten!‹."

"Mit den Waffen des  Geistes - Gegen den Geist der Waffen"

Die Karlsruher Tagung stand unter diesem Leitmotiv. Es stammt von dem 87-jährigen antifaschistischen Widerstandskämpfer und Holocaust-Überlebenden Martin Löwenberg aus München. Aus seinem bewegenden Grußwort zur Tübinger Zivilklausel-Konferenz im Oktober 2011, das der Autor dieses Beitrages vortragen durfte, ein Schlüsselzitat: "Ich habe nie aufgehört, über Militarismus, Rassismus und Neofaschismus aufzuklären und dagegen tätig zu werden. Zum Aufruf ›Nicht in unserem Namen‹ zur NATO-Sicherheitskonferenz im letzten Jahr hatte ich folgendes aufgeschrieben: ›Die erste politische Veranstaltung, auf der ich nach unserer Befreiung am 7. Mai 1945 aus dem KZ-Außenlager Leitmeritz gesprochen habe, stand unter dem Motto ›mit den Waffen des Geistes - gegen den Geist der Waffen‹. Dieser Leitsatz hat mich mein ganzes Leben begleitet. Denn ohne die aktive Unterstützung durch die Deutsche Wehrmacht hätte es keinen Holocaust gegeben. Darum bekämpfe ich auch heute noch den verfluchten deutschen Militarismus bei Gelöbnissen, Sicherheitskonferenzen und im Alltag.‹ "

An Martin Löwenberg können sich die Studierenden und wir alle ein Vorbild nehmen. Streiten wir weiter für eine verantwortliche Wissenschaft. Das sind wir der deutschen Geschichte schuldig. Vernetzen wir uns mit anderen Initiativen, z.B. der Aktion "Aufschrei" gegen Rüstungsexporte und mit der Kampagne "Schulfrei für die Bundeswehr". Zusammen mit letzterer ist für das erste Halbjahr 2013 eine weitere Aktionswoche "Militärfreie Schulen und Hochschulen" in Planung.

Anmerkung

1) Die Broschüre ist im Stuttgarter AnStifter-Verlag Peter Grohmann erschienen und kann dort für einen fairen Preis erworben werden. Seit Ende 2012 kann sie im Volltext online unter www.stattweb.de/files/civil/Doku20121230.pdf studiert werden.



Erstveröffentlichung im FORUM Wissenschaft

Was mir heute wichtig erscheint #323

Geschmacklos: Kein verspäteter Aprilscherz. Sondern Ausdruck der Zunehmenden Militarisierung der Gesellschaft. Am 6. Juni 2013 "wird eine Briefmarke erscheinen, die der Bundeswehr mit ihren Soldatinnen und Soldaten im Einsatz gewidmet ist, aber auch deren Angehörigen, die ihnen zu Hause den Rücken stärken. Die Sondermarke „Bundeswehr – Im Einsatz für Deutschland“ kommt auf den ersten Blick im gleichen „Outfit“ rüber wie die Soldaten im täglichen Dienst. In „Flecktarn“." Mehr auf diversen Bundeswehr Websites, z.B. beim Heer, über Google etc. zu finden. Den nichtgezählten Opfern der zur Zeit 4.178 deutschen Soldaten im Ausland wird ähnliches nicht zuteil.

Jugendsünde: "Immer wenn sich die herrschenden Verhältnisse in einer Legitimationskrise befinden, wird das stärkste Motiv der zivilisatorischen Entwicklung, die Freiheit, am Ungehemmtesten von Oben in Anspruch genommen und missbraucht. Das verdeutlicht Dietrich Schulze anhand der Auseinandersetzung um die Zivilklausel (nicht nur) in Baden-Württemberg." Darin: "(...) Frau Bauer hatte 2010 zusammen mit Herrn Kretschmann für die GRÜNEN in der Opposition die Zivilklausel für das KIT-Gesetz beantragt. Auf Nachfrage in einer Versammlung in der Uni Karlsruhe, dass sie demnach gegen die Verfassung gehandelt hat, erklärte sie das als "Jugendsünde". Eine durchaus beachtliche Leistung, diese "Jugendsünde" im Alter von 45 Jahren. Da fragt man sich unwillkürlich, wann Frau Bauer erwachsen werden wird. (...)"

Warnung: In Guantánamo weitet sich der Hungerstreik der Gefangenen aus. Inzwischen stehen mehrere von ihnen auf der Schwelle zum Tod. A Warning from Guantánamo – Four Prisoners Are Close to Death, and the Authorities Don’t Care.

Sortenrein: "Kommt der Entwurf aus der EU-Kommission (DG SANCO) durch, wäre es das Aus für viele alte Obst-, Gemüse- und Getreidesorten: Es dürfte nur noch Saat- und Pflanzgut von Sorten in den Handel, die den Industrienormen entsprechen – so wie es Agrarkonzerne wie Monsanto, Syngenta und BASF herstellen. Auf der Strecke blieben viele heimische Sorten, die unseren Speiseplan bereichern. Und dafür sorgen, dass sich unsere Landwirtschaft an den Klimawandel, neue Krankheiten und Schädlinge anpassen kann. (...)" Mehr bei Vera

Fernsehtipp: Auf arte läuft "Versenkt und Vergessen". Dazu schreibt Franz Alt bei telepolis: "(...) Seit Ende des Zweiten Weltkriegs pumpten und lagerten England und Frankreich Atommüll einfach ins Meer. Dienstbare "Wissenschaftler" und sogenannte Politiker, die vom Namen her dem Allgemeinwohl, also der Polis, verpflichtet sind, halfen und helfen, dass etwa 100.000 Tonnen strahlender und gefährlicher Atommüll einfach ins Meer versenkt wurden und noch immer werden. Eine tickende Zeitbombe für alles Leben auf unserer Erde. (...)"

Buchtipp: Émile Zola (1840 – 1902) war einer der großen französischen Naturalisten des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Einen bedeutenden Teil seines Werkes stellt die sogenannte „Rougon-Macquart-Serie“ dar. “Wo flüchtige Bankiers zahlreiche Familien zu Grunde richten”.

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