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Frankfurt: Fluglärm sägt! Nerven - und vor allem Bürgermeistersesselchen

"... Das Wasser Euch und mir der Wein"
Szene im Frankfurter Bankenviertel Foto: © Thomas Trueten
Die Hauptüberraschung des Wahlsonntags kam nicht aus dem Saarland. Dort lief es, wie vorher abgemacht. Immerhin: dass die Piraten so gut und die Liberalen so schlecht abschnitten, konnte man sich merken.

Das wirklich Verblüffende kam aber aus Frankfurt a.M. Nachdem Petra Roth nicht mehr wollte, zog die Koch-Bouffier-Mafia sofort einen Bewerber aus den Vorräten. Den ehemaligen hessischen Minister Rhein. Der versprach allen, die es hören wollten - den anderen auch - dass er weitermachen werde - wie bisher. Zu Beginn umhätschelt von allen Seiten. Man muss dazu wissen,dass eine Koalition von Schwarz-Grün die Handelsstadt fest in den Klauen hat. Dahinein würde ein CDU-OB sich wunderbar fügen.Verblüffend genug, dass zu den Rhein-Fans auch viele GRÜNE gehörten. Die in Wiesbaden in der Landesregierung zur strengen Opposition zählen. Also viel Purzelbaum unterwegs! Es tummelten sich die gewieftesten Dialektiker, die sich und anderen bewiesen, dass mit Rhein genau die Politik betrieben würde, die die Grünen in Wiesbaden bekämpften. An der aber im postenreichen Frankfurt trotz allem Geldbeutel und Herz hingen.

Zu Beginn und noch im ersten Wahlgang schien die Rechnung aufzugehen. Rhein paradierte mit großem Vorsprung.

Gegen ihn hatte die SPD einen recht unbekannten Mann ausgegraben: Feldmann.Keiner rechnete ihm große Chancen aus.

Dazwischen aber wurde die neue Startbahn des Flughafens ausgebaut. Und im Gegensatz zu früher wurden nicht nur abgelegenere Stadtteile vom Lärm bis aufs Blut gepeinigt, sondern wohlhabende Viertel in Sachsenhausen. Die Demonstrationen wuchsen von Wochenend zu Wochenend. Voller Leute, die sich nicht genierten, ihre CDU-Kandidaten unwirsch ins Verhör zu nehmen. Und kunstvolle Antworten bekamen über steilere Anflugkurven und FRAPORT - finanzierte Doppelfenster. Das befriedete nicht.

Folgen: Der triumphale Einzug Feldmanns in den Römer. Ist es gemein, anzunehmen, dass vor allem Stimmen gegen Rhein und seine unerträglichen Ausreden abgegeben wurden? Mal sehen, wie Feldmann den natürlich ganz unveränderten Frankfurter Betrieb so managen wird, dass seine Wähler länger als ein Vierteljahr ihm die Treue halten.

Wichtig über Frankfurt hinaus aber die Erfahrung:Manchmal hilft Demonstrieren doch! Mögen die Oberen normalerweise beide Zeigefinger in den Ohren haben - bei den Wahlansprachen müssen sie zwangsweise mindestens einen herausnehmen. Lärm dringt dann ein. Und zwar nicht nur derjenige der Flugzeuge,sondern hauptsächlich der aller von ihnen Gepeinigten.

Stuttgarter CDU- Gemeinderatsfraktion und Ordnungsamt wollen Versammlungsfreiheit für S21-Gegner einschränken

Die Stuttgarter CDU-Gemeinderatsfraktion will laut einem Bericht der Stuttgarter Zeitung vom 16.3.2012 eine gemeinsame Resolution gegen die wöchentlich stattfindenden Montagsdemonstrationen verabschieden.

Sie möchte erreichen "dass der Protest das öffentliche Leben nicht länger über die Maßen beeinträchtigt". Diese Meldung ist paradox: Die Demoveranstalter selbst hatten sich entschlossen, die Montagsdemonstrationen fortan auf dem Marktplatz abzuhalten, um nicht den Unmut der Autofahrer auf sich zu ziehen.

Vor allem aber ist die von der CDU geforderte Resolution ein klarer Angriff auf das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und muss entschieden zurück gewiesen werden.

Auch wenn es einigen vielleicht lästig erscheinen mag, das Demonstrationsrecht ist im Grundgesetz verankert. Es ist deshalb verfassungswidrig, eine derartige Einschränkung der Versammlungsfreiheit mit möglichen Verkehrsbehinderungen oder möglichen Störungen für Touristen zu begründen.

Diese Einschränkung trifft im übrigen nicht nur S21-Gegner. Das Ordnungsamt rechtfertigte absurde Auflagen gegenüber dem Anmelder einer Demonstration gegen die Neonazi - Morde wie folgt: Sein Interesse , die Versammlung durchzuführen, müsse "trotz der hohen Bedeutung des Versammlungsrechts in der Rechtsordnung hinter dem besonderen öffentlichen Interesse zurückstehen,die Behinderungen für den Fahrzeug- ,den Fußgängerverkehr sowie für die Anlieger so gering wie möglich zu halten und insbesondere die Benutzbarkeit der öffentlichen Straße zu gewährleisten."

Das ist offener Verfassungsbruch.

Demonstrationen "...enthalten ein Stück ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren." (aus dem Brokdorf-Urteil des Bundesverfassungsgerichts)

Thomas Trüten, Sprecher des Bündnisses für Versammlungsfreiheit: "Was wir derzeit erleben, ist eine Erosion des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird von untergeordneten Behörden wie dem Ordnungsamt oder der Polizei absichtlich ignoriert und nach eigenem Belieben ausgelegt. Unser Bündnis setzt sich dagegen für ein fortschrittliches Versammlungsgesetz ein, dass Proteste uneingeschränkt ermöglicht. Die grün-rote Landesregierung, die in ihrem Koalitionsvertrag ein "bürgerfreundliches Versammlungsgesetz" in Aussicht gestellt hat, fordern wir auf, sich dazu entsprechend zu positionieren."

Quelle: Pressemitteilung des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit, 21.März 2012

Siehe auch:

• Presseerklärung Bündnis für Versammlungsfreiheit vom 11.12.2011: Polizeipräsident will Versammlungsfreiheit für S21- GegnerInnen einschränken
Stoppt die Kriminalisierung von Stuttgart 21 GegnerInnen! Einstellung aller Verfahren gegen S21 GegnerInnen und Amnestie für die bereits Verurteilten!
Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit beginnt anlässlich des ersten Jahrestages des sogenannten „Schwarzen Donnerstages“ mit einer Unterschriftensammlung für die „Einstellung aller Verfahren gegen Stuttgart 21 GegnerInnen“ und eine „Amnestie für alle bisher Verurteilten“.
S21 und das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Oder: Wessen Stadt? Unsere Stadt! Wessen Strassen? Unsere Strassen!
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