Filmtipp: Darwin's Nightmare
Sonntag, 4. Mai 2008 um 01.00 Uhr auf arte: Darwins Alptraum (Originaltitel: Darwin's Nightmare) ist ein Dokumentarfilm des österreichischen Regisseurs Hubert Sauper aus dem Jahre 2004. Der vielfach preisgekrönte Film dokumentiert die ökologische und wirtschaftliche Katastrophe am ostafrikanischen Viktoriasee durch das Aussetzen des Nilbarsches.
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Der Nil Barsch, ein hungriges Raubtier, hat es innerhalb von drei Jahrzehnten geschafft, fast den gesamten Bestand der ehemals 400 Fischarten auszurotten. Mit dem Effekt, dass es derzeit so einen Überfluss dieses fetten Fisches gibt, dass seine Filets in die ganze Welt exportiert werden.
An den Ufern des größten tropischen Sees der Welt landen jeden Abend riesige Frachtflugzeuge, um am nächsten Morgen wieder in die Industrieländer des Nordens zu starten, beladen mit hunderten Tonnen frischer Fischfilets. In Richtung Süden jedoch ist eine andere Ladung an Bord: Waffen. Für die unzählbaren Kriege im dunklen Herzen des Kontinents.
Dieser florierende globale Handel von Kriegsmaterial und Lebensmitteln hat an den Ufern des größten tropischen Sees der Welt eine seltsame Stimmung und Menschenmischung erzeugt, welche die "Darsteller" dieses Films repräsentieren: einheimische Fischer, Agenten der Weltbank, heimatlose Straßenkinder, afrikanische Minister, EU-Kommissare, tansanische Prostituierte, russische Piloten...
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Kommentare
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Roberto J. De Lapuente am :
Es ist eine schlichte Dokumentation, nicht für den Mainstream bestimmt, denn dazu sind die Töne zu ruhig, die Erkenntnisse nicht skandalös genug herausgearbeitet. Resignation schwingt als Unterton im Reden der "Protagonisten" mit.
Im Stillen schockiert es,...
- ... wenn ein christlicher Priester zugibt, dass er Kondome nicht empfiehlt, weil Sexualverkehr Sünde sei und man keine Ratschläge für Sündentaten geben dürfe. Davor berichtet er, dass in seinem Dorf, welches keine 400 Einwohner beherbergt, monatlich zwischen 10 und 15 Menschen sterben. Viele auch an HIV.
- ... wenn in den Medien Tanzanias von einer Hungersnot gesprochen wird, die zwei Millionen Menschen bedrohe, gleichzeitig aber Hunderte von Tonnen des Victoria-Barsches nach Europa und Asien verschifft werden.
- ... wenn sich Vertreter der Vereinten Nationen als gönnerhafte Partner hinstellen, davon fabulieren, dass die EU viel Gutes bewirkt habe und man dabei das unsägliche Leid einfach verdrängt. Man gratuliert sich für die tollen Arbeitsplätze, die das "big business" mit dem Barsch erzeugt hat. Die kleinen Fischer, die Menschen am See, die unter des Raubfisches "survival of the fittest" leiden, werden mit keiner Silbe erwähnt.
- ... wenn selbst ein Minister des Landes wettert, man solle nicht nur die schlechten Seiten aufzeigen, die der Victoriasee habe, seitdem der Barsch dort angesiedelt wurde. Dieser hat kleine Fischarten ausgerottet, die einst den Algenbestand weggefressen haben. Nun ist der Vicotriasee sauerstoffarm und trüb. Davon wollen aber selbst die eigenen Volksvertreter nichts wissen.
- ... wenn ein ehemaliger Soldat erklärt, dass der Krieg, der ständig irgendwo in Afrika grassiere, gar nicht so unbeliebt ist, denn er bringe Sicherheit für die Soldaten und natürlich auch gutes Geld. Krieg ist business.
- ... wenn man dabei zusehen muß, wie die feinen Filetstücke gen Europa versendet und die Fischskelette von den Einheimischen weiterverarbeitet werden.
- ... wenn man des russischen Piloten Geschichte verfolgt, wie er einst Panzer nach Angola brachte und im Rückflug aus Südafrika Trauben in die Heimat lieferte. Für die Kinder Angolas Waffen, für europäische Kinder Obst! Wenn ihm dann die englischen Worte ausgehen, bei dieser Rolle, die er spielt, spielen muß, wenn er seine Familie ernähren will.
Kurzum: Es ist eine wahrhaft stille Dokumentation, bei der man vergebens auf den moralischen Zeigefinger wartet. Genau das macht "Darwins Nightmare" so wertvoll...
Thomas Trueten am :
Roberto J. De Lapuente am :
Kürzlich nahm ich aus der Stadtbücherei "Supersize me" mit. Eine Dokumentation bezüglich McDonalds, dem dortigen Essen und der Werbestrategie des Unternehmens. Allerdings handelt es sich um eine typisch amerikanische Form des Sensationsjournalismus. Im Selbstversuch mästet sich der Filmmacher mit McDonalds-Produkten. Er darf einen Monat lang nur das essen, was bei McDonalds auf der Speisekarte steht. Übergewicht und Fettleber stellen sich folglich ein. Ärzte empfehlen den sofortigen Abbruch, weil sonst der Tod droht - auch dies eine wahrscheinlich maßlose Überspitzung, die hollywoodhaft inszeniert scheint. Im Film wird behauptet, dass 27 Prozent aller US-amerikanischen McDonalds-Besucher mehr als fünfmal die Woche dort essen. Müßten die nicht alle schon längst gestorben sein?
Dieser Part, quasi der Erlebnisteil der Dokumentation ist freilich teils ammüsant, teils informativ, aber interessant wird es vorallem dann, wenn das soziologische Gefüge der McDonaldisierung der USA immer wieder dargelegt wird. Die generelle Fettsucht, die geköderten Kinder, die Strafprozesse gegen Fastfood-Ketten, die rabiate Gegenwehr der Fastfood-Lobbyisten und einiges mehr. All dies prägt die US-amerikanische Gesellschaft maßgeblich, verändert das Gefüge der Lebenssituationen dort.
Die Quintessenz des Spektakels ist einmal mehr typisch amerikanisch. Man empfiehlt, man solle vorzugsweise GAR KEIN Fastfood mehr essen. Alles oder nichts eben! Für einen aufgeklärten Gebrauch des Fastfood-Angebotes findet sich in diesem Machwerk keine Stimme. Für eine Dokumentation aus dem Land des big business, finden sich viele kritische Punkte, die man aufgreift und auch zur Sprache bringt. Aber das Fazit ist, wie es in den USA leider zu oft ist: Man braucht klare Seiten, muß in Gut und Böse einteilen können. Der BigMac nimmt dort letztere Rolle ein, soll am besten gar nicht mehr gegessen werden.
Roberto J. De Lapuente am :