Foto: © Marcuse family, represented by Harold Marcuse
Herbert Marcuse
#Stuttgart: Demo gegen Rechtsruck im Osten
Die VVN-BdA Kreisvereinigung Esslingen unterstützt den Aufruf des Bündnisses Stuttgart gegen Rechts zur Demo gegen die Rechtsentwicklung in Sachsen und Brandenburg am morgigen Mittwoch 4. September, 18:00 in Stuttgart, Rotebühlplatz.
Rechtsruck in Sachsen & Brandenburg: Solidarität organisieren
2019: Faschisten und ihr nationalkonservativer Anhang gewinnen in Deutschland wieder Wahlen. Die „AfD“ bekommt bei der Landtagswahl am 1. September in Sachsen und Brandenburg nach ersten Hochrechnungen knapp 28 und 24 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die Rechten sind in beiden Landtagen zweitstärkste Partei geworden, es sind jedoch insbesondere die erdrutschartigen Stimmzuwächse, die einem Wahlsieg faktisch gleichkommen.
Erdrutschartig, schockierend – aber ebenso absehbar. Ein vorläufiger Höhepunkt einer steten Rechtsentwicklung, insbesondere im Osten der Republik. In den strukturschwachen Gegenden der „neuen Bundesländer“, vor allem auf dem Land, herrscht massive Unzufriedenheit. Die Gründe dafür sind nachvollziehbar: Im Zuge der Wende wurden den Menschen von westdeutschen Politikern „blühenden Landschaften“ versprochen. Stattdessen bekamen sie die Vernichtung ihrer Arbeitsplätze, bis heute spürbare Lohnunterschiede im Vergleich zum Westen und abgehängte Landstriche.
Vor diesem Hintergrund gelingt es der „AfD“ mit ihrer Kombination aus einem diffusen „gegen die da oben“ und einem sehr konkreten „gegen die nicht hierher gehörenden“ den Menschen das Gefühl zu geben, wirklich etwas zu ihren Gunsten zu verändern – und sich so zum Sprachrohr einer sozial und ökonomisch abgehängten Region zu machen. Und so ist das Einzige, was seit 1990 tatsächlich blüht und immer wieder ungenießbare Früchte trägt, eine starke Naziszene. Das Ergebnis sind permanente Angriffe auf Geflüchtete, faschistische Terrornetzwerke wie den „NSU“ oder rechte Massendemonstrationen wie „Pegida“.
Doch gerade in Sachsen, wo die Rechtspopulisten mit knapp 28 Prozent ihr stärkstes Ergebnis eingefahren haben, ist das Problem umfangreicher: Die dortige „CDU“ ist die formelle Wahlgewinnerin, steht der „AfD“ aber gerade in Sachen Hetze gegen Geflüchtete kaum etwas nach. Im Wahlkampf fielen Kretschmer und Co hauptsächlich dadurch auf das Naziproblem konsequent zu leugnen um den „Wirtschaftsstandort Sachsen“ nicht zu gefährden. Stattdessen wurden antifaschistische Initiativen und Proteste mit absurder Härte zu verfolgen. Auch wenn die „CDU“ eine Koalition mit den Rechtspopulisten bisher ausschließt, kommen beide Rechtsparteien zusammen auf knapp 60 Prozent!
Trotz aller widrigen Bedingungen gibt es auch im Osten mutige Menschen, die sich den Nazis seit Jahren in den Weg stellen und für eine bessere Welt ohne Ausgrenzung und Unterdrückung einstehen. Mit einer Kundgebung am Mittwoch, den 4. September 2019 wollen wir als Antwort auf den Wahlausgang in erster Linie unsere Solidarität mit diesen antifaschistischen Menschen in Ostdeutschland bekunden! Menschen, für die weitaus weniger wichtig ist, ob die „AfD“ nun knapp stärkste oder doch nur zweitstärkste Kraft geworden ist, sondern die nun in den kommenden fünf Jahren mit einem weiteren Auf- und Ausbau des rechten Parteiapparates konfrontiert sein werden. Menschen, die in den kommenden Jahren mehr denn je Landesregierungen erleben werden, die von Rechtsaußen vor sich her getrieben werden.
