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AUFRUF: Landesweite Demonstration am 13. Oktober 2018 in Karlsruhe - Asylrecht verteidigen!

Am 26. Mai 1993 wurde das originäre Asylrecht in Deutschland faktisch abgeschafft.
Der Deutsche Bundestag entkernte mit der Mehrheit von CDU/CSU, SPD und FDP das aus historischer Erfahrung entstandene Asylrecht des Artikels 16 GG. Ein Grundrecht worauf sich politisch Verfolgte berufen konnten. Es folgte der Kahlschlag: Wer über einen sogenannten sicheren Drittstaat einreist, kann sich nicht mehr auf das Asylrecht berufen. Sichere Herkunftsländer wurden definiert. Geflüchtete werden kategorisiert.

25 Jahre später will die EU den Zugang zum Recht auf Asyl und Migration in Europa systematisch verhindern.
Wer an den Grenzen der EU um Asyl bittet, soll zurückgeschickt werden, ohne dass die Fluchtgründe überhaupt inhaltlich geprüft wurden. Der Flüchtlingsschutz soll verstärkt auf –™sichere–˜ Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union verlagert werden. Wer aus solch einem Staat einreist, soll dorthin zurückgeschoben werden. Schwere Menschenrechtsverletzungen in Drittstaaten wie z.B. in Libyen, werden bereits heute bewusst in Kauf genommen und verschwiegen. Weiterhin soll es in Zukunft irrelevant sein, wie die Flüchtlinge in dem Drittstaat ihr Leben fristen: Weder das Recht auf einen legalen Wohnsitz, noch auf Familiennachzug, noch auf Zugang zum Arbeit und Existenzsicherungsmarkt sollen garantiert sein. Schutzsuchende werden in Lagern isoliert.

Ob »Hotspot« an der Außengrenze der EU oder »AnKER« in Deutschland (Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführungszentrum), Geflüchteten wird ihre persönliche Freiheit genommen. In Haft- und Massenlagern gibt es für Geflüchtete keinen Zugang zu fairen Asylverfahren, anwaltlicher Beratung und effektivem Rechtsschutz. Das was heute in der Migrationspolitik Realität ist, entspricht der Programmatik der extremen Rechten.

Warum demonstrieren wir in Karlsruhe?
Ziel unseres Protestes ist die Landesregierung und ihre Verwaltungen, im Besonderen das Regierungspräsidium Karlsruhe als zentrale Ausländer- und Abschiebebehörde von Baden-Württemberg. Ihre Politik hat über die Jahrzehnte zum massiven Abbau von Rechten für Migrant*innen und Geflüchtete beigetragen. Am 15. September 1980, hat die baden-württembergische CDU-Landesregierung die ersten Massenlager in Deutschland eingerichtet und erstmals Arbeitsverbote, Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Leistungssenkungen, Sachleistungen und die Residenzpflicht eingeführt. Für den damaligen CDU-Ministerpräsidenten Lothar Späth hatten die „Asylanten-Sammellager“ die Funktion einer „Abschreckung“.

Damals wie heute lehnen wir diese Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen in Massenlagern ab.
Alles begann in der ersten Zentralen Anlaufstelle für Flüchtlinge (ZASt) in Karlsruhe, die für das zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) zum Experimentierfeld wurde. Unter der administrativen Regie des RPs wurden diese „Abschreckungsmaßnahmen“ umgesetzt und später bundesweit eingeführt. In Karlsruhe wurden auch Asyl-Schnellverfahren in „Bezirksstellen für Asyl“, die heutigen Vorbilder für die geplanten AnKER-Zentren und die Landeserstaufnahmeeinrichtungen, entwickelt.

Seit 2008 ist das RP die zentrale Abschiebebehörde für Baden-Württemberg. Es organisiert u.a. die Abschiebeflüge, ordnet die Polizeieinsätze zur Vollstreckung der Abschiebemaßnahmen und Zwangsvorführungen bei Botschaften zur Beschaffung von „Rückführungsdokumenten“ an. Zwischen Juli 2014 und Mai 2018 wurden mehr als 2.000 Kinder unter 14 Jahre und in den letzten drei Jahren 6.674 Personen aus sicheren Lebensverhältnissen und teilweise langjährigem Aufenthalt vom Baden-Airpark abgeschoben. Im Januar 2018 wurde eine Familie nach 25 Jahren aus Wolfschlugen und eine Mutter im Mai 2018 nach 27 Jahren Aufenthalt aus Schömberg abgeschoben.

