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Ignatz Wrobels Blick in die ferne Zukunft

Kurt Tucholsky in Paris, 1928 (Foto: Sonja Thomassen / WikiMedia)

. . . Und wenn alles vorüber ist -; wenn sich das alles totgelaufen hat: der Hordenwahnsinn, die Wonne, in Massen aufzutreten, in Massen zu brüllen und in Gruppen Fahnen zu schwenken, wenn diese Zeit-krankheit vergangen ist, die die niedrigen Eigenschaften des Menschen zu guten umlügt; wenn die Leute zwar nicht klüger, aber müde geworden sind; wenn alle Kämpfe um den Faschismus ausgekämpft und wenn die letzten freiheitlichen Emigranten dahingeschieden sind -: dann wird es eines Tages wieder sehr modern werden, liberal zu sein.

Dann wird einer kommen, der wird eine gradezu donnernde Entdeckung machen: er wird den Einzelmenschen entdecken. Er wird sagen: Es gibt einen Organismus, Mensch geheißen, und auf den kommt es an. Und ob der glücklich ist, das ist die Frage. Daß der frei ist, das ist das Ziel. Gruppen sind etwas Sekundäres - der Staat ist etwas Sekundäres. Es kommt nicht darauf an, daß der Staat lebe - es kommt darauf an, daß der Mensch lebe.

Dieser Mann, der so spricht, wird eine große Wirkung hervorrufen. Die Leute werden seiner These zujubeln und werden sagen: "Das ist ja ganz neu! Welch ein Mut! Das haben wir noch nie gehört! Eine neue Epoche der Menschheit bricht an! Welch ein Genie haben wir unter uns! Auf, auf! Die neue Lehre -!"

Und seine Bücher werden gekauft werden oder vielmehr die seiner Nachschreiber, denn der erste ist ja immer der Dumme.

Und dann wird sich das auswirken, und hunderttausend schwarzer, brauner und roter Hemden werden in die Ecke fliegen und auf den Misthaufen. Und die Leute werden wieder Mut zu sich selber bekommen, ohne Mehrheitsbeschlüsse und ohne Angst vor dem Staat, vor dem sie gekuscht hatten wie geprügelte Hunde. Und das wird dann so gehen, bis eines Tages . . .

Ignatz Wrobel (* 9. Januar 1890 in Berlin; –  21. Dezember 1935 in Göteborg)
Erstveröffentlichung in: Die Weltbühne, 28.10.1930, Nr. 44

Neu übersetzt: "Picknick am Wegesrand"

BuchcoverDas legendäre Meisterwerk jetzt neu übersetzt: "Red Shewhart ist ein Stalker, ein Glücksritter, der illegal immer wieder in die Sperrzone eindringt, in der einst die Aliens gelandet sind. Dort spürt er die Hinterlassenschaften der Außerirdischen auf, um sie auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. Niemand weiß, wie diese Artefakte funktionieren und wozu sie einmal gedient haben. Manche von ihnen bergen tödliche Gefahren, während andere die Unsterblichkeit versprechen. Red und sein Freund Kirill suchen nach einem ganz besonderen Gegenstand, der sie so reich machen wird, dass sich die Stalker nie wieder ins Sperrgebiet wagen müssen. Doch die Zone gibt ihre Geheimnisse nicht so einfach preis ... "

Die Romanvorlage zum gleichnamigen Film-Klassiker von Andrei Tarkowski, neu übersetzt und mit umfangreichem Bonusmaterial! Arkadi (1925-1991) und Boris (1933-2012) Strugatzki zählen zu den bedeutendsten und erfolgreichsten russischen Autoren der Nachkriegszeit. Ihre Romane sind nicht nur faszinierende Parabeln über die Stellung des Menschen im Universum, sondern auch schonungslose Abrechnungen mit Ideologiegläubigkeit und Personenkult. Etliche ihrer Texte durften in der Sowjetunion nicht erscheinen. Inzwischen hat die Gesamtauflage ihrer Werke die fünfzig Millionen überschritten, sie wurden in über dreißig Sprachen übersetzt. Viele ihrer Romane wurden verfilmt - Andrei Tarkowskis Adaption von »Picknick am Wegesrand« unter dem Titel »Stalker« gehört zu den Klassikern der Filmkunst.

Als Buch oder ebook im Buchladen Eures Vertrauens oder online, z.B. in Jeffs Gemischtwarenladen

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