Deswegen: Alle zusammen gegen den Faschismus – überall!
Quelle: VVN-BdA Kreisverband Esslingen
I Am Not Your Negro
Raoul Pecks Dokumentarfilm (2015) rekonstruiert das unvollendete letzte Buch des afroamerikanischen Schriftstellers James Baldwin: eine schonungslose Abhandlung über den Rassismus in den USA, erzählt ausschließlich mit den Worten Baldwins am Beispiel von Martin Luther King Jr., Medgar Evers (Mitglied der NAACP) und Malcolm X, die alle drei ermordet wurden.
Gegen die mörderische Abschottung an und vor den EU-Außengrenzen: Den Blick mit deutsch-nationaler Brille auf Europa bekämpfen
Unter dem Motto „Ein Europa für Alle: Deine Stimme gegen Nationalismus!“ hat ein breites Spektrum von Organisationen zu Demonstrationen am 19. Mai 2019 aufgerufen.
Das Motto „Gegen Nationalismus!“ klingt gut. Wirklich gegen Nationalismus, hier besonders gegen den deutschen Nationalismus zu kämpfen, darauf kommt es in der Tat an. Dies ist allerdings nicht möglich mit einem Europa-bornierten Blickwinkel.
„Ein Europa für Alle“ – „Für Alle“, wirklich für alle? Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass zumeist gar nicht wirklich alle gemeint sind. Das „für alle“ schließt nämlich bei den Europa-Fans fast immer nur die Bevölkerung innerhalb Europas oder gar nur innerhalb der EU ein. Ausdrücklich oder stillschweigend sind dagegen die Menschen außerhalb Europas in dieses „für alle“ nicht eingeschlossen.
Unserer Meinung nach ist es kein Zufall, dass alle, die für das „Europa-Projekt“ eintreten, mehr oder weniger für eine Abschottung Europas nach außen eintreten, verbal vielleicht nicht für alle Refugees, in jedem Fall aber für die zur Immigration gezwungenen „Verdammten dieser Erde“.
Genau das ist unserer Meinung nach aber der entscheidende Punkt: Ob die an führender Stelle vom deutschen Staat betriebene „Abschottungspolitik“ mit Schweigen übergangen oder konsequent bekämpft wird, das ist ein wirklich entscheidender Prüfstein, ob jemand Nationalist oder Internationalist ist.
Die „Seebrücke“ Frankfurt am Main hat anlässlich der Demonstrationen am 19.5.2019 zu recht genau diesen entscheiden Punkt in den Mittelpunkt gestellt. Nachfolgend drucken wir einen Auszug davon ab.
Wer von Europa spricht, darf zum Sterben an den EU-Außengrenzen nicht schweigen!
Die Außengrenzen der Europäischen Union sind ein Massengrab. Zehntausende Menschen sind beim Versuch, in Europa Schutz vor Verfolgung, Krieg und Elend zu finden, ums Leben gekommen. Das Sterben im Mittelmeer ist kein unvermeidliches Unglück, sondern das Resultat einer gezielten Politik der Abschreckung und des Sterbenlassens. Diese Politik wurde und wird von Parteien gemacht, die jetzt, anlässlich der Wahlen zum EU-Parlament, wieder um unsere Stimmen werben.
Wir werden nicht akzeptieren, wenn Politiker*innen in diesem Wahlkampf über Europa sprechen, aber zu dem von ihren Parteien mitverantworteten Sterben an den EU-Außengrenzen schweigen.