Das RP entscheidet über die Akzeptanz ärztlicher Gutachten zur Feststellung der Reisefähigkeit. Selbst Personen mit schweren Erkrankungen (Tumor, Leukämie, etc.) sind davon betroffen. Das RP ist für die Beantragung von Abschiebehaft zuständig und schiebt auch nach Afghanistan ab. Die Behörde übt vielfältigen Druck auf Geflüchtete aus, an ihrer eigenen Abschiebung mitzuwirken. Wer nicht mitmacht wird mit Arbeitsverbot, Leistungskürzungen und räumlichen Aufenthaltsbeschränkungen bestraft.

Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist die unsichtbare Behörde hinter den sichtbaren Vollstre­ckern dieser Maßnahmen, wie z.B. Ausländerbehörden und Polizei. Die Abschiebemaschinerie ist menschenverachtend.

Wir erleben seit den Beschlüssen der Landesregierung vor fast 40 Jahren einen massiven Abbau der Flüchtlingsrechte. Dies wurde über eine ausgrenzende und diskriminierende Massenlagerpolitik erreicht, die vornehmlich den Interessen einer Abschiebepolitik dienen. Mit den neuen Landeserstaufnahmeeinrichtungen in Freiburg, Sigmaringen, Ellwangen, Giengen, Tübingen, Karlsruhe, dem Registrierzentrum in Mannheim und dem Abschiebegefängnis in Pforzheim wird diese Politik fortgeführt. Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen haben diese spezielle Lager- und Abschiebehaftpolitik schon immer abgelehnt. Mit zahlreichen Aktionen haben Geflüchtete in den Lagern gegen das repressive System und Abschiebungen protestiert. Sammellager, insbesondere Landessammellager und Abschiebegefängnisse müssen geschlossen werden.

Wir fordern die sofortige Abschaffung des „Dublin-Regimes“ und des Systems der angeblich „sicheren“ Drittstaaten und Herkunftsländer!

Fast jede Woche gibt es aus Regierungskreisen neue Vorschläge für eine noch effektivere Flüchtlingsab­wehr und Migrationskontrolle. Aktuell wird von staatlicher Seite eine weitere Militarisierung des Grenzregimes gefordert.

Damit soll Menschen die Möglichkeit entzogen werden, Arbeit, Schutz und ein besseres Leben durch Migration zu finden. Die reichen Länder des „Nordens“ schotten sich ab. Diejenigen, die Verelendung, Armut, Kriegsfolgen, Klimakatastrophen entfliehen wollen, sollen ferngehalten bzw. in ihren Herkunftsländern festgehalten werden. Unter kapitalistischen wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Nützlichkeit erhalten lediglich ausgewählte Personengruppen eine Einreiseerlaubnis. Die Einforderung des Rechts auf Bewegungsfreiheit, Lebensperspektive oder einfach nur Überleben wird den Menschen aus den durch Kolonialismus, Ausbeutung der Rohstoffe und Freihandelsabkommen ausgebeuteten Ländern des Südens verwehrt. Es wird als Angriff auf unsere Sozialsysteme, „Werte“ und Lebensstandard umgedeutet. Wenn von Menschenrechten die Rede ist, gilt dies offensichtlich nur für einen Teil der Menschheit. Wir dürfen nicht länger über die Verhältnisse anderer leben. Alle Ausländer –“ Sondergesetze müssen deshalb abgeschafft werden.

Wir können uns in der aktuellen Situation nicht damit begnügen nur gegen erneute Verschlechterungen anzukämpfen. Zehntausende Tote im Mittelmeer, verzweifelte Menschen in den Auffanglagern auf den griechischen Inseln, Menschenhandel und Folter in den Lagern in Libyen: Nicht in unserem Namen! Wir schauen nicht weg!

Wir werden uns der rassistischen Politik der Ausgrenzung von Geflüchteten und Migrant*innen und der Abschiebemaschinerie entgegenstellen. Es gab schon immer Migration und es wird sie auch weiterhin geben.

