Die eigentliche Angst vor dem Streik bei der Bahn?
Peter Michalzik schreibt in der "Frankfurter Rundschau" vom 13.11. einen interessanten Artikel unter dem Titel: "Strategie für das 21. Jahrhundert" über die eigentlichen Risiken des Streiks bei der Bahn, für die gewerkschaftspolitische Landschaft in der BRD, in der allzuoft die Klasseninteressen unter ein diffuses "Gemeinwohl" untergeordnet werden:
(...) Das Großeganze, besser bekannt als "Allgemeinwohl", ist es auch, auf das sich die Bahn in ihrer Argumentation stützt. Was dieses Allgemeinwohl ist, ist den führenden Vertretern aus Politik und Wirtschaft erstaunlich klar: Es besteht in einer funktionierenden Wirtschaft, einer optimalen Ausnutzung der Wertschöpfungskette, dem, was das Wort Standort bezeichnet, wenn von Deutschland die Rede ist. "Allgemeinwohl", das appelliert an die unausgesprochene Prämisse, dass uns niemand dabei stören soll, wenn wir möglichst wohlhabend sein wollen.(...) (Die GDL) tut mehr für die Auffrischung der momentanen Bewusstseinslage in Deutschland, als jede andere Gewerkschaft. Die GDL macht sich, allein durch die Wirksamkeit und Nachdrücklichkeit ihrer Aktionen, sogar um die Gewerkschaftsbewegung insgesamt verdient, auch wenn der DGB und Transnet davon nichts wissen wollen. Denn sie gibt den Gewerkschaften eine Idee von der Wirksamkeit des Streiks zurück und öffnet Handlungsspielräume. Die öffentliche Meinung sieht das ähnlich: Es ist erstaunlich, dass sie trotz der Behinderungen des Bahnverkehrs mehrheitlich für die GDL und ihre Forderungen ist. Es kann offenbar mehrheitsfähig sein, das Partikularinteresse vor das Allgemeinwohl zu stellen. (...) Die GDL - eine der ältesten deutschen Gewerkschaften - wirkt, als sei sie in einem Buch über Strategien für den Kampf der Arbeiter und Angestellten im 21. Jahrhundert entworfen worden.(...) Damit bricht die GDL die Fixierung auf ein Gemeinwohl auf, das in den letzten Jahren allzu oft mit Geldakkumulation gleichgesetzt wurde.
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