Die Europäische Union feiert sich gern für ihren Einsatz für Frieden und Menschenrechte. Wir finden jedoch, dass es nichts zu feiern gibt angesichts der Toten im Mittelmeer und angesichts der Mitverantwortung der EU für die weltweiten Fluchtursachen: Mitverantwortung durch Rüstungsexporte, durch eine Handelspolitik, die das Elend in vielen Ländern des Südens verschlimmert und durch die Tatenlosigkeit beim Klimaschutz. Der Friedensnobelpreis, den die EU 2012 erhalten hat, ist eine Farce und hätte längst schamvoll zurückgegeben werden müssen.
Es ist richtig und wichtig, dem europaweiten Rechtsruck entschlossen entgegen zu treten. Gleichzeitig wissen wir: Sowohl auf EU-Ebene als auch in Deutschland wurden die Abschottungspolitik und die immer drastischeren Asylrechtsverschärfungen in den vergangenen Jahrzehnten nicht von rechtsradikalen Parteien beschlossen, sondern von den Parteien der sogenannten Mitte.
Daher ist uns klar: Das Sterben im Mittelmeer und die tagtäglichen Menschenrechtsverletzungen durch das EU-Grenzregime werden nicht aufhören, wenn unser einziges Ziel die Wahl irgendeiner nicht ausdrücklich rechten Partei wäre. Denn nicht das Erstarken faschistischer und rechter Parteien in vielen Ländern Europas ist dafür verantwortlich, dass Europa eine Festung geworden ist, vor deren Mauern die Menschen ertrinken. Es ist umgekehrt: Jahrzehnte der Abschottungspolitik und Jahrzehnte einer unsozialen, neoliberalen Politik zu Lasten der Mehrheit haben erst den Boden bereitet, auf dem jetzt die Hetze von Orban und Salvini, von Le Pen und Gauland gedeiht.
(...)
Zum vollständigen Beitrag bei den GewerkschafterInnen und Antifa gemeinsam gegen Dummheit und Reaktion
"Die Linke will Bitcoin verbieten"
Uiuiuiii, die Linke will (angeblich) Bitcoin verbieten. Wg. Umwelt, nicht wegen Ausbeutung.
»Kapital, sagt der Quarterly Reviewer, flieht Tumult und Streit und ist ängstlicher Natur. Das ist sehr wahr, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel und Sklavenhandel.«
Karl Marx, in MEW, Bd. 23, S. 788, Fußnote 250
1 Europa für alle
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Marcuse über die Freiheit zu arbeiten oder zu verhungern

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„Von Anbeginn war die Freiheit des Unternehmens keineswegs ein Segen. Als die Freiheit zu arbeiten oder zu verhungern bedeutete sie für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Plackerei, Unsicherheit und Angst. Wäre das Individuum nicht mehr gezwungen, sich auf dem Markt als freies ökonomisches Subjekt zu bewähren, so wäre das Verschwinden dieser Art von Freiheit eine der größten Errungenschaften der Zivilisation. Die technologischen Prozesse der Mechanisierung und Standardisierung könnten individuelle Energie für ein noch unbekanntes Reich der Freiheit jenseits der Notwendigkeit freigeben. Die innere Struktur des menschlichen Daseinswürde geändert; das Individuum würde von den fremden Bedürfnissen und Möglichkeiten befreit, die die Arbeitswelt ihm auferlegt. Das Individuum wäre frei, Autonomie über ein Leben auszuüben, das sein eigenes wäre. Könnte der Produktionsapparat im Hinblick auf die Befriedigung der notwendigen Bedürfnisse organisiert und dirigiert werden, so könnte er durchaus zentralisiert sein; eine derartige Kontrolle würde individuelle Autonomie nicht verhindern, sondern ermöglichen.