Wir fordern den Stopp aller Abschiebungen und ein sicheres und unbefristetes Bleiberecht für alle mit vollen sozialen und politischen Rechten. Streiten wir gemeinsam für eine Welt ohne Grenzregime, eine Welt in der nicht der Profit sondern die Bedürfnisse der Menschen im Mittelpunkt stehen, eine Welt ohne Ausbeutung und Rassismus. Fangen wir an solidarische Zufluchtsstädte zu schaffen in denen es keine Spaltung zwischen Menschen mit und ohne Aufenthaltsrecht gibt, in denen die Freiheits- und sozialen Rechte Aller garantiert werden.

  • Schließt euch unserem Protest an! Verteidigen wir eines der wichtigsten Grundrechte!
  • Mischen wir uns eine, wenn Menschen in Massenlagern die Selbstbestimmung abgesprochen und in die Freiheit der Person eingriffen wird.
  • Gegen institutionellen Rassismus, Sammellager und das unmenschliche Abschieberegime!
  • Globale Bewegungsfreiheit ist unser Ziel! Solidarity4all!

Antirassistisches Netzwerk Baden-Württemberg

Kommt zur landesweiten Demonstration am 13. Oktober in Karlsruhe –“ Meldet eure Unterstützung bei info@stop-deportation.de an.

UnterstützerInnen des Aufrufs

Seebrücke Flashmob auf der Oberbaumbrücke

Foto: © Oliver Feldhaus / Umbruch Bildarchiv Berlin
Am 15. August 2018 demonstrierten im Rahmen der #Seebrücke Kampagne rund 250 Menschen auf der Oberbaumbrücke in Berlin für sichere Fluchtwege und gegen die Kriminalisierung der Seenotretter. Auf der Spree beteiligten sich auch zahlreiche Boote an der Aktion. Aus dem Flashmob entwickelte sich eine rund einstündige Blockade der Oberbaumbrücke.

Unter dem Hashtag #Seebrücke gibt es einen Überblick über die zahlreichen Solidaritätsaktionen, die bundesweit stattfinden. Am Samstag wurde die 100 geknackt: In 102 Städten haben bis heute schon #seebruecke Veranstaltungen stattgefunden.

Zur Bilderstrecke beim Umbruch Bildarchiv

Weitere Informationen:

Seebrücke - Stoppt das Sterben im Mittelmeer!

Tausende Menschen demonstrierten am 7. Juli 2018 in mehreren deutschen Städten für die Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer und gegen die Kriminalisierung der Seenotretter. In Berlin zogen etwa 12 000 Menschen vom Neptunbrunnen zum Kanzleramt. Zu den bundesweiten Protesten hatte das Bündnis „Seebrücke“ aus zahlreichen Flüchtlingsinitiativen und zivilgesellschaftlichen Gruppen aufgerufen, darunter Sea-Watch, Mission Lifeline und Sea-Eye. Unter dem Hashtag #Seebrücke gibt es einen Überblick über die zahlreichen Solidaritätsaktionen, die bundesweit stattfinden. "Unfassbar, wie viele neue Aktionen und Demos uns täglich mitgeteilt werden. Wir werden das Sterben beenden und sichere Fluchtwege erkämpfen! Macht weiter! Bleibt aktiv! Steht auf!"

Fotoserien über Demos und Aktionen am 7. Juli und 4. August in Berlin und am 20. Juli in Bonn mit Bildern von Oliver Feldhaus, Adrienne Gerhäuser beim Umbruch Bildarchiv, Berlin

Weitere Informationen:

ver.di zum heutigen Verfahren vor dem Landgericht Mannheim AfD vs. Kontext: Wochenzeitung

Die deutsche journalistinnen und journalisten union (dju in ver.di) zum heutigen Verfahren vor dem Landgericht Mannheim um 14:30 Uhr des AfD-Mitarbeiters Grauf gegen Kontext: Wochenzeitung. Er klagt auf Unterlassung wegen der Veröffentlichung seiner Chat-Protokolle in dieser Zeitung.

Ulrich Schreyer, dju Landesvorsitzender: „Es ist Aufgabe von Journalistinnen und Journalisten, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass bei der AfD-Landtagsfraktion Rechtsextremisten angestellt sind. Das Aufdecken dieser für die Gesellschaft bedeutsamen Tatsache darf nicht durch die Persönlichkeitsrechte gerade derer, die sich demokratiefeindlich äußern, behindert werden. Deshalb zählt die dju darauf, dass im Prozess des Abgeordnetenmitarbeiters gegen Kontext heute die Pressefreiheit gestärkt wird.“

Quelle
cronjob