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Ein Veränderer

Foto (Sinn Féin, Nov. 2017): Gerry Adams und die Nordirlandchefin von Sinn Féin Michelle O–™Neill kurz vor Beginn des Parteitags auf dem Podium
Der langjährige Präsident von Sinn Féin, Gerry Adams, hat den Rückzug aus seinen Ämtern angekündigt.

Im nächsten Jahr feiert Gerard „Gerry“ Adams seinen siebzigsten Geburtstag. Er ist der weltweit bekannteste Vertreter der irisch-republikanischen Bewegung und seit 1983 Präsident der irischen Linkspartei Sinn Féin. Am vergangenen Samstag gab er auf deren Parteitag in Dublin vor 2500 Delegierten und Gästen bekannt, sich im nächsten Jahr aus seinem Amt als Präsident von Sinn Féin zurückzuziehen und auch nicht mehr für das Parlament in Dublin zu kandidieren.

Der Schritt kam nicht unerwartet. Gemeinsam mit dem im März überraschend verstorbenen Martin McGuinness hatte Gerry Adams den Wechsel der Führungsspitze von langer Hand geplant. Er habe sich „immer als Teamplayer und Teambuilder gesehen“ sagte er in seiner Rede, die der staatliche irische Fernsehsender RTÉ live übertrug. An der Spitze eines kollektiven Führungsteams hat er Sinn Féin in den vergangenen 34 Jahren zu einer starken linken Partei entwickelt, die selbstbewusst dabei ist, die Verhältnisse im Süden und im Norden zu verändern.

Im Widerstand

Gerry Adams wurde 1948 in einen nordirischen Staat hineingeboren, den Großbritannien 1921 gegen den Willen der irischen Bevölkerung künstlich geschaffen und vom Rest Irlands abgespalten hatte. Die herrschende probritische Elite verweigerte der irischen, meist katholischen, Hälfte der Bevölkerung Arbeit, vernünftige Wohnungen und jede Art politischer Mitsprache. Sie schürte einen protestantischen Rassismus, der sich immer wieder in anti-katholischen Pogromen entlud. Als die Situation Ende der 1960er Jahre explodierte und die brutale Unterdrückung der Bürgerrechtsbewegung durch nordirische Polizei und britische Armee in einen bewaffneten Konflikt zwischen den Streitkräften und der Irisch Republikanischen Armee (IRA) mündete, war Adams schon einer, auf dessen Rat man hörte.

Aufgewachsen ist Gerry Adams im irischen Teil von West Belfast, einem der ärmsten Viertel Nordirlands. Dort lebt er noch heute. In den 1970er Jahren entwickelte sich West Belfast nicht nur in ein Zentrum des Widerstands und des zivilen Ungehorsams, sondern auch in ein Laboratorium für alternative Strukturen der Wirtschaft und der Bildung. Aus der Nachbarschaftshilfe entstanden solidarische Formen des Zusammenlebens, wie zum Beispiel das kollektive Transportsystem der Black Taxis, eine Mischform aus Taxi- und Busverkehr. Die einstige Leinenfabrik Conway Mill und das aus einer Kirche in ein irisches Kulturzentrum verwandelte An Culturlann wurden als Freiräume für zivilgesellschaftliches Engagement erkämpft und existieren noch heute. Damals lernten die jungen Revolutionäre, dass der britische Staat keineswegs nur die Männer und Frauen der IRA verfolgte, sondern politische Aktivist/innen, Frauengruppen und soziale Initiativen mit derselben Härte bekämpfte. Die BBC bezeichnete West Belfast als „Terroristenviertel“. Sinn Féin war bis 1974 eine verbotene Partei und Gerry Adams landete schnell im Untergrund und mehrere Male in Internierungslagern.

