Skip to content

Missfallener der Woche: Philipp Mißfelder

Aus aktuellem Anlaß wird es mal wieder Zeit für ein wenig Parteienwerbung:

Ein Gastbeitrag von Holdger Platta ©

Im heißen Sommer des Jahres 2003 hatte dieser famose Allzujungpolitiker der CDU schon einmal nach Kräften zugeschlagen, mit der widerwärtig-alten-feindlichen Forderung, Seniorinnen und Senioren sollten keinen Anspruch mehr haben auf Hüftgelenksoperationen. Krücken täten es auch. Der Name des jungen Mannes, keine 26 Jahre alt: Philipp Mißfelder, damals Vorsitzender der „Jungen Union“ ( und übrigens: JU-Vorsitzender bis heute noch!).

Nun hat der immer noch allzujunge Christ und Demokrat, mittlerweile auch Abgeordneter im deutschen Bundestag, ein weiteres Mal hingelangt: für Kinder von ALG-II-BezieherInnen solle es keine Anhebung des Regelsatzes geben, denn diese Maßmahme würde ja nur zu einer Absatzsteigerung führen bei Alkohol- und Tabakindustrie. Im Klartext: die Arbeitslosen würden dieses zusätzliche Geld eh nur versaufen oder in ihren Lungenkrebs investieren.

Als Nichtjurist sage ich dazu: für mich ist damit der Tatbestand der Beleidigung, Verleumdung und Volksverhetzung erfüllt. Hier wird einer ganze Bevölkerungsgruppe moralische Verkommenheit unterstellt, hier werden über fünf Millionen Menschen in der Bundesrepublik dem Pauschalverdacht ausgesetzt, mittlerweile derart verwahrlost zu sein, daß sie lieber ihre Kinder verhungern und verelenden ließen als auf den Schnaps und die Fluppe zu verzichten. Und nebenbei: gleichzeitig enthält dieser ungeheuerliche Vorwurf des Herrn Mißfelder auch noch die Unterstellung, es wäre deswegen bei den Arbeitslosen in riesigem Ausmaß Betrug zu erwarten –“ Zweckentfremdung staatlicher Gelder.

Für mich ist das nur noch ungeheuerlich, eine Kollektivverleumdung der Ärmsten der Armen, Hetze, die aufs schwerste den sozialen Frieden in diesem Lande stört, eine Äußerung, die geeignet ist, eine ganze Bevölkerungsmehrheit aufzubringen gegen eine schuldlos arbeitslos gewordene Minderheit. Für mich –“ mit hoffentlich noch einigermaßen funktionierenden Ethik-Reflexen –“ ist diese Verkommenheitsprojektion dieses Herrn Mißfelder nur eines noch: selber verkommen.

Gehört ein derartiger Politiker noch in eine christliche Partei? –“ Nein, er gehört nichtmal mehr in die Politik! Er sollte erstmal wieder etwas Anständiges machen, dieser Herr Mißfelder, um dadurch selber vielleicht wieder Anstand zu lernen. Und ausdrücklich verallgemeinert gesagt: Menschen wie diese gehören überhaupt nicht in eine Politik, die sich auf das Grundgesetz beruft. Sie tragen nämlich erheblich dazu bei, diese Herren Menschen, daß die Politik selber verkommt und unmenschlich wird und sich weiter und weiter von unserem Grundgesetz entfernt.

Jedenfalls, was Herrn Philipp Mißfelder von der CDU betrifft: dieser Sogenannt-Christ und Sogenannt-Demokrat sollte sich schämen. Aber ich befürchte: dieser Herr Philipp Mißfelder von der CDU kann nichtmal das!

Eine - unvollständige - Zitatauswahl:
„Ich halte nichts davon, wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen“
• Die Anhebung des Hartz IV-Regelsatzes für Kinder zum 1. Juli 2009 ist ein „Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie“
• Mißfelder sprach sich bei weiteren Erhöhungen für eine Gutscheinlösung aus und erklärte, dass es ihm darum gehe, „dass das Geld bei den Kindern ankommt. Und da habe ich große Zweifel, ob die Unterstützung zielgenau ist“.
• To be continued...

Siehe auch:
"Bettlern nix geben, die versaufen doch alles" - Missfelder erhebt den Stammtischspruch zum Prinzip
Wegbereiter
"Mißfelder - der Stammtisch-Pimpf"

Trackbacks

Das rote Blog am : Abwackprämie und ALG II

Vorschau anzeigen
Fefe schreibt: War ja fast zu erwarten: Hartz-IV-Empfänger kriegen keine Abwackprämie. Die wird direkt angerechnet. Ja wofür auch? Die würden ihr Geld doch ey nur für Schnaps und Zigaretten ausgeben. ...

Kommentare

Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt

RandyFisher am :

Es scheint mir fast schon so, als wären nur noch Schwachmaten in der CDU. Schäuble, Stoiber, Merkel, von der Leyen, Mißfelder... zufällig alle in der CDU. Wenn einem das nicht zu denken gibt...

