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Mumia Abu-Jamal: Ein Nachruf auf Howard Zinn

Vor einigen Tagen starb der US-Historiker und politische Aktivist Howard Zinn. Zu seiner Bedeutung ein kurzer Nachruf von Mumia Abu-Jamal:

Foto: freemumia.org
Wenn ein Mann mit beinahe 90 Jahren stirbt, sollte das niemanden überraschen. Das ist so natürlich wie der Mondschein, so wie ein Regenbogen nach einem Sommerregen.

Trotzdem, Howard Zinns Tod überrascht. Sicher, er war zwar fast 90, aber er war ein klarsichtiger und brillanter Dozent, dessen Menschlichkeit und Humor auch in seinen Reden und Schriften deutlich wurde.

Er war den meisten für sein Haupftwerk, "A People's History of the United States" - "Eine Geschichte des amerikanischen Volkes" bekannt, das millionenfach verkauft wurde. Zinn war ein Vertreter der Schule der "Geschichte von unten". Er schrieb aus der Perspektive der einfachen Menschen, nicht aus derjenigen der führenden Persönlichkeiten. Er schrieb über den Freiheitskampf der schwarzen Sklaven, den Kampf der Ureinwohner, den Unabhängigkeitskampf, über den Kampf der weißen Arbeiter für das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren, über den Kampf der Frauen für ihr Recht auf Arbeit und das Wahlrecht, über einfache Soldaten, Homosexuelle, über Gefangene und die Studentenbewegung.

Zinn war in der Tat ein brillanter, bahnbrechender Historiker. Während andere distanziert über "die Armen" schrieben, wuchs er unter den Ärmsten der Armen auf, trat während des zweiten Weltkrieges in die Air Force ein, wurde dort Bombenschütze. Wie die meisten jungen GI's las er unaufhörlich. Als er aus dem Militärdienst ausschied, nutzte er die Studienmöglichkeiten für GI's an der Columbia Universität und erwarb dort auch seinen Doktortitel.

Während er am Spelman College in Atlanta / Georgia, einer Hochschule für schwarze Frauen, lehrte, sammelte er praktische Erfahrungen mit der Apartheidssystem der Rassentrennung in den USA. Er engagierte sich dort in der Bürgerrechtsbewegung und den Studentenprotesten gegen die Segregation. Die Aktivisten wurden damals schon für das Verteilen von Flugblättern von der Polizei bedroht.

Zinn unterrichtete Rechtsgeschichte und Staatsrecht, wobei die Schülerinnen von ihm lernten, dass Gesetzbücher in der realen Wirklichkeit, in der alltäglichen Apartheid in Georgia nichts bedeuten. In seinem 1990 erschienenen Buch "Unabhängigkeitserklärung, Revolution und das Aufbegehren der Frauen" schrieb er:

"Das Gesetz war eindeutig. Eine Reihe von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes unterstrich das Recht, auf öffentlichen Plätzen Flugblätter zu verteilen. Es wäre schwer gewesen, etwas in der "Bill of Rights" zu finden, was weniger eindeutig gewesen wäre.

Das unterichtete ich meinen Schülerinnen. Aber ich wusste sofort, dass ich ihnen etwas anderes sagen musste, nähmlich, dass das Gesetz nicht viel bedeutet. Wenn sie beim Verteilen von Flugblättern von einem weißen Polizisten (Damals waren alle Polizisten Weiße) auf der Peachtree Street erwischt wurden, und der ihnen sagte: "Verschwindet!" - was sollten sie tun? Ihn auf die einschlägigen Entscheidungen des Obersten Grichtshofes verweisen?"


So war das in Atlanta im Jahre 1961. Zinn vermittelte der Bewegung viel von den Realitäten in Amerika.

Howard Zinn. Historiker. Aktivist. Dramatiker. Wunderbarer Schriftsteller. Vater der Geschichte der Volksbewegung. Freund.

Quelle: Mumia Abu-Jamal, 04. Februar 2010. Eigene Übersetzung aus dem amerikanischen Original



Mumia Abu-Jamal wurde am 24. April 1954 unter dem Namen Wesley Cook in Philadelphia geboren. Er wuchs in den „Projects“, städtischen Wohnbausiedlungen für Schwarze, Arme und sozial Benachteiligte auf und wurde bereits früh mit dem Rassismus der US-amerikanischen Gesellschaft konfrontiert. Anfang 1969 gehörte er zu den Mitgründern der Black Panther Party in Philadelphia. Nach seiner Schul- und Collegezeit arbeitete Mumia Abu-Jamal bis zu seiner Verhaftung und Mordanklage im Dezember 1981 als progressiver Radiojournalist und berichtete über Themen wie Wohnungsnot, Polizeibrutalität und den fortgesetzten Krieg der Stadt Philadelphia gegen die radikalökologische Organisation MOVE.

Er ist seit Mai 1983 in den Todestrakten des Bundesstaates Pennsylvania inhaftiert und kämpft bis heute für die Aufhebung seines Urteils, einen neuen Prozess und seine Freilassung. Er hat seine journalistische Tätigkeit auch im Gefängnis fortgesetzt und ist Verfasser mehrerer Bücher und vieler Hunderter Kolumnen zu historischen und aktuellen Fragen. Er ist verheiratet mit Wadiya Jamal und hat zwei Söhne, eine Tochter und mehrere Enkel.

Sofortige Freiheit für Mumia Abu-Jamal!

Wir bitten weiterhin um die Unterstützung der Online-Petition für Mumia Abu-Jamal
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