Über die Kultur des Widerstands hinaus gehen

Der bewaffnete Konflikt schien unlösbar, erst recht, als 1981 im nordirischen Hochsicherheitsgefängnis Maze zehn republikanische Gefangene im Hungerstreik starben. Aber der Kampf um Solidarität mit den politischen Gefangenen erreichte eine gewaltige Dynamik. Die britische Premierministerin Margaret Thatcher, die mittels ihrer repressiven Politik in den Gefängnissen die „IRA wie eine Tube Zahnpasta ausquetschen“ wollte, musste zusehen, wie in beiden Teilen Irlands IRA-Aktivisten während ihres Hungerstreiks in die jeweiligen Parlamente gewählt wurden. Ihr charismatische Anführer Bobby Sands wurde im nordirischen Wahlbezirk Fermanagh/South Tyrone mit mehr Stimmen ins britische Unterhaus gewählt als Thatcher in ihrem eigenen Wahlkreis.

Als Gerry Adams 1983 Präsident von Sinn Féin wurde, verkündete er „über die Kultur des Widerstands hinaus“ als neue Form einen „irlandweiten Kampf um die Veränderung der Gesellschaft“. Heutzutage ist Sinn Féin in den Parlamenten vertreten, hat aber ihre Präsenz auf der Straße und ihre Fähigkeit, Massenproteste zu mobilisieren, nicht nur nicht verloren, sondern weiterentwickelt.

Parteiaufbau und Friedensprozess

Dieser politische Weg war und ist ihren Gegnern ein Dorn im Auge. Zwanzig Parteiaktivist/innen wurden von probritischen Paramilitärs ermordet. Auch Gerry Adams wurde 1984 bei einem Attentat schwer verletzt. Die Regierungen in London und in Dublin verhinderten bis 1994 durch harte Zensurgesetze eine Medienpräsenz von Sinn Féin. Bis zum heutigen Tage versuchen herrschende Parteien und Medien vor allem im Süden Irlands, Gerry Adams durch Schmutzkampagnen zu diskreditieren.

Am Zustandekommen des Friedensvertrags von 1998, der den bewaffneten Konflikt beendete, war Gerry Adams maßgeblich beteiligt. Schon Jahre zuvor hatte er in Gesprächen mit dem katholischen Priester und Friedensmoderator Alex Reid und dem Chef der nordirischen Sozialdemokraten John Hume Wege zum Frieden ausgelotet. Das Karfreitagsabkommen, wie der Vertrag genannt wird, beendete nicht den Konflikt, sondern seine militärische Phase. Es enthält eine Blaupause für eine radikale Demokratisierung Nordirlands und ermöglicht die friedliche Wiedervereinigung der beiden Teile Irlands. Gerry Adams nennt den Friedensprozess „einen unserer wichtigsten Erfolge“.

Ausgefeilt wurden solche Strategien nie im Alleingang. Die irisch-republikanische Bewegung ist eine internationalistische Bewegung mit weltweiter Vernetzung. Bekannt ist die enge Verbindung zur baskischen linken Unabhängigkeitsbewegung. Nach dem Tode Nelson Mandelas war Gerry Adams auch zur internen Gedenkveranstaltung des African National Congress (ANC) geladen. Die Botschafter von Kuba und Palästina sind regelmäßige Gäste auf den Parteitagen.

Seit 1982 ist Gerry Adams auch als Schriftsteller tätig. In seinen Büchern verarbeitet er politisches Geschehen in Irland auf humorvolle Art und Weise. In Kurzgeschichten und in seiner frühen Autobiographie, die unter dem Title „Bevor es Tag wird“ auch in deutscher Sprache erschienen ist, gibt er Einblicke in das Leben in Irland. Im Internet betreibt er den Blog „Léargas“ in englischer Sprache.

Zuerst veröffentlicht bei info-nordirland.de

Demonstration am Samstag, 9. Dezember, in Stuttgart: „Für eine Welt, in der niemand fliehen muss!“

Ein breites Bündnis aus Organisationen und Initiativen aus allen Teilen Baden-Württembergs ruft unter dem Motto „Für eine Welt, in der niemand fliehen muss!“ zu einer Demonstration am Samstag, 9. Dezember, in Stuttgart auf. Diese Demonstration will auf Fluchtursachen, Asylrechtsverschärfungen und Abschiebungen aufmerksam machen.