K. Vogel am :

Sehr geehrter Herr Platta!
Der Rosenmontag 2009 hat mir eine sehr große Freude bereitet. Mein erster Weg morgens ist zu meinem PC. Da fand ich Ihre Stellungnahme. Ich danke Ihnen im Namen vieler Menschen die nicht in der Lage sind, sich zu dieser unverschämten Äußerung des Missfelder äußern zu können. Ich gehöre der - žTätergeneration" an (85 Jahre) und eines hat mich diese unselige Zeit gelehrt - žWer duldet macht sich schuldig".
Meine Schreiben zu dieser verantwortungslosen Äußerung füge ich an. Freundliche Grüße,
K.Vogel.
.................................................................................................................

Hallo! Abgesch. an M.

Zu Ihrer Kenntnis - und Stellungnahme ein Leserbrief von mir an die AZ.
Käthe Vogel, Roetgen.


Leserbrief.
Wieder einmal hat - žMissfelder" in den Fettnapf getreten mit seiner Äußerung über eine finanzielle Erhöhung der Bezüge von Hartz IV Empfänger. Er irrt, wenn er meint, das sei - žschief gelaufen". Es läuft schief bei der CDU, wenn sie nicht in der Lage ist, diesem Burschen zu vermitteln, was das C in ihrem Namen zu bedeuten hat. Entweder muss sie ernsthaft dem M. klarmachen, dass auch für ihn das C eine Verpflichtung ist, oder wenn er das nicht begreift achtkantig rausschmeißen oder aber als Partei auf das C verzichten. Es ist nicht als einmalige Entgleisung des M anzusehen, denn in einer vergleichbaren Form hat er sich schon mal eine ähnliche Unverschämtheit, bezüglich älterer Menschen erlaubt.
Käthe Vogel, Roetgen
-----------------------------------------
Zusatz an M. :
Ich bin Jahrgang 1924 und habe in meinem Leben immer CDU gewählt. Bin nicht senil und war bis vor etlichen Jahren ehrenamtliche Mitarbeiterin des Caritasverbandes Aachen. Ich weiß also von was ich rede. Wenn Sie überzeugt sind von dem was Sie sagen, dann gehören Sie nicht in eine christliche Partei.
Käthe Vogel.

Holdger Platta am :

Liebe Frau Vogel,

ich danke Ihnen sehr für Ihren Brief zu meinem Mißgrifffelder-Kommentar! Es hat mich sogar sehr bewegt, zu lesen, daß ich Ihnen eine Freude damit machen konnte.

In der Tat sehe ich als Journalist meine Aufgabe darin, auch Menschen eine Stimme zu geben, die sich selber vielleicht "nicht so gut" äußern können. Dabei bewegen mich Motive, die Sie auch für selber geschildert haben: Erfahrungen zum Beispiel aus dem Dritten Reich.

Gerade für mich als mehr oder minder Nachgeborenen (Jahrgang 1944) ist manchmal schier unbegreiflich, wieso heute - unter Bedingungen, die nicht sofort jeden in (Lebens)Gefahr bringen, der sich z.B. kritisch über über Politik oder Politiker äußert - immer noch oder schon wieder so wenige sich einmischen und sich der wachsenden Entmenschlichung in unserer Gesellschaft in den Weg stellen. Das gilt vor allem auch für die vielen Mitmenschen in diesem Lande, die nicht unmittelbar von Hartz-IV oder anderen Schändlichkeiten betroffen sind.

Ihrem Satz "Wer duldet, mach sich mitschuldig" kann ich daher aus vollem Herzen nur zustimmen. Vielleicht darf ich einmal aus einem Buch von mir zitieren (nicht zuletzt deshalb, weil man mir dieses Selbstzitats wegen keine kommerziellen Interessen unterstellen darf, da dieses Buch längst nicht mehr käuflich zu erwerben ist), die Frage aus meinem Buch "Das Blaue vom Himmel" (erschienen 1983). Der Satz lautet:

"Zählen zu den Untaten der Geschichte nicht auch die ungetanen Taten gegen die Untaten der Geschichte?"

Abschließend aber noch: ich finde, Sie zählen keinesfalls zu denjenigen, die außerstande wären, sich selber gut auszudrücken. Ihre beiden Briefe an die AZ (ist das die "Allgemeine Zeitung" aus Mainz?) sowie an Herrn M. zeigen das genaue Gegenteil. Mit Ihren Worten haben Sie mindestens so klar und überzeugend wie ich Ihre Bestürzung und Ihre Empörung über diesen jungen Karrierepolitiker der CDU ausgedrückt. Und das - wie überhaupt die Tatsache, daß mein Kommentar vielleicht Mit-Anlaß war für Ihre Briefe -, das hat nun wieder mich sehr gefreut!

