Skip to content

Rechtsauftreten österreichisch und deutsch. Brief aus Wien.

NO WKR! Demo 2012
Foto: Anarchistische Gruppe Freiburg via flickr!
Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0
Wenn man dem FPÖ-Vorsitzenden Strache glauben darf, dann bestand die Kristallnacht in Wien 1938 darin, dass JüdInnen Schwierigkeiten hatten, zum Ball in die Hofburg zu kommen. Jedenfalls äußerte er sich - selbst anwesend beim Ball der rechten Burschenschaften - lauthals und öffentlich so. Dass ihm "Kristallnacht" - November 1938 - und die Pogrome nach der Besatzung des Landes durch die deutsche Wehrmacht - Frühjahr 1938 - dabei durcheinander kamen, mag man beim sonstigen Zustand seiner mentalen Fähigkeiten noch nachsichtig beurteilen. Dass er die mitgeschleppten sogenannten Couleurdamen zur Verstärkung seines Arguments verwendete, schon weniger. Diese nämlich seien beim Durchdrängen durch die reichlich erschienenen Gegendemonstranten eben so beschimpft worden, wie Geschichtskenner Strache sich das so vorstellt für das Jahr 1938.

Ein Reporter des Wiener "Kurier" hatte sich unters bekennende deutschnationale Publikum gemischt, mit einem Buch in der Hand, für das er scheinheilig eine Signatur des Autors Strache verlangte. Es entstand ein Gespräch zwischen Volksführer und seinem angeblichen Anbeter, bei welchem eben das Wort von der neuen Kristallnacht fiel.

In der Wiener Presse nennt man solche offenherzigen Bekenntnisse treuherzig "Sager". Als ob eben aus Versehen etwas aus der Mundhöhle gerutscht sei.

Am nächsten Tag hätte Strache im Fernsehen Gelegenheit gehabt, entweder alles abzustreiten oder sich halbherzig zu entschuldigen. So wäre das im reichsdeutschen Vaterland vermutlich behandelt worden.

Nichts davon bei Strache. Der Reporter im ORF bedrängte ihn kräftig. Strache gefiel sich im Dreh.

Erste Satzhälfte: Er hätte nur laut nachgedacht, wie solche Bewegungen im "Mob" entstehen könnten und hätte dabei - natürlich - an die in Wien noch offenherzig so benannte "Kristallnacht" denken müssen.

Dann aber zweiter Dreh: Und natürlich sei es so, dass heute die Rechten tatsächlich - wieder - so behandelt würden wie damals die markierten Personengruppen. Und der Satz "Wir sind die neuen Juden" sei bekanntlich ein Haiderzitat. Wie er - Strache - zu seinem Wahrheitsgehalt stehe, blieb offen. Dafür aber erbitterte Angriffe gegen den Journalisten, der ihm die Herzensgeheimnisse entlockt hatte. "Bespitzelung" war noch das gelindeste, was vom gekränkten Ehrenmann dazu zu vernehmen war.

Die Zeitungen - außer der bewährten KRONENZEITUNG - erwiesen sich zum großen Teil schadenfroh und gönnten es dem FPÖ-Obmann von Herzen. Verloren sich aber schon am übernächsten Tag in Diskussionen über ihren Kollegen beim "Kurier". War das noch ehrenhaft, was er da erlauscht und publiziert hatte?

Dann aber ein Schlag. Der Bundespräsident Fischer, der an sich noch weniger zu sagen hat als unsere Neuerwerbung Wulff, trat hervor und ließ durch seinen Sprecher verkünden, die Ordensverleihung für den FPÖ-Mann sei bis auf weiteres "aufgeschoben". In Österreich, muss man wissen, bekommt jedes Parlamentsmitglied ohne weiteres Verdienst einen Orden, wenn er zehn Jahre lang seinen Arsch auf den zugehörigen Sesselchen abgenutzt hat. Und jetzt das! Wehegeschrei aus den Tiefen. Welches Unrecht! Aber Strache hatte es ja vorausgesagt: die Rechten sind heute das Opfer!

Von den regierenden Parteien SPÖ und ÖVP war wenig bis gar nichts zu hören. Kein Wunder! Beide hoffen für die nächsten Wahlen auf eine Koalition mit den jetzt noch Verachteten, bald aber Nützlichen. Den Umfragewerten nach ist die FPÖ wieder kräftig angewachsen seit Haiders Tod. Also Vorsicht beim Quengeln!

Der Unterschied zu den deutschen Verhältnissen fällt in die Augen. Nicht nur, dass unsere NPD derzeit noch zu miefig und mickerig ist, um als Koalitionspartner in Frage zu kommen. Vor allem: Weder ARD noch ZDF wären im Augenblick - noch - auf den Gedanken gekommen, einer Person ein Interview in den Abendnachrichten zuzugestehen, die ihrem Herzensstreben und Schädelinhalt sich so wenig von den alten Nazis unterscheidet. In Österreich bleibt Obmann Strache ein ehrenwerter Mann.

Es könnte sein, dass die österreichischen Rechten es darauf anlegen, ein trotz allem halbwegs respektables europäisches Bündnis der vaterländisch Gesinnten hinzubekommen.

Kleines Zusatzindiz: Die Tochter Le Pens, kurz vor einem ansehnlichen erwarteten Wahlgewinn, schwang auf dem Korporationsball nicht nur das Tanzbein, sondern auch den Arm um teure Gesinnungsverwandte. So könnte es anfangen.

Trackbacks

Keine Trackbacks

Kommentare

Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt

auswien am :

als info:
es war nicht ein reporter des wiener kurier, sondern des Standard, der über die strache äußerung berichtete: http://derstandard.at/1326504047903/STANDARD-Bericht-Strache-auf-WKR-Ball-Wir-sind-die-neuen-Juden

korintenkagge am :

es war ein journalist der Zeitung Standard. In Ermangelung einer Autogrammkarte wurde eine Visitenkarte von HaTschiii Strache signiert.

Wenn mensch ein Kreuz bei der FPÖ macht, dann hat es einen Haken!

Fritz Güde am :

Ja richtig: vom STANDArd.-Entschuldigung- war mein Fehler.fg

alois stöglehner am :

Warum hier schreiben??
ihr veröffentlicht nur was euch angenehm ist,nur antiösterreich.

Kommentar schreiben

Die angegebene E-Mail-Adresse wird nicht dargestellt, sondern nur für eventuelle Benachrichtigungen verwendet.
Um einen Kommentar hinterlassen zu können, erhalten Sie nach dem Kommentieren eine E-Mail mit Aktivierungslink an ihre angegebene Adresse.

Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

Umschließende Sterne heben ein Wort hervor (*wort*), per _wort_ kann ein Wort unterstrichen werden.
BBCode-Formatierung erlaubt
Formular-Optionen

Kommentare werden erst nach redaktioneller Prüfung freigeschaltet!

cronjob