 Aufruf: english / deutsch / dari / arabisch / französisch
 Mobimaterial (Flyer/Plakate)
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Free Mumia Abu-Jamal! Kundgebung 2. Dezember 2017 - 14:00 US Botschaft in Berlin

Im Dezember 2017 jährt sich bereits zum 36. Mal die Inhaftierung des ehemaligen Black Panthers und afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal. Der Kampf um seine Freiheit steht auch für 36 Jahre Kampf gegen rassistische Polizeigewalt, politische Repression, die Todesstrafe sowie die Masseninhaftierung in den USA. Der Kampf um Mumias Freiheit dreht sich im Kern um die Überwindung der nie beendeten Sklaverei, die ihre modernen Form in der Gefängnisindustrie des Landes ausübt.

In den vergangenen Jahren wurde viel erreicht: Mumias Todesstrafe konnte endgültig abgewendet werden. Für ihn und hunderte anderer Gefangener im US Bundesstaat Pennsylvania konnte medizinische Versorgung gegen Hepatitis-C durchgesetzt werden. Aktuell kämpft Mumia zusammen mit der Bewegung für die Wiederaufnahme seines manipulierten Verfahrens, das 1982 zu seiner Verurteilung führte. Im besonderen Fokus liegen dabei momentan Akten der Staatsanwaltschaft, die seiner Verteidigung vorenthalten werden.
MUMIA - You Will Never Walk Alone!

Kundgebung Samstag, 2. Dezember 2017 - US Botschaft - 14 Uhr
US Botschaft, Pariser Platz 2/Brandenburger Tor - 14195 Berlin-Mitte - U+S-Brandeburger Tor

Gedenkveranstaltung in Bad Cannstatt zur Pogromnacht 1938: 9. November 2017 ab 18.00 Uhr

Am Platz der ehemaligen Cannstatter Synagoge

König-Karl-Straße 45/47 –“ U-Bahn Haltestelle Bad Cannstatt Wilhelmsplatz

Mit Reden von: Bernhard Löffler (Geschäftsführer DGB-Region Nordwürttemberg),, Harald Stingele (Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.), VertreterIn des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS)

Kulturprogramm: Freier Chor Stuttgart mit antifaschistischen Liedern

(...)

Aufruf

Am Abend des 9. November 1938 brannten in ganz Deutschland tausende Synagogen und jüdische Geschäfte.

Tausende Wohnungen wurden zerstört, nicht vom wütenden Mob, sondern vorbereitet und organisiert von NSDAP, SA und Behörden des faschistischen Staates.

Am nächsten Tag wurden Tausende jüdische Geschäfte geplündert, zehntausende jüdische Menschen gejagt, in Konzentrationslager verschleppt und über 100 wurden ermordet.

Der Terror gegen jüdische BürgerInnen fand damit eine weitere Steigerung.

Sie wurden ihres Besitzes beraubt, zur Auswanderung gezwungen, in den Selbstmord getrieben, in KZs verschleppt und letztendlich in den Gaskammern ermordet.

Fast alle männlichen Stuttgarter Juden zwischen 18 und 65 Jahren wurden verhaftet und kamen ins Gestapo-Gefängnis Welzheim, aber auch ins KZ Dachau. Die Synagoge in Cannstatt wurde vom Leiter der Brandwache, zwei Feuerwehrleuten und einigen Nazis angezündet.

Der 9. November –“ äußerste Zuspitzung vor der Shoah

Nach der Pogromnacht gab es weitere Gewalt gegen Juden und Jüdinnen. Mit der „Judenvermögensabgabe“ ließ sich das Deutsche Reich von den jüdischen Opfern das Verbrechen der „Reichkristallnacht“ bezahlen. Hermann Göring erließ die Verordnungen „zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ sowie „über den Einsatz des jüdischen Vermögens“.

Die Großbanken finanzierten die zu erwartende Milliarde Reichsmark vor, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit des Deutschen Reiches abzuwenden. Die Pogromnacht war die letzte und äußerste Zuspitzung vor der Shoah. Zugleich wurden damit alle moralischen Barrieren in der Vorbereitung des faschistischen Raubkrieges beseitigt.

Unzählige KommunistInnen, SozialdemokratInnen, GewerkschafterInnen und andere AntifaschistInnen wurden bereits ab 1933 verfolgt und verhaftet, um frühzeitig jeglichen Widerstand zu brechen.