Das ist ein Ziel im Rahmen dessen, wozu die fortgeschrittene industrielle Zivilisation imstande ist, der »Zweck« technologischer Rationalität. Tatsächlich jedoch macht sichdie entgegengesetzte Tendenz geltend: der Apparat erlegt der Arbeitszeit und der Freizeit, der materiellen und der geistigen Kultur die ökonomischen wie politischen Erfordernisse seiner Verteidigung und Expansion auf. Infolge der Art, wie sie ihre technische Basis organisiert hat, tendiert die gegenwärtige Industriegesellschaft zum Totalitären. Denn »totalitär« ist nicht nur eine terroristische politische Gleichschaltung der Gesellschaft, sondern auch eine nicht terroristische ökonomisch-technische Gleichschaltung, die sich in der Manipulation von Bedürfnissen durch althergebrachte Interessen geltend macht. Sie beugt so dem Aufkommen einer wirksamen Opposition gegen das Ganze vor. Nicht nur eine besondere Regierungsform oder Parteiherrschaft bewirkt Totalitarismus, sondern auch ein besonderes Produktions- und Verteilungssystem, das sich mit einem »Pluralismus« von Parteien, Zeitungen, »ausgleichenden Mächten« etc. durchaus verträgt.“
Einigkeit und Recht und Freiheit...
Was die Freiheit ist bei den Germanen,
die bleibt meistens schwer inkognito.
Manche sind die ewigen Untertanen,
möchten gern und können bloß nicht so.
Denn schon hundert Jahr
trifft dich immerdar
ein geduldiger Schafsblick durch die Brillen.
Doof ist doof.
Da helfen keine Pillen.
Was Justitia ist bei den Teutonen,
die hat eine Binde obenrum.
Doch sie tut die Binde gerne schonen,
und da bindt sie sie nicht immer um.
Unten winseln die
wie das liebe Vieh.
Manche glauben noch an guten Willen ...
Doof ist doof.
Da helfen keine Pillen.
Was die Einigkeit ist bei den Hiesigen,
die ist vierundzwanzigfach verteilt.
Für die Länder hat man einen riesigen
Schreibeapparat gefeilt:
Hamburg schießt beinah
sich mit Altona;
Bayern zeigt sich barsch,
ruft: »Es lebe die Republik!«
Jeder denkt nur gleich
an sein privates Reich ...
Eine Republike wider Willen.
Deutsch ist deutsch.
Da helfen keine Pillen.
Theobald Tiger
Die Weltbühne, 15.03.1927, Nr. 11, S. 424.
Feindanalysen

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"Die Volksbewegungen können manipuliert werden, weil die aufgehetzten Massen eine sofortige Kompensation erhalten. Dabei werden die bereits erwähnten materiellen Kompensationen durch ebenso wichtige Kompensationen für die (das latente >Unbehagen an der Zivilisation < tragenden) frustrierten Impulse und Instinkte ergänzt und unterstützt. Diese Impulse und Instinkte werden in einer Form befriedigt, die ihre Frustration im Rahmen stärkerer Kontrollmechanismen fortschreibt. Ihre aggressiven Tendenzen werden gegen die Kranken und Schwachen, gegen die Fremden und die Außenseiter, gegen Intellektuelle und kompromißlose Kritiker, gegen Luxus und augenfälligen Müßiggang gerichtet. Das Streben nach Gerechtigkeit, Freiheit und Glück wird pervertiert und zum Rachefeldzug gegen alle, die das Leben genießen, die nicht schuften müssen, die in der Lage sind, ihrem Wissen und Willen Ausdruck zu verleihen. Die Gleichheit der Menschen soll durch Nivellierung und nicht durch die Anhebung des Niveaus erreicht werden. Die von den Nazis veranstalteten Festspiele imitieren die Pracht des heroischen Zeitalters der europäischen Gesellschaft oder den Glanz und die Annehmlichkeiten der vorrevolutionären französischen Aristokratie, die in kleinen Dosen an den Mann auf der Straße weitergereicht wird, damit er seine Pflichten gegenüber dem totalitären Staat umso williger erfülle."
Nacht der langen Messer

Quelle
Lizenz: Namensnennung: Bundesarchiv, Bild 183-35545-0009 / CC-BY-SA 3.0
Foto: Krueger