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Anne Will: Frikadellenschänderin im letzten Augenblick vor Kündigung bewahrt

Der erste Satz Anne Wills: Minuten vor Beginn der Sendung wurde die Sekretärin, die sich an einer Gastfrikadelle vergangen hatte, vor der Kündigungsanlage gerettet. Keusch ließ der Arbeitgeber melden, er habe sich juristisch nicht ausreichend orientiert. In Wirklichkeit ist in all diesen Fällen die gegenwärtige Rechtslage eindeutig: Wer klaut, und wäre es nur ein Pfennig, hat nicht einfach geklaut, sondern "das Vertrauensverhältnis verletzt zwischen sich und dem Arbeitgeber"- und das ist unsühnbar und auf jeden Fall mit sofortiger Kündigung zu bestrafen -auch ohne vorherige Abmahnung.

Däubler-Gmelin erklärte den Sachverhalt richtig. Zugleich monierte sie, dass das Prinzip der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt worden sei. Daneben einige mehr hausfrauliche Vermutungen: Ging es in der Firma so kärglich zu, dass pro Gast nur eine einzige Frikadelle vorgesehen war. (Erst durch plötzlich festgestellten Mangel soll die betreffende Sekretärin erwischt worden sein). Andere Quellen suggerierten, der Chef der gereifteren bulettenfrohen Sekretärin hätte einfach eine Jüngere gewollt, und die vorhandene ohne großes Aufsehen und große Kosten abzuservieren gewünscht.

Ein Vertreter der Firma, die die bekannte Emmely wegen der zwei geklauten Coupons gekündigt hatte, bezog genau die andere Position: das Gesetz hätte ihm keine Wahl gelassen. Ihn geradezu geknechtet, sofort das Fallbeil heruntersausen zu lassen. Was man eben so sagt, wenn man von Will verhört wird, der Tag lang und man endlich wieder zu seinesgleichen zurück möchte.

Was leider niemand sagte: Es liegt hier ein unverzeihlicher Fehler der Gesetzgebung vor. Die Mehrheit des Bundestags hätte seit Jahren in das Gesetz den Begriff der Verhältnismäßigkeit aus dem Strafrecht einfügen können. Hat es aber nicht getan. Weder in der Diskussion noch sonstwo wurde klar, dass es sich bei all den Prozessen um Kündigung wegen Bagatellfällen nicht um strafrechtliche, sondern um arbeitsrechtliche Verfahren handelt. Im Strafrecht ist der Begriff des Mundraubs allbekannt. Ins Arbeitsrecht hatten schon in den Zeiten der Nazirechtsprechung sich Kategorien eingeschlichen, wie "Bestriebsgemeinschaft", früher "Gefolgschaftstreue", die alle auf die angeblich personale Beziehung zwischen Herr und Knecht/ Magd den größten Wert legten.

Nichts wäre dringlicher, als in einer der ersten Sitzungswochen einen Antrag zu stellen, Begriffe wie "Geringfügigkeit" und "Bagatellfall" auch ins Arbeitsrecht einzuführen. Nebst begrifflicher Reinigung des ganzen Arbeitsrechts. Was soll die personale Bindung eines Manns, der aus dem Abfall ein altes Fahrrad fischt, an einen Konzernchef, der vom Vorhandensein dieses Manns in der Regel keine Ahnung hat?

Zuerst erschienen bei StattWeb

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bigzeroo on :

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