6 Millionen Juden und Jüdinnen fielen letztlich der Shoa zum Opfer, mehr als 250.000 Sinti und Roma wurden im Zuge des Rassenwahns gedemütigt und ab 1940 in den KZs interniert und umgebracht.

Darüber hinaus fielen unzählige weitere Menschen wie Behinderte, Homosexuelle und andere dem faschistischen Terror zum Opfer.

Damals wie heute ...

... fallen Antisemitismus und Rassismus dort auf fruchtbaren Boden, wo die soziale Not groß ist und Existenzängste bestehen.

Die Armut nimmt heute auch in Deutschland zu. Wohnen wird für viele zunehmend unbezahlbar. Prekäre Arbeitsverhältnisse wie Leiharbeit, Befristungen und Werkverträge werden immer mehr zum Alltag. Noch nicht direkt Betroffene haben zunehmend soziale Abstiegsängste.

Und wieder werden Sündenböcke präsentiert, zurzeit vor allem Geflüchtete.

Faschisten hetzen gegen den Islam und schüren Angst vor „Flüchtlingsströmen“. Diese Spaltung wirkt und immer wieder brennen Geflüchtetenunterkünfte. Gesellschaftlich Schwache und Minderheiten werden diskriminiert und angegriffen.

Zurzeit befinden sich weltweit 60 Millionen Menschen auf der Flucht vor Terror, rassistischer Verfolgung, Krieg oder wirtschaftlicher Not –“ Fluchtursachen, die auch durch deutsche Wirtschaftsinteressen verursacht wurden.

Die betroffenen Menschen fliehen, um zu überleben, um für sich und ihre Familien eine Perspektive zu bekommen.

Nicht sie, sondern die Fluchtursachen müssen beseitigt werden.

Mit der AfD sitzt eine rechtspopulistische Partei mit 15% auch im baden-württembergischen Landtag.

Auch im Bundestag ist ihr politischer Einfluss größer als auf den ersten Blick erkennbar. Ihre Forderungen –“ gerade in der Flüchtlingsfrage –“ werden von den Regierungsparteien nicht selten opportunistisch vorgreifend umgesetzt, was wiederum das gesellschaftliche Klima prägt.

Natürlich ist die gesellschaftliche Situation in Deutschland 2017 eine andere als 1933. Doch es gibt Parallelen: den Rassismus in der Mitte der Gesellschaft, die umfassende Krise des kapitalistischen Weltwirtschaftssystems, die Präsentation von außen- sowie innenpolitischen Feindbildern und Sündenböcken und die Bereitschaft, die Wirtschaftsinteressen militärisch durchzusetzen. Es ist festzustellen, dass die staatlichen Strukturen autoritärer werden.

Wir dürfen nicht zulassen, dass wieder Bevölkerungsgruppen als Sündenböcke herhalten müssen und Menschen gegeneinander ausgespielt werden.

Dagegen gilt es einen breiten Widerstand zu organisieren und gemeinsam für eine Welt des Friedens und der Freiheit zu kämpfen.

(...)

Dieser Aufruf wird unterstützt von:

Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart (AABS); Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart; „Arbeit Zukunft“ Stuttgart; DIDF, Freundschafts- und Solidaritätsverein Stuttgart e.V.; DIE LINKE OV Bad Cannstatt; DIE LINKE Stuttgart; DKP (Deutsche Kommunistische Partei) Stuttgart; Fraktionsgemeinschaft SÖS LINKE-PluS; Freier Chor Stuttgart; Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba Regionalgruppe Stuttgart; Friedenstreff Stuttgart Nord; Friedenstreff Cannstatt; Groll, Renate und Manfred, Gerlingen; Grüne Jugend Stuttgart; Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.; Linksjugend [`solid] Stuttgart; Revolutionäre Aktion Stuttgart; SÖS –“ Stuttgart Ökologisch Sozial; ver.di Bezirk Stuttgart; VVN-BdA, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –“ Bund der Antifaschisten; Verein Zukunftswerkstatt e.V., Zuffenhausen; VÖS (Vaihingen Ökologisch Sozial); Waldheim Stuttgart e.V. / Clara Zetkin Haus; Waldheim Gaisburg e.V.; Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften
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