Mit herzlichen Grüßen an Sie,
Ihr Holdger Platta

corax am :

Moin,

davon abgesehen, dass das mit dem versaufen und verrauchen des Mehrbetrages eh Schwachsinn ist, hab ich da spaßeshalber mal eine Rechnung zu aufgemacht. Allerdings bin ich kein Steuerfachmann und hab die meisten Zahlen aus Wikipedia, ich hoffe ich hab da keinen Denkfehler drin.

Zitat:
... würde das Geld denn wirklich bei der Tabak - u. Spirituosenindustie landen?
oder doch letztendlich nicht wieder genau da wo es herkam, nämlich beim Staat. Nachdem es etwas zirkulierte und einigen Beschäftigung brachte.





Flasche Wodka 0,7Liter 40 Vol%

9,00 Euro.
./. 1,44 Euro Umsatzsteuer
./. 3,65 Euro Branntweinsteuer
_____________
Zws.5,09 Euro Steuer (56,5%)
Zws.3,91 Euro Produkt

./. Maut, Verpackungssteuer, Mineralölsteuer, Stromsteuer, Einkommensteuer, 5,5% Solizuschlag auf Einkommensteuer, Gewerbesteuer, Grundsteuer, Versicherungssteuer...



Schachtel Fluppen:

"Wenn man sich im Februar 2007 eine Schachtel Zigaretten für vier Euro kauft, so werden 3,07 Euro als Steuern abgeführt. Dies entspricht einem Anteil von 76,7 % des Kaufpreises!!!" [Wikipedia]

4,00 Euro
Zws 3,07 Euro Steuern (76,7%)
Zws. 0,93 Euro Produkt


dito:
./. Maut, Verpackungssteuer, Mineralölsteuer, Stromsteuer, Einkommensteuer, 5,5% Solizuschlag auf Einkommensteuer, Gewerbesteuer, Grundsteuer, Versicherungssteuer ...


mit saufen und rauchen kann man in Deutschland fast gar kein Geld verschwenden, so ca 80% landen eh wieder bei Vatter Staat, nachdem es einige Arbeitsplätze gesichert hat. Glasindustrie, Verpackungsindustrie, Werbeindustrie, Transportgewerbe, Mineralölindustrie .... und natürlich nicht zu vergessen: in der Finanzverwaltung.

Das nennt sich auch Wirtschaftskreislauf.
Zitatende.

MfG

lahnix am :

Ich hab keine Ahnung, ob Ihr diesen Text von Telepolis schon gebracht habt. http://www.heise.de/tp/blogs/5/133309

Ich warte immer noch auf den Tag, an dem sich alle gemeinsam aufraffen und etwas gegen diese Machenschaften unternehmen. So, wie in dem verlinkten Text, wenn auch nur satirisch, geschrieben.

Zitat:
"Der Ruf "Gebt uns Arbeit - oder habt ihr keine für uns?" würde durch das Land schallen und somit entlarven, dass es gar nicht genug fair bezahlte Arbeit gibt. Aber vielleicht wäre das auch völlig egal, weil sich die in den Billigjobs gefangenen Menschen dann mit den Hartzies solidarisieren würden, gemeinsam mit ihnen durch die Straßen des himmlischen sozialen Friedens in Deutschland laufen und nach fairen Löhnen und humanen Arbeitsbedingungen rufen würden."

Das Traurige und immer wieder Erschreckende dabei ist, daß mehr Menschen zum Fasching dackeln und witzig sein können, als sich z.B. gegen Hartz4 oder Faschismus auf die Straße zu machen.

Wilhelm Pinger am :

Hallo Freunde,
das Gedankengut von Herrn Mißfelder kann man nicht akzeptieren. Er beleidigt Millionen von Menschen, die unverschuldet arbeitslos geworden sind. Dabei muss man wissen, dass Herr Mißfelder als ewiger Student von den Steuergeldern studierte (Nokia Arbeiter), die heute unverschuldet ohne Arbeit sind.
Herr M hat in seinem ganzen Leben nicht einen Cent zum Bruttosozialprodukt beigesteuert. Ich empfehle, möglichst viele Politiker in NRW anzuschreiben, dass die CDU mit einem Herrn Mißfelder nicht wählbar ist. Gruß Wilhelm

Kommentar schreiben

Die angegebene E-Mail-Adresse wird nicht dargestellt, sondern nur für eventuelle Benachrichtigungen verwendet.
Um einen Kommentar hinterlassen zu können, erhalten Sie nach dem Kommentieren eine E-Mail mit Aktivierungslink an ihre angegebene Adresse.

Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

Umschließende Sterne heben ein Wort hervor (*wort*), per _wort_ kann ein Wort unterstrichen werden.
BBCode-Formatierung erlaubt
Formular-Optionen

Kommentare werden erst nach redaktioneller Prüfung freigeschaltet